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ID0912729900

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    Plenarprotokoll 9/127 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 127. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 11. November 1982 Inhalt: Ausscheiden der Abg. Frau Matthäus- Maier aus der Fraktion der FDP . . . . 7743 A Wahl der Abg. Dr. Hackel und Schwarz zu Stellvertretern in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates 7743 A Gedenkworte für den verstorbenen Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und Vorsitzenden des Präsidiums des Obersten Sowjets der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, Leonid Iljitsch Breschnew 7786 B Fortsetzung der Beratung der von der Bundesregierung beschlossenen Ergänzung zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1983 (Anlage zum Entwurf des Haushaltsgesetzes 1983 — Drucksache 9/1920) — Drucksache 9/2050 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1982 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 1982) — Drucksache 9/2049 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Wiederbelebung der Wirtschaft und Beschäftigung und zur Entlastung des Bundeshaushalts (Haushaltsbegleitgesetz 1983) — Drucksache 9/2074 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen — Drucksache 9/2079 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer (Ergänzungsabgabegesetz) — Drucksache 9/2016 — in Verbindung mit Beratung des Sondergutachtens des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zur wirtschaftlichen Lage im Oktober 1982 — Drucksache 9/2027 — Dr. Dregger CDU/CSU 7743 D Frau Simonis SPD 7754 C Hoppe FDP 7761 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 7764C, 7857 B Dr. von Dohnanyi, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg . . 7768 D II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. November 1982 Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 7778A Dr. Ehrenberg SPD 7786 C Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 7791 A Rappe (Hildesheim) SPD 7799 C Müller (Remscheid) CDU/CSU 7802 D Cronenberg FDP 7806 D Dr. Geißler, Bundesminister BMJFG . 7809 D, 7821C Jaunich SPD 7818 D Höpfinger CDU/CSU 7821 D Eimer (Fürth) FDP 7825 B Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 7826 C Daweke CDU/CSU 7831 D Rossmanith CDU/CSU 7833 B Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU . . 7834 B Frau von Braun-Stützer FDP 7835 C Kuhlwein SPD 7837 C Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 7839 D Lennartz SPD 7842A Dr. Struck SPD 7845 B Deres CDU/CSU 7849 B Purps SPD 7850 C Hoffmann (Saarbrücken) SPD 7853 A Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Berlinförderungsgesetzes — Drucksache 9/2086 — Kittelmann CDU/CSU 7858 D Dr. Spöri SPD 7860 B Dr. Solms FDP 7862 A Lorenz, Parl. Staatssekretär BK . . . 7863 B Nächste Sitzung 7864 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 7865* A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. November 1982 7743 127. Sitzung Bonn, den 11. November 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode —127. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. November 1982 7865" Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen 12. 11. Dr. Böhme (Freiburg) 12. 11. Büchner (Speyer) " 11. 11. Haar 12. 11. Immer (Altenkirchen) 12. 11. Junghans 12. 11. Dr. Lenz (Bergstraße) 12. 11. Frau Dr. Neumeister 11. 11. Picard 12. 11. Schulte (Unna) 12. 11. Voigt (Sonthofen) 12. 11. Dr. Wendig 12. 11. Dr. Wieczorek 12. 11. ' für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung der Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Peter Kittelmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu später Stunde ein ernstes Thema, aber erfreulicherweise — wie ich hoffe — kein kontroverses.
    Die CDU/CSU begrüßt den vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung des Berlinförderungsgesetzes. Vor allen Dingen begrüßt sie es, daß es möglich war, diesen Gesetzentwurf als Initiative aller drei Fraktionen des Deutschen Bundestages einzubringen. Die CDU/CSU sagt ja zur Gewährung jeder erforderlichen Unterstützung, um eine termingerechte Verabschiedung dieses Gesetzes zu ermöglichen.
    Der vorliegende Gesetzentwurf basiert auf einem Vorschlag des Berliner Senats. Inhalt ist eine Umgestaltung der Herstellerpräferenz. Nach der bisherigen Regelung gingen Leistungen in die Berliner Wertschöpfung ein, obwohl sie — teilweise sogar überwiegend — im übrigen Bundesgebiet erbracht wurden. Dieses hatte die negative Folge, daß vor allem Arbeitsbereiche in zentralen Unternehmenskomplexen, wie z. B. in Verwaltung, Werbung, For-



    Kittelmann
    schung und Entwicklung, weder nach Berlin verlegt wurden noch dort aufrechterhalten werden mußten, um die Wertschöpfung in der Berliner Produktionsstätte positiv zu beeinflussen.
    Durch das bisherige Gesetz wurden umsatzstarke, aber wertschöpfungsschwache Produktionen am stärksten begünstigt. Dadurch wurden den Unternehmen kaum Anreize vermittelt, zusätzliche wertschöpfungswirksame Aktivitäten in Berlin zu entwickeln. Der wesentliche Zweck des vorliegenden Gesetzentwurfes ist es, diese Tendenzen umzukehren.
    Im Mittelpunkt der Gesetzesinitiative stehen — dieses ist erfreulicherweise gemeinsame Meinung des Landes Berlin und der Bundesregierung — zwei wichtige Reformaspekte. Erstens. Es wird eine stärkere Differenzierung der Präferenzsätze und zweitens eine additive Ermittlung der Berliner Wertschöpfung aus einzelnen Komponenten vorgenommen.
    Dadurch sollen folgende strukturpolitische Ziele erreicht werden: erstens die Verbesserung der industriellen Produktionsstruktur durch Umschichtung von wertschöpfungsarmen zu wertschöpfungsintensiven Fertigungen; zweitens die Sicherung bestehender und Schaffung neuer, vor allem hochwertiger und langfristig wettbewerbsstabiler Arbeitsplätze;

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist ein wichtiger Punkt!)

    drittens die Erzielung zusätzlicher Produktions-
    und Einkommenseffekte auf den Vorleistungsstufen durch Intensivierung der wirtschaftlichen Verflechtung in Berlin.
    Meine Damen und Herren, bitte haben Sie Verständnis, daß ich bei der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit die komplizierten Lösungsvorschläge nicht weiter erläutern möchte.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dies war für die anwesenden Fachleute aber zu sagen notwendig, um in etwa zu verstehen, worum es geht.
    Ich darf es aber einfacher ausdrücken: Wer in Zukunft die Berlin-Förderung voll ausnutzen will, muß die Wertschöpfung auch in Berlin erbringen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Anders formuliert: Wer Berlin als verlängerte Werkbank benutzen will, wird mit einer erheblichen Einschränkung der Präferenzierung rechnen müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die CDU/CSU möchte dem Berliner Senat dafür danken, daß er nicht der Versuchung unterlegen ist, die anstehende Novellierung für neue kostenintensive Gesetzesänderungen zu nutzen. Ich sage sehr deutlich: Der Gesetzesvorschlag ist kostenneutral.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dies haben zahlreiche Berechnungen mit dem zur
    Verfügung stehenden Datenmaterial ergeben. Unabdingbar ist allerdings eine Übergangsregelung
    aus Gründen des Vertrauensschutzes. Die damit verbundenen Mehrkosten werden von der CDU/ CSU für notwendig gehalten und ausdrücklich gebilligt.
    Die CDU/CSU begrüßt nicht nur einhellig die Initiative des Berliner Senats, die seit langem fällig gewesene Neuregelung endlich auch in Angriff zu nehmen, sondern dankt auch allen Fraktionen des Abgeordnetenhauses von Berlin und den gesellschaftlichen Gruppierungen, daß es möglich war, zu einem einheitlichen Votum in Berlin zu gelangen.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Besonders erfreulich ist auch, daß die neue Regierung wesentlich mittelstandsfreundlicher ist als die bisherige.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Diese durch langanhaltende Diskussionen erreichte Übereinstimmung macht es dem Deutschen Bundestag sehr viel einfacher, seiner Verpflichtung nachzukommen, die Standortnachteile Berlins auszugleichen. Wir sind überzeugt, daß der vorliegende Gesetzentwurf dazu ein richtungsweisender Beitrag sein wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Diederich [Berlin] [SPD]: Ich hoffe, daß Sie die Wirtschaft auch überzeugen können!)

    Wir hoffen, daß es damit möglich ist, das strukturelle Zurückbleiben Berlins langfristig wieder aufzuholen und Berlin zumindest dem Durchschnitt des übrigen Bundesgebietes wieder anzugleichen.
    Die CDU/CSU sieht mit großer Sorge, daß seit 1970 jeder dritte Arbeitsplatz im verarbeitenden Gewerbe in Berlin weggefallen ist, während es im übrigen Bundesgebiet nur jeder siebente ist. Wir sehen mit großer Sorge, daß in Berlin die Angestelltenquote seit 1970 um ein Viertel gesunken ist, während sie in westdeutschen Großstädten anstieg. Wir sehen mit großer Sorge, daß z. B. der Akademikeranteil in der westdeutschen Investitionsgüterindustrie zweieinhalbmal so hoch ist wie in Berlin. Dies alles sind Fakten, die wir in Erinnerung rufen müssen, damit Sie Verständnis für die notwendige Änderung des Gesetzes haben.
    In Berlin stellen wir ein überproportionales Wachsen von kapital- und rohstoffintensiver Produktion fest, aber ein Schwinden dispositiver Funktionen im Unternehmen. Die Tendenz, Berlin zur verlängerten Werkbank zu machen, hat in den letzten Jahren stetig zugenommen.

    (Dr. Diederich [Berlin] [SPD]: Vor allen Dingen in den letzten eineinhalb Jahren!)

    — Herr Diederich, lassen Sie mich diese eine Erwiderung auf Ihre polemische Zwischenbemerkung machen: Wenn Sie ehrlich sind, dann sind Sie genauso glücklich wie fast alle Deutschen, daß Berlin als Krisenherd dabei ist, endlich wieder aus den Schlagzeilen in der deutschen Öffentlichkeit herauszukommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)




    Kittelmann
    Wenn Berlin auf Dauer nicht ausbluten soll, muß dies endlich geändert werden. Wir sind optimistisch, daß die Umgestaltung der Präferenzierung ein wesentlicher Beitrag dazu sein kann.
    Der Deutsche Bundestag — ich hoffe es — wird seine Pflicht tun.
    Jetzt aber sind auch die Unternehmer gefordert, das Ihrige zu tun, um ihren Verpflichtungen für Berlin nachzukommen. Es darf vor allen Dingen für die großen Unternehmen — dabei nehme ich auch die Bundesunternehmen,

    (Dr. Hackel [CDU/CSU]: Die sind angesprochen!)

    eine alte Forderung, nicht aus — nicht nur ein Lippenbekenntnis bleiben, sich für die wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung Berlins mehr zu engagieren.
    Berlin begrüßt jede Form von Solidarität, ist aber eindeutig auf Taten angewiesen. Alle Voraussetzungen sind gegeben, um mehr qualitative Arbeitsplätze in Berlin zu schaffen.
    Ich darf diesen politischen Appell mit den Worten der Industrie- und Handelskammer von Berlin apostrophieren: Auch die Industrie muß endlich ein Berlin-Bewußtsein entwickeln.
    Die CDU/CSU dankt Bundeskanzler Helmut Kohl ausdrücklich dafür, daß er am 10. und 11. Dezember dieses Jahres in Berlin eine Berlin-Konferenz durchführt. Die CDU/CSU geht davon aus, daß die Industrie schon auf dieser Konferenz Ansätze beraten und Zeichen setzen wird, die Berlin helfen können. Berlin ist dabei, zunehmend zu beweisen, daß es die gegebenen Hilfen auch positiv umsetzen kann. Mit Steuerpolitik allein — das wissen wir alle — kann man keine Strukturpolitik machen, aber doch wesentliche Voraussetzungen dafür schaffen. Die Chancen müssen von den Unternehmen selbst umgesetzt werden.
    Die CDU/CSU appelliert auch an den Bundesrat, die Initiative des Deutschen Bundestages zu unterstützen, so daß damit alle Voraussetzungen gegeben sind, daß das Berlinförderungsgesetz mit der neuen Präferenzierung noch in den nächsten Wochen verabschiedet und, wie wir hoffen, am 1. Januar 1983 in Kraft treten kann. — Schönen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Heinrich Windelen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Abgeordneter Dr. Spöri, ich erteile Ihnen das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Dieter Spöri


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist vielleicht ganz sinnvoll, daß wir hier zu vorgerückter Stunde ein schwieriges Thema behandeln, das zwar ein bißchen trokken ist, das aber wichtig ist und das uns vor allen Dingen finanzpolitische und steuerpolitische Gemeinsamkeit zum Abschluß dieses recht kontroversen Tages erlaubt.
    Ich möchte zum Ausdruck bringen, daß auch meine Fraktion schon seit längerem vollinhaltlich hinter dem Entwurf dieses neuen Berlinförderungsgesetzes steht. Wir halten eine Reformierung des zentralen Instruments der Berlin-Förderung, der
    Umsatzsteuerpräferenzen, seit langem für überfällig.
    Wir sehen das Problem vor allen Dingen vor dem Hintergrund der relativ dramatischen Entwicklung des Arbeitsmarktes in Berlin. Meine Damen und Herren, es sind nicht so sehr die spektakulären Stillegungsfälle, z. B. von AEG an der Brunnenstraße, sondern es ist die schon jahrelang zu beobachtende Abwärtsentwicklung — z. B. auf dem verarbeitenden Sektor, dem wichtigsten Beschäftigungssektor in Berlin; hier haben wir in den letzten Jahren eine Abwärtsentwicklung um 34 % zu verzeichnen, was weit überdurchschnittlich ist —, die uns beunruhigt.
    Was uns vor diesem Hintergrund besonders Kummer macht, ist nicht nur die absolute Abwärts-entwicklung, sondern auch die Tatsache, daß die Berliner Wirtschaft hinsichtlich der Beschäftigungsstruktur qualitativ nicht mehr mit vergleichbaren Großstädten in der Bundesrepublik mithalten kann. Herr Kittelmann, das mit den Akademikern ist zwar auch ein wichtiger Aspekt. Mir ist ein anderer jedoch wichtiger. Sieht man sich an, wie sich der Anteil der Facharbeiter in der Berliner Wirtschaft im Vergleich zu dem in anderen Großstädten in der Bundesrepublik entwickelt hat — München, Stuttgart oder anderen Städte —, dann stellt man fest, daß er dort um 15 % — oder gar um 25 %; Herr Kollege Diederich, wenn ich Sie ansehe, merke ich, daß ich das falsch gesagt habe — höher liegt als in Berlin. Das ist ein dramatisches Zeichen.

    (Dr. Hackel [CDU/CSU]: Das eine zieht das andere nach sich!)

    Bei den Angestellten sieht es ähnlich schlecht aus, meine Damen und Herren. In den letzten zehn Jahren hatten wir eine Abnahme um 23 % in Berlin, während im Bundesdurchschnitt der Anteil der Angestellten relativ konstant gewesen ist.
    Vor diesem Problemhintergrund war es für alle Beteiligten wohl ein schmerzlicher Lernprozeß, daß man sehen mußte, daß das bisherige Fördersystem über die Umsatzsteuerpräferenzen nicht richtig funktioniert hat, daß es schon eher kontraproduktiv gewirkt hat, zumindest unbefriedigende Ergebnisse nach sich gezogen hat. Es stimmt, was hier gesagt worden ist, daß dieses System zu der Tendenz geführt hat, daß Berlin zu einer verlängerten Werkbank der westdeutschen Industrie geworden ist. Das liegt daran, daß es dieses System nicht bestraft hat, wenn anspruchsvollere Arbeitsplätze, z. B. aus dem Bereich der Entwicklung oder aus dem Bereich des Marketing, innerhalb von Konzernen in westdeutsche Betriebsstätten herausverlagert worden sind. Es war vielmehr gerade umgekehrt: Diejenigen, die qualitativ anspruchsvolle Arbeitsplätze herausverlagert und im Gegenzug Massenproduktion mit geringer Fertigungstiefe, mit geringen Wertschöpfungsanteilen, mit geringen Know-how-Anteilen in Berlin angesiedelt haben, haben sich bei dieser materialintensiven und kapitalintensiven Massenproduktion eine goldene Nase verdienen können. Ich bin der Überzeugung, daß alle Berliner



    Dr. Spöri
    Parteien hinter dieser Reformnotwendigkeit stehen,

    (Dr. Hackel [CDU/CSU]: Außer den Grünen!)

    genauso die Gewerkschaften und die Unternehmer. Diese haben inzwischen erkannt, daß hier eine Reformierung notwendig ist, wenn das zunehmende Mißverhältnis von Förderkosten und Förderwirkung verbessert werden soll.
    Meine Damen und Herren, die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat es daher begrüßt, daß noch die sozialliberale Bundesregierung unter Bundeskanzler Helmut Schmidt auf einer Kabinettssitzung am 29. September Eckwerte für eine veränderte Förderung in Berlin über die Umsatzsteuerpräferenzen beschlossen hat. Es ist notwendig, darauf hinzuweisen, daß das nicht eine erste heroische Großtat von Bundeskanzler Kohl gewesen ist. Sie haben das vergessen zu erwähnen, Herr Kittelmann. Es war sicherlich das letzte Kabinett von Bundeskanzler Schmidt, das hier sozusagen den entscheidenden Knoten hinter dieser langwierigen Diskussion geknüpft und damit einen wichtigen Zwischenschritt getan hat. Ich muß das hier anmerken, weil Sie es nicht erwähnt haben.

    (Dr. Diederich [Berlin] [SPD]: Herr Kittelmann ist in solchen Fragen sehr großzügig!)

    Der heute von allen Fraktionen begrüßenswerterweise gemeinsam eingebrachte Gesetzentwurf orientiert sich an den Eckwerten dieses Kabinettsbeschlusses der letzten Bundesregierung, was sicherlich die zügige parlamentarische Beratung hier in unserem Hause erleichtert. Die Stoßrichtung des Entwurfs läuft darauf hinaus, daß künftig im Gegensatz zur Vergangenheit wirklich die Umsatzsteuerpräferenzen nach der echten Berliner Wertschöpfung stärker differenziert werden und daß der Lenkungs- und Anzugseffekt deswegen stärker ausfällt. Diese Methode nennt sich additive Wertschöpfungsmethode; das ist ein furchtbares Kauderwelsch, und ich führe das hier technisch nicht im einzelnen aus. Entscheidend ist, zu wissen, daß, von der Wirkung her gesehen, nach diesem neuen System — wir haben es genau überprüft — künftig wirklich die Beibehaltung und die Ansiedlung von qualifizierten Arbeitsplätzen und von qualifizierten Ausbildungsplätzen in Berlin sehr stark honoriert wird. Das ist das Entscheidende.
    Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion ist im Interesse der Berliner, insbesondere der von Arbeitslosigkeit betroffenen Arbeitnehmer, bereit, diesen Entwurf zeitlich so zu beraten, daß die Wirtschaft nach dieser langwierigen Diskussion möglichst bald klare Orientierungsdaten hat.
    Ich muß aber im Hinblick auf den Terminfahrplan, der j a nach unseren Wünschen vor Weihnachten endet, eines anmerken. Es ist sicherlich notwendig, daß wir einige offene Punkte, die bisher Fragen aufwarfen, noch im Ausschuß klären, z. B. den Punkt, den die Steuerfachleute im Bundesfinanzministerium aufgeworfen haben, nämlich die Frage der Praktikabilität. Herr Kittelmann, Sie wissen, daß die Länder dazu gefragt worden sind, und wir müssen diese Antworten der Länder dazu noch verarbeiten.
    Der zweite Punkt, der geklärt werden muß, ist die Frage, wie der gesamte Verwaltungs- und Prüfungsaufwand bei diesem neuen Fördersystem in vernünftigen Grenzen gehalten werden kann. Ich bin der Auffassung, daß wir hier optimistisch sein können, glaube also, daß die Ergebnisse dieser Prüfung positiv ausfallen werden und daß wir unseren Terminfahrplan einhalten können.
    Gestatten Sie mir aus Anlaß der Beratung dieses gemeinsamen Gesetzentwurfes abschließend noch die Schilderung eines persönlichen Eindrucks, den ich in der Diskussion über diesen Gesetzentwurf gewonnen habe. Wenn ich mir heute den Herrn Kittelmann angesehen habe, wie er dieses neue Förderkonzept begeistert unterstützt hat, und wenn ich gesehen habe, wie sich andere, etwa die Berliner Senatoren Kunz und Pieroth, engagiert für diesen Paradefall an struktureller Investitions- oder Produktionslenkung eingesetzt haben, so fällt mir auf, daß sich eigentlich die ganzen ordnungspolitisch überhöhten Debatten, die ideologisierten Gegensätze beim Thema „Strukturpolitik" sehr schnell verflüchtigen, wenn wir hier einmal konkret über Maßnahmen für einzelne Städte, für einzelne Regionen oder für einzelne Branchen diskutieren.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Man kann an diesem Beispiel nachvollziehen, daß sich das, was Sie ansonsten gegen strukturpolitische Konzepte der Sozialdemokratie an Einwänden und an empörten ordnungspolitischen Attacken vorbringen, schnell als ein abstrakter Schaum herausstellt, wenn man einmal konkret in die Förderbereiche hineingeht,

    (Zustimmung bei der SPD)

    in denen es um konkrete Hilfsmaßnahmen geht.
    Meine Damen und Herren, das habe ich nicht gesagt, um hier zum Abschluß Ärger und Kontroversen hervorzurufen. Das war vielmehr eine ganz dezente Anmerkung zu den Eindrücken, die ich gewonnen habe. Ich bin der Auffassung, Sie sollten aus diesem Anlaß, was die ständigen ordnungspolitischen Angriffe auf die sozialdemokratischen strukturpolitischen Konzepte anlangt, ein bißchen kritisch in sich gehen und einmal darüber nachdenken, welche ehrgeizigen Lenkungsziele Sie sektoral und strukturpolitisch in Berlin mit diesem Gesetz verfolgen.
    Meine Damen und Herren, wir haben hier — das haben wir an den letzten beiden Tagen gesehen — eigentlich genügend Möglichkeiten für sachpolitische und finanzpolitische Konfrontation gehabt. Wir brauchen in diesem Hause nicht noch zusätzlich in der Strukturpolitik ordnungspolitische Gespensterschlachten.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU,
    dann, wenn wir dies beherzigen, wird die Beratung
    dieses Gesetzentwurfes schließlich zu einem Erfolg,



    Dr. Spöri
    zu einem Erfolg für Berlin und für die Berliner werden. — Danke schön.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Diederich [Berlin] [SPD]: Du wirst Berliner Ehrenbürger!)