Ich weiß, aber es ist ein Akt der Höflichkeit, zu warten. Die Zeit wird mir doch wohl zugegeben.
Meine Damen und Herren, die Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers Kohl in seiner Regierungserklärung zur Energiepolitik waren mehr als dürftig und unverbindlich.
Zur Kohle verkündete er in einem einzigen Satz eine Binsenwahrheit, nämlich mit seiner Feststellung: Vorrangiger heimischer Energieträger bleibt die deutsche Kohle. Das ist doch selbstverständlich. Als ob es bei uns einen anderen vorrangigen Energieträger als die Kohle gäbe.
Bundeskanzler Kohl hat mit diesem Satz nicht die bisherige Kohlevorrangpolitik bestätigt. Das konnte er offensichtlich auch nicht; denn der bayerische Ministerpräsident Strauß sitzt ihm auch in dieser Frage im Nacken.
Im Juli dieses Jahres — hören Sie zu; Originalton Strauß — hat Herr Dr. Strauß in einem Schreiben, das mir vorliegt, erklärt — ich zitiere mit der Genehmigung der Frau Präsidentin —:
daß die Bayerische Staatsregierung es insbesondere für unerträglich hält, daß die Bundesregierung
— gemeint war die von Helmut Schmidt —
der Kohle einen deutlichen Vorrang einräumt.
Und an anderer Stelle führt Herr Strauß wörtlich aus — ich zitiere wieder mit Genehmigung der Frau Präsidentin —:
Die Bayerische Staatsregierung hat deshalb die Bundesregierung aufgefordert, durch eine Aufgabe der Kohlevorrangpolitik die Hindernisse für einen verstärkten Einsatz der Kernenergie zum Ersatz fossiler Energieträger zu beseitigen.
Was gilt nun: Herr Kohl, Herr Lambsdorff oder Herr Strauß?
Im übrigen hat Herr Strauß vor zwei Jahren, 1980, im Wahlkampf im Ruhrgebiet erklärt, er sei schon immer gegen Zechenstillegungen gewesen, er habe sich nur nicht gegen Herrn Erhard durchsetzen können. Sehr bemerkenswert. Wir werden ihn daran erinnern, wenn es in die nächste Runde geht. Was Herr Strauß von der alten Regierung gefordert hat, setzt er offenbar bei der neuen Regierung Kohl/Genscher/Lambsdorff als selbstverständlich voraus.
Das verbale Bekenntnis des Herrn Bundesministers, die neue Bundesregierung halte an der bisher festgelegten Kohlepolitik fest, ist falsch und unglaubwürdig. Der Minister selbst spricht j a von der Anpassung der Förderung an den Absatz. Dabei kommt ihm sicherlich die derzeit schwierige Absatzlage zupaß. Aber er läßt außer acht, daß es sehr schnell wieder zur nächsten Ölkrise kommen und Kohle wieder sehr schnell gefragt sein kann.
Ich weiß — und das ist das Erschreckende — im Bundeswirtschaftsministerium wird die Auffassung vertreten, daß wir bis zu 10 Millionen Tonnen Steinkohlenkapazität stillegen müßten. Wenn ich etwas Falsches sage, können Sie, Herr Bundesminister, mich gleich korrigieren. Der Einstieg soll mit der Stillegung der Zeche Erin in Castrop-Rauxel gemacht werden. Hier wird ein Schwarzer-Peter-Spiel getrieben. Ich kann nur sagen: Das ist verwerflich und falsch. Diese Bundesregierung schafft nicht die Voraussetzungen dafür, daß eine neue Fördersohle errichtet wird, daß neue Investitionen erfolgen, daß die Förderung zumindest so lange aufrechterhalten bleibt, bis die erschlossenen Vorräte abgebaut sind.