Rede:
ID0913814200

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 8
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Bundesminister: 1
    6. für: 1
    7. wirtschaftliche: 1
    8. Zusammenarbeit.\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/138 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 138. Sitzung Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982 Inhalt: Eintritt der Abg. Ginsberg und Riebensahm in den Deutschen Bundestag . . . 8577 A Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1983 (Haushaltsgesetz 1983) — Drucksachen 9/1920, 9/2050, 9/2139 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksachen 9/2141, 9/2281 — . . . . 8577 B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksachen 9/2142, 9/2281 — . . . . 8577 C Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksachen 9/2143, 9/2281 — . . . . 8577 D Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes — Drucksachen 9/2144, 9/2281 — in Verbindung mit Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts — Drucksachen 9/2145, 9/2281 — Dr. Dregger CDU/CSU 8578A Dr. Ehmke SPD 8584 B Hoppe FDP 8592 D Dr. Kohl, Bundeskanzler 8596 C Dr. h. c. Leber SPD 8607 D Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 8616 C Rapp (Göppingen) SPD 8619 D Genscher, Bundesminister AA 8623 B Voigt (Frankfurt) SPD 8629 B Möllemann, Staatsminister AA 8633 D Picard CDU/CSU 8636 B Coppik fraktionslos 8638 B Wieczorek (Duisburg) SPD 8639 C Präsident Stücklen 8596 B Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksachen 9/2154, 9/2281 — in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksachen 9/2165, 9/2281 — in Verbindung mit Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksachen 9/2158, 9/2281, 9/2289 — II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982 in Verbindung mit Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksachen 9/2160, 9/2281 — Dr. Stavenhagen CDU/CSU 8640 B Frau Traupe SPD 8641 C Dr. Zumpfort FDP 8644 D Dr. Wörner, Bundesminister BMVg 8644 B, 8659 B Neumann (Stelle) SPD 8651 C Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 8653 D Popp FDP 8655 B Meinike (Oberhausen) SPD 8656 D Hansen fraktionslos 8659C, 8682A Kolbow SPD 8661 D Schluckebier SPD 8663 C Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 8665 A Dr. Vohrer FDP 8667 D Dr. Holtz SPD 8669 B Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . 8671 B Dr. Kreutzmann SPD 8673 D Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 8675 D Ronneburger FDP 8677 B Dr. Barzel, Bundesminister BMB . . . 8679A Wieczorek (Duisburg) SPD 8682A, B Reddemann CDU/CSU 8682 C Vizepräsident Wurbs 8681 D Nächste Sitzung 8683 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 8684* A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982 8577 138. Sitzung Bonn, den 14. Dezember 1982 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 14. 12. Dr. van Aerssen * 16. 12. Böhm (Melsungen) ** 15. 12. Brandt 16. 12. Junghans 17. 12. Lagershausen 17. 12. Lampersbach 17. 12. Liedtke 15. 12. Löffler 17. 12. Frau Luuk 14. 12. Mischnick 17. 12. Müller (Bayreuth) 17. 12. Rösch ** 16. 12. Schmidt (Wattenscheid) 14. 12. Schmöle 17. 12. Dr. Vohrer ** 16. 12. Weiskirch 17. 12. *für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Uwe Holtz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei den Sozialdemokraten hat der neue Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit Aufgeschlossenheit vorgefunden. Wir haben eigentlich erwartet, daß Sie, Herr Minister Warnke, die so vorgefundene Entwicklungspolitik ruhig und besonnen fortsetzen würden, und zwar auf der Grundlage der entwicklungspolitischen Leitlinien der alten Bundesregierung und auf der Grundlage des gemeinsamen entwicklungspolitischen Beschlusses hier im Deutschen Bundestag vom 5. März 1982. Entgegen dem, was der Haushaltsexperte der Union hier ausgeführt hat, stelle ich für meine Fraktion fest: Sie haben ein gutes Erbe übernommen, Herr Minister.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir wollen nicht, daß die Entwicklungshilfe einfach über die Welt verstreut wird. Wir wollen, daß die wirklich Bedürftigen erreicht werden. Wir sehen die fachlichen Schwerpunkte: ländliche Entwicklung, Energie, Schutz der Umwelt, Bildung und Ausbildung. Wir wollen, daß insbesondere reformorientierte Regierungen und Kräfte unterstützt werden.
    Einer Ihrer erfahrenen Fraktionskollegen äußerte öffentlich die Ansicht: „Da er — der Herr Minister — nichts von der Sache versteht, wird er vorsichtig sein und entsprechend wenig Fehler machen." Aber weit gefehlt: Ohne Not sind sie vorgeprescht, haben Haushaltsdaten unnötigerweise und zu Unrecht, wie Ihnen vom Finanzministerium bescheinigt wird, dramatisiert und durch Ihre zahlreichen Interviews — so neutrale Beobachter — zumindest den Verdacht aufkommen lassen, daß sich die politisch-ideologischen Standorte in der Entwicklungspolitik verschoben haben. Bald war der Punkt erreicht, an dem uns klar wurde: Der neue CSU-Minister will eine andere Entwicklungspolitik. Im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenheit wird die Abkehr von wichtigen entwicklungspolitischen Eckwerten betrieben. Dagegen leisten wir Widerstand.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir bedauern sehr, daß die Kontinuität in der Entwicklungspolitik der sozialliberalen Koalition abgewürgt wird. Bei diesem Urteil haben wir es uns nicht leichtgemacht. Wir hätten gern die Linie der entwicklungspolitischen Gemeinsamkeiten in vielen Fragen fortgesetzt; aber eine Fülle von Erklärungen und Positionsbestimmungen des neuen Ministers untermauert leider unsere Einschätzung. Wenn die Entwicklungspolitik auch einem Riesentanker gleicht, der nur langsam Kursänderungen vollziehen kann, so haben Sie jedoch jede Möglichkeit genutzt, neue Kurse festzulegen und Positionen zu markieren. Sogar von scheinbaren Nebensächlichkeiten machen Sie nicht halt. So wird die bewährte Kinderfibel zu den Nord-Süd-Beziehungen, die Ihnen schon als Abgeordneter ein Dorn im Auge war, zurückgenommen.

    (Abg. Dr. Pinger [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Ich muß in noch kürzerer Zeit reden, als mir an
    sich zur Verfügung steht; ich bitte um Verständnis.
    Sie haben folgenschwere Richtungsbestimmungen vorgegeben: Betonung der Ost-West-Dimension, stärkere marktwirtschaftliche Orientierung, Einführung einer Wohlverhaltenserwartung, Einschwenken auf den Reagan-Kurs, stärkeres Freund-Feind-Denken und Überbetonung deutscher Exportinteressen. Diese Richtungsbestimmungen
    8670 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982
    Dr. Holtz
    halten wir für gefährlich und bekämpfen sie deshalb.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich möchte unsere Befürchtungen belegen, und zwar an Hand von Äußerungen des Ministers, der für dieses Ressort politisch die Verantwortung trägt.
    Ost-West-Dimension: Sie sagten in der „Frankfurter Rundschau" am 3. Dezember 1982: „Eine stramme Ost-West-Ausrichtung der Entwicklungspolitik ist weder vorgesehen, noch wird sie eintreten." Ich finde: beschwichtigend, aber demaskierend. Wenn Sie sich, Herr Minister, die Ost-West-Brille aufsetzen, dann laufen Sie Gefahr, ganz schnell kurzsichtig zu werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Marktwirtschaftliche Orientierung: Ebenfalls in der „Frankfurter Rundschau": „Wir werden künftig Länder, die marktwirtschaftliche Elemente haben, als Partner besonders ins Auge fassen." In einem Fernsehinterview von Ihnen hieß es gar, dies sei eine Voraussetzung für die entwicklungspolitische Zusammenarbeit. Der Vorsitzende des CDU-Fachausschusses „Entwicklungshilfe" sekundierte: Die neue Regierung soll einen ständigen ordnungspolitischen Dialog mit den Partnern in der Dritten Welt führen. Wenn es nach CSU und CDU ginge, soll jetzt der Globus mit einem Netz munterer marktwirtschaftlicher Missionare überzogen werden. In unseren Augen ein untauglicher Versuch,

    (Beifall bei der SPD)

    da auch in vielen Ländern die Voraussetzungen dafür fehlen.
    Wohlverhalten: Minister Warnke in den „Bonner Perspektiven": „Jemand, der uns vor das Schienbein tritt, den werden wir natürlich nicht gerade als bevorzugten Partner behandeln." — Meine Damen und Herren, wir wollen doch nicht Entwicklungspolitik nach dem Motto betreiben: Wes' Brot du ißt, des' Lied du singst.
    Reagan-Kurs: Im Konkreten sieht das dann so aus, daß man Probleme im südlichen Afrika unter den Teppich kehren will, Ausrüstungshilfe für Honduras laufen lassen will, daß für Nicaragua die Entwicklungshilfe gekürzt wird, während der Minister vor dem Ausschuß für El Salvador die Ankündigung macht, man sehe keinen Grund, die früher eingegangenen Verpflichtungen weiter hängen zu lassen. Zwischenzeitlich wurde diese Ankündigung — auf Grund vieler Proteste, so nehme ich an — in einen Prüfauftrag umgewandelt.
    Selbstverständlich pflegen die Sozialdemokraten die Freundschaft und Zusammenarbeit mit den USA; wir können aber nicht zu allem Ja und Amen sagen. Die im Ansatz falsche Politik der Reagan-Regierung wird besonders deutlich in der mittelamerikanischen Region, was die Dritte Welt angeht. Da versucht der große, gestrenge Vater mit Zuckerbrot und Peitsche die ungehorsamen und undankbarken Kinder zur Räson zu bringen. Im Gegensatz zu ihm sehen wir Sozialdemokraten — und ich weiß, auch viele andere hier im Hause — die eigentlichen Ursachen für die Krisen in der wirtschaftlichen Unterentwicklung, der sozialen Ungerechtigkeit und der Mißachtung der Menschenrechte in vielen Staaten der Region. Hier müssen wir ansetzen, und hier muß auch dementsprechend versucht werden, zu gemeinsamen Lösungen zu kommen. Wir sind nicht etwa blind auf einem Auge wie Sie, wenn Sie sagen, in Simbabwe hätten keine Wahlen stattgefunden. Informieren Sie sich mal vor Ort, Herr Kollege!

    (Beifall bei der SPD)

    Mittelamerika darf nicht wie der Iran zu einem Friedhof einer falschen westlichen Politik werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Vielleicht sind wir uns wenigstens darin einig.
    Freund-Feind-Denken: Der neue Trend bei der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit geht in diese Richtung. Bei Reduzierungen von Haushaltsansätzen bei einzugehenden Verpflichtungen fällt der vergleichsweise hohe Anteil von Ländern auf, die nach dem groben Rechts-Links-Raster als reformorientierte, linke Länder gelten. Die neue Bundesregierung läßt doch nicht Österreich und Frankreich deshalb links liegen, bloß weil sie sozialistische Regierungschefs haben, meine Damen und Herren.
    Aber vielleicht sehen wir zu schwarz. In der „Frankfurter Rundschau" versuchten Sie uns zu beruhigen: „Die Bundesregierung wird ihre Entwicklungshilfe keineswegs vorrangig nach ideologischen Kriterien vergeben."
    Exportinteressen: „Die neue Regierung wird all den Entwicklungsprojekten Vorrang geben, die der deutschen Wirtschaft zusätzliche Aufträge bringen." So der Minister in „Bild" am 2. Dezember 1982. Wir stellen die Frage: Wollen Sie dies, auch wenn die Projekte den Entwicklungsländern weniger nützen? In der gemeinsamen Entschließung vom 5. März heißt es dazu ganz eindeutig: „Beim Zusammentreffen entwicklungspolitischer Ziele mit Zielen anderer Politikbereiche, z. B. Handelspolitik, darf das entwicklungspolitische Interesse nicht zurückgedrängt werden." Sehen Sie bitte dies als Leitschnur auch für Ihr Handeln an! Würden Sie konsequent Ihre Ankündigung durchsetzen, würde das BMZ zu einem reinen Exportförderungsministerium verkommen. Das klingt nach Unterabteilung des BMWI; oder soll ich besser sagen, dem BMIW — Bundesministerium für Ideologie- und Warenexport?

    (Beifall bei der SPD — Oh-Rufe von der CDU/CSU)

    Die Richtungsbestimmungen durch den neuen Minister bedeuten eine Wende nach rückwärts. Außer Schaden für das Ansehen der Bundesrepublik werden sie nicht viel bewirken. Hier wird in der Außenpolitik eine Wende vollzogen, und zwar zu Lasten der schwächsten, auf Hilfe angewiesenen Staaten. Wer Ihre Richtungsbestimmungen zu Kriterien bei der Vergabe von Entwicklungshilfe machen wollte, marschierte in die entwicklungspolitische Steinzeit zurück. Nach den trüben Erfahrun-
    Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982 8671
    Dr. Holtz
    gen, die man mit derartigen ideologischen Gängelversuchen gemacht hat, kann dies keiner wollen.
    Wir üben auch Kritik an einem Minister, von dem wir vor dem Hintergrund ganz anderer, drängender Probleme, wie z. B. des Verfalls der Rohstoffpreise und enormer Zahlungsbilanzprobleme, Antworten auf die Lösung dieser akuten Fragen erwarten, unabhängig davon, ob dies in die Ost-West-Sicht oder in Bündnisinteressen oder in ordnungspolitische Vorstellungen paßt.

    (Beifall bei der SPD)

    Dies alles bestätigt, daß die CSU über dieses Ministerium an Herrn Genscher vorbei Außenpolitik betreiben möchte. Der bereits zitierte Fraktionskollege der CDU hatte noch gehofft: „Warnkes Berufung gibt uns die Chance, die CSU stärker in die entwicklungspolitischen Vorstellungen der CDU einzubinden. Das mindert den Einfluß des brüllenden bayerischen Löwen."

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wer war denn das?)

    Die Bändigung scheint gründlich mißlungen, Herr Kollege.
    Prüfaufträge, teilweise vorgenommene Zurücknahmen und Richtigstellungen, Relativierungen, wie Sie sie z. B. vor der FDP-Fraktion vorgenommen haben, auch die — wie mir gesagt wurde — lammfromme Rede, die jetzt folgen soll, verdeutlichen nur, daß Sie eine Reihe von endgültigen Entscheidungen bewußt bis zum 6. März zurückstellen wollen. Wir hoffen, daß Sie dann nicht mehr zum Zuge kommen.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Heinrich Windelen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit.

(Zuruf von der SPD: Jetzt kommt die lammfromme Rede!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Jürgen Warnke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Nachdem der Herr Kollege Holtz die Erwartungshorizonte in diesem Hause erheblich hochgesetzt hat,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Nomen est omen!)

    möchte ich zunächst zur Sache zurückkehren und sagen: In der Tat, diesem Hause liegt ein Beratungsergebnis mit 6,3 Milliarden DM für den Entwicklungshaushalt des Jahres 1983 vor, das den ursprünglichen Ansatz vom Sommer diesen Jahres in der Größenordnung gehalten hat. Das Wachstum unserer Leistungen für die Dritte Welt ist, wie Herr Kollege Vohrer richtig hervorgehoben hat, mit nahezu 4 % eindeutig überdurchschnittlich gegenüber der Gesamtsteigerung des Bundeshaushaltes 1983. Das ist keine Selbstverständlichkeit im Zeichen schwerer Belastung unserer Staatsfinanzen.

    (Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Ich danke dem Hohen Hause, und ich danke insbesondere den Mitgliedern des Haushaltsausschusses
    und des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit für eine Entscheidung, die weit über die Rechengröße von 6,3 Milliarden DM hinaus politische Aussage, politische Entscheidung, ja, politisches Bekenntnis ist. Bundeskanzler Kohl hat am 13. Oktober 1982 mit Zustimmung aller Seiten dieses Hauses erklären können: Der Frieden ist nicht nur durch Rüstung und durch Waffen bedroht, sondern auch durch Armut, Hunger und Tod in der Dritten Welt. Mit seiner heutigen Entscheidung zieht der Deutsche Bundestag die Folgerung aus dieser Einordnung der Entwicklungspolitik in die aller deutschen Politik übergeordnete Zielsetzung der Friedensbewahrung.
    Aber täusche sich keiner: In einer Zeit, da unsere Arbeitnehmer wie die Verbraucher, da junge Menschen in der Ausbildung wie Rentner an ihrem Lebensabend spürbare Einschränkungen auf sich nehmen müssen, in dieser Zeit bedarf unsere Entscheidung mehr denn je der Begründung, der Erklärung, ja der Rechtfertigung vor der Bevölkerung. Sparsam mit dem Geld des Steuerzahlers umzugehen ist unsere Pflicht — auch und gerade in der Entwicklungshilfe.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich habe deshalb Weisung gegeben, die Wirksamkeit der einzelnen Maßnahmen zu überprüfen. Ziel muß es sein, daß unsere Hilfe auch wirklich den Bedürftigen zugute kommt und daß sie nicht in Prestigeprojekten vergeudet wird oder in nationalen oder internationalen Bürokratien versickert.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Nun dachte ich ja eigentlich, die Darlegungen des Kollegen Schröder hätten Mißverständnisse oder Unfähigkeit des Verständnisses bezüglich der Finanzierungsschwierigkeiten, denen wir uns im Jahre 1983 gegenüber sehen, ausgeräumt. Aber die Ausführungen des Kollegen Holtz haben mir gezeigt, daß es hier doch noch einiger durchaus wohlwollender Nachhilfe bedarf.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/ CSU)

    Ich habe in der Kasse für das Jahr 1983 500 Millionen DM weniger vorgefunden, als zur termingerechten Bedienung der Forderungen, der eingegangenen Verpflichtungen gegenüber der Dritten Welt, notwendig gewesen wären. 500 Millionen DM weniger — abgestimmt mit dem Bundesfinanzministerium, anerkannt vom Bundesfinanzministerium. Aber, Herr Kollege Holtz, wir leben doch nicht in Wolkenkuckucksheim. Wir bekommen doch nicht 500 Millionen DM mehr bei diesem Zustand der öffentlichen Finanzen, bloß weil ein Defizit im Haushalt für 1983 vorhanden ist. Ich muß diese Erblast durch Streckung an und für sich fälliger Zahlungen über mehrere Jahre hinweg bewältigen.

    (Bindig [SPD]: Das waren keine rechtsverbindlichen Verpflichtungen! Sie haben es immer noch nicht verstanden!)

    — Keinen Menschen in den Entwicklungsländern
    interessieren hier haushaltsmäßige Spitzfindigkei-
    8672 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982
    Bundesminister Dr. Warnke
    ten, ob das nun ein Defizit oder eine Finanzlücke oder ein rechnerisches Risiko ist.

    (Bindig [SPD]: Das ist eine Wissenslücke von Ihnen!)

    Was wir dort riskieren, ist, auf Grund von Zahlungen — in der Höhe von Hunderten von Millionen DM —, die später eintreffen als erwartet, statt Genugtuung politische Verärgerung und uns abträgliche Einstellung zu produzieren. Das ist ja wohl eine politische Negativmeisterleistung der ersten Größenordnung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf von der CDU: Sie wollen es aber nicht merken!)

    Ich habe meinem Amtsvorgänger ausdrücklich bescheinigt, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, daß er von

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist schlimm genug!)

    der Planungslücke nicht unterrichtet war. Aber ich kann Ihnen den Hinweis nicht ersparen, daß ein Planungsfehler in der Größenordnung von 2,3 Milliarden DM kennzeichnend ist für die Lässigkeit, mit der unter sozialdemokratischer Verantwortung mit dem Geld des Steuerzahlers umgesprungen worden ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, die Entwicklungspolitik der Bundesrepublik Deutschland zeichnet sich durch ein ungewöhnlich hohes Maß an interfraktioneller Übereinstimmung im Parlament aus. Kein anderer Bereich hat meines Wissens eine von allen Fraktionen angenommene Zusammenstellung gemeinsamer Grundüberzeugungen, wie sie in der Entschließung des Deutschen Bundestags vom 5. März 1982 vorliegt. Die Bundesregierung ist sich des Wertes dieser parlamentarischen Gemeinschaftsleistung bewußt und legt ihn ihrer Politik zugrunde.
    Aber eines ist auch klar: So, wie wir das Bewährte fortsetzen, wird die Regierung Kohl/Genscher dort, wo es notwendig ist, neue Impulse geben. Von Schlafmützigkeit, einfach im alten Trott weiterzumachen, kann bei uns nicht die Rede sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Ich nenne diese neuen Impulse. Erstens. Wir wollen mehr Partnerschaft mit den Entwicklungsländern. Entwicklungspolitik soll ein ehrliches Angebot an die Dritte Welt sein, nicht nur eine Reaktion auf Wünsche und Forderungen, die an uns herangetragen werden.
    Herr Kollege Holtz, in der Entwicklungszielsetzung geben die Interessen des Partnerlands den Ausschlag. Ist das klar?

    (Zurufe von der SPD: Jawohl!)

    Bei der Durchführung werden wir unsere legitimen eigenen Interessen freimütig zur Sprache bringen mit dem Ziel, einen gemeinsamen Nenner für die berechtigten Interessen beider Partner zu finden.
    Auch dafür nenne ich Ihnen ein Beispiel. Angesichts von zwei Millionen Arbeitslosen in unserem Land werden wir dort, wo der Charakter des Projektes es zuläßt und wo die deutsche Wirtschaft wettbewerbsfähig ist, auf solche Maßnahmen hinwirken, die beschäftigungswirksam für die deutsche Wirtschaft und für den deutschen Arbeitnehmer sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Wenn Sie, Herr Kollege Schluckebier, sagen „Das ist ein alter Hut!", will ich Ihnen antworten: In der Tat, das ist auch früher schon geschehen, nur etwas versteckt und durch die Hintertür. Wir wollen uns ehrlich zu diesem Grundsatz bekennen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir leisten mit diesem Bekenntnis auch einen Beitrag zur Annahme des Gedankens der Entwicklungshilfe durch breite Schichten der Bevölkerung.

    (Zuruf des Abg. Waltemathe [SPD])

    Ohne diese breite Zustimmung wird im demokratischen Gemeinwesen auf Dauer keine wirksame Entwicklungsförderung betrieben werden können.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf des Abg. Hoffmann [Saarbrücken] [SPD])

    Zweitens. In der Tat: Wir werden die private Initiative ermutigen, um so bisher ungenutztes Entwicklungspotential im privaten Bereich stärker als bisher zu nutzen.

    (Schröder [Lüneburg] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Ein Beispiel ist die Entwicklungsarbeit der Kirchen. Bei sparsamster Haushaltsführung leisten sie wirksame Arbeit für die bedürftigen Menschen vor Ort. Aber auch in anderen Bereichen unserer Gesellschaft, im Handwerk, im mittelständischen Gewerbe, liegen unerschlossene Reserven, die es zu nutzen gilt. Dafür haben wir haushaltsmäßige Vorkehrungen bei der Beratung dieses Etats getroffen.
    Nur, meine Damen und Herren: Mehr private Initiative — wir scheuen uns nicht, das auszusprechen, und Sie sollten sich nicht scheuen, das einzusehen — ist auch in den Entwicklungsländern sinnvoll. Wir haben aus über zwei Jahrzehnten Entwicklungspolitik die Erfahrung gewonnen: Marktwirtschaftliche Elemente — von mehr ist ja gar nicht die Rede — in der Politik der Entwicklungsländer haben sich als ein guter Nährboden für jene Selbsthilfe erwiesen, ohne die Entwicklungspolitik zur Weltsozialhilfe verkümmert.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf des Abg. Dr. Holtz [SPD])

    Wir begrüßen daher marktwirtschaftliche Elemente. Ich weiß gar nicht, was Sie dagegen haben, Herr Kollege Holtz. Aber wir lassen auch gar keinen Zweifel daran: Die Regierung Kohl/Genscher wird Entwicklungspolitik ideologiefrei betreiben — klat-
    Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982 8673
    Bundesminister Dr. Warnke
    schen Sie nicht zu früh! —, nach rechts, aber auch nach links.

    (Zustimmung bei der SPD — Zuruf des Abg. Bindig [SPD])

    Wir wissen: Für die Erreichung des Entwicklungsziels, nämlich die Überwindung menschenunwürdigen und friedensgefährdenden Elends, kommt es auf den Inhalt und die Wirksamkeit, aber nicht auf das Etikett an.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Drittens. Bildung und Ausbildung schaffen erst die Voraussetzung dafür, daß die Masse der Bevölkerung in der Dritten Welt finanzielle Leistungen der Entwicklungshilfe dauerhaft zur Selbsthilfe nutzen kann. Ich habe eine Verbesserung der Richtlinien für betriebliche Ausbildungsmaßnahmen mit dem Ziel veranlaßt, 1983 zusätzliche Mittel in der Größenordnung von 10 Millionen DM aufwärts für solche Ausbildung in der Dritten Welt zur Verfügung zu haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Viertens. Die Verschuldung in der Dritten Welt wächst in einem erschreckenden Ausmaß. Ein finanzieller Kollaps würde nicht nur ein einzelnes Entwicklungsland oder die Mehrzahl der Entwicklungsländer, er würde uns selbst als Gläubigerland in größte Gefahren bringen. „Black friday" ist keineswegs ein einmaliges, ein unwiederholbares Phänomen der Wirtschaftsgeschichte. Deshalb wird es eine wichtige Aufgabe unserer künftigen Entwicklungspolitik sein, darauf zu achten, daß die von uns geförderten Maßnahmen nicht die strukturelle Außenverschuldung der Entwicklungsländer erhöhen. Wir werden den Internationalen Währungsfonds und die Weltbank bei ihren darauf gerichteten Bemühungen nach Kräften unterstützen.
    Entwicklungspolitik als Friedenspolitik ist natürlich wesentlicher Bestandteil unserer auswärtigen Beziehungen. Wir werden uns auch in der Entwicklungspolitik bewußt bleiben, daß jene Loyalität und Solidarität, die wir von unseren Bündnispartnern in Schicksalsfragen unseres Landes erwarten und erhalten, keine Einbahnstraße sein kann, d. h. im Klartext: im Falle von Meinungsverschiedenheiten mit unseren Verbündeten weder Wohlverhalten noch Provokation, sondern geduldige Konsultation mit Freunden, mit denen wir eine gemeinsame Lösung erreichen wollen und erreichen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Deutsche Entwicklungspolitik wird sich unter dieser Regierung nachdrücklich darum bemühen, die Übertragung des Ost-West-Konflikts auf die Dritte Welt zu verhindern. Dort, wo diese Übertragung bereits erfolgt ist, werden wir die Rückkehr zu wahrer Blockfreiheit fördern.

    (Bindig [SPD]: Sie fangen an zu lernen!)

    Anderslautende Behauptungen der Opposition haben weder direkt noch indirekt, weder wörtlich noch sinngemäß eine Grundlage in den Äußerungen und Richtlinien dieser Bundesregierung oder einzelner ihrer Mitglieder.
    Ich möchte nur eines zu den Beispielen sagen, die der Kollege Holtz genannt hat. An der Aussage, daß derjenige, der uns vor das Schienbein tritt, nicht unser bevorzugter Partner sein wird, halten wir allerdings fest.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie sollten einmal ein bißchen Rückkoppelung zu dem aufnehmen, was die Bevölkerung wirklich empfindet, Herr Kollege Holtz. Bis weit hinein in Ihre sozialdemokratische Stammwählerschaft werden wir zu dieser Erklärung massive Zustimmung bekommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Bindig [SPD]: Entwicklungshilfe darf man nicht betreiben!)

    Wer nicht in der Lage ist, eine so klare Aussage auch wirklich zu erfassen, muß sich selber Gedanken darüber machen, warum das so ist.

    (Zurufe von der SPD)

    Alles andere — Freund-Feind-Denken, Einschwenken auf den Reagan-Kurs, Ost-West-Dimension in der Entwicklungshilfe oder Wohlverhalten — ist nicht nur nicht gesagt, sondern zum Teil ist genau das Gegenteil gesagt worden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: SPD-Propagandaquatsch! — Bindig [SPD]: Gut, daß Sie jetzt in allen Bereichen Rückzieher machen!)

    — Sie haben sich nicht rechtzeitig informiert, Herr Kollege.

    (Bindig [SPD]: Sie haben das im Ausschuß gesagt!)

    Sie sind Ihren eigenen Wunschvorstellungen, einen Popanz haben zu müssen, auf den Sie mangels wirklicher Meinungsverschiedenheiten eindreschen können, zum Opfer gefallen.

    (Bindig [SPD]: Sie sind zurückgepfiffen worden!)

    Ich komme zum Schluß. Entwicklungspolitik eignet sich nicht als Knüppel für den Wahlkampf. Wir werden sie dazu nicht mißbrauchen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Aber wir werden mit Festigkeit unseren Standpunkt wahren. Entwicklungshilfe bleibt für uns menschliche Verpflichtung zur Beseitigung unerträglicher Armut und politischer Auftrag zur Sicherung des Friedens für uns, für unsere Kinder und für unsere Enkel.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)