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ID0913810600

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    Plenarprotokoll 9/138 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 138. Sitzung Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982 Inhalt: Eintritt der Abg. Ginsberg und Riebensahm in den Deutschen Bundestag . . . 8577 A Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1983 (Haushaltsgesetz 1983) — Drucksachen 9/1920, 9/2050, 9/2139 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksachen 9/2141, 9/2281 — . . . . 8577 B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksachen 9/2142, 9/2281 — . . . . 8577 C Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksachen 9/2143, 9/2281 — . . . . 8577 D Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes — Drucksachen 9/2144, 9/2281 — in Verbindung mit Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts — Drucksachen 9/2145, 9/2281 — Dr. Dregger CDU/CSU 8578A Dr. Ehmke SPD 8584 B Hoppe FDP 8592 D Dr. Kohl, Bundeskanzler 8596 C Dr. h. c. Leber SPD 8607 D Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 8616 C Rapp (Göppingen) SPD 8619 D Genscher, Bundesminister AA 8623 B Voigt (Frankfurt) SPD 8629 B Möllemann, Staatsminister AA 8633 D Picard CDU/CSU 8636 B Coppik fraktionslos 8638 B Wieczorek (Duisburg) SPD 8639 C Präsident Stücklen 8596 B Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksachen 9/2154, 9/2281 — in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksachen 9/2165, 9/2281 — in Verbindung mit Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksachen 9/2158, 9/2281, 9/2289 — II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982 in Verbindung mit Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksachen 9/2160, 9/2281 — Dr. Stavenhagen CDU/CSU 8640 B Frau Traupe SPD 8641 C Dr. Zumpfort FDP 8644 D Dr. Wörner, Bundesminister BMVg 8644 B, 8659 B Neumann (Stelle) SPD 8651 C Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 8653 D Popp FDP 8655 B Meinike (Oberhausen) SPD 8656 D Hansen fraktionslos 8659C, 8682A Kolbow SPD 8661 D Schluckebier SPD 8663 C Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 8665 A Dr. Vohrer FDP 8667 D Dr. Holtz SPD 8669 B Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . 8671 B Dr. Kreutzmann SPD 8673 D Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 8675 D Ronneburger FDP 8677 B Dr. Barzel, Bundesminister BMB . . . 8679A Wieczorek (Duisburg) SPD 8682A, B Reddemann CDU/CSU 8682 C Vizepräsident Wurbs 8681 D Nächste Sitzung 8683 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 8684* A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982 8577 138. Sitzung Bonn, den 14. Dezember 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 14. 12. Dr. van Aerssen * 16. 12. Böhm (Melsungen) ** 15. 12. Brandt 16. 12. Junghans 17. 12. Lagershausen 17. 12. Lampersbach 17. 12. Liedtke 15. 12. Löffler 17. 12. Frau Luuk 14. 12. Mischnick 17. 12. Müller (Bayreuth) 17. 12. Rösch ** 16. 12. Schmidt (Wattenscheid) 14. 12. Schmöle 17. 12. Dr. Vohrer ** 16. 12. Weiskirch 17. 12. *für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Karl-Heinz Popp


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Sicherheitspolitik der Koalition aus CDU/CSU und FDP zeigt eine klare Kontinuität. Ob diese Kontinuität auch von der SPD gewahrt wird, wird sich erst zeigen müssen, nachdem diese gemeinsame Politik schon bisher von der SPD-Linken zunehmend in Frage gestellt wurde und sich ihre Absetzbewegungen in bezug auf den NATO-Doppelbeschluß in letzter Zeit verstärken. Für uns Freie Demokraten gilt der NATO-Doppelbeschluß; daran lassen wir keinen Zweifel.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Der Verteidigungshaushalt wurde von der neuen Regierung nur geringfügig geändert, wenn auch neue Akzente gesetzt wurden. Diese Akzente machen deutlich, daß die Koalition der Mitte Ernst macht mit dem Willen, den Menschen wieder stärker in den Mittelpunkt der Politik zu stellen. Wir Freie Demokraten begrüßen das sehr.
    3 000 Stellen mehr für längerdienende Soldaten — 1 000 mehr als von der alten Regierung vorgesehen — ermöglichen eine bessere Ausstattung mit Unterführern, mehr Unterführer bringen eine bessere Dienstgestaltung. Damit wird nicht nur die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte erhöht, es ist auch eine wesentliche Voraussetzung, um die vielbeklagte Gammelei abzubauen. Wenn auch nicht alles Gammelei ist, was so genannt wird, so wird doch mancher Leerlauf dadurch verursacht, daß die Soldaten nicht immer sinnvoll beschäftigt werden, weil die notwendigen Unterführer fehlen. Weniger Gammelei, sinnvollere Dienstzeitausnutzung bringen mehr Zufriedenheit bei den Soldaten und damit eine positivere Bewertung des Wehrdienstes auch in der Bevölkerung.
    Durch die Schaffung von 350 Planstellen und die dadurch bewirkten mehrfachen Verwendungswechsel wird ein Beitrag zum Abbau des Verwendungsstaus vollzogen. Darauf wurde bereits hingewiesen. Auf die Problematik des Verwendungsstaus hat die FDP schon vor Jahren als erste aufmerksam gemacht.
    Die Bundeswehr — dies ist eine seit dem Aufbau der Streitkräfte vorprogrammierte Erscheinung — ist eine überalterte Armee. Es wird lange dauern, eine ausgewogene Altersstruktur zu erreichen. Ein Schritt dorthin wird mit diesem Haushalt getan.
    Für den Spitzendienstzeitausgleich wurden die Mittel von 150 Millionen DM auf 185 Millionen DM erhöht. Dieser Spitzendienstzeitausgleich ist weder ein Geschenk an die Soldaten noch eine Überstundenvergütung; er ist vielmehr eine Anerkennung für Dienstzeiten, die in der Privatwirtschaft oder im öffentlichen Dienst niemand akzeptieren würde.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Mittelfristig muß ein noch gerechteres Verfahren gefunden werden, durch das die Soldaten stärker berücksichtigt werden, die hohe Dienstzeiten zu leisten haben. Eine individuelle Lösung sollte angestrebt werden. Langfristig aber muß es zu einem Abbau der hohen Dienststundenzahlen kommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, die Verteidigungsfähigkeit erfordert Wehrbereitschaft, und Wehrbereitschaft erfordert Wehrgerechtigkeit.

    (Zustimmung bei der FDP und der CDU/ CSU)

    Das neue Kriegsdienstverweigerungsrecht wird einen Beitrag zu mehr Wehrgerechtigkeit leisten, wenn der Zivildienst im Vergleich zum Grundwehrdienst angemessen ausgestaltet und wenn vor allem durch die Heranziehung aller Kriegsdienstverweigerer zum Ersatzdienst ein Riegel vorgeschoben wird, dem Dienst zu entgehen.
    Die wieder in die Diskussion eingeführte Wehrausgleichsabgabe für Nichtdienende halte ich für
    8656 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982
    Popp
    eine weitere Möglichkeit, mehr Wehrgerechtigkeit zu erreichen. Dieser Vorschlag wurde übrigens schon in den vergangenen Jahren wiederholt von der FDP gemacht. Dabei bin ich mir der mit einem solchen finanziellen Wehrausgleich verbundenen Probleme durchaus bewußt.
    Wir brauchen eine noch stärkere Integration von Bundeswehr und Gesellschaft. Die Wehrpflicht als das legitime Kind der Demokratie braucht noch mehr Anerkennung in der Bevölkerung.

    (Berger [Lahnstein] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Wir brauchen zur Stärkung der Motivation der Soldaten, vor allem der Wehrpflichtigen, für ihren Dienst aber auch noch eine Verbesserung der Mitverantwortung und Mitwirkung bei der Dienstgestaltung.
    Das Kapitel Forschung und Entwicklung erfährt einen überproportionalen Anstieg von fast 10 %. Dies war bereits von Minister Apel vorgesehen. Dies war angesichts der beachtlichen Kürzungen in den Vorjahren aber auch dringend geboten. Neue Waffensysteme werden in den kommenden Jahren nicht in demselben Maße eingeführt werden können wie in den letzten Jahren. Um so notwendiger wird es sein, das Augenmerk auf die Waffenkomponenten, auf die Peripheriegeräte und auf die Weiterentwicklung von Waffensystemen zu lenken und dabei den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt nutzbar zu machen. Dem wird in Zukunft steigende Bedeutung zukommen.
    Lassen Sie mich auch einmal darauf hinweisen, daß auch die Bundeswehr ihren Beitrag zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit leistet, indem sie 2 700 Arbeitsplätze über ihren Eigenbedarf hinaus anbietet. Ich bitte den Verteidigungsminister, hier nach zusätzlichen Möglichkeiten zu suchen.

    (Zustimmung bei der FDP)

    Besondere Aufmerksamkeit verdient die Wiedereingliederung der Zeitsoldaten in den Zivilberuf, was bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage nicht ganz einfach ist. Wir werden aber nur dann ausreichend viele qualifizierte Zeitsoldaten bekommen, wenn der Übergang in den Zivilberuf gesichert ist.

    (Beifall des Abg. Berger [Lahnstein] [CDU/ CSU])

    Der Riesenapparat Bundeswehr im allgemeinen und das Verteidigungsministerium im besonderen, vor allem der Rüstungsbereich, bedürfen einer organisatorischen Durchforstung. Ich hoffe, daß die Erkenntnisse der Emcke-Kommission nutzbar gemacht werden, auch wenn die Institution Controller nicht weiterverfolgt werden soll. Die FDP hält in diesem Zusammenhang eine Stärkung der Stellung des Generalinspekteurs nach wie vor für erforderlich.

    (Beifall bei der FDP)

    Meine Damen und Herren, die Bundesrepublik kommt ihrer Verpflichtung aus dem NATO-Bündnis voll und ganz nach. Die NATO-Mitgliedschaft ist aber auch für unsere Sicherheit unabdingbar. Nur im Rahmen des Bündnisses ist eine glaubwürdige Abschreckung gegeben.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren von der SPD, ich habe durchaus Verständnis für politische Symbolik; aber wenn die SPD ausgerechnet das Kapitel „NATO-Beitrag" ablehnt, so entlarvt sie damit ihre Einstellung gegenüber dem Bündnis.

    (Berger [Lahnstein] [CDU/CSU]: So ist das!)

    Dieses Kapitel wurde schließlich unverändert aus dem Haushaltsentwurf von Minister Apel übernommen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die SPD kann die Ablehnung des Verteidigungshaushalts nicht sachlich begründen, da er nur geringfügig gegenüber dem Entwurf der alten Koalition verändert wurde. Was die SPD damit „symbolisch" zum Ausdruck bringen will, ist nichts anderes als ein billiges Anbiedern an die sogenannte Friedensbewegung, die Grünen und Alternativen als ihre Wunschpartner.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    So sind auch die Kürzungsvorschläge zu verstehen.
    Meine Damen und Herren, die FDP steht zur Bundeswehr und zum Bündnis. Die Erhaltung des Friedens kann es nicht umsonst geben, die Erhaltung des Friedens muß uns etwas wert sein. Der Dienst in der Bundeswehr ist Friedensdienst, und niemand braucht dabei ein schlechtes Gewissen zu haben.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Im Gegenteil, den Angehörigen der Bundeswehr, den Soldaten und den Zivilbediensteten, gebührt unser aller Dank, und in diesen Dank schließe ich auch die Familien ein.
    Der Haushalt des Bundesministers der Verteidigung erfüllt nicht alle unsere Wünsche; er muß aber im Zusammenhang mit dem Gesamthaushalt und der Finanzlage gesehen werden. Die FDP-Fraktion stimmt diesem Hauhalt deshalb zu.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Heinrich Windelen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich erteile dem Abgeordneten Meinike das Wort.

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    Rede von Erich Meinike


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erstmals nach 20 Jahren wird die SPD-Bundestagsfraktion dem Verteidigungshaushalt ihre Zustimmung verweigern, eine unmißverständliche Antwort auf das, was gemeinhin hier in Bonn als die Wende in der Bundesrepublik umschrieben worden ist. In der bisherigen Aussprache wurde die Ablehnung durch meine Fraktion schon eingehend begründet, vor allem was unser Mißtrauen gegen die Bundesregierung betrifft.
    Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982 8657
    Meinike (Oberhausen)

    Jahrelang haben CDU/CSU alles darangesetzt, die auf dem Konzept der Entspannung beruhende SPD-Sicherheitspolitik zu torpedieren. Wenn meine persönlichen Vorstellungen und die mancher Kollegen aus der Fraktion über den Weg zu Frieden und Abrüstung auch anders als die der meisten meiner Fraktionskollegen sind, so darf und muß an dieser Stelle dennoch gesagt werden: Es gehört zur SPD-Tradition und zum Selbstverständnis, daß sie nie auf seiten derer gestanden hat, die für Kriege verantwortlich waren.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    So bleibt es unser Ziel, Kriege zu verhindern und Bedingungen zu schaffen, die einen dauerhaften Frieden erst ermöglichen.
    Das Schicksal der Menschen wird davon abhängen, ob wir die Aufrüstung zu stoppen vermögen und in der Lage sind, wirksame Abrüstung einzuleiten.

    (Würzbach [CDU/CSU]: Und Frieden und Freiheit erhalten können!)

    Trotz dieser grundsätzlichen Übereinstimmung hat es in der SPD gerade zu diesen Fragen — das ist unbestritten — immer leidenschaftliche Diskussionen und Debatten gegeben. Meine Damen und Herren von der CDU/CSU, nehmen Sie bitte einmal zur Kenntnis, daß das nicht gegen, sondern für die SPD spricht;

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    denn wer in dieser Frage Uniformität zeigt, der übersieht die Anliegen der Gesamtbevölkerung und kann sie nicht aufnehmen.

    (Berger [Lahnstein] [CDU/CSU]: Es geht nicht um die Debatte, sondern um die unschlüssige Haltung!)

    Wir sollen heute wie in all den früheren Jahren darüber befinden, ob wir durch eine weitere Aufstockung des Wehretats die Voraussetzung für Abrüstung und friedliches Nebeneinander der Blöcke schaffen. Ich sage: Der Automatismus dieser unseligen Politik, die den Anspruch auf eine möglichst absolut zuverlässige Verteidigung erhebt und praktisch auf eine Überlegenheit abzielt, hat bisher nur bewirkt, den Frieden in der Welt unsicherer zu machen.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Wen meinen Sie da eigentlich?)

    — Ich bitte zuzuhören. Aus diesem Grunde werden ich und einige Kollegen der SPD-Fraktion, die am 26. Mai 1981 gegen den ,,NATO-Doppelbeschluß-Entschließungsantrag" im Parlament gestimmt haben, den Einzelplan 14 ablehnen, nicht nur wegen der Höhe des Ansatzes, vielmehr weil wir uns generell gegen diese Politik wehren.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Aha! Hört! Hört!)

    Im Abstimmungsverhalten werden sich Sozialdemokraten hier heute geschlossen zeigen. Was
    mich und meine Kollgen unterscheidet, ist die zusätzliche Begründung, die ich Ihnen jetzt vortragen möchte.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Demonstranten am 10. Oktober 1981 und am 10. Juni 1982 haben uns und auch Sie eindrucksvoll aufgefordert, hier und jetzt abzurüsten und, falls nötig, auch einen ersten Schritt dazu zu tun. Sie von der CDU/CSU hatten in diesem Zusammenhang damals noch in einem Antrag geschrieben, die Demonstrationen richteten sich gegen die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Natürlich! — Berger [Lahnstein] [CDU/CSU]: Das war ja auch so!)

    Das ist auch eine dieser Worthülsen, die so wütend
    machen können, als ob sich Demonstranten in aller
    Welt etwas anderes wünschten als eben Sicherheit.

    (Lachen bei der CDU/CSU — Berger [Lahnstein] [CDU/CSU]: Auch die, die zuschlagen? — Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Gehen Sie mal nach Kreuzberg!)

    — Wie aber kann man sich sicher fühlen, Herr Kollege Haase, wenn wir unser Land mit schrecklichen Waffen vollstopfen und uns damit erst zur Zielscheibe machen? Wie kann sich der sicher fühlen, der auf dem Pulverfaß sitzt?

    (Würzbach [CDU/CSU]: Wo stehen denn die SS 20?)

    Jede Rakete ist auch ein Magnet in Ost und West. Welche Sicherheit — besser: wessen Sicherheit — ist da eigentlich bedroht?

    (Berger [Lahnstein] [CDU/CSU]: Unsere!)

    Als ob die Rüstung selbst nicht die größte Bedrohung darstellt!

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Gelegentlich habe ich den Eindruck, als fehle in der Tat in diesem Hause vielen die nötige Einsichtsfähigkeit. Wie anders ist zu verstehen, daß demonstrativ vorgetragene Wünsche nach Sicherheit und Frieden bereits sicherheitsgefährdend sein sollen? Wer so spricht, wer so denkt, hat sich bereits unrettbar in die Irrationalität verstrickt. Wen auch immer er dabei zu vertreten glaubt, es ist nicht der Bürger draußen, es ist nicht die Bevölkerung. Und die allerorts beklagte Abkehr der Jugend von der Politik, wie wir sie betreiben, ist das Ergebnis auch unserer Versäumnisse und unseres Fehlverhaltens gerade in diesem Bereiche der Politik.
    Wir alle werden akzeptieren müssen, daß sich die Menschen in zunehmendem Maße nicht mehr von uns vertreten lassen wollen. Wir werden lernen müssen, daß die Bürger ihre Interessen wieder selbst in die Hand nehmen, wenn wir dies als deren Sachverwalter nicht mehr können.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Mit Gewalt!)

    — Ich glaube, Sie haben das damals nicht nur nicht mitgemacht, Sie haben auch nicht mit verfolgt, was am 10. Oktober in Bonn gewesen ist. Wenn etwas gewaltlos und friedlich gewesen ist, in der Sache
    8658 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982
    Meinike (Oberhausen)

    friedliebend, dann war es die Demo am 10. Oktober 1981 in Bonn, Herr Kollege.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Und am 10. Juni 1982?)

    Gerade vor dem Hintergrund des Verteidigungshaushaltes gilt auch: unser soziales Netz ist brüchig geworden. Bereinigen wir die Daten, so stehen wir vor über 2,5 Millionen Arbeitslosen. Unsere Arbeiter, so zeigt das jüngste Beispiel von der Saar, müssen ja nun schon dazu beitragen, die eigenen Chefs zu finanzieren, und die Mieter versorgen ihre Vermieter künftig noch besser. Andererseits müssen die Schüler und Studenten ihre Bildungschancen über Darlehen erkaufen. Wir haben vor Jahresfrist das Kindergeld gekürzt. Wir fordern Kranken finanzielle Opfer ab. Wir bitten Bedürftige zur Kasse. Wir rupfen die Leistungsgesetze und sehen tatenlos dem sich verschärfenden Elend der Drittländer zu. Und Herr Wörner ruft dann noch nach mehr Geld
    — auf Pump vielleicht — für Kanonen und Panzer.

    (Berger [Lahnstein] [CDU/CSU]: Hat er ja gar nicht getan!)

    Die einzigste Idee für ein Beschäftigungsprogramm, die er heute geäußert hat, war ein Beschäftigungsprogramm für die Rüstungswirtschaft.

    (Abg. Dr. Wörner [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Entschuldigen Sie, Herr Wörner: selbst das nicht für eine Ergänzungsgabe. Das ist, glaube ich, nicht unsere Antwort, die wir hier zu geben haben. Und da Sie auch keine Zwischenfrage zugelassen haben,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist nicht wahr!)

    mache ich das in diesem Falle auch nicht.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD — Zuruf von der CDU/CSU)

    — Nur bei der Kollegin und nicht bei Kollegen. (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, in diesen Tagen hat der für Sicherheitsfragen zuständige Erste Hauptausschuß der UNO-Vollversammlung gegen die Stimmen der meisten NATO-Länder und anderer westlicher Staaten einen totalen Rüstungsstopp bei Atomwaffen gefordert. In einer zweiten Resolution rief der Ausschuß die USA und die UdSSR dazu auf, ihre Atomrüstung für fünf Jahre auf dem heutigen Stand einzufrieren. Es ist gespenstisch und grotesk zugleich. Da werden Völker durch immer mehr Rüstung in ihrer Existenz bedroht. Und da pervertieren wir jeden Gedanken an den Frieden mit steigenden Rüstungskosten und öffnen unser Land auch für vernichtende atomare Mittelstreckenwaffen.
    Rüstung hat noch nie zum Frieden geführt. Rüstung hat noch immer die logische Folge, Krieg daraus entstehen zu lassen. Friedenswille kann nur ein Anfang sein. Erst seine konkrete Umsetzung kann ihn auch sichern. Das bedeutet Reduzierung der Rüstungsausgaben.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Wer sich in der Diskussion auf den Rüstungsaspekt beschränkt und Verhandlungsbereitschaft
    — wie Franz Josef Strauß es formulierte — „einen Geburtsfehler des NATO-Doppelbeschlusses" nennt oder wer, wie Herr Kohl, einer Zeitung erklärte, „Verhandlungen seien kein Ersatz für angemessene nukleare Abschreckung", der handelt gegen die Interessen des eigenen Volkes. Der spricht und arbeitet nicht in dessen Namen.
    Nun noch ein Wort zum NATO-Doppelbeschluß. Die Entwicklung hat, wie ich und Kollegen der Partei meinen, eindeutig gezeigt, daß es nicht zu den von der SPD gewünschten Verhandlungsergebnissen kommen kann. Wir bestreiten auch den Ernst der amerikanischen Partner, innerhalb der Genfer Abrüstungsverhandlungen

    (Zurufe von der CDU/CSU: Unerhört!)

    Kontrollverhandlungen mit dem Ziel führen zu wollen, auf die Stationierung von Mittelstreckenwaffen in unserem Lande zu verzichten.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Wer ist „wir"? — Für wen sprechen Sie? — Er meint die SPD!)

    — Ich habe gesagt, Kollegen der SPD, die am 26. Mai 1981 in diesem Hause gegen die Doppelentschließung gestimmt haben. Es ist wohl erlaubt, auch diese Meinung heute in dieser Debatte, die nicht nur über D-Mark zu führen ist, vorzutragen.
    Vielleicht wäre es dienlich, Sie zu fragen: Wie bewerten Sie die Reaktion von Herrn Reagan und der USA auf den neuen Warnke-Vorschlag? Ist das nicht im Grunde eine Konzeption, die der Gesamt-SPD entspricht: Reduzierung sowjetischer Waffen und Verzicht auf neue Mittelstreckenraketen. Das war im Grunde auch immer die Position der SPD. Da gab es nicht diese Null-Null-Lösung, die eh irritiert und die, wenn sie beibehalten wird, Genf scheitern lassen muß.

    (Würzbach [CDU/CSU]: Wollen Sie nicht Null-Null? — Berger [Lahnstein] [CDU/ CSU]: Sie wollten den Doppelbeschluß von Anfang an nicht!)

    Nicht in der Notwendigkeit — ich sage das jetzt für mich —, aber in seiner Einschätzung bin ich ausnahmsweise mit Herrn Wörner einig, der — auch Sie, Herr Würzbach; ich habe das nachgelesen
    — diesen Doppelbeschluß entsprechend der NATO-Entscheidung vom 19. Dezember 1979 in Brüssel interpretierte: „Die Raketen sollen her, und nebenbei verhandeln wir." Wenn das der Beschluß so sagt und Sie ihn so verfolgen, dann hoffe ich, daß nicht nur ich als Sozialdemokrat, sondern die Sozialdemokraten insgesamt zu diesem Konzept nein sagen, da das nicht die bisherige Regierungspolitik gewesen ist.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982 8659