Also, die Opposition darf ihren Schmutz, so will ich einmal sagen, hier ausbreiten, ist aber nicht bereit, den anderen, die das nicht so machen, zuzuhören.
— Ja, gucken Sie doch einmal da hinten, da stehen sie. — Da nicht, da stehen sie. — Ich komme zu dem Ergebnis, daß Ihre öffentliche Kampagne dazu beiträgt, die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr zu gefährden, und damit beim potentiellen Gegner Versuchungen hervorrufen kann, die wir alle gemeinsam vermeiden wollen.
Unsere Aufgabe muß es nach meiner Auffassung vielmehr sein, von den Soldaten zu verlangen, den Primat der Politik zu respektieren, und dafür Einsichten bei ihnen zu wecken. Die planerischen Vorstellungen müssen an den finanzpolitischen Möglichkeiten, an dem Machbaren gemessen werden. Es kann nicht Aufgabe einiger führender Soldaten sein, politische Entscheidungen mit Hilfe der Opposition durch Indiskretion zu hintertreiben.
Sie dürfen auch nicht davon ausgehen, daß sie die Politiker als Geldbeschaffer für ihre Planungsvorstellungen benutzen können, und ansonsten meinen, Politiker hätten sich aus der Beurteilung des verteidigungspolitisch Notwendigen herauszuhalten; denn sie verstünden ja eh nichts davon.
Nun, Herr Kollege Wörner, möchte ich zu dem, was Sie hier heute morgen zum feierlichen Gelöbnis gesagt haben, kommen. Sie haben gesagt, Sie wollten hier die Interessen der Jugend formulieren, die sich bei feierlichen Gelöbnissen in der Öffentlichkeit darstellen möchte. Glauben Sie wirklich, daß dies das zentrale Anliegen unserer jungen Wehrpflichtigen ist? Ich möchte Sie allen Ernstes fragen, ob Sie Professor Ellwein widersprechen wollen, der festgestellt hat — ich zitiere —:
Tradition, die gepflegt wird, selbst aber nicht
mächtig ist, wird zum Brauchtum, das auch
ohne jeden Blick auf seinen Bedeutungsgehalt
geübt werden kann. Im schlimmsten Fall entartet es zum bloßen Ritual, zu dessen Teilnahme der Befehl veranlaßt, der den inneren Widerspruch verdeckt.
Ich jedenfalls begrüße es, daß Minister Apel mit der Abkoppelung des Großen Zapfenstreichs vom feierlichen Gelöbnis die Gefahr einer solchen „Entartung zum bloßen Ritual" und damit einer Entwertung des Gelöbnisses selbst rechtzeitig erkannt hat und nunmehr dabei ist, neue, zeitgemäße Formen für das Gelöbnis zu entwickeln. Nicht durch Befehlen starrer Rituale, sondern nur durch die Vermittlung lebendiger Überzeugung von der Notwendigkeit des Wehrdienstes in unserer demokratischen, pluralistischen Gesellschaft achten wir in unseren jungen Wehrpflichtigen den Staatsbürger. Aber nur durch solche Staatsbürger, durch selbstbewußte Demokraten, nicht durch Muschkoten, deren Verhältnis zu ihrem Staat durch Kadavergehorsam geprägt ist, können wir unsere freiheitlich-demokratische Gesellschaftsordnung verteidigen.
Meine Damen und Herren von der Opposition, zum Schluß — —
— Ich weiß, Sie ertragen es nicht, anderen zuzuhören. Sie meinen aber immer, andere müßten Sie ertragen. Nun müssen Sie mich noch einige Minuten ertragen.
Zum Schluß, meine Damen und Herren von der Opposition, möchte ich Ihnen noch auf den Weg geben, zu prüfen und zu überlegen, ob Sie sich mit dem, was Sie hier tun, für die Zukunft nicht selbst schaden. Der Primat der Politik gilt nicht nur für die Koalitionsfraktionen, sondern auch für die Opposition — für eine konstruktive Opposition, Herr Kollege Würzbach. Deshalb bitte ich Sie im Interesse unserer äußeren Sicherheit, Ihre destruktive Haltung aufzugeben und dem Verteidigungshaushalt zuzustimmen. — Ich bedanke mich für Ihre geteilte Aufmerksamkeit.