Rede von
Klaus-Dieter
Kühbacher
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, dem aufmerksamen Zuhörer ist nicht entgangen, wie unterschiedlich im Temperament und auch in der Aussagekraft sich die beiden Kollegen der Opposition, Herr Gerster und Herr Dallmeyer, von dem substantiierten Vortrag von Herrn Dr. Friedmann unterschieden haben.
Bei Herrn Friedmann fielen keine Worte, Herr Gerster, wie Verschwendung, Verschleuderung und solche Vokabeln, die einfach nicht in diese sachliche Diskussion gehören.
Ich will ein grundsätzliches Wort zur Frage der Effektivität der Beratung über Bemerkungen des Rechnungshofes voranschicken. Herr Präsident, was den Kontakt von einzelnen Berichterstattern
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des Haushaltsausschusses zu den Beschäftigten des Rechnungshofes angeht, so kann man sagen, daß er zum Teil sehr gut und zum Teil sehr mangelhaft ist. Bei den Beratungen über die einzelnen Etats bekommen wir bereits im Vorfeld sehr gute Hinweise. Andere Hinweise stehen erst in den Bemerkungen; ihnen hätte zum Teil schon längst entsprochen sein können. Ich kann Sie nur bitten, uns als den Berichterstattern bei den ganz diffizilen Gesprächen frühzeitig Hinweise zu geben, uns anzuregen, nachzufragen, weil das unsere gemeinsame Arbeit effektiver gestaltet. Ich hoffe, daß die Kontaktstelle in Bonn dazu beitragen kann. Herr Kollege Esters, an Sie als Vorsitzenden des Ausschusses und, an uns selbst gerichtet muß ich sagen, daß wir darauf achten müssen, daß uns die Beanstandungen, zu denen wir gesagt haben, daß so oder so verfahren werden solle, bei den nächstjährigen Beratungen immer wieder unaufgefordert vom Büro auf den Tisch gelegt werden. Zu jedem Einzelplan müßte es eigentlich einen Vorspann geben: Bemerkungen des Rechnungshofs, Aufgabe noch nicht erledigt oder erledigt. — Ich glaube, dies sollten wir vorwegschicken.
Ich will einige Punkte dieses Rechnungshofsberichts ansprechen, die in der Öffentlichkeit Beachtung gefunden haben. Es gibt einen wunderschönen Artikel in einer Zeitung über die Beanstandungen des Rechnungshofes zum Thema Landwirtschaft. Herr Kollege Schmitz, ich kann Ihnen das nur zur Lektüre empfehlen; Sie sind ja Berichterstatter. „Wir nennen sie Nullbetriebe, sagte mein Freund."
— Das ist ein phantastischer Artikel, der plastisch vor Augen führt, worum es geht, wenn man Kritik an einzelnen Beschäftigten übt.
Ich möchte vorweg eine grundsätzliche Bemrkung machen. Ich danke Ihnen dafür, Herr Kollege Friedmann, daß Sie ausdrücklich gesagt haben, daß die Ministerien und die Minister so gut wie die nachgeordneten Beamten sind. Ich sage das hier einmal so pauschal; der eine oder andere wird sicherlich die Debatte nachlesen. Die Beschäftigten in den Ministerien, in den nachgeordneten Behörden müssen die Sensibilität entwickeln, die beim Umgang mit fremdem Geld, nämlich mit dem Geld des Steuerzahlers, angebracht ist.
Hier gibt es wirklich einige Bemerkungen, die einem den Ärger nur so hochschießen lassen. Ich nehme einmal die Anstalt in Dortmund, die angesprochen worden ist. Dort wird auch über die Humanisierung des Arbeitslebens gearbeitet und geforscht. Das ist eine gute, eine vernünftige, eine richtige Sache. Aber wenn dort die Leitung der Anstalt und die erwähnte Abteilungsleiterin durch ein Verhalten Anlaß zur Kritik geben, das nicht beispielhaft ist — dort ist sofort ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden —, dann müssen diese Damen und
Herren draußen merken, was sie politisch anrichten, wie sie eine gute Sache, nämlich die Anstalt in Dortmund, politisch in Mißkredit bringen, wenn sie den Minister derart unter Druck setzen, daß so etwas in den Bemerkungen steht.
— Der Kollege Grobecker hat völlig recht, das sind Albernheiten. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung wird an einer Stelle angreifbar, mit der er überhaupt nicht befaßt ist. Es geht um die Ausstattung eines Dienstzimmers. Es ist ärgerlich und schlimm, wie Behördenleiter und nachgeordnete Leute die Bundesregierung in Mißkredit bringen, weil sie das Gefühl für das verloren haben, was Geld bedeutet.
— Ich denke, wir sollten das deutlich machen. Das kann jedem Minister zu jeder Stunde passieren, wie wir das auch an anderer Stelle gemerkt haben.
Ich spreche einen weiteren Punkt an, der im Bereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung liegt, aber ganz weit weg ist. Er ist in dem Bericht bei den Nebentätigkeiten aufgeführt. Wir zahlen, wenn ich mich richtig erinnere, an die Bundesknappschaft zur Deckung des Defizits 8,5 Milliarde DM aus Mitteln des Steuerzahlers. Wenn man die Bemerkungen aufmerksam durchliest, stellt man fest, daß es in den Krankenhäusern der Bundesknappschaft Ärzte gibt, die 1 Million DM und mehr Nebeneinnahmen haben.
— Pro Person! Der Bundesrechnungshof hat sehr gut auf diesen wunden Punkt hingewiesen, der allgemein angesprochen werden muß. Ich frage die Herren Ärzte bei der Bundesknappschaft, ob sie nicht einen ganzen Versicherungszweig in Mißkredit bringen, wenn sie ihr Nebenamt wichtiger als ihre Hauptbeschäftigung nehmen.
Ich spreche einen weiteren Punkt in diesem Bereich an, wo, wie ich meine, in einem anderen Ministerium des Guten zuviel getan wird. Da gibt es eine gemeinsame Flugvermessungsstelle, die im Moment beim Verkehrsminister ressortiert. Dazu sagt der Bundesrechnungshof: Dort fliegen die Flugzeuge — ich glaube, acht an der Zahl — so zahlreich herum, daß man bei präziser Aufgabenstellung im Jahr 5 Millionen DM einsparen kann. Merken denn die Damen und Herren in dieser gemeinsamen Flugvermessungsstelle nicht, daß das den Steuerzahler wurmen muß, daß hier offensichtlich das Fliegen und das Bereithalten von Flugzeugen wichtiger ist als die eigentliche Aufgabe, die sie zu erledigen haben?
— Natürlich! Aber doch nicht der Regierung, sondern an dieser Stelle von Leuten, die meinen, ihre
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Aufgabe so aufblähen zu müssen. Der Rechnungshof sagt zu Recht: Was ihr erledigen sollt, kann man mit sehr viel weniger Flugzeugen mit sehr viel größerer Effizienz machen.
An dieser Stelle muß Kritik angebracht werden. Wir werden der Sache nachgehen.
Ich spreche einen weiteren Punkt an, den ich an die Damen und Herren des Bundesrats abgeben muß. Die sind nicht hier. Der Bundesrechnungshof hat im Rahmen seiner Prüfungsmöglichkeiten bei den Finanzverwaltungen festgestellt, daß die Koordination der Steuerverwaltung — in den Ländern, wohlgemerkt — sehr zu wünschen übrigläßt, ja eigentlich ein Skandal ist. Da gibt es 13 Oberfinanzdirektionen, die ihrerseits die Art und Weise der Prüfung von Steuervorgängen so uneinheitlich gestaltet haben, daß es zu Steuerungerechtigkeiten führt.
Ich .bin jetzt bei dem Thema Schätzung von Einkommen aus der Landwirtschaft. Hier gehen dem Fiskus über die Jahre Millionenbeträge verloren. Das ist das eine, was zu kritisieren ist. Aber für mich noch viel schlimmer ist: Es kommt Steuerungerechtigkeit auf. Es wird in dem einen Bundesland so und in dem anderen Bundesland anders verfahren. Wie kann denn der Bürger noch Vertrauen zum Staat insgesamt haben, wenn die Oberfinanzdirektionen — was Landwirte angeht, in dem einen Bundesland mit dieser, in dem anderen Bundesland mit jener Ideologie behaftet — so uneinheitlich verfahren?
Ich kann den Bundesfinanzminister nur ermuntern, hier auf eine einheitliche, für den Fiskus und den Steuerzahler gerechte Behandlung zu drängen. Es geht nicht an, daß wir in einer solchen Frage 13 oder 4 unterschiedliche Meinungen haben. Ich bitte ganz ausdrücklich, im Interesse aller Steuerzahler hier auf Gerechtigkeit, Transparenz und natürlich auch tatsächliche Steuerzahlung zu drängen.
Es gibt zwei, drei weitere Bemerkungen, die sich mit dem Steuerrecht beschäftigen. Zum einen geht es um die private Nutzung von Kraftfahrzeugen. Da werden dem einen 20 %, dem anderen 25 % unterstellt. Da gibt es Finanzämter, die in einem Einzelfall einem Arzt zur dienstlichen Verwendung drei Kraftfahrzeuge zugestehen.
Wie kann ein einzelner Mann drei Kraftfahrzeuge gleichzeitig fahren?
— Natürlich!
Herr Haase, worauf ich hinaus will, ist dies: Es liegt bei den Ländern, für den vollständigen Eingang von Steuergeldern zu sorgen. Ich versuche jetzt mal, mit einem Scherz deutlich zu machen, worum es mir hier geht. Wir reden über die Finanzverteilung zwischen Bund und Ländern. Der Bundesrat beklagt sich an vielen Stellen, daß die Einnahmen der Länder nicht ausreichen.
— Zu Recht! Ich empfehle dem Bundesrat oder einer Reihe von Ländern im Bundesrat, sich ein neues Wappen zuzulegen. Wir haben den Bundesadler. Die sollten sich ein Nilpferd zulegen. Warum sage ich das? Auch diesen Bundesländern steht das Wasser bis zum Hals; aber sie reißen das Maul so weit auf und machen in der Sache nichts.
Ich spreche einen weiteren Punkt an, und zwar zum Bereich der Deutschen Bundesbahn. Bei der Deutschen Bundesbahn, Herr Kollege Friedmann, ist das, was Sie angesprochen haben, völlig zu Recht beleuchtet worden. Was uns im Bereich der Bundesbahn fehlt, ist eine ergebnisbezogene Erfolgskontrolle. Das ist der entscheidende Mangel. Nur, ich erinnere mich an viele beredte Worte des Staatssekretärs Ruhnau im Rechnungsprüfungsausschuß und im Haushaltsausschuß mit der Zielrichtung, dies ändern zu wollen. Nur, Herr Kollege Friedmann, wir sollten uns auch selber nicht bemogeln.
Zum Teil ist der Umstand, daß im Bereich der Bundesbahn nicht noch effizienter gearbeitet werden kann, darin begründet, daß dort Strukturen vorhanden sind, die diesem modernen Dienstleistungsbetrieb nicht mehr angemessen sind. Das ist der entscheidende Punkt.
Zum Teil — ich sage auch das — liegt es an dem starren Beamtenrecht, daß Sie aus einzelnen Maschinenämtern, aus Zwischenebenen nicht versetzen können, nicht umsetzen können, um effizient zu arbeiten. Wir sollten also, wenn wir Kritik an der Bundesregierung oder am Bundesbahnvorstand anbringen, immer im Hinterkopf haben, daß auch wir, die wir im Parlament sind, es durch unterschiedliche Auffassungen über öffentliches Dienstrecht verhindern, daß dort erfolgsbezogen gearbeitet wird.
Dieses sage ich hier mal so.
Auch an dieser Ecke will ich einen Punkt herausgreifen, weil es geradezu ärgerlich erscheint, wo dort Geld, weil die Strukturen so sind, ausgegeben wird. Sie haben die Autos des Bundesbahnvorstandes angesprochen. Ich will die Wohnungsdienstanschlüsse ansprechen, eine Segnung, die die ganze Öffentlichkeit wahrscheinlich gar nicht kennt. Es wird Beamten erlaubt, auf Kosten des Steuerzahlers bei sich privat zu Hause ein Telefon zu haben, weil sie ja in Notfällen auf Kosten der Bundesbahn erreichbar sein sollen. Der Vorstand der Deutschen Bundesbahn hat sich mit dieser Frage tatsächlich selbst beschäftigt: Wie viele Wohnungsdienstanschlüsse wann und bei wem? Ich frage mich: Hat denn dieser Vorstand nichts Wichtigeres zu tun, als sich mit dieser Nebensächlichkeit zu beschäftigen? Sind denn
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die Beamten, die Wohnungsdienstanschlüsse haben, nicht sensibel genug, um festzustellen, daß das überflüssig ist? Da sitzen Herren in der Hauptverwaltung in Frankfurt, wohnen in Nürnberg, in München und in einer noch weiter entfernten Stadt.
— Nein, nein, es wohnen einige so weit und lassen sich in München einen Wohnungsdienstanschluß bezahlen — oder in Nürnberg —, damit sie in Notfällen — zum Beispiel ein Bahnarzt — bereit stehen — ein Bahnarzt, der wahrscheinlich nur Gutachten macht. Ich kann nur lachen. Diese Herren sollten ihre Anschlüsse freiwillig zurückgeben. Daß sich das Parlament, daß sich der Rechnungshof damit beschäftigen muß, sagt doch etwas über die Qualität der Mittelebene und die Sensibilität dieser Herren aus.
Ein Punkt scheint mir bei der Bahn grundsätzlich zu kritisieren zu sein. Es gibt dort auch ein Personalbemessungssystem, Herr Friedmann, was Sie bei der Bundespost kritisiert haben. Davon verstehen Sie sehr viel mehr. Ich lasse mich da gern belehren und will da in unseren Sitzungen nachfragen. Ich lese hier aus der Kritik des Bundesrechnungshofes zur Frage der Effektivität der Bahn, daß es vielfach dazu kommt, daß ein Besitzstandsdenken besteht und Anlagenmengen auf das Personal angerechnet werden. Das heißt, je mehr Anlagen mit höheren Preisen von bestimmten Arbeitsebenen im Bahnbereich verwaltet werden, desto mehr Personal und desto höher dotiert werden die Herren. Das führt dann dazu, daß Gleise mit Überlängen gebaut werden, daß zuviel Geld ausgegeben wird,
weil sich daraus die persönliche Bezahlung ergibt. Dies ist ein abenteuerlicher Vorgang. Daran müssen wir etwas ändern. Wir können nicht deshalb jemand nach A 14 bezahlen, weil er möglichst viel Geld ineffektiv ausgibt.
Hier muß Leistungsbezahlung rein. Ich gehe jetzt so weit — ich will hier nichts versprechen —, zu sagen, man müßte sich überlegen, ob man nicht einem besonders sparsamen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes dann eine Zulage zahlt, wenn er besonders wirtschaftlich arbeitet, solche Zulagen von Zeit zu Zeit aussetzt, wenn das im Ergebnis nicht mehr stimmt, anstatt — —
— Ja natürlich, oder so: Akkord einführen, bei Effizienz, bei hohen Dienstleistungen Zulagen, und diese immer, wenn das Ergebnis schlechter wird, wieder reduzieren.
Ich glaube, dies würde zu einer höheren Eigenverantwortung führen können.