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ID0901614100

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Metadaten
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    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
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    5. Herr: 1
    6. Abgeordnete: 1
    7. Rapp.: 1
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    Plenarprotokoll 9/16 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 16. Sitzung Bonn, Dienstag, den 27. Januar 1981 Inhalt: Aussprache über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1981 (Haushaltsgesetz 1981) — Drucksache 9/50 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1980 bis 1984 — Drucksache 9/51 — in Verbindung mit Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Mineralöl- und Branntweinsteuer-Änderungsgesetzes 1981 — Drucksache 9/91 — in Verbindung mit Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Abbau von Subventionen und sonstigen Vergünstigungen, zur Erhöhung der Postablieferung sowie zur Klarstellung von Wohngeldregelungen (Subventionsabbaugesetz) — Drucksache 9/92 — Dr. Häfele CDU/CSU 515 C Westphal SPD 523 C Gärtner FDP 529 C Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 5300 Bonn Alleinvertrieb: Verlag Dr. Hans Heger, Postfach 200821, Herderstraße 56, 5300 Bonn 2, Telefon (0228) 363551 Haase (Kassel) CDU/CSU 537 B Walther SPD 542 A Frau Matthäus-Maier FDP 548 A Dr. Sprung CDU/CSU 554 A Gobrecht SPD 557 B Dr. Riedl (München) CDU/CSU 559 D Löffler SPD 563 D Rentrop FDP 566 A Carstens (Emstek) CDU/CSU 568 B Dr. Spöri SPD 570 B Dr. Waffenschmidt CDU/CSU 572 D Kühbacher SPD 576 A Rapp (Göppingen) SPD 580 A Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd) CDU/CSU 581 D Wieczorek (Duisburg) SPD 583 D Hoffie FDP 586 D Dr. Hauff, Bundesminister BMV 589 C Kiechle CDU/CSU 593 A Hoffmann (Saarbrücken) SPD 596 A Dr. Zumpfort FDP 599 C Nächste Sitzung 604 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . .605* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 27. Januar 1981 515 16. Sitzung Bonn, den 27. Januar 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen 30. 1. Dr. Ahrens * 30. 1. Dr. Althammer * 27. 1. Dr. Bardens * 30. 1. Böhm (Melsungen) * 30. 1. Büchner (Speyer) * 30. 1. Dr. Dollinger 30. 1. Dr. Enders * 30. 1. Ertl 27. 1. Francke (Hamburg) 30. 1. Dr. Geßner * 30. 1. Dr. Hubrig 30. 1. Jäger (Wangen) * 30. 1. Jung (Kandel) * 27. 1. Junghans 28. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage zum Stenographischen Bericht Kittelmann * 30. 1. Klein (Dieburg) 30. 1. Korber 30. 1. Lemmrich * 30. 1. Lenzer * 30. 1. Männing * 30. 1. Dr. Müller * 30. 1. Müller (Wadern) * 30. 1. Frau Pack * 30. 1. Peter (Kassel) 30. 1. Petersen ** 30. 1. Reddemann * 30. 1. Rösch * 30. 1. Sander 30. 1. Dr. Schäuble * 30. 1. Schmidt (München) * 30. 1. Schmidt (Würgendorf) * 30. 1. Dr. Schroeder (Freiburg) 30. 1. Schulte (Unna) * 30. 1. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 30. 1. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 30. 1. Dr. Sprung * 30. 1. Dr. Unland * 30. 1. Dr. Vohrer * 30. 1. Dr. Wittmann (München) * 30. 1. Dr. Wieczorek 30. 1.
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    Rede von Klaus-Dieter Kühbacher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Das hat mit Philosophie nichts zu tun, Herr Dr. Friedmann, sondern mit der außerordentlich guten Ertragslage dieser Institute. Sie bezahlen zur Zeit 44 % Körperschaftsteuer, im Gegensatz zu anderen, die 50 % zahlen. Wenn sie, wie Sie eben sagen, 400 Millionen DM mehr Steuern zahlen als die übrigen, müssen sie doch eine exorbitant gute Ertragslage haben, wenn der Steuersatz niedriger ist. Geben Sie mir das zu?

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Natürlich! — Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Die Deutsche Bank schließt bestimmt nicht schlecht. ab!)

    Man kann ja addieren, was hier an Zwischenfragen kommt. Da kommt der Vertreter dieser Interessengruppe, dort kommt der Vertreter jener Interessengruppe.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: So billig können Sie es nicht abmachen!)

    — Herr Kollege Möller, natürlich ist das möglicherweise billig.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Das ist sehr billig!)

    Aber der zielgerichteten Zwischenfragerei stehen Aussagen des Kollegen Waffenschmidt gegenüber, daß die Union kostenwirksame Gesetze hier nicht mehr einbringen werde. Wenn gespart werden soll, stehen hier einzeln nacheinander die Kollegen Vertreter — die Kollegen Volksvertreter — auf und plädieren für die Volksbanken, für die Raiffeisenkassen, für die öffentlichen Sparkassen, für den kleinen Handwerker usw. Dies alles mutet mich seltsam an. Denn wir wollen diesen Staat, die öffentliche Hand, in die Lage versetzen, öffentliche Aufgaben zu finanzieren; die Gewinne gutverdienender Kreditinstitute sollen nicht völlig unbeeinträchtigt bleiben.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Herr Kühbacher, das Geld fließt ja schon zum Staat!)

    — Ja, natürlich, aber nicht genug, Herr Dr. Friedmann.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Bei dieser Regierung natürlich nicht genug! Da wird es nie reichen! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

    Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns auf den Ausgangspunkt dieser kurzen Auseinandersetzung zurückkommen. Es geht uns um die kommunale Finanzausstattung. Meine Einschätzung ist: Sie ist — das wird im Ernst wohl auch nicht bestritten — qualitativ zu verbessern, quantitativ — im Verhältnis zum Bundeshaushalt und zu den Länderhaushalten — wohl nicht auszubauen. Worum geht es den Kommunen denn nun eigentlich, wo finden sie auch eine breite Unterstützung in diesem Parlament? Wir müssen dafür sorgen, daß die kommunalen Finanzen auf längere Sicht auf der Einnahmenseite an Stetigkeit gewinnen.


    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Dafür haben wir in der letzten Legislaturperiode viele Vorschläge gemacht!)

    Es wäre gut, wenn wir diese wichtige Feststellung gemeinsam treffen könnten. Wir müssen dafür Sorge tragen — das kann nun nicht der Bundestag allein bestimmen, sondern das wird vornehmlich in die Länderparlamente gehören —, daß die Finanzmittel nach den unterschiedlichen Aufgabenschwerpunkten der kommunalen Selbstverwaltung aufgeteilt werden. Da haben Kernstädte, Herr Dr. Waffenschmidt, darunter zu leiden, daß viele Menschen ins Umland, in die Kranzgemeinden abwandern. Die bekommen nun auf Grund unseres Steuerrechts, also wegen des gestiegenen Einkommensteueranteils, exorbitant hohe Einnahmezuwächse, obwohl hochwertige Dienstleistungsaufgaben bei den Kernstädten verbleiben. Die Krankenhäuser z. B., der kulturelle Bereich, der Bildungsbereich und die damit verbundenen Ausgabenlasten wandern mit der Bevölkerung ja nicht mit. Welche Kommune am Stadtrand leistet sich denn Berufsschulen in größerer Zahl? Das ist doch wohl selten der Fall.
    Zum öffentlichen Nahverkehr kann ich Ihnen, Herr Dr. Waffenschmidt, mit Blick auf unsere Region nur sagen: Es gibt da drei Kommunen, die ein ordentliches öffentliches Personennahverkehrsnetz



    Kühbacher
    unterhalten, das den kommunalen Haushalt mit einem Minus von 10 Millionen, 15 Millionen und 20 Millionen DM pro Jahr belastet. Wenn die umliegenden Landkreise auf einen Verkehrsverbund angesprochen werden, machen die sich ganz steif, nicht etwa deshalb, weil sie das für die Bevölkerung im ländlichen Raum nicht bräuchten, sondern deshalb, weil das natürlich eine finanzielle Belastung bedeutet.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Sicher!)

    Nahverkehr ja, aber nur, wenn andere es bezahlen.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Bahn und Post machen bei diesen Verkehrsverbünden in der Regel nicht mit!)

    Auch dies gehört mit zu dieser Diskussion: die Finanzierungsbeziehung zwischen den Städten mit großen Aufgaben und dem Land.
    Sie haben recht, Herr Dr. Waffenschmidt, wenn Sie sagen, daß das, was auf der Ausgabenseite aus Gründen der Strukturpolitik gekürzt wird, auch in den ländlichen Bereichen sicher zu größeren Schwierigkeiten führen wird. Aber man muß dies dann im Gesamtkontext sehen: Wohin gehen die Lasten? Sie sprechen hier den Personennahverkehr, die Kürzungsmaßnahmen, Kürzungsabsichten der Bundesregierung an. Wenn man das präzise und redlich betrachtet, weiß man, daß auf der konsumtiven Seite zwar weniger Gelder fließen sollen — im übrigen in Drei-Jahres-Schritten; drei Jahre lang sollen jeweils bestimmte Prozente abgebaut werden; das wird wahrscheinlich zur Erhöhung der Tarife führen, aber im Gleichklang mit den sich ohnehin ergebenden Tarifen in sehr viel geringerem Maße —, aber Herr Kollege Waffenschmidt, 90 % dieser eingesparten Mittel im konsumtiven Bereich fließen nach der Fassung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes in den investiven Bereich — nach unserem Willen aufgewandt zur Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs unter der Überschrift: Weg vom Öl — zurück. Es ist also nicht so, daß da nur etwas weggenommen wird, sondern es wird umverteilt, der Mangel wird umverteilt, und zwar zugunsten einer problemorientierten Politik. Ich sage Ihnen ganz klar: Diese Form von Investitionslenkung, nämlich Mittel im konsumtiven Bereich wegzunehmen, in den investiven Bereich zu lenken und dort Qualität zu schaffen, habe ich mir unter sozialdemokratischer Politik immer vorgestellt. Ich bedanke mich dafür beim Finanzminister.
    Ich will zum Schluß kommen. Worum geht es uns, wenn wir im Bundestag über die Verteilung kommunaler Finanzmassen sprechen? In guten Zeiten, Herr Kollege Waffenschmidt, ging es uns Sozialdemokraten darum, durch Institutionalisierung der Gemeinschaftsaufgaben, durch Finanzverteilung, durch die kommunale Finanzreform finanziellen Wohlstand gleichmäßig zu verteilen, ihn insbesondere in die Gebiete zu tragen, in denen Finanzschwäche die Infrastruktur nicht so hat aufblühen lassen, wie das notwendig war. Wenn wir uns die Infrastruktur in der Bundesrepublik ansehen, stellen wir fest: Sie ist insgesamt eigentlich gut in Schuß. Niemand, der aus der Kommunalverwaltung kommt, kann behaupten, daß die Infrastruktur in den Städten, in den Gemeinden große Mängel aufweist. Ich will nicht übertreiben, aber ich meine, der nötigste Investitionsbedarf ist gedeckt. Hier gibt es weiteren Bedarf, aber auf ganz anderen Feldern, etwa auf dem Gebiet der Gesellschaftspolitik. Im Bereich der Altenpflege, bei kombinierten Altenpflege- und Behindertenheimen besteht ein Bedarf an Investitionen, natürlich mit Folgekosten. Aber hinsichtlich der übrigen Bereiche sind wir uns doch im klaren: Im Straßenbau, für den Neubau von Schulen, im Bildungs- und Sozialbereich sind keine Investitionsschübe erforderlich. Hier und da bestehen natürlich Notwendigkeiten. Was den Freizeitbereich, den Sportbereich angeht, sollten wir uns doch einmal an die eigene Brust klopfen, und zwar jeder, aus welcher Kommune er auch immer kommen mag, und uns die Frage stellen, ob wir uns die Ausstattung mit öffentlichen Einrichtungen richtig überlegt haben, denn die Folgekosten zwingen zu der Überlegung, ob man sich etwa ölbeheizte Freibäder heute noch leisten kann. Ich glaube, wir sollten sehen, daß die Infrastruktur ausreichend ist und daß es dementsprechend keinen großen Nachholbedarf gibt. Herr Kollege Waffenschmidt, wir befinden uns allerorten in einer Situation finanziellen Mangels. Es geht politisch darum, diesen Mangel gerecht zu verteilen. Es wäre eine schlimme Sache, wenn — —

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Wer hat den Mangel denn produziert?)

    — Herr Kollege Möller, Sie fragen, wer diesen Mangel produziert habe. Sie wollen doch diesen Mangel, den wir im Moment durch eine Reihe außenwirtschaftlicher Schwierigkeiten haben, unter anderem auch durch die Ölpreisverteuerung, nicht irgendeiner Regierung anlasten? Das können Sie doch im Ernst nicht wollen. Sie wollen das Zahlungsbilanzdefizit doch nicht der Bundesregierung anlasten?

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Herr Kollege Möller, Sie wollen der Regierung doch nicht im Ernst die Schuld für die im konsumtiven Bereich permanent drückenden Personalkosten anlasten? Da wird doch verhandelt, wobei ich bei meinem Lieblingsthema wäre. Alle, die Kommunalinteressen, Länderinteressen und Bundesinteressen vertreten, sitzen doch in einem Boot. Ich meine, der Staat ist ein Unternehmen — ob auf Bundes-, Länder- oder Gemeindeebene — zum Transport und zur Herstellung von Gütern und Dienstleistungen. Wir haben alle darauf zu achten, daß die Transporteure nicht mehr Sprit verbrauchen, als notwendig und auch möglich ist, denn das hätte zur Folge, daß Güter nicht mehr ankämen und Dienstleistungen nicht mehr erbracht werden könnten. Ich meine, wir sollten den Haushaltsplan 1981 in diesem Sinne sehen. Herr Kollege Waffenschmidt, ich meine, man sollte im konsumtiven Bereich auch von den Zuweisungen und Dotationen an nachgeordnete Institutionen etwas abzwacken, um zusätzliche Investitionen zu ermöglichen. Ich höre schon, wenn wir im Haushaltsausschuß hier und dort etwas streichen werden, die Kollegen sagen: Das geht doch nicht. — Genau das wird eintreten. Ich verspreche Ihnen: Wir bleiben



    Kühbacher
    hart, und wir werden bei Ihnen, Herr Kollege Haase, sehen, wie hart Sie im Haushaltsausschuß bleiben, wenn es darum geht, institutionelle Förderung in Einzelbereichen zu streichen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Rapp.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Heinz Rapp


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den Regeln der doppelten Buchführung müssen den von den ölerzeugenden Staaten erzielten Leistungsbilanzüberschüssen — allein im vergangenen Jahr 115 Milliarden Dollar — Leistungsbilanzdefizite ölverbrauchender Staaten entsprechen. Daß Überschüsse und Defizite sich auf Null addieren, hat mit den Gesetzen der Logik und nicht, wie der Kollege Häfele und leider auch der Kollege Dr. Sprung heute früh glauben machen wollten, mit dem Unvermögen der Regierung zu tun. Die Preispolitik der OPEC-Staaten, die zu diesen Überschüssen geführt hat, ist darauf gerichtet, die energiepolitische Anpassung der Volkswirtschaften der Industriestaaten zu erzwingen. Daß von dieser realen wie von der zahlungsbilanzpolitischen Anpassungslast auch die Bundesrepublik eine gehörige Portion abbekommen hat, ist wiederum zwangsläufig. Nehmen wir an, der Schwarze Peter der Defizite wäre voll bei den Entwicklungsländern oder bei den schwächeren Industriestaaten gelandet, dann wäre doch wohl der Zusammenbruch der Weltwirtschaft voll programmiert. Mit diesen Feststellungen wird nicht abgewiegelt. Wir müssen j a in der Tat äußerste Anstrengungen unternehmen, um von einem Leistungsbilanzdefizit derzeitiger Höhe herunter und hin zu weltweit ausgeglicheneren Zahlungsbilanzen zu kommen.
    Gleichwohl betreffen die Feststellungen, die ich getroffen habe, uns vorgegebene, uns auferlegte Daten. Sie sollten insoweit schlicht die Faktenbasis sein, von der aus wir uns dann, erforderlichenfalls streitig, über Lösungswege auseinandersetzen könnten und sollten. Aber leider ist — das haben die erwähnten Beiträge gezeigt — schon das, was ich die Faktenbasis nenne, für die Opposition eben wieder nur Material und Potential für Unterstellung, Schuldzuweisung und Konfrontation. In der Sucht, objektiv Vorgegebenes zu subjektiv parteiischer Schuldzurechnung umzubiegen, liegt es begründet, daß die Reden der Opposition, die wir gehört haben, zur Lösung des Problems leider wieder nichts beigetragen haben.
    Der Herr Kollege Häfele hat sich für seine Rede heute früh den Gag einfallen lassen, der Bundesfinanzminister habe in seiner Haushaltsrede einen so rasanten ideologischen Schwenk weg von der nachfragestützenden und hin zur angebotsorientierten Wachstumspolitik vollzogen,

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Genauso ist es!)

    daß ihm die SPD-Fraktion nicht habe folgen können.
    Herr Kollege Häfele, die Vorstellung, daß hier eine
    Regierung aus der Veränderung der ihr vorgegebenen Fakten eine richtige Konsequenz gezogen hat, gibt die von mir gekennzeichnete Denkweise der Opposition eben nicht her.

    (Dr. Häfele [CDU/CSU]: Alles völlig neu!)

    Daß unter den Bedingungen einer defizitären Leistungsbilanz nachfragestimulierende Konjunkturprogramme mit hoher Wahrscheinlichkeit fehlgehen müßten, spricht doch nicht gegen die Richtigkeit solcher nachfrageorientierter Konjunkturpolitik unter anderen außenwirtschaftlichen Voraussetzungen. Dies kann ich ohne jede ideologische Verprellung sagen. Ideologisch verprellt ist Ihre Auffassung der Verteufelung jedweder wirtschaftssteuernder Staatstätigkeit.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Ach du Schande!)

    Herr Häfele tadelte, daß eine solche Politik der Nachfragestimulation gerade in den letzten Jahren falsch gewesen sei. Das mag aus seiner Sicht, aus einer lediglich nationalen Optik so gesehen werden. Der Zusammenhang zwischen der Binnen- und der Außenwirtschaftspolitik der Jahre nach 1974, nach der ersten Ölpreiskrise, war jedoch der, daß wir damals mit nachfragestärkenden Konjunkturprogrammen in eine unterbeschäftigte Welt hinaus Beschäftigungsimpulse exportieren mußten, ein Akt der weltwirtschaftlichen und weltpolitischen Solidarität, den damals unsere westlichen Partner, insbesondere die USA, z. B. auf dem Bonner Weltwirtschaftsgipfel, von uns gefordert haben. Der überproportionale Anstieg der Einfuhren damals war also gewollt. Wenn Sie von der Opposition uns dies heute zum Vorwurf machen wollen, dann paßt das nicht zu Ihren Bekundungen der Solidarität mit der westlichen Gemeinschaft.
    Im übrigen haben die Konjunkturimpulse, die in unserer Haushalts- und Finanzpolitik der letzten Jahre angelegt waren, immer auch der Stärkung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft gedient; sie sind also immer auch angebotsorientiert gewesen. In der heutigen FAZ können Sie z. B. nachlesen, daß die Unternehmen heute besser finanziert sind als in der ölpreisbedingten Rezession von 1974.
    Angebotsorientiert waren allemal die energiepolitischen Komponenten unserer Konjunkturprogramme. Von da gibt es eine bruchlose Weiterentwicklung hin zu unserem Vorhaben, durch die Mineralölsteuererhöhung zu Energieeinsparungen zu kommen. Wie Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, es angesichts der Ausgangslage, angesichts des absoluten Vorrangs der Aufgabe der Verbesserung der Leistungsbilanz verantworten wollen, zu einer Ablehnung der Anhebung der Mineralölsteuer zu kommen, bleibt Ihr Problem. Uns werden Sie nicht verdenken können, wenn wir Ihnen dies so unter die Nase reiben werden, daß sich die Opposition konkreten Maßnahmen zu schmerzhaften Anpassungsprozessen einmal mehr versagt.
    Die Verbesserung unserer internationalen Wettbewerbsfähigkeit — davon hat insbesondere Herr Kollege Dr. Sprung gesprochen — bleibt nicht zuletzt angesichts der japanischen Herausforderung



    Rapp (Göppingen)

    eine dauernde Aufgabe. Aber Panikmache ist auch hier nicht angebracht. Der bloße Vergleich zwischen der Entwicklung der Einfuhr einerseits und der Ausfuhr andererseits ohne Berücksichtigung der Entwicklung der Terms of Trade überzeichnet das Bild. Die Einfuhrpreise — darin steckt auch das Mineralöl — sind mehr als doppelt so rasch gestiegen wie die Ausfuhrpreise. Mittlerweile verläuft die Einfuhrentwicklung gedämpft, was durchaus auch mit den von uns angeregten Öleinsparmaßnahmen zu tun hat.
    Bis sich eine behutsame Umkehr der Leistungsbilanzentwicklung durchzusetzen vermag, wird eine solide Finanzierung der Defizite anzustreben sein. Dabei werden die Inflationstendenzen in wichtigen Teilen des Auslands absehbar weiterhin höher sein als bei uns. Auf die Dauer werden sich die fundamentalen Gegebenheiten im Vergleich der Volkswirtschaften gewiß wieder durchsetzen, was sich dann stützend auf den D-Mark-Wechselkurs auswirkt und die Bewegungsfähigkeit der Bundesbank in der Geld- und Zinspolitik wieder herstellt.
    Der Abbau des Leistungsbilanzdefizits steht schon deshalb jetzt im Mittelpunkt auch unserer haushaltspolitischen Zielsetzungen — Stichwort: Anhebung der Mineralölsteuer —, weil nur, ich habe es angedeutet, von daher konjunkturpolitischer Handlungsspielraum zurückgewonnen werden kann.
    Der Bundesfinanzminister hat in seiner Haushaltsrede ausgeführt, daß eine Zinssenkung derzeit für die Stärkung der Ertragslage und der Investitionskraft der Unternehmen mehr zu leisten vermöge als die öffentliche Hand. Die Bundesbank ist in der Tat blockiert, weil eine Ingangsetzung der Wirkungskette — Zinssenkung, Kapitalabfluß, Rückgang der Kapitaleinfuhr, weitere Verschlechterung der Zahlungsbilanz, weiterer Abwertungsdruck, Preissteigerungen, Rückkehr zu verschärfter Geldpolitik — derzeit eher wahrscheinlich ist als das andere Denkmodell, das davon ausgeht, daß ein temporärer weiterer Rückgang des DM-Wechselkurses nachhaltig zur Verbesserung unserer internationalen Wettbewerbsfähigkeit und zur Verbesserung der Leistungsbilanz beitragen könnte.
    Insoweit, meine Damen und Herren, ist es richtig, von einer Durststrecke zu reden, die wir durchstehen müssen und angesichts der besseren Finanzierungslage unserer Unternehmen auch durchstehen können.
    Daß wir, daß unsere Wirtschaft den Kostenanstieg im Griff behalten muß, ist richtig und bleibt zu allen Zeiten wichtig. Es ist klar, daß die Damen und Herren der Opposition dabei in erster Linie an die Lohnkostenentwicklung denken werden. Daß die Bruttoverdienste von 1975 bis Mitte 1980 in der deutschen Industrie von 100 auf 132, in Frankreich auf 179, in den USA auf 139, in Japan auf 146 gestiegen sind, brauchten Sie ja nicht zur Kenntnis zu nehmen; es würde Ihr Weltbild stören.
    Meine Damen und Herren, es muß investiert werden, um die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft im Strukturwandel zu erhöhen. Sicher können in begrenztem Umfang auch mit öffentlichen Krediten finanzierte Investitionen Energiestrukturen verändern und Umstellungen der Wirtschaft erleichtern helfen. Aber grundsätzlich muß es darum gehen, die Wirtschaftsstruktur durch private Investitionen auf neue Kosten- und Wettbewerbsverhältnisse umzustellen. Entscheidend sind derzeit nicht staatliche Ausgaben, sondern unternehmerische Entscheidungen, Initiativen, Investitionen und Innovationen.
    Sie werden gemerkt haben: Mit diesen Sätzen habe ich aus der Haushaltsrede des Bundesfinanzministers zitiert.
    Es ist nur komisch, meine Damen und Herren, Hans Matthöfer da in Gegensatz zur SPD-Fraktion setzen zu wollen, wie dies heute früh geschehen ist, und von „Umkehr" und vom „Wechsel um 180 Grad" zu reden. Die Sachlage ist schlicht die: Es gibt Konstellationen, in denen in starkem Maße der Staat, und andere, in denen in stärkerem Maße die Wirtschaft gefordert ist. Das wird sich im Laufe der Zeit immer wieder ändern. Strukturelle Anpassungen gehören mehr in den Verantwortungsbereich der Wirtschaft, konjunturelle in den der Finanz- und Geldpolitik.
    Unsere sozialdemokratischen wirtschaftspolitischen Überzeugungen und Denkweisen geben es her, auf die Veränderung grundlegender Daten sachgerecht einzugehen. Lernbedarf gibt es da eher auf Seiten der Opposition. Lernen könnten wir alle von den Japanern, z. B. dies — mit diesem Hinweis möchte ich schließen —, daß es zur Erhöhung der sozialen Akzeptanz des Strukturwandels eines höheren Maßes an realer Mitbestimmung der Arbeitnehmer bedarf. Wer die Mitbestimmung einschränken will, vermindert die Anpassungsfähigkeit der Wirtschaft.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)