Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Abwicklung des Bundeshaushalts 1982 geht eine Zeit finanzpolitischer Entscheidungen SPD-geführter Bundesregierungen zu Ende,
die sehr negative Auswirkungen für unser Land gebracht hat und leider noch weiter bringen wird.
Das scheint mir der geeignete Zeitpunkt für eine finanzpolitische Bestandsaufnahme zu sein. Der zweite Nachtragshaushalt 1982 macht deutlich, daß wir in unserem Land überaus große wirtschaftliche
und finanzielle Probleme haben. Die Nettoneuverschuldung, die mit etwa 26,7 Milliarden DM vorgesehen war, mußte auf etwa 40 Milliarden DM aufgestockt werden. Die Differenz war dafür zu verwenden, daß die drastischen Steuerausfälle abgedeckt werden konnten, die Kosten für die Arbeitslosigkeit und Reparaturkosten für notleidend gewordene Wirtschaftsbereiche getragen werden konnten.
Die Lasten der Schulden und der Arbeitslosigkeit drücken schwer. Die SPD hat uns in der Tat große, schwere Hypotheken überlassen, die wir uns abzutragen bemühen. In diesem Zusammenhang lassen Sie mich sagen, meine Damen und Herren, daß ich für vieles in der Politik Verständnis habe, aber nicht dafür, daß die SPD nun so tut, als habe sie mit den Problemen und Schwierigkeiten unseres Landes überhaupt nichts zu tun.
Meine Damen und Herren von der SPD, Sie sind es doch gewesen, die uns diese Probleme eingebrockt haben. Es ist schon schlimm, wie Sie versuchen, sich für Ihr Versagen aus der Verantwortung zu stehlen.
In diesem Zusammenhang möchte ich kurz darauf abheben, was in den letzten Stunden, vor allen Dingen im Laufe des gestrigen Tages, an Anträgen von seiten der SPD ins Plenum geflattert ist.
Da liegen nun mittlerweise -zig Anträge vor, die jedem und allem noch neues Geld versprechen. Meine Damen und Herren von der SPD, Sie verteilen Geld, das Sie gar nicht haben.
Wir werden dafür sorgen, daß diese Anträge abgelehnt werden. Unter der Regierung von CDU/CSU
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Carstens
und FDP werden in Zukunft die Staatsfinanzen solide verwaltet werden. Dafür werden wir sorgen.
Meine verehrten Damen und Herren, zur finanzpolitischen Bestandsaufnahme gehört, daß man dort anfängt, wo Sie die Regierung übernommen haben, nämlich 1969. 1969 hatten wir — das vermögen die Bürger weithin nicht für möglich zu halten — einen Überschuß in der Bundeskasse.
Bis 1969 sind Wohlstand und Sozialstaat ohne nennenswerte Kreditaufnahme finanziert worden. In 20 Jahren zusammengenommen haben CDU-geführte Regierungen soviel Kredit aufgenommen, wie Sie in vier bis fünf Monaten zur Finanzierung des Bundeshaushalts aufgenommen haben.
Unser Land war ein blühendes, erfolgreiches Gemeinwesen ohne Ängste vor der wirtschaftlichen Zukunft. Das ganze Volk — und das ist das Besondere hieran — hatte Anteil an diesem wirtschaftlichen Erfolg, Arbeitnehmer wie Arbeitgeber. Das war ein großer Erfolg unionsgeführter Bundesregierungen bis 1969.
Diesen Wohlstand und diesen wirtschaftlichen Erfolg haben wir mit einer Staatsquote von 38 bis 39 % zustande gebracht,
d. h. diejenigen, die etwas erarbeiteten, die etwas leisteten, behielten das meiste von dem, was sie erarbeitet und geleistet hatten. Allein auf Grund des Wachstums der Wirtschaft, aus der Wirtschaftskraft heraus, war es uns möglich, diesen beispielhaften Sozialstaat zu bauen.
Und dann begannen Sie 1970 mit Ihrer Regierung
und taten das, was alle tun, die sozialistisch denken. Sie gingen als erstes daran, den öffentlichen Korridor zu erweitern. Sie wollten die vermeintlich öffentliche Armut abbauen. Wie gesagt: Das ist das Ziel aller, die sozialistisch denken.
Sie erhöhten die Abgabenlast der Bürger und vermehrten die Kreditaufnahme und das nicht nur einmal, sondern Jahr für Jahr neu. Das hat dazu geführt, daß wir 1982 bei der Staatsquote erstmals auf
über 50 % gekommen sind. Wir haben nun eine Staatsquote von 50,3 %. Im „Orientierungsrahmen" der SPD waren nur 45 % vorgesehen. Selbst diesen Rahmen hat man um 5 % überschritten. Wenn man das jetzt volkswirtschaftlich ausdrückt, heißt das, daß 11 bis 12 % des Bruttosozialproduktes, dessen, was alle Bürger erarbeiten — das sind 180 Milliarden DM —, nicht mehr von denen ausgegeben werden können, die sie erarbeitet haben, sondern dieses Geld fließt über öffentliche Kassen und wird von der öffentlichen Hand ausgegeben.
Und hierin liegt der Hauptgrund für die jetzige Misere unseres Landes.
Meine Damen und Herren, überall in der Welt, wo man auf diese Politik vertraut hat, ist man gescheitert. Und überall, wo man darauf vertrauen wird, wird man auch in Zukunft scheitern, so wie die SPD in Deutschland gescheitert ist.
Der Hauptgrund wird von der SPD dann in Ausreden gesucht: im Ausland, beim Öl, bei den hohen Zinsen usw.
Aber ich kann Ihnen sagen, daß wir nach dem Kriege schon andere Krisen meistern mußten. Es gab immer Krisen: die Korea-Krise, die Kuba-Krise, die Vietnam-Krise.
Mit diesen Problemen sind wir fertig geworden in unserem Lande. — Das sind nur faule Ausreden für Ihr Versagen.
Diese Politik soll vermeintlich für den kleinen Mann sein. Das ist sie aber nur für eine Übergangszeit von wenigen Jahren, solange man noch aus dem Vollen schöpfen kann. Dann schlägt sie dem kleinen Mann voll ins Gesicht, wie wir es jetzt erleben.
Die Wirkung dieser Abgabenlasterhöhung liegt nämlich darin, daß dem einzelnen trotz harter Arbeit nur ein sehr niedriges Nettoeinkommen verbleibt. Der Anreiz für Fleißige fehlt. Die Betriebe haben ein zu niedriges Eigenkapital. Es gibt zuwenig Zukunftsinvestitionen. Das ist die eine Seite. — Auf der anderen Seite wirkt diese Abgabenlasterhöhung bei den anderen, die daraus Geld bekommen, so, daß das Anspruchsdenken gefördert wird. Das ist ein Hindernis für die Eigeninitiative. Es gibt viele Bereiche, in denen man nachweisen kann, daß sich vermehrter Einsatz, vermehrte Arbeit überhaupt nicht mehr lohnen, weil dem Bürger von dem, was er mehr leisten möchte, netto nichts verbleibt.
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Also ist das ein Hindernis für mehr Eigeninitiative.
Die Wirkung der Kreditaufnahme ist wie folgt zu beschreiben:
Der Staat nimmt die Kredite auf
und verwendet sie in erster Linie für konsumtive Zwecke
oder für investive Maßnahmen, die aber meistens sehr hohe Folgekosten haben und nur für eine sehr kurze Zeit Arbeitsplätze schaffen. Aber selbst diese Investitionen des Staates sind trotz der erhöhten Kreditaufnahme ganz entscheidend zurückgegangen. Im Vergleich zu 1969 haben wir heute 4 % weniger Investitionen in den Haushalten. Das ist bei dem Volumen des jetzigen Haushaltsjahrs jährlich eine Summe von etwa 10 Milliarden DM.
Auf der anderen Seite steigen durch die Kreditaufnahmen des Staates die Zinsen. Die private Seite kann nicht mehr investieren. Denken Sie an die letzten Jahre! Welcher Privatmann war noch in der Lage, sich ein Haus zu bauen? Welcher mittelständische Betrieb war noch in der Lage, Investitionen durchzuziehen? So nimmt es nicht wunder, daß die Bruttoanlageinvestitionen in Deutschland — wiederum im Vergleich zu 1969 — um 5,2 % zurückgegangen sind. Das ist ein Volumen von über 80 Milliarden DM. Wenn heute noch so viel investiert würde wie 1969, hätten wir Mehrinvestitionen von 80 Milliarden DM, und über Arbeitslosigkeit brauchten wir in diesem Parlament überhaupt nicht zu reden.
Zum weiteren kommen erhebliche Zinslasten auf den Bund zu. Sie von der SPD, meine Damen und Herren, lamentieren über unsere Kürzungsvorschläge, über unsere Kürzungsbeschlüsse. Gestern haben wir das den ganzen Tag über uns ergehen lassen müssen.
Das Gesamtpaket beinhaltet Kürzungen von 5,6 Milliarden DM. Der Bund muß alleine im Jahre 1983 28 Milliarden DM Zinsen für seine Schulden zahlen. Das ist das Fünffache von dem, was wir hier zur Kürzung vorschlagen. Das heißt, wenn wir diese Zinslast nicht hätten, dann brauchten wir über Kürzungsmaßnahmen unserer Regierung überhaupt nicht zu reden. Sie sind es, die diese Kürzungsvorschläge und Kürzungsanträge und -beschlüsse verursacht haben, und Sie sind es, die die Verantwortung dafür zu tragen haben.
Dann reden Sie von Umverteilung von unten nach oben. Von 1974 bis 1982 sind allein vom Bund
hundert Milliarden Mark Zinsen bezahlt worden. Nun frage ich Sie: Wer hat die Zinsen bekommen, und wer hat sie gezahlt? Einmal sind es die Saudis und zum anderen die Bürger, die in Deutschland Geld haben, und bezahlt wurde es über die Steuern, die in erster Linie die Arbeitnehmer, die kleinen Leute aufzubringen hatten.
Ergebnis dieser Politik sind eine totale Verschuldung unseres Staates, und jeglicher finanzpolitische Spielraum ist aufgebraucht, allein schon wegen der Zinslast. Wir haben mittlerweile 2 Millionen Arbeitslose, und jeder Bürger muß wissen, daß wir im Januar/Februar 2½ Millionen Arbeitslose haben werden und 1 Million Kurzarbeiter.
3½ Millionen Arbeitslose und Kurzarbeiter in Deutschland — das ist das Ergebnis der SPD-Politik.
Wir müssen das wegräumen, was in unserem Lande durch Ihre Politik bewirkt wurde.
Die SPD-Politik verdient die Note ungenügend, die SPD hat versagt, Sozialdemokraten haben in Deutschland abgewirtschaftet.
Nun liegt es dem deutschen Volk eigentlich gar nicht, auf Pump zu leben.
Das ist von der ehemaligen Regierung dem deutschen Volk verordnet worden,
und nun müssen es alle ausbaden.
Um ein Wort von Ihnen umzuwandeln, möchte ich sagen: Sie haben unser Land kaputtverschuldet, und wir müssen es nun gesundsparen.
Und Sie erdreisten sich auch noch, so zu tun, als ginge Sie das alles nichts an. Vor allen Dingen die Arbeitnehmer haben den Nachteil zu tragen. Die Arbeitnehmer mit ihren Familien sind die Leidtragenden.
Viele Frauen können nicht mehr mitarbeiten, obwohl sie es gerne täten. Überstunden können nicht mehr gemacht werden. Statt dessen ist Kurzarbeit zu leisten. Die Einnahmen, auf die man sich in den Familien eingerichtet hat, kommen nicht mehr. In vielen Bereichen muß man durch die Politik, die Sie verursacht haben, kurzertreten.
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Nun sind wir ans Werk gegangen.
Nun haben wir mit dem Haushalt 1983 den ersten Schritt gemacht, der nötig war. Wenn wir diese Arbeit nicht geleistet hätten, wären 55 Milliarden Mark Neuverschuldung im Jahre 1983 auf uns zugekommen.
Durch unsere Beschlüsse — teilweise durch Übernahme derer, die Sie vorbereitet haben — ist es nun gelungen, auf 40 Milliarden zu kommen, ein gewaltiger Kraftakt, der von uns gemeinsam mit der FDP in dieser kurzen Zeit geleistet wurde.
Wir haben den Haushalt zwar nur kurz beraten können, aber er ist nicht oberflächlich beraten worden. Es kommt hinzu, daß wir der Wohnungswirtschaft kräftige Impulse gegeben und steuerliche Entlastungen für die mittelständischen Betriebe beschlossen haben, denen Schwierigkeiten gemacht wurden durch die Steuerschraube und durch die Abgabenlast, die immer höher wurde.
Ich möchte damit abschließen,
daß ich zum Ausdruck bringe: Wir von der Union sind die große politische Kraft,
die in der Lage ist, das Ruder herumzureißen.
Ich freue mich darüber, daß uns die FDP dabei helfen will. Das ist uns sehr willkommen. Es wäre für unser Land verhängnisvoll, wenn nach dem 6. März 1983 die SPD mit den Grünen, die rot-grüne Koalition also regieren würde. Das wäre eine Koalition der Verneinung, die für unser Land Unheil brächte.
Unsere Aufgabe ist es nun, das zurückzudrehen, was in Deutschland über zehn Jahre lang falsch gemacht wurde. Das ist nur so zu bewirken, daß wir die Ausgaben des Staates zurückfahren, aber nicht um zu sparen, sondern um dadurch weniger Kredit aufnehmen und um dadurch die Abgabenlast zurücknehmen zu können. Das, was zehn Jahre lang in die falsche Richtung ging, muß von uns langsam, aber sicher wieder zurückgenommen werden. Ich bin froh darüber, daß die überwältigende Mehrheit der Bürger diese Notwendigkeit einsieht. Die Bürger wissen, daß die Opfer von heute die Investitionen und die Arbeitsplätze von morgen sind.
Wir müssen alle zusammenstehen, wir müssen alle eine große gemeinsame Anstrengung unternehmen. Die Unternehmer — sie müssen mehr investieren, und sie müssen Preisdisziplin wahren. Ich möchte gerade die jungen Menschen anregen, Mut zu haben, sich in dieser Zeit selbständig zu machen. Das ist das, was wir brauchen: neue Existenzgründungen in unserem Lande.
Die Tarifpartner — sie müssen mit einer verantwortungsvollen Lohnpolitik zum Aufschwung beitragen. Dazu gehören Qualitätsarbeit und Fleiß aller Arbeitnehmer. Der Staat, der Bund muß mit dem Abbau der öffentlichen Verschuldung weitermachen, damit weitere Zinssenkungen möglich sind.
Er muß weitere Schritte zur Investitions- und Wachstumsförderung unternehmen, zur Ausgestaltung des Steuersystems — spätestens ab 1984 — in diesem Sinne.
Wir müssen politische und bürokratische Hemmnisse abbauen. Ich darf sozusagen in einer Klammer hinzufügen, daß auf Grund unseres Beschlusses im Bundestag in der letzten Woche die Kraftwerks-Union z. B. ihre angekündigte Entscheidung, Kurzarbeit durchzuführen, zurückgenommen hat.
Der Bundesbank möchte ich empfehlen, weitere Spielräume für Zinssenkungen zu nutzen.
Die Kreditwirtschaft möchte ich auffordern, diese Zinssenkungen in vollem Umfang an die Wirtschaft weiterzugeben.
Alle aber müssen wir uns darauf einstellen, noch ein, zwei Jahre kürzer zu treten. Ein, zwei Jahre wird es dauern, bis wir die ersten sichtbaren Erfolge vorweisen können.
Dem ganzen Volk rufe ich zu:
Haben Sie Vertrauen zur Politik der Sozialen Marktwirtschaft und zur Leistungsfähigkeit des deutschen Volkes.
Vielleicht ist dies die richtige Minute,
um schon jetzt den Beamten im Finanzministerium für ihre Arbeit zu danken, die sie bei der Erstellung dieses Haushaltes geleistet haben, vor allen Dingen aber um Dank zu sagen dem Minister, dessen Handschrift dieser Haushalt trägt: unserem Finanzminister Dr. Gerhard Stoltenberg.