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ID0912722100

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    6. Braun-Stützer.: 1
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    Plenarprotokoll 9/127 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 127. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 11. November 1982 Inhalt: Ausscheiden der Abg. Frau Matthäus- Maier aus der Fraktion der FDP . . . . 7743 A Wahl der Abg. Dr. Hackel und Schwarz zu Stellvertretern in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates 7743 A Gedenkworte für den verstorbenen Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und Vorsitzenden des Präsidiums des Obersten Sowjets der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, Leonid Iljitsch Breschnew 7786 B Fortsetzung der Beratung der von der Bundesregierung beschlossenen Ergänzung zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1983 (Anlage zum Entwurf des Haushaltsgesetzes 1983 — Drucksache 9/1920) — Drucksache 9/2050 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1982 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 1982) — Drucksache 9/2049 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Wiederbelebung der Wirtschaft und Beschäftigung und zur Entlastung des Bundeshaushalts (Haushaltsbegleitgesetz 1983) — Drucksache 9/2074 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen — Drucksache 9/2079 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer (Ergänzungsabgabegesetz) — Drucksache 9/2016 — in Verbindung mit Beratung des Sondergutachtens des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zur wirtschaftlichen Lage im Oktober 1982 — Drucksache 9/2027 — Dr. Dregger CDU/CSU 7743 D Frau Simonis SPD 7754 C Hoppe FDP 7761 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 7764C, 7857 B Dr. von Dohnanyi, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg . . 7768 D II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. November 1982 Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 7778A Dr. Ehrenberg SPD 7786 C Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 7791 A Rappe (Hildesheim) SPD 7799 C Müller (Remscheid) CDU/CSU 7802 D Cronenberg FDP 7806 D Dr. Geißler, Bundesminister BMJFG . 7809 D, 7821C Jaunich SPD 7818 D Höpfinger CDU/CSU 7821 D Eimer (Fürth) FDP 7825 B Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 7826 C Daweke CDU/CSU 7831 D Rossmanith CDU/CSU 7833 B Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU . . 7834 B Frau von Braun-Stützer FDP 7835 C Kuhlwein SPD 7837 C Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 7839 D Lennartz SPD 7842A Dr. Struck SPD 7845 B Deres CDU/CSU 7849 B Purps SPD 7850 C Hoffmann (Saarbrücken) SPD 7853 A Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Berlinförderungsgesetzes — Drucksache 9/2086 — Kittelmann CDU/CSU 7858 D Dr. Spöri SPD 7860 B Dr. Solms FDP 7862 A Lorenz, Parl. Staatssekretär BK . . . 7863 B Nächste Sitzung 7864 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 7865* A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. November 1982 7743 127. Sitzung Bonn, den 11. November 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode —127. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. November 1982 7865" Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen 12. 11. Dr. Böhme (Freiburg) 12. 11. Büchner (Speyer) " 11. 11. Haar 12. 11. Immer (Altenkirchen) 12. 11. Junghans 12. 11. Dr. Lenz (Bergstraße) 12. 11. Frau Dr. Neumeister 11. 11. Picard 12. 11. Schulte (Unna) 12. 11. Voigt (Sonthofen) 12. 11. Dr. Wendig 12. 11. Dr. Wieczorek 12. 11. ' für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung der Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Graf Alois von Waldburg-Zeil


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, das Thema ist es wert, daß wir uns noch ein wenig darüber unterhalten. In der Tat: Über BAföG haben Sie sich während Ihrer Regierungszeit ja auch unterhalten. Denken Sie zurück an die Diskussionen um das Hochschul-BAföG. Da gab es einige unterschiedliche Meinungen zwischen dem Herrn Altbundeskanzler und dem Herrn Bildungsminister. Der Herr Altbundeskanzler hat ein Problem gesehen, das ich genauso sehe: daß der junge Arbeiter mit seinen Steuern die Lebenshaltungskosten des Studenten gezahlt hat, der nachher ein höheres Einkommen beansprucht hat.

    (Daweke [CDU/CSU]: Und den Ausbildungsplatz!)

    Diese Problematik ist bei Ihnen genauso gesehen worden wie bei uns. Diese Problematik wird mit dem Darlehensmodell beseitigt. Diese Koalition hat genau dieses Problem angepackt und das Darlehensmodell eingeführt. Ich halte das für richtig.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Es ist bei dem Darlehensmodell, wie es die Regierung nun anbietet, erstens gewährleistet, daß der Student den Ersatz seiner Lebenshaltungskosten weiter garantiert bekommt. Bei einem Einfrieren der Fördermittel wäre dies nicht möglich gewesen; denn das hätte bei steigenden Studentenzahlen und steigenden Lebenshaltungskosten nicht funktioniert.
    Der fertige Akademiker wird zweitens in die Solidaritätspflicht genommen. Der Student aus einem einkommensschwachen Elternhaus wird nicht abgeschreckt, meine sehr verehrten Damen und Herren; denn er zahlt erst einmal fünf Jahre gar nichts zurück, und dann zahlt er 20 Jahre weiter. Er zahlt weniger, als im Grunde die Zinsen für das Darlehen ausmachen. Das ist auch der Grund dafür, daß derjenige, der schnell zurückzahlt, einen Nachlaß erhält. Der fleißige, schnelle und rasch zurückzahlende Darlehensempfänger erhält einen Teilerlaß.
    Das wichtigste am Darlehensmodell ist, daß die Eigenverantwortung für ein sinnvolles Studium beim Studienanfänger verstärkt wird und dadurch Holzwege der Bildung verhindert werden.
    Im übrigen sind für die Zukunft noch durchaus Wege offen, durch eine Umstellung etwa auf ein Bankenfinanzierungsmodell noch ganz erhebliche Einsparungen zu erzielen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Eine sehr gute Idee!)

    Meine Damen und Herren, was das Schüler-BAföG angeht, war keine Einstimmigkeit festzustellen. Das hat damals der Bildungsminister mit Klauen und Zähnen verteidigt, obwohl zu bedenken ist, daß die Bundesrepublik auf der ganzen Welt das einzige Land ist, das eine Ausbildungsförderung an Schüler zahlt. Dies mag sicher Spitze gewesen sein, aber wir sind eben am Ende des Schlaraffenlands angelangt.
    Deshalb kann die Frage nur lauten: Wie kann erreicht werden, daß auch bei einer Reduzierung, die in Zukunft, wie in allen Ländern der Erde, d e m Schüler kein Geld mehr in die Hand drückt, der eine Vollzeitschule, die für ihn geeignet ist, von zu Hause aus erreichen kann, Härten vermieden wer-



    Graf von Waldburg-Zeil
    den, eine einkommensbedingte Steuerung von Schülerströmen verhindert wird und Sonderförderungen trotzdem möglich bleiben?
    Die Regierungsvorlage bemüht sich genau darum dadurch, daß zum einen eine Härtefallregelung getroffen wird, die genau in den Fällen der Einkommensschwächsten den abrupten Ausfall der Förderung verhindert. Sehr verehrte Frau Kollegin Schmidt, sie haben vorhin das Beispiel der alten Witwe angeführt. Genau die ist nach dem alten System nicht gefördert worden, weil das Waisengeld angerechnet wurde. Das ist ein Mißstand, auf den ich bereits in der letzten BAföG-Rede hingewiesen habe, der aber von Ihrer Koalition nie beseitigt wurde.

    (Frau Schmidt [Nürnberg] [SPD]: Sie hat trotzdem etwas bekommen!)

    Zweitens wird die Förderung des Besuchs von Schulen, die von zu Hause aus nicht erreichbar sind, weitergehen, wenn dieser Besuch notwendig ist.
    Drittens werden die echten Einrichtungen des zweiten Bildungswegs weiter gefördert. Eine eignungs-, neigungs- und leistungsgerechte Weiterförderung für Einkommensschwache — sei es durch die Begabtenwerke der Länder, sei es durch andere Alternativen — ist ausdrücklich mit angekündigt worden. Die Bundesregierung will darüber mit den Ländern verhandeln. Es ist deshalb wichtig, daß mit den Ländern darüber verhandelt und dies von Länderseite aus gemacht wird, weil die tatsächlichen Kosten des Schülers unterschiedlich sind. In dem einen Bundesland gibt es hohe Beteiligungen an den Schülertransportkosten und hohe Beteiligungen an den Lernmitteln. Das muß unterschiedlich gehandhabt werden. Deshalb ist es gut, wenn dies in Absprache mit den Ländern erfolgt.
    Erlauben Sie mir eine abschließende Bemerkung. Winfried Sommer hat in einer Längsschnittuntersuchung über gut begabte Hauptschüler die verblüffende Entdeckung gemacht, daß der durchschnittliche Einkommens-, Lebens- und Sozialerfolg von dem ihrer Kameraden im Gymnasium nicht abwich. Auch sie haben ihre Chancen wahrgenommen, allerdings über Beruf und Fortbildung.
    Sparsames Einschränkungsdenken wäre zu wenig, wenn nicht gleichzeitig ein bildungspolitischer Umbesinnungsprozeß einsetzen würde, der endlich die Gleichwertigkeit des beruflichen und des allgemeinbildenden Schulwesens ernst nimmt.
    Die ab 1970 Geborenen haben überall die Chancen — sowohl in der Ausbildung als auch im Beruf, als auch im Studium. Unser Problem sind die geburtenstarken Jahrgänge 1960 bis 1970, die bis 1985/86 in die Ausbildung, 1989/90 in die Hochschulen strömen. Welcher Weg wird für sie erfolgreicher sein? Erst Beruf mit frühen Chancen und Fortbildung dann, wenn sie es wünschen, in den 90er Jahren? Oder erst Studium mit lange blockierten Chancen und Frustration, wenn man keinen akademischen Beruf bekommt? Hier berühren sich notwendige Sparmaßnahmen mit Überlegungen für die Zukunftschancen der jungen Generation. — Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Frau von Braun-Stützer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Carola von Braun-Stützer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir waren uns einig, daß wir hier nicht den gesamten Einzelplan 31 diskutieren wollten. Die FDP-Fraktion hat, soweit es haushaltsrelevant ist, ihre bildungspolitischen Grundpositionen bereits in der Debatte zur Regierungserklärung vom 13. Oktober zum Ausdruck gebracht. Unsere endgültige Stellungnahme zu den anstehenden Problemen wird erst nach Beratung in den Ausschüssen und zwischen den Koalitionspartnern erfolgen. Deshalb hier nur eine Erwiderung auf die Erklärung der Opposition, insbesondere zum Thema BAföG.
    Liebe Renate Schmidt, Ihre Erklärung hat sich so angehört, als ob das BAföG geradezu das Lieblingsleistungsgesetz der SPD-Fraktion wäre. Tatsache ist aber — daran werden wir uns alle schmerzlich erinnern —, daß wir schon im vorigen Jahr einige Kraftanstrengungen gemeinsam gebraucht haben, um größere Einschnitte zu verhindern, wie sie im Kabinett mit ausgesprochener Unterstützung des damaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt vorgesehen waren.

    (Frau Schmidt [Nürnberg] [SPD]: Der hat in dem Punkt dazugelernt!)

    — Ja. Aber Tatsache ist, daß wir bereits damals kämpfen mußten, als er in der Verantwortung stand.
    Zum Thema Darlehen. Auch da wäre ich dankbar gewesen, wenn man das volle Zitat gebracht hätte. Ich habe das damals nämlich mit vollem Bedacht sehr vorsichtig formuliert. Ich habe es noch im Kopf. Ich habe damals gesagt: Selbst wenn wir möglicherweise langfristig eine Umstellung auf Volldarlehen nicht verhindern können, bleibt für uns nach wie vor der befürchtete Abschreckungseffekt bestehen. — Genauso habe ich es formuliert. Ich habe also nicht ausgeschlossen, daß die Mehrheiten in diesen Fraktionen — darauf werden wir jetzt gleich zu sprechen kommen — möglicherweise anderer Ansicht als die Bildungspolitiker sind.
    Wir stehen nach wie vor dazu, daß wir einen Abschreckungseffekt befürchten. Dieser ist unserer Ansicht nach um so größer, wenn nur BAföG-Bezieher zahlen müssen und der Besuch der Hochschulen — also der Besuch der teuersten Bildungsinstitutionen überhaupt — im übrigen umsonst ist.
    Wir sind deshalb, wie ich hier bereits mehrfach erklärt habe, der Ansicht, daß es gerechter ist, wenn alle für den Besuch der Hochschulen zahlen müssen. Wir hoffen, daß wir damit auch die Umstellung auf Volldarlehen verhindern können, mindestens aber das BAföG aus der, wie es so schön heißt, Akzeptanzkrise herausholen können.
    Im übrigen mache ich darauf aufmerksam — darauf lege ich Wert —, daß der Darlehensanteil wirk-



    Frau von Braun-Stützer
    lich bereits seit längerem existiert, und zwar auf Drängen der SPD-Fraktion und gegen den damals erklärten Willen der FDP-Fraktion. Wir sollten hier also nicht so tun, als würde in dieser Frage die Unschuld erst jetzt verloren.
    Meine Damen und Herren, die Freie Demokratische Partei hat auf ihrem Berliner Parteitag am vergangenen Wochenende mit großer Mehrheit folgendes beschlossen: Die individuelle Ausbildungsförderung für Schüler, Berufsschüler und Studenten ist in ihrer Substanz zu sichern, damit auch künftig Bildungschancen nach Eignung und Leistung der jungen Menschen und nicht nach der finanziellen Situation ihrer Eltern verteilt werden. Unabhängig davon ist der Gedanke der Selbstvorsorge auch durch Einführung eines staatlich geförderten Bildungssparens zu stärken. — Hier liegt also eine ganz klare Betonung der Bedeutung des Förderinstruments, eine Stärkung des Gedankens der Selbstvorsorge beispielsweise durch Bildungssparen und andere Überlegungen, die ich hier schon in der Debatte zur Regierungserklärung angedeutet habe.
    Trotzdem, das BAföG ist in der Öffentlichkeit, wie wir finden, ungerechtfertigterweise — und da sind wir uns sicher alle einig — eines der unbeliebtesten Leistungsgesetze überhaupt geworden, obwohl es im Vergleich mit allen anderen Leistungsgesetzen am zielgerichtetsten denen zugute kommt, für die es eigentlich gedacht ist. Die Bildungspolitiker aller Fraktionen, auch der Koalitionsfraktionen, sind der Ansicht, daß das BAföG ein bedeutsames Förderinstrument ist — nicht nur um seiner bildungspolitischen Ziele willen, sondern auch um seiner gesellschaftspolitischen Ziele willen.
    Dafür spricht die gemeinsame Stellungnahme aller Fraktionen im Ausschuß für Bildung und Wissenschaft zum Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Jugendprotest im demokratischen Staat", die Frau Kollegin Dr. Engel erarbeitet hat, wie Sie sich erinnern werden, und der wir gestern morgen alle zugestimmt haben — was ich im Hinblick auf die Oppositionsfraktion ausdrücklich würdigen möchte. Ich rufe den Beschluß in Erinnerung, dem alle drei Fraktionen im Ausschuß zugestimmt haben. Es geht um die individuelle Ausbildungsförderung:
    In dieser Situation kann nicht darauf verzichtet werden, durch die Ausbildungsförderung Schüler mit ihren Familien zu entlasten, die besondere Kosten für die Ausbildung zu tragen haben oder eines besonderen Anstoßes für die Aufnahme einer Ausbildung bedürfen. Dies ist notwendig a) sowohl im Hinblick auf die Wahrung der Bildungsgerechtigkeit, b) als auch im Hinblick auf den Abdrängungseffekt, c) schließlich auch um des Vertrauens in unseren Staat willen, daß er jedem Jugendlichen das Recht auf Bildung gewährleistet.

    (Beifall bei der SPD)

    — Vorsicht! Vorsicht! Es kommt j a noch. Ganz ruhig! — Weiter:
    Der Ausschuß sieht die Gefahr der Resignation bei einer einseitigen Belastung der Studenten aus Familien mit geringerem Einkommen durch Volldarlehen. Deshalb sollten Modelle geprüft werden, nach denen eine gerechte Belastung mit Studienkosten aller Nutzer erreicht wird, d. h. auch derjenigen, die zwar nicht Förderungsleistungen zur Bestreitung des Lebensunterhalts erhalten, denen aber die hohen institutionellen Aufwendungen zugute kommen.
    Dem haben alle drei Fraktionen zugestimmt.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich erkläre deshalb an dieser Stelle für die Bildungspolitiker der FDP-Fraktion, daß wir uns gemeinsam mit den Kollegen der CDU/CSU-Fraktion darum bemühen, eine Deckungsmöglichkeit für die in der Koalitionsvereinbarung vorgesehene Sparsumme von 200 Millionen DM zu finden, um zu verhindern, daß ein Kahlschlag beim BAföG eintritt. Wir befinden uns hier in konkreten Verhandlungen und werden unsere Überlegungen nach Abschluß der Beratungen mitteilen.
    Ich würdige in diesem Zusammenhang ausdrücklich die Bemühungen des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft, Frau Dr. Wilms, im Kabinett Regelungen durchzusetzen, die die allergrößten Härten mildern und einen gewissen Vertrauensschutz gewährleisten sollen. Wie schwer das ist, kann schon der Kollege Engholm bestätigen.
    Ich möchte an dieser Stelle noch einige grundsätzliche Überlegungen zum Thema Bildung und Beschäftigung und zur Bedeutung der bildungspolitischen Förderinstrumente in diesem Zusammenhang darstellen. Die Bildungspolitiker aller Parteien und Fraktionen wissen, wie schwer es ist, ja daß es fast unmöglich ist, bestimmte zwingende Zusammenhänge zwischen Bildung und Beschäftigung und Ausbildungsförderung zu verdeutlichen. Wir alle werden in den nächsten Jahren unsere ganze Kraft gemeinsam darauf verwenden müssen, klarzumachen, daß dies ein zusammenhängendes System ist. Gewissermaßen ein System der kommunizierenden Röhren.
    Ich führe einige Beispiele auf. Die Hochschulen sind voll, übervoll. Die Arbeitsmarktchancen von Akademikern sinken, obwohl sie durchschnittlich immer noch erheblich höher als die von Absolventen anderer Bildungsgänge sind. Aber die simple und, wie ich finde, erschreckend falsche Reaktion einiger Landespolitiker auf dieses Problem ist, die Hochschulen zu schließen oder damit zu drohen oder den Numerus clausus einzuführen. Diese Schlußfolgerung ist deshalb so gefährlich falsch, weil sie lediglich eine Verschiebung des Problembergs zu einem Zeitpunkt bewirkt, wo wir ohnehin nicht wissen, wohin mit unseren Jugendlichen, und wo der Ausbildungsstellenmarkt ohnehin schon zu ist.
    Das zweite Beispiel. Wer heute die Schülerförderung völlig kappt, muß damit rechnen, daß Schüler aus einkommensschwachen und bildungsfernen Elternhäusern ebenfalls vom weiterführenden Bildungsweg weg in die berufliche Bildung drängen.



    Frau von Braun-Stützer
    Auch das bewirkt nur ein Verschärfen der Ausbildungsstellensituation im Augenblick. Dieses Problem sehen wir ebenso wie die Bildungspolitikerkollegen der CDU/CSU.

    (Frau Schmidt [Nürnberg] [SPD]: Und wie wir!)

    — Natürlich, die Bildungspolitiker sitzen hier auch wieder alleine. Deshalb ist die Frontstellung hier — —

    (Zurufe von der SPD: Da drüben! — Gegenrufe von der CDU/CSU)

    — Nein, da sitzen auch noch ein paar andere. Ich komme gleich noch darauf zu sprechen.
    Ein drittes Beispiel, das die Problematik der kommunizierenden Röhren zeigt. Wir haben jahrelang von der Gleichwertigkeit der akademischen und der beruflichen Bildung gesprochen. Es gab ein paar Jahre, in denen uns die Abiturienten diese „Mär" geglaubt haben; denn de facto ist die Gleichwertigkeit der akademischen und der beruflichen Bildung nicht gegeben. In den Abiturientenjahrgängen 1976 bis etwa 1978/79 haben viele Abiturienten an diese Mär geglaubt und sind nach dem Abitur direkt in die berufliche Bildung eingestiegen. Sie haben dann gedacht, sie hätten nach Abschluß der beruflichen Bildung die gleichen Aufstiegschancen wie auch Akademiker. Sie haben dann ganz schnell lernen müssen, daß dies in Wirklichkeit nicht so ist, daß ihnen da etwas vorgeschummelt worden ist. Jetzt haben wir das Problem, daß zusätzlich zu den geburtenstarken Jahrgängen, die im Moment in die Hochschulen drängen, von der Seite auch noch diejenigen ehemaligen Abiturienten hineindrängen, die eine abgeschlossene berufliche Ausbildung haben.
    Ich zeigte nur die drei Beispiele — es gibt auch noch eine Menge anderer Beispiele —, die alle verdeutlichen, daß das Zuschlagen einer Tür — also beispielsweise eines Bildungsweges — oder das Kappen eines Förderinstrumentes oder die Behinderung von Aufstiegsmöglichkeiten alle gemeinsam eines bewirken: nämlich das Umlenken von Bildungsströmen in Richtung auf solche Türen, die man noch für offen hält. Was wir deshalb verhindern müssen, ist das Zuschlagen wichtiger Türen, wenn die externen Probleme ständig zunehmen und andere Türen bereits verschlossen sind.

    (Vorsitz : Vizepräsident Dr. h. c. Leber)

    Der Ausbildungsstellenmarkt ist zu, die Hochschulen sind überfüllt, der Arbeitsmarkt wird aus ganz anderen Gründen ständig problematischer, stellt aber immer höhere Qualifikationsanforderungen. Deshalb ist die bildungspolitische Öffnungspolitik so wichtig, sind Förderinstrumente wie das BAföG so bedeutsam wie eben auch echte Aufstiegsmöglichkeiten, die wir de facto endlich schaffen müssen. Ich meine, daß der öffentliche Dienst hier Vorreiter sein muß. Auch da werden die Bildungspolitiker aller drei Fraktionen gemeinsam Überzeugungsarbeit in ihren Fraktionen leisten müssen.
    Die Bildungspolitiker der FDP-Fraktionen werden sich dafür einsetzen, daß diese Argumente auch in einer breiteren Öffentlichkeit allgemeine Erkenntnis werden, damit so populäre Vokabeln wie „Akademikerproletariat" endlich verschwinden.
    Wir begrüßen in diesem Zusammenhang ausdrücklich die Erklärung von Frau Minister Dr. Wilms, daß sie an der bildungspolitischen Öffnungspolitik festhalten will. Ich füge hinzu: Wir werden jeden willkommen heißen, der uns dabei helfen wird, die Mehrheiten in den Fraktionen des Bundestages, der Länder- und Gemeindeparlamente von der Richtigkeit dieser bildungspolitischen Öffnungspolitik zu überzeugen.
    Ich habe den Eindruck — damit komme ich zum Schluß —, daß auch die Bildungspolitikerkollegen der Opposition bei ihren Kollegen im Haushaltsausschuß hier erst noch Mehrheiten überzeugen und gewinnen müssen. — Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)