Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wenn es bessere Wege gibt, dann soll man sie gehen. Wenn es viele Wege gibt, wenn man sie alle versucht hat und die Arbeitslosigkeit doch bliebe, ja sogar weiter wachsen sollte — wie z. B. Oswald von Nell-Breuning, der die Zeit bis zum Jahr 2000 nach Gründen hochgerechnet hat, es auch vermutet und fürchtet —, dann bliebe nur die Möglichkeit der Erhaltung der Menschen, die man ohne Arbeit läßt. Diejenigen, die in Arbeit sind, müßten dann für deren Lebensunterhalt aufkommen: Die einen wären arbeitslos und die anderen bezahlten den Lebensunterhalt für die, die keine Arbeit haben, mit. Aber selbst wenn man die Kosten für die Arbeitslosigkeit, die Kosten für den Teil des Volkes, der lange ohne Hoffnung und ohne Arbeit verharren müßte, auf alle, die arbeiten und verdienen, gerecht verteilen würde, bliebe ein schlimmer Makel: Menschen mit dem Anspruch auf Menschenwürde wären auf die Dauer erniedrigt, weil sie Kostgänger anderer wären. Dies muß zu Spannungen und zu wirtschaftlichen und sozialen Problemen führen. Wäre es nicht vernünftiger, sich einem Weg nicht zu verschließen, der von vielen, die mitdenken, heute schon für so diskussionsunwürdig nicht mehr gehalten wird?
Wenn unsere Politik, die ernste Sache, um die es hier geht, nach der Methode von Buchhaltern begriffen und behandelt wird, dann, fürchte ich, kann am Ende mehr in Frage stehen als die auf Ausgleich bedachte politische Buchhaltung eines Haushaltsjahres. Dann könnte es sein, daß viele, wenn es vielleicht schon zu spät ist, entdecken, daß Geld zwar ein wichtiges Gut ist, daß es unter allen wirklich wertvollen Gütern des menschlichen Lebens aber den weitaus niedrigsten Rang einnimmt. Dies sollten wir auch bedenken.
Einer, der einen Namen trägt, wie ich ihn habe, Julius Leber, hat in der damaligen Zeit einmal geschrieben:
Die Deutschen benehmen sich oft wie Pferde: Sie scheuen immer an der Stelle, an der sie einmal von einer Gefahr überfallen worden sind. Sie denken nicht daran, daß die Gefahr das nächste Mal an einer ganz anderen Stelle lauern kann.
Ich dachte, meine Damen und Herren, es wäre richtig, das einmal zu sagen.
Es geht hier um den Haushalt 1983. Dahinter geht es um Wahlen. Aber in Wirklichkeit geht es — wie selten bei Haushalten und bei Wahlen — dieses Mal dahinter um viel, viel mehr als um Haushaltsausgleich und um Wahlen.
Das, was die soziale und wirtschaftliche Existenz vieler Menschen im Lande betrifft, ist nicht wenig.. Wenn das hinzukommt, was viele, die jung sind, umtreibt in unserem Lande — das sind nicht alles schlechte junge Menschen —, und das, was in der vor uns liegenden Zeit politisch sonst noch ansteht, was entschieden werden muß, was voll ist von Spannungen und Hochspannungen, dann ist das, wenn es addiert wird, viel, so viel, daß hohe Wachsamkeit geboten ist.
Sehr vieles ist in unserer Zeit anders als damals, als der Bürger Einstein seine Gedanken aufschrieb. Vieles ist besser. Vieles ist nicht so gefährlich wie damals. Aber vieles ist deshalb nicht leichter. Und nichts, was die Menschen bewegt, was sie bedrückt, dürfen wir leicht oder leichter nehmen, weil sie sonst Vertrauen in die Führung des demokratischen Staates verlieren, das sie besonders in Krisen haben können müssen. — Ich danke Ihnen sehr.