Rede von
Freimut
Duve
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich werde mich bemühen, in fünf Minuten das zu sagen, was ich hier sagen möchte.
Die 80er Jahre sind das erste Jahrzehnt, in dem die ernstliche Gefahr eines mit Kernwaffen geführten Krieges besteht. Dies ist ein Zitat von Carl Friedrich von Weizsäcker. Experten sind sich darüber einig, daß ein solcher Krieg mit hoher Wahrscheinlichkeit in Mitteleuropa ausgetragen werden würde.
Diesem Parlament und der Demokratie wäre es nicht angemessen, wenn wir angesichts einer solchen Mahnung den Etat des Bundesverteidigungsministeriums nicht mit einem Wort der Sorge bedenken würden. Um es vorwegzunehmen: Wir Sozialdemokraten stehen zur Regierung von Helmut Schmidt, weil sie sich bemüht, in schwieriger Zeit und mit schwierigen Partnern ihren Entspannungskurs fortzusetzen.
Mit unserer Zustimmung zum Etat des Verteidigungsministeriums wollen wir zum Ausdruck bringen, daß wir diese Regierung unterstützen.
Beschaffungsentscheidungen, die vor Jahren getroffen worden sind, bringen uns heute in finanzrechtliche Zugzwänge, für die der Verteidigungsminister Hans Apel nicht verantwortlich gemacht werden sollte, wie es hier heute mehrfach geschehen ist.
Wenn Sie den folgenden Passus hören, werden Sie verstehen, warum ich mich hier noch einmal zu Wort gemeldet habe. Eine Gruppe von Sozialdemokraten
— das ist in der Öffentlichkeit bekannt — hat in ihrer Fraktion versucht, eine Umschichtung von 1 Milliarde DM zugunsten des Entwicklungshilfeetats vorzunehmen.
— Wissen Sie, Abgeordnete einer Partei, die in ihrem Namen den Autor der Bergpredigt trägt
— warum müssen Sie denn jetzt „buh" rufen?;
— dies ist keine persönliche Erklärung, sondern ein Redebeitrag —, sollten mir doch einmal zuhören können.
Wir haben das in der traurigen Gewißheit versucht, daß die 80er Jahre unter dem bedrückenden Doppelzeichen von Hunger und von Waffen stehen. Das erste Jahr dieses Jahrzehnts hat das j a bereits gezeigt.
Wir wollten erreichen, daß mehr gegen den Hunger und weniger für Waffen ausgegeben wird.
Wir wollten aus finanztechnischen und bündnisrechtlichen Zwängen einen winzigen Schritt ausbrechen, um die menschenrechtlichen Verpflichtungen deutlich zu machen, die wir als Reiche alle miteinander gegenüber den heute wirklich Verdammten dieser Erde haben.
Meine Damen und Herren, das Gefühl jener Sicherheit, mit der die Verteidigungslasten begründet werden, ist im Schwinden. Mehr und mehr Menschen, nicht nur in unserem Lande, beschleichen Zweifel, ob mehr und technisch verbesserte Waffensysteme auch mehr Sicherheit bieten. Sie haben eher das Gefühl, daß mehr Waffen mehr Unsicherheit und größere Kriegsnähe bewirken.
Die großartige, für uns Deutsche so erfolgreiche Friedens- und Entspannungspolitik wird heute von der Union offen denunziert, und der rasche militärische Reflex auf internationale Entwicklungen scheint wieder Mode zu werden. Die Menschen in unserem Lande sind aber zu Recht skeptisch gegenüber einer Position, die die Entspannungspolitik nachträglich verteufelt. Die Menschen sind mißtrauisch gegenüber den Motiven dieser Verteufelung der Entspannungspolitik.
Und wir teilen dieses Mißtrauen.
Niemand verkennt die Hochrüstung des Warschauer Pakts. Aber in einer Zeit, in der nicht nur Carl Friedrich von Weizsäcker von der Führbarkeit des Atomkrieges spricht, sondern auch Militärexperten dies geradezu erwägen, ist die skeptische Haltung gegenüber dem eigenen Anteil an der Rüstungsspirale überlebensnotwendig.
Alle Sozialdemokraten, vom Ortsverein bis zum Kanzler, verabscheuen das Drohen amerikanischer Falken mit der militärischen Stärke, dem sich die Union tagtäglich anschließt.
— Sie bringen mich nicht aus dem Konzept. — Wir sind eine Friedenspartei, und wir ringen um den richtigen Weg, zum dauerhaften Frieden, auch in unserer Partei.
Und dabei berührt uns die hämische, unchristliche Schulmeisterei von außen nicht.
Wer ohne eigene Bedingungen gegenüber dem Bündnispartner von der totalen Illusion der Null-Option hämisch spricht, wie Herr Wörner das hier heute morgen getan hat, der mißachtet die Friedensbewegung unserer Tage. Und wer nur auf das — —