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ID0822801100

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    Plenarprotokoll 8/228 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 228. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 2. Juli 1980 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung . . . 18521 A, 18564 B Abwicklung der Tagesordnung 18521 B, 18564 D Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 18521 B Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen Veräußerung einer rd. 78,5 ha großen Teilfläche des ehem. Flugplatzes Eschborn/Taunus an das Land Hessen — Drucksache 8/4346 — 18521 D Beratung der Ergänzung zum Antrag des Bundesministers der Finanzen Veräußerung einer 2 ha großen Teilfläche des bundeseigenen Geländes an der Dachauer Straße in München an den Freistaat Bayern — Drucksache 8/4351 — 18521 D Beratung der Sammelübersicht 73 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 8/4235 — in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 74 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen mit Statistik über die beim Deutschen Bundestag in der Zeit vom 14. Dezember 1976 bis 31. Mai 1980 eingegangenen Petitionen — Drucksache 8/4290 — in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 75 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 8/4306 — in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 76 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 8/4307 — Meininghaus SPD 18522 B Beratung der Großen Anfrage der Fraktionen der SPD und FDP Asylrecht — Drucksachen 8/3753, 8/4278 — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 228. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juli 1980 Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Erhard (Bad Schwalbach), Dr. Dregger, Dr. Stark (Nürtingen), Spranger, Dr. Laufs, Dr. George, Neuhaus, Biehle, Niegel, Dr. Wittmann (München), Dr. Jobst, Dr. Warnke, Regenspurger und der Fraktion der CDU/CSU Asylverfahren und Unterbringung der Asylbewerber — Drucksachen 8/4126, 8/4279 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und der FDP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Beschleunigung des Asylverfahrens — Drucksache 8/4227 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksachen 8/4339, 8/4353 — in Verbindung mit Zweite Beratung des von den Abgeordneten Spranger, Dr. Wittmann (München), Dr. Bötsch, Regenspurger, Broll, Dr. Jentsch (Wiesbaden), Dr. Laufs, Volmer, Wimmer (Mönchengladbach) und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Beschleunigung des Asylverfahrens — Drucksache 8/3402 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksachen 8/4339, 8/4353 — Dr. Dregger CDU/CSU 18524 D Dr. Penner SPD 18528 B Dr. Wendig FDP 18532 D von Schoeler, Parl. Staatssekretär BMI 18536 C Tandler, Staatsminister des Freistaates Bayern 18541 B Dr. Schnoor, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen 18544 D Spranger CDU/CSU 15548 A Bühling SPD 18551 D Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU . 18553 C Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die deutsche Humanitäre Hilfe im Ausland 1965 bis 1977 — Drucksachen 8/2155, 8/4236 — Dr. Meinecke (Hamburg) SPD 18556 C Dr. Czaja CDU/CSU 18559 C Frau Schuchardt FDP 18561 A Frau Dr. Hamm-Brücher, Staatsminister AA 18563 C Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Internationalen Übereinkommen vom 18. Dezember 1979 gegen Geiselnahme — Drucksachen 8/4133, 8/4280, 8/4334 — Beschlußempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses — Drucksache 8/4297 — Frau Renger SPD 18565 D Graf Stauffenberg CDU/CSU 18565 D Schäfer (Mainz) FDP 18566 D Frau Dr. Hamm-Brücher, . Staatsminister AA 18567 C Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über Maßnahmen zur Rheumabekämpfung — Drucksachen 8/3625, 8/3693, 8/4298 — Frau Dr. Neumeister CDU/CSU . . . . 18569 A Frau Dr. Lepsius SPD 18571 B Spitzmüller FDP 18572 C Zander, Parl. Staatssekretär BMJFG . 18574 B Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und FDP Verbesserung der Hebammenausbildung — Drucksache 8/4313 — Jaunich SPD 18575 C Hasinger CDU/CSU 18576 B Eimer (Fürth) FDP 18577 B Zander, Parl. Staatssekretär BMJFG . . 18578 C Erste, zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Hasinger. Dr. Hammans, Frau Schleicher, Burger, Dr. Becker (Frankfurt), Frau Dr. Neumeister, Frau Karwatzki, Dr. Meyer zu Bentrup und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Hebammengesetzes — Drucksache 8/4356 — 18579 B Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Obereinkommen Nr. 150 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 26. Juni 1978 über die Arbeitsverwaltung: Rolle, Aufgaben, Aufbau — Drucksache 8/4136 — Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 228. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juli 1980 III Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 8/4289 — 18579 C Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 20. Juli 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über die Ergänzung des Europäischen Übereinkommens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen und die Erleichterung seiner Anwendung — Drucksache 8/3138 —Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 8/4324 — 18579 D Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Budapester Vertrag vom 28. April 1977 über die internationale Anerkennung der Hinterlegung von Mikroorganismen für die Zwecke von Patentverfahren — Drucksache 8/3480 — Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 8/4326 — 18580 A Nächste Sitzung 18580 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 18581* A Anlage 2 Äußerung Bundeskanzlers Schmidt über das Bundesbauministerium SchrAnfr 2 27.06.80 Drs 08/4329 Dr. Jahn (Münster) CDU/CSU SchrAntw StMin Huonker BMK . . . . 18581* C Anlage 3 Hilfeleistungen für El Salvador SchrAnfr 209 27.06.80 Drs 08/4329 Dr. Hennig CDU/CSU SchrAntw PStSekr Brück BMZ 18581* C Anlage 4 Entwicklungshilfe für Peru in der Zeit von 1968 bis 1980 SchrAnfr 211 27.06.80 Drs 08/4329 Dr. Hennig CDU/CSU SchrAntw PStSekr Brück BMZ 18581* D Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 228. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juli 1980 18521 228. Sitzung Bonn, den 2. Juli 1980 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 4. 7. Dr. Ahrens ** 4. 7. Dr. Aigner * 4. 7. Alber ** 4. 7. Dr. Bangemann * 3. 7. Frau von Bothmer ** 4. 7. Büchner (Speyer) ** 4. 7. Dr. Evers ** 4. 7. Fellermaier *• 4. 7. Flämig ** 4. 7. Frau Dr. Focke * 4. 7. Friedrich (Würzburg) * 4. 7. Dr. Fuchs * 4. 7. Genscher 2. 7. Dr. Geßner ** 4. 7. von Hassel * 4. 7. Dr. Holtz ** 4. 7. Hoppe 4. 7. Kittelmann ** 4. 7. Dr. Klepsch * 4. 7. Dr. Kreile 2. 7. Kühbacher 4. 7. Lagershausen ** 4. 7. Lange * 2. 7. Lenzer ** 4. 7. Lücker * 4. 7. Luster * 4. 7. Dr. Mende ** 4. 7. Dr. Müller ** 4. 7. Dr. Pfennig * 4. 7. Reddemann ** 4. 7. Roth 2. 7. Scheffler ** 4. 7. Frau Schleicher * 4. 7. Schmitz (Baesweiler) 2. 7. Dr. Schwencke (Nienburg) * 4. 7. Seefeld * 4. 7. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 4. 7. Dr. Sprung 4. 7. Ueberhorst ** 4. 7. Dr. Vohrer ** 4.. 7. Walkhoff 4. 7. Frau Dr. Walz * 4. 7. Wawrzik * 2. 7. Weber (Heidelberg) 4. 7. Wischnewski 3. 7. Zebisch ** 4. 7. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Antwort des Staatsministers Huonker auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Jahn (Münster) (CDU/ CSU) (Drucksache 8/4329 Frage B 2): Trifft die Meldung der Zeitung „Welt am Sonntag" vom 22. Juni zu, Bundeskanzler Schmidt habe das Bundesbauministerium einen „Sauhaufen" genannt und die Koalitionsparteien hätten sich darauf verständigt, das Bundesbauministerium aufzulösen? Die Meldung der Zeitung „Welt am Sonntag" vom 22. Juni 1980 trifft nicht zu. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Brück auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Hennig (CDU/CSU) (Drucksache 8/4329 Frage B 209): Wird die Bundesregierung in der Europäischen Gemeinschaft darauf hinwirken, daß diese, nachdem sie in diesem Jahr ihr Hilfsprogramm für Nicaragua um mehr als 50 Prozent erhöht hat, auch dem Nachbarstaat El Salvador, dessen Regierung sich mit aller Kraft um soziale Reformen und die Vermeidung eines blutigen Bürgerkriegs bemüht, vergleichbare Hilfeleistungen zukommen läßt? Die Bundesregierung verfolgt die Entwicklung in El Salvador mit großer Aufmerksamkeit und Sorge. Angesichts der nach wie vor undurchsichtigen Lage können Entwicklungshilfemaßnahmen zur Zeit nicht durchgeführt werden; insbesondere ist die Sicherheit ausländischer Fachkräfte nicht gewährleistet. Sobald die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme der deutschen bilateralen Entwicklungshilfe gegeben sind - insbesondere für Maßnahmen, die der notleidenden Bevölkerung unmittelbar zugute kommen -, wird die Bundesregierung auch Hilfeleistungen der Europäischen Gemeinschaft an El Salvador befürworten. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Brück auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Hennig (CDU/CSU) (Drucksache 8/4329 Frage B 211): Wieviel Entwicklungshilfe hat die Bundesregierung Peru in der Zeit vom Amtsantritt des Generals Velasco Avarado 1968 bis zum Amtsantritt der neugewählten Regierung 1980 gewährt, und wie beurteilt die Bundesregierung grundsätzlich den Erfolg dieser aus dem üblichen Rahmen fallenden Hilfsmaßnahmen? Von Anfang 1969 bis Ende 1979 ist Peru Entwicklungshilfe in Höhe von insgesamt 645,5 Millionen DM zugesagt worden. Die Auszahlungen im gleichen Zeitraum belaufen sich auf 296,8 Millionen DM. Die deutsche Hilfe konnte in diesem vom Potential her besonders entwicklungsfähigen Land wichtige Impulse geben und Engpässe beseitigen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Richard von Weizsäcker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren, ich bitte Sie darum, Ihre Aufmerksamkeit dem Redner zuzuwenden und die Unterhaltungen, die Sie untereinander führen wollen, lieber außerhalb des Saales zu führen.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Sehr gut!) Dr. Penner (SPD): Ich bedanke mich sehr.

    Die Großen Anfragen der Koalitionsfraktionen und der Opposition und die Gesetzesinitiativen von CDU/CSU sowie SPD und FDP haben über allem Trennenden eines gemeinsam. Es ist sehr viel von „Asyl" die Rede, ohne daß es in der Sache ums Asyl, präziser: ums Asylrecht, geht, denn keiner will den verfassungsrechtlich garantierten Schutz vor politischer Verfolgung in Frage stellen. Auch die rigorosesten Überlegungen gehen nicht so weit, das Asylrecht überhaupt abzuschaffen.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: So ist es!)

    Daß es Stimmen nicht nur aus der Politik — und zwar ernst zu nehmende — gibt, die die verfassungsmäßige Verankerung des Asylrechts für fragwürdig halten, ändert daran nichts. Auf die Frage, ob es gegenwärtig hilft, mit den derzeitigen Schwierigkeiten fertig zu werden, wird — von den prinzipiellen Bedenken gegen Verfassungsänderungen ganz zu schweigen — an anderer Stelle zurückzukommen sein.
    Trotzdem kann kein Zweifel daran bestehen, daß das freiheitliche Asylrecht der Bundesrepublik Deutschland vor, ja in einer ernsten Bewährungsprobe steht. Jahr für Jahr steigt die Zahl der Ausländer — übrigens auch aus entlegeneren Gebieten der Erde —, die legal oder illegal in unser Land kommen, die sich auf den Anspruch auf Schutz vor politischer Verfolgung berufen und die damit einen längeren Aufenthalt in der Bundesrepublik erreichen, an. Sie haben durchweg triftige Gründe, zu uns zu kommen, die Eritreer ebenso wie die Menschen aus Bangladesch, die Türken ebenso wie die Pakistani und die Inder, um nur einige Volksgruppen zu nennen. Hunger und tägliche Sorge um die Erfüllung elementarster Lebensbedürfnisse treiben diese bedauernswerten Menschen aus ihren Ländern, aus ihrer Heimat, ja, aus ihrem Kulturkreis zu uns, wo sie sich wenigstens auf Zeit Erleichterung und Linderung der Not erhoffen.
    Allein in diesem Jahr kann mit insgesamt 150 000 Asylsuchenden gerechnet werden, nachdem es im Jahre 1973 erst knapp 5 600 waren und von 1953 bis Ende April 1980 alles in allem 230 000 Menschen in der Bundesrepublik politisches Asyl begehrt haben.
    Politische Verfolgung im Sinne unseres Asylrechts können die meisten nicht glaubhaft machen. Die von der Bundesregierung vorgelegten Zahlen schließen jeden Zweifel daran aus. Sind wirtschaftliche und finanzielle Anziehungskraft der Bundesrepublik durchweg das Motiv, das eigene Land zu verlassen und zu uns zu kommen, so ist das Asylrecht das Vehikel für das gewünschte Ziel, einen
    längeren Aufenthalt hier zu erreichen. Ohne den Ernst der Lage dieser Menschen zu übersehen und ihre bitteren Nöte geringzuachten, kann man wohl mit Recht festhalten, daß sie sich im wesentlichen deshalb auf das Asylrecht berufen, weil es mit seinen komplizierten Verfahrenswegen der erfolgversprechende Weg ist, hier einen längeren Aufenthalt zu erreichen.

    (Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU]: So ist das!)

    Das Asylrecht ist meist der einzige Weg, um in unserem Land länger als drei Monate leben zu können. Ein restriktives Aufenthaltsrecht ist eine der Hauptursachen für den Asylmißbrauch; der ökonomische Anreiz sind freie Arbeitsplätze in ganzen Wirtschaftsbereichen.
    Ich bin der Meinung, daß auch jedes andere Recht — und sei es noch so fernliegend und der Sache nach . abwegig — beansprucht würde, wenn damit nur der zeitweilige Aufenthalt und ein, wenn auch nur befristetes Freisein von Sorge ums tägliche Brot und Not erreicht werden könnte. Der für diese Gruppen von Menschen immer wieder gehörte Begriff „Scheinasylant" — Herr Kollege Dregger, Sie haben ihn heute auch wieder verwandt — und „Wirtschaftsflüchtling" mag als Verwaltungschiffre seine Zwecke erfüllen — Einzelschicksale und -tragödien lassen ihn leicht zu Formeln des Zynismus und der Kälte gerinnen.
    Die Zahlen geben darüber Auskunft Deutlich seit dem Jahre 1977, in Ansätzen möglicherweise schon um die Jahreswende 1973/1974 haben sich die Zahlen der Asylantem in einem Umfang nach oben verändert, die eine Auseinandersetzung und Begegnung aller Beteiligten und Betroffenen herausfordern. Es hat wohl keiner Grund, auf den anderen pharisäerhaft oder beckmesserisch mit dem Finger zu zeigen. Aber es mußte und muß doch bedrücken, daß die zehn bis fünfzehn Millionen Flüchtlinge in der Welt in der Diskussion so gut wie nicht berücksichtigt worden sind und damit auch mitmenschliche, Grenzen überschreitende und Völker übergreifende Solidarität unangesprochen geblieben ist.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wer vertreibt sie denn?)

    Es muß schon mehr als nachdenklich stimmen, daß die Situation anderer Länder, die mit riesigen Flüchtlingszahlen belastet sind und sich in schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen befinden, uns so gut wie keine Zurückhaltung in der Auseinandersetzung mit den Problemen auferlegt — von Beschämung bei der Formulierung und Anmeldung von Forderungen ganz zu schweigen. Manchmal, so habe ich den Eindruck, ist beim Hin und Her um „Scheinasylanten" und „Wirtschaftsflüchtlinge", um „Rechtsmißbrauch" und „Verfahrenszüge", um „Verfassung" und „Rechtstaat" ganz einfach vergessen worden, daß auch wir, die Deutschen, nach dem Zweiten Weltkrieg auf Hilfe anderer angewiesen waren — und das noch von denen, deren Land wir mit Krieg überzogen hatten. Ist es denn so vermessen, dabei an Dankesschuld zu denken, die sich auch an anderen als unseren damaligen Wohl-



    Dr. Penner
    tätern erfüllen kann, z. B. an denjenigen, die es jetzt aus bitterster Not zu uns zieht?
    Natürlich muß man sich dabei selbst in die Pflicht einbeziehen. Die Verantwortung muß von möglichst vielen Schultern getragen werden. Es geht auch nicht an, daß der eine die sittlichen Ansprüche nur formuliert und der andere sie zu erfüllen hat. So gesehen, ist auch nichts dagegen einzuwenden, daß besonders die Gemeinden, aber auch die Bundesländer sich zu Wort melden und gehört werden wollen.
    Umgekehrt ist es ebenso unverständlich, wenn die gleichen Leute, die über die Flut der Asylbewerber klagen, aus aktuellem Anlaß dann die Grenzen für Flüchtlinge öffnen wollen, ihr humanitäres Engagement die Öffentlichkeit umgehend wissen lassen und dabei mit Fleiß übersehen, daß sie ungewollt oder kalkuliert dazu beitragen, das Weltflüchtlingsproblem in seiner bedrückenden Vielschichtigkeit zu verschleiern und damit wieder, zumindest vorübergehend, vergessen zu machen — bis zum .nächsten Mal.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist aber eine komische Argumentation!)

    Die Probleme der Asylbewerber sind nicht dadurch zu lösen, daß die Bundesrepublik Deutschland ihre Grenzen öffnet oder den Aufenthalt von Ausländern hier noch leichter möglich machen würde.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Die Bundesrepublik ist kein Einwanderungsland. Sie wird in den nächsten Jahren genug daran zu tun haben, die Arbeitnehmer und deren Familien aus den Staaten der Europäischen Gemeinschaft, für die ja Freizügigkeit verbrieft ist, zu integrieren, soweit sie das wünschen, und Familienzusammenführungen zu ermöglichen, auch wenn die Betroffenen sich nicht direkt auf Rechte der EG berufen können. Diese Schwierigkeiten werden nicht geringer, eher größer, sobald die EG durch Beitritt weiterer Staaten ergänzt werden sollte. Schließlich sind für nicht wenige Ausländer die Unterschiede in Kultur und Zivilisation oft unüberwindbare Sperren für ein Einleben hier. Nicht zu vermeiden sind häufig Spannungen sowohl mit einheimischen als auch mit den zum Teil aus verschiedenen Erdteilen stammenden Volksgruppen.
    All diese Faktoren würden zwangsläufig das soziale Klima in der Bundesrepublik Deutschland unerträglich belasten. Nein, dies ware keine Lösung.
    Es war deshalb einleuchtend und wohl auch richtig, daß die Bundesregierung — aber nicht nur sie — sich daran machte, dem Mißbrauch, den ein mehrjähriges Asylverfahren eröffnete, entgegenzutreten. Die Bemühungen galten und gelten dabei vorrangig der Straffung des Verfahrens und nicht etwa dem Asylrecht selbst — mit Recht, wie ich meine; denn die Voraussetzung, ein längeres Verbleiben hier durchzusetzen, war und ist ein weitgefächerter Instanzenzug, der erst abgeschlossen sein muß, ehe hier ein Ausländer abgeschoben werden darf.
    Der Bericht des Bundesministers des Innern vom April 1978 läßt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Es kann nicht angehen, daß solche Verfahren
    sich jahrelang hinziehen und dies so bleibt. Der Beschleunigung und Straffung des Verfahrens in der Verwaltung und bei Gericht dienten die beiden Gesetzesnovellen aus dem Jahre 1978. Wir wollen gar nicht verschweigen, daß diese Rechtsänderungen der Opposition noch nicht weitgehend genug erschienen sind. Andererseits ist nicht bestreitbar, daß diese Verfahrensänderungen als sehr einschneidend empfunden werden müssen, der Wegfall der Widerspruchsmöglichkeit im Verwaltungsverfahren ebenso wie der Ausschluß der Berufung, also der zweiten gerichtlichen Tatsacheninstanz in offensichtlich unbegründeten Fällen.
    Sie haben auch das Verfahren gestrafft. Nach den jüngsten Zahlen gibt es in ca. 60 % der Fälle in Asylsachen nicht mehr die Berufung. Mittelfristig wird es sich auch auswirken, daß seit Januar 1980 statt des bis dahin allein zuständigen Verwaltungsgerichts Ansbach auch andere Verwaltungsgerichte Asylsachen bearbeiten dürfen.
    Wir wissen heute, daß diese gesetzlichen Instrumentarien aus dem Jahre 1978 für die derzeitigen Probleme nicht reichen. Ebenso gewiß ist aber auch, daß der Druck ohne die Türken — sie machen nach den jüngsten Zahlen über 60 % der Asylbewerber aus — nicht entfernt' so groß wäre, wie er ist. Aber gerade bei den Türken müssen wir außenpolitische Besonderheiten mit einbeziehen.
    Wir können bei einer Wertung nicht übersehen, daß das springflutartige Anwachsen der Zahl der Asylbewerber so nicht vorhersehbar gewesen ist. Die Bundesregierung und die sie tragenden Koalitionsfraktionen kennen die Probleme. Sie stellen sich den Fragen und machen Vorschläge zur Lösung.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Der Innenminister kennt sie noch nicht!)

    Die Opposition hält sie für unzulänglich und lehnt sie auch aus anderen Gründen ab. Das ist ihr gutes Recht Aber so untauglich, wie es die Opposition sagt, sind die Überlegungen der Koalition wohl nicht. Der Bundesrat, in seiner Mehrheit eher der Opposition verbunden, hat sich da wesentlich zurückhaltender geäußert.
    Im übrigen glaube ich nicht, daß wir in allen Punkten unüberbrückbar unterschiedliche Standpunkte haben. Das haben die eingehenden, detaillierten Beratungen im Fachausschuß bewiesen.
    Allerdings — das möchte ich in aller Klarheit sagen — lehnen wir Gesetze, die Regelungsbedürftiges und rechtliche Freizonen zusammenwalzen können, ab. Daß eine Neigung zu solcher Art von Gesetzesmacherei bei der Opposition besteht, wird sie seit ihren zahllosen Antiterror-Initiativen gar nicht bestreiten können.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Die Initiativen der Bundesregierung — dazu ist sicher auch der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zu rechnen, der an entsprechende Überlegungen der Bundesregierung anknüpft — beschränken sich nicht auf Änderungen des Verwaltungsverfahrens und des Gerichtsverfahrens. Wir halten das für



    Dr. Penner
    richtig. Die begleitenden Maßnahmen sind für die Lösung der Probleme wichtig, sehr wichtig sogar. Gleichzeitig wissen wir, daß im Rahmen dieses Sofortprogramms nicht alles geregelt werden kann. Deshalb gehen wir davon aus, daß an dieser komplizierten Materie weitergearbeitet werden muß.
    Meine Damen und Herren, wir begrüßen es, daß auch die Außenpolitik einen Beitrag zur Lösung der Schwierigkeiten leistet. Die Visumspflicht für Personen aus Ländern, die den Hauptteil von Zuwanderern ausmachen, ist mehr als ein bloßes Signal. Umgehungsmöglichkeiten gibt es, ja. Wo gibt es das nicht? Aber die Entscheidung halten ;wir für richtig. Für genauso wichtig halten wir Aufklärungsaktionen im Ausland, damit den sogenannten Schleppern erschwert wird, Menschen durch Trug und Lug in unser Land zu schleusen.
    Von den Maßnahmen, die dem sozialen Sektor im weitesten Sinne zugerechnet werden müssen, ist die befristete Versagung der Arbeitserlaubnis die am weitesten gehende. Damit soll ein wesentlicher materieller Anreiz unmöglich gemacht werden. Das Abgleiten in den Schwarzen Markt soll dadurch verhindert werden, daß der illegal beschäftigende Arbeitgeber nunmehr — anders als früher — grundsätzlich die Kosten der Abschiebung für den illegal Beschäftigten zu tragen haben wird. Sicher wird die befristete Beschäftigungssperre zusätzliche Belastungen der Sozialhilfe mit sich bringen. Mittelfristig ist jedoch eine Kostenentlastung zu erwarten, zumal im Kontext mit den anderen Maßnahmen.
    Wir halten es weiter für richtig, daß die Sozialhilfe künftig weitgehend in der Form der Sachleistung gewährt werden soll und damit von Bargeldleistungen abgesehen wird. Dies kann aber nur wirksam werden, wenn der betroffene Personenkreis in größeren Quoten an einem Ort untergebracht ist. Über die Vorschrift des § 4 unseres Gesetzentwurfs wird dies klargestellt.
    Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen ist auf den 31. Dezember 1983 befristet. Es ist also ein Zeitgesetz.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Seltsam!)

    Ohne neuen gesetzgeberischen Akt träte das Gesetz zu diesem Zeitpunkt außer Kraft. Damit wird deutlich gemacht, daß neue Regelungen im Zusammenhang mit möglichen weiteren Entscheidungen auf der Grundlage der Arbeiten der Bund-LänderGruppe nötig werden können. Umgekehrt könnten manche Neuerungen entbehrlich werden, wenn die aktuellen Schwierigkeiten des Asylrechts behoben sind.
    Der Entwurf sieht im einzelnen folgende Anderungen vor: Die Anerkennungsausschüsse — bisher mit 3 Personen besetzt — entfallen. Ihre Aufgaben werden von einzelnen Bediensteten wahrgenommen. An die Stelle der Ausschußentscheidung tritt also die Einzelentscheidung.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Mit welcher Qualifikation arbeiten denn die?)

    — Kommt jetzt. — Diese Tätigkeit wird von Beamten des höheren oder gehobenen Dienstes oder Angestellten mit vergleichbarem Status wahrgenommen.

    (Spranger [CDU/CSU]: Das steht nirgendwo! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Wo steht denn das?)

    Mutmaßungen der Opposition, Herr Kollege Spranger, nach dem Wortlaut des Gesetzentwurfs der Koalitionsfraktionen seien auch Angehörige anderer dienstleistender Berufsgruppen berufen — in einer Erklärung bei Ihnen war von „Putzfrauen und Pförtnern" die Rede —,

    (Konrad [SPD]: Sehr geschmackvoll!)

    sind ebenso abwegig wie töricht. Die Arbeit der Anerkennungsbehörde bleibt weisungsfrei. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung zum Schutz gegen sachfremde Einflüsse. Zur Unterstützung der Bediensteten werden Justitiariate eingerichtet, bei denen sich die Entscheidungsträger Rat einholen können.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Eine seltsame Konstruktion, einmalig!)

    — Herr Kollege Stark, Sie werden sicherlich nicht um Rat gefragt werden. —

    (Erneuter Zuruf des Abg. Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU])

    Der Antragsteller wird gesetzlich zu verstärkter Mitwirkung in seinem Verfahren verpflichtet. Das Bundesamt kann dem Antragsteller künftig eine Frist setzen, innerhalb derer er bestimmte Erklärungen beibringen muß. Läßt er die Frist fruchtlos verstreichen, ohne daß er dies entschuldigen kann, darf das Bundesamt auf Grund des bis dahin feststehenden Tatsachenstoffs entscheiden. Der Antragsteller wird mit seinem Vorbringen nur für das Verwaltungsverfahren ausgeschlossen. Das Gericht kann ihn allerdings erneut und auch für das Gerichtsverfahren ausschließen.

    (Dr. Jentsch [Wiesbaden] [CDU/CSU]: Das ist damit nur eine Verlagerung!)

    Diese Regelung ist notwendig. Wesentliche Verzögerungen der Asylverfahren gehen darauf zurück, daß die Antragsteller nicht bereit sind, in der gebotenen Weise mitzuwirken.
    Die Pflicht des Gerichts allerdings, von Amts wegen den Sachverhalt aufzuklären, bleibt weiter bestehen. Künftig werden der asyl- und aufenthaltsrechtliche Teil des gerichtlichen Verfahrens verbunden. Bisher konnte der Antragsteller sein Ziel zunächst asylrechtlich, dann aufenthaltsrechtlich mit all den möglichen Rechtszügen nacheinander verfolgen. Die künftige Parallelisierung beider Verfahren kann nach unserer Einschätzung zum Straffen und Kürzen beitragen, und zwar ohne daß die rechtsstaatliche Qualität darunter zu leiden hätte.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Na!)

    Meine Damen und Herren, nun noch ein paar Bemerkungen zu Vorstellungen der Opposition:
    Die Opposition möchte im Asylverfahren die Berufung ausschließen, und zwar generell. Wir haben dagegen prinzipiell Bedenken. Für die offensichtlich



    Dr. Penner
    unbegründeten Fälle ist die Berufung schon nach geltendem Recht versperrt. Wir halten dies für eine angemessene Antwort auf Fälle des Mißbrauchs. Alle anderen Fallgruppen sind eben nicht auf der Hand liegend entscheidungsreif und sollten deshalb auch für die zweite Tatsacheninstanz zugänglich sein. Daß das geltende Recht mit seiner Verengung der Berufungsmöglichkeit greift, zeigen die Zahlen. Ich weise nochmals darauf hin, daß in jüngster Zeit bis zu 60 % der Fälle als offensichtlich unbegründet abgewiesen worden sind und nicht mehr mit der Berufung angefochten werden können.
    Wir leugnen eine zusätzliche Beschleunigung nicht, wenn die Berufung generell ausgeschlossen wird, müssen jedoch darauf hinweisen, daß auch nach den Vorstellungen der Opposition das Bundesverwaltungsgericht mit offensichtlich unbegründeten Fällen befaßt werden kann.
    In der Sache haben wir große Bedenken, die Berufung bei einem verfassungsmäßig garantierten Recht, wie es das Asylrecht ist, generell abzuschneiden.
    Die Opposition möchte stärker als bisher die Grenzbehörden in die Verantwortung bei Asylverfahren einbeziehen. Wir halten das von der Interessenlage der Opposition her für begreiflich, möchten aber davon absehen, den Grenzbeamten mit Entscheidungskompetenzen zu belasten, denen er nicht gewachsen sein könnte. Wir halten es für besser und richtiger, wenn es in den Grundzügen bei der bisherigen Regelung bleibt
    Die Opposition fordert unverdrossen — so auch heute — Sammellager des Bundes für Asylbewerber, und nur vordergründig geht es dabei um die Frage, die zwischen Bund und Ländern strittig ist, ob der Bund nur eine sogenannte Bestimmungskompetenz habe, die im Benehmen mit den Ländern herzustellen wäre, oder ob er auch für die Errichtung zuständig wäre. In einem Fall wäre wohl der Bund, sonst wären die Länder kostenpflichtig.
    Wir halten die bestehenden Möglichkeiten, die Gemeinschaftsunterkünfte für Ausländer erlauben, für ausreichend.

    (Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU]: Was ist eigentlich der Unterschied?)

    — Bundessammellager bewerten wir skeptisch. Bei den anzunehmenden Größenordnungen solcher Lager, Herr Kollege Lenz — tausend und mehr Personen sollen in solchen Lagern untergebracht werden —, dürften schwere soziale Konflikte, zumal zwischen Personen verschiedener ethnischer Herkunft, vorprogrammiert sein, ganz abgesehen davon, daß solche Anlagen kurzfristig kaum durchsetzbar wären. Gerade die Länder kennen die Schwierigkeiten hierbei sehr genau und hautnah. Wir halten die gemeinsame Unterbringung in überschaubaren Einheiten für angemessener.
    Die Opposition möchte das Schlepperwesen besser bekämpfen als bisher und schlägt die Schaffung eines neuen Straftatbestandes vor. Wir halten diesen Vorschlag für untauglich. Die Schlepper machen
    sich durchweg heute schon nach anderen, mit höherer Strafe bedrohten Tatbeständen strafbar.

    (Spranger [CDU/CSU]: Das stimmt nicht!)

    — Herr Kollege Spranger, die Einsicht dafür ist Ihnen offensichtlich versperrt. — Die eigentlichen Probleme liegen in Beweisschwierigkeiten. Das kann auch der Vorschlag der Opposition nicht beheben. Ganz im Gegenteil, die Beweisschwierigkeiten dürften eher vergrößert werden.

    (Zuruf des Abg. Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU])

    Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen.
    Erstens. Die Sozialdemokraten halten an dem grundgesetzlich abgesicherten Asylrecht fest

    (Spranger [CDU/CSU]: Wie lange noch!l)

    Die momentanen Schwierigkeiten haben verschiedene Gründe. Einer der Gründe ist das reich gegliederte und daher langwierige Verfahren. Soweit es das rein gerichtliche Verfahren angeht, dürften die Möglichkeiten zur Straffung weitestgehend erschöpft sein. Der Schaffung von immer mehr Kammern sind Grenzen gesetzt, auch deswegen, weil es so viele sachkundige Richter überhaupt nicht gibt In Übereinstimmung mit dem Hohen Flüchtlingskommissar kann das Institut der sofortigen Vollziehung in geeigneten Fällen nicht aus der Diskussion bleiben.
    Zweitens. Das deutsche Asylrecht hält jedem internationalen Vergleich stand. In keinem Land der Erde ist das Asylrecht als subjektiv öffentliches Recht als Anspruch ausgeformt. Die Möglichkeiten der Überprüfung von Entscheidungen zuständiger Behörden gibt es nirgendwo sonst Das gilt auch für die begleitenden Sozialmaßnahmen.
    Drittens. Eine zügigere Abwicklung der Asylverfahren liegt nicht nur im innerstaatlichen Interesse. Auch wenn man die brennenden Alltagssorgen der Betroffenen richtig würdigt, können lange Verfahren und eine sich daran anschließende Abschiebung inhuman sein.
    Viertens. Die Asylantenprobleme sind ohne die Hilfe der Sozial-, der Außen- und der Entwicklungspolitik nicht lösbar. Die Entwicklungspolitik kann und muß dazu beitragen, daß der Hunger die Menschen nicht aus ihren Heimatländern treibt
    Fünftens. Wir wissen, daß die Arbeit an den Asylproblemen nicht zu Ende ist Das Ergebnis der BundLänder-Arbeitsgruppe bietet brauchbare Grundlagen für weitere mögliche Entscheidungen. Auch für die Prüfung anderer Vorschläge sind wir offen.
    Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion stimmt dem Gesetzentwurf zu.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Dr. Richard von Weizsäcker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Wendig.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Friedrich Wendig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Herr Kollege Dreg-



    Dr. Wendig
    ger hat seine Ausführungen mit der Aufforderung geschlossen: Entscheiden Sie!

    (Liedtke [SPD]: Dann ging er!)

    — Ich weiß, er ist anderweitig verpflichtet; das will ich ihm nicht vorwerfen. — Er sagte also: Entscheiden Sie! Ich sage, meine Damen und Herren: Natürlich entscheiden wir.

    (Spranger [CDU/CSU]: Aber falsch!)

    Wir, die Koalitionsfraktionen, entscheiden auf der Grundlage unseres Gesetzentwurfs, und zwar heute. Wenn wir Ihre Vorschläge in einzelnen Positionen aus verschiedenen Gründen entweder als nicht tragbar oder vielleicht sogar als rechtspolitisch nicht ganz unseren Vorstellungen entsprechend ansehen — ich werde dazu noch im einzelnen etwas sagen —, dann hat das, wie ich gleich zu Eingang sagen möchte, mit Verleumdung und Diffamierung, wie es Herr Kollege Dregger vorhin gesagt hat, nichts zu tun. Ich habe in der vorigen Woche schon einmal aus einem anderen Anlaß gesagt, daß so etwas in diesem Hause kein angebrachter Debattenstil ist. Das darf ich ruhig auch einmal am Ende einer Legislaturperiode sagen. Selbst draußen sollte man mit solchen Formulierungen sehr vorsichtig sein.
    Ich erinnere mich genau, daß Herr Dregger schon das Wort „rechtswidrig" als eine Diffamierung ansah. Auf Grund der sachlichen Diskussion in den Ausschüssen und auch im Plenum sollte jedoch niemand von uns — ich sage bewußt: niemand von uns — zu der Konsequenz gelangen, eine solche Argumentation, die sich, davon gehe ich aus, für jeden aus einer inneren Rechtsüberzeugung herleitet, als Verleumdung oder Diffamierung zu bezeichnen.
    Soviel zur Einleitung.
    Es ist gewiß keine Kleinigkeit, auch für uns Liberale nicht, wenn sich der Deutsche Bundestag in der letzten Sitzungswoche einer Legislaturperiode mit einem weiteren Gesetz zur Änderung des Asylverfahrens befaßt, um so mehr, als dies ein Gesetz sein soll, das das Anerkennungsverfahren beschleunigt, also abkürzt. Beide Entwürfe — der Entwurf der Koalition ebenso wie der Entwurf der Opposition — verfolgen ja schließlich, wenn auch auf verschiedenen Wegen, dieses Ziel.
    Die Besonderheit dieser Debatte ist — lassen Sie mich dies eingangs sagen — aber nicht nur im Zeitpunkt begründet. Sie leitet sich aus zwei hervorragenden Ausgangspunkten her, die, dies sei vorab gesagt, bei niemandem hier im Haus oder im Land im Zweifel stehen. Das im Grundgesetz verankerte Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte verweist nun einmal auf die Tatsache, die ja niemand bestreitet, daß hier ein Bereich angesprochen ist, der besonders empfindlich ist und eine besonders sorgfältige Handhabung erfordert.
    Zum andern hat die Zahl der Asylbewerber, die heute in der Tat überwiegend nicht aus politischen Flüchtlingen bestehen, gerade in den letzten Monaten große Dimensionen angenommen und die Verwaltung in Bund, Ländern und Gemeinden zunehmend vor, ich möchte sagen, unlösbare Probleme gestellt. Diese Tatsache zwingt zum Handeln. Wir alle
    wissen, daß nach den Zahlen der ersten fünf Monate des laufenden Jahres für 1980 mit mehr als 120 000 Bewerbern gerechnet werden muß. Das ist das etwa Vierfache dessen, was uns als Diskussionsstoff vorlag, als wir über die vorige Novelle zur Beschleunigung des Asylverfahrens berieten und beschlossen.
    Diese beiden Ausgangspunkte führen zu zwei politischen, aber auch tatsächlichen Überlegungen. Erstens. Ich will ganz klar und deutlich herausstellen: Asyl für politisch verfolgte Nichtdeutsche ist eine Norm unserer Verfassung, die in unserer jüngsten politischen Geschichte begründet ist und aus politischen, ethischen und moralischen Gründen für jedermann außer Diskussion stehen sollte und hier ja auch steht. Das bedeutet aber in logischer Konsequenz, daß das Asylverfahren auch in seiner notwendigen Verkürzung die tragenden Elemente eines einwandfrei rechtsstaatlichen Verfahrens nicht verlieren darf. Die Fraktion der FDP steht voll in ihrer liberalen rechtsstaatlichen Tradition, wenn sie auch bei den heutigen Überlegungen, die auf eine Verkürzung des Verfahrens zielen, diesen Gesichtspunkt mit an den Anfang stellt.
    Es gilt aber auch: Eine Flut im Ergebnis nicht begründeter Asylbewerbungen führt bei der heutigen zu langen Verfahrensdauer nicht nur zu unlösbaren Problemen für Bund, Länder und Gemeinden. Sie kann — auch diese Frage war angesprochen — zudem die gefährliche Folge haben, daß der Bürger nur noch diese allen sichtbaren unerwünschten Begleiterscheinungen wahrnimmt und daß hierdurch das Bewußtsein für die Notwendigkeit und die moralische Qualität eines Asylrechts für politisch Verfolgte verschüttet wird.
    Deshalb sage ich: Gerade wer das Asylrecht für politisch Verfolgte in seiner Substanz nicht gefährden will, muß dafür Sorge tragen, daß die Asylverfahren nicht durch Elemente, die mit dem politischen Asyl wirklich nichts zu tun haben, in Mißkredit gebracht werden.
    Zweitens. Wir alle beklagen — ich will hier keine näheren Ausführungen dazu machen —, daß die politische Verfolgung in unserer Welt an vielen Orten immer mehr zunimmt. Es ist nicht nur die Verfolgung im kommunistischen Bereich. Ich möchte auch das einmal sagen, um nicht zu einseitig zu sein.
    Ich will auch nicht das große Problem aufgreifen und näher erläutern, das im Grunde genommen der Kern der ganzen Frage ist, nämlich das Problem unserer Ausländerpolitik. Auch für uns ist die Bundesrepublik Deutschland kein Einwandererland. Die Integrationsfähigkeit unserer Gesellschaft hat ihre Grenze, die bereits bei dem, was heute in unserem Land ist, sicher erreicht, wenn nicht überfordert ist. Deswegen ist mit gutem Recht der Anwerbestopp für ausländische Arbeitskräfte eingeführt worden. Das ist ja der materielle Einstieg, daß man aus Ländern, in denen sicher große wirtschaftliche Not herrscht, den Anwerbestopp umgeht, um über den Weg des Asylrechts doch in die Bundesrepublik zu gelangen und hier Arbeit zu finden.



    Dr. Wendig
    Deshalb sage ich: Die Probleme, die sich aus dem unverzichtbar notwendigen Anwerbestopp für ausländische Arbeitskräfte ergeben, aber auch die Tatsache, daß — das muß man hier offen sagen — der Arbeitsmarkt dennoch ständig Asylbewerber aufnimmt, sind durch die Verkürzung des Asylverfahrens allein nicht zu lösen, vielleicht nur zu einem kleinen Teil.
    Wir begrüßen es deshalb, daß die Bundesregierung eine Reihe von flankierenden Maßnahmen beschlossen oder vorgesehen hat. Ich nenne jetzt der Kürze halber nur zwei: die Versagung der Arbeitserlaubnis für ein Jahr und die Einführung einer Visumpflicht auch gegenüber der Türkei, woher, wie wir wissen, zur Zeit die mit Abstand größte Zahl der Asylbewerber kommt Beide Maßnahmen wie auch andere Projekte der Exekutive in diesem Bereich sind zum Teil gewiß nicht ohne große Risiken. Ich will in meinen Ausführungen hierauf nicht näher eingehen. Die flankierenden Maßnahmen sind aber nur sinnvoll und damit auch rechtlich wie politisch vertretbar, wenn es zugleich gelingt, durch eine Abkürzung der Verfahrensdauer zu erreichen, daß über den Asylantrag etwa bei Ablauf der Versagungsfrist für die Aufnahme von Arbeit rechtskräftig entschieden ist. Dies, meine Damen und Herren, muß jedenfalls das Ziel sein.
    Die flankierenden Maßnahmen und der Gesetzentwurf der Koalition zur Beschleunigung des Asylverfahrens bilden somit, wie ich meine, eine politische wie auch tatsächliche Einheit in den Zielvorstellungen. Diese Tatsache muß im Ergebnis auch der Öffentlichkeit in den betroffenen Ländern bewußt werden, aus denen die Masse der unechten Asylbewerber kommt, damit man dort weiß, daß sich ein unberechtigter Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland schlicht nicht lohnt.

    (Zustimmung des Abg. Wehner [SPD])

    Schon aus diesem Grunde halten wir es für gerechtfertigt, daß die Geltungsdauer des Gesetzes in § 1 des Entwurfs auf den 31. Dezember 1983 beschränkt wird.
    Die Opposition macht uns nun immer wieder zwei Vorwürfe: zu spät und zu wenig. Beide Vorwürfe weise ich entschieden zurück. Was heißt eigentlich „zu spät"? Wir haben erst im Jahre 1978, sicherlich auf der Grundlage anderer Zahlen, das Asylverfahren in drei entscheidenden Punkten beschleunigt: Ausschluß des Widerspruchsverfahrens in Zirndorf, Ausschluß der Berufung in bestimmten Fällen, der im Grunde genommen gerade die Fälle betrifft, in denen mehr oder weniger mißbräuchlich Asyl beantragt wird, und schließlich die Dezentralisation der verwaltungsrechtlichen Verfahren von Ansbach auf insgesamt 16 Verwaltungsgerichte in allen Bundesländern. Diese letzte Regelung ist sogar erst am 1. Januar dieses Jahres in Kraft getreten, d. h., die beschleunigenden Wirkungen dieser Dezentralisation können bis heute noch nicht voll wirksam geworden sein, wobei ich hier einmal die Frage der personellen Ausstattung der Verwaltungsgerichte außer Betracht lasse. Ich stimme aber Herrn Kollegen Penner völlig zu, daß es hier einfach personelle Grenzen im
    Volumen derjenigen gibt, die für solche Aufgaben verfügbar sind.
    Im übrigen — ich wiederhole dies — hat die Einschränkung der Berufung nach bisherigem Recht schon dazu geführt, daß in 60 % der Fälle eine Berulung nicht mehr möglich ist. Einen völligen Ausschluß der Berufung — und das ist einer der kardinalen Vorschläge der Opposition — halten wir indessen mit dem rechtsstaatlichen Anspruch an das Asylverfahren nicht für vereinbar, wenn es auch in anderen Rechtsbereichen — das ist nicht zu bestreiten; Sie werden darauf nachher ja noch zu sprechen kommen — Fälle gibt, in denen ein solcher Berufungsausschluß vorgesehen ist Ich erinnere daran, daß es sich hier um eine Rechtsmaterie handelt, die inhaltlich auf eine Norm unserer Verfassung zurückgeht Dies zwingt uns zu einem sehr sorgfältigen Umgang mit den Möglichkeiten, die dem Asylbewerber im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eröffnet sein müssen. Ich bekenne offen, daß wir mit der 1978 beschlossenen Einschränkung der Berufungsmöglichkeiten bereits sehr weit gegangen sind. Eine wesentliche Verkürzung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hängt im übrigen, wie ich meine, sicher nicht davon ab, daß in den noch verbleibenden 40 % der Fälle — es werden vielleicht weniger werden — die Berufung gänzlich ausgeschlossen ist, wie die Opposition es vorschlägt.
    Da ich nun gerade beim Entwurf der Opposition bin, soll an dieser Stelle auch der zweite wichtige Beschleunigungsvorschlag genannt werden: Schlüssigkeitsprüfung und Prüfung der Rechtsmißbräuchlichkeit von Asylanträgen durch Grenz- und Ausländerbehörden. Dies kann eine sehr gefährliche Sache sein, da ja die Gefahr nicht ganz auszuschließen ist, daß man gegen eine Fehlentscheidung möglicherweise dann doch nur von draußen angehen kann, obwohl Sie das so nicht vorsehen. Es gibt aber Beispiele dafür. Die Opposition verweist in der Begründung ihres Gesetzentwurfes — ich habe dies schon bei der ersten Lesung gesagt — selbst darauf, daß die zuständigen Beamten — die Grenzbeamten — einer entsprechenden Schulung bedürfen. Damit wird auch deutlich, welche sprachlichen und auch anderen Probleme hier bestehen. Sind Sie nicht selbst der Meinung, daß der Grenzbeamte selbst mit einer solchen Befugnis in unzumutbarer Weise belastet wird?
    Auch die Vorschläge, die die Opposition während der Beratung im Innenausschuß zusätzlich eingebracht hat, bringen nach unserer Auffassung nichts; sie sind auch nicht ganz unbedenklich, wenn wir sie jetzt beschließen. Dies gilt vor allem für den Vorschlag, durch einen neuen Straftatbestand im Ausländergesetz das sogenannte Schlepperunwesen, von dem ja schon die Rede war, unter Strafe zu stellen. Niemand verkennt hier die tatsächliche Situation, auch wir nicht. Allerdings sind wir der Auffassung, daß schon die vorhandenen Strafvorschriften jedenfalls in einem weiten Umfange ausreichen. Darüber hinaus, meine Damen und Herren, sollte man sich aber davor hüten, ohne eine gründliche Beratung — vor allem im Rechtsausschuß, der



    Dr. Wendig
    mit dieser Frage gar nicht befaßt war — kurzerhand eine zusätzliche Strafvorschrift zu schaffen. Ich warne hier wirklich Unvorsichtige. Wir von der FDP halten dies nicht für verantwortbar.
    Zu dem Vorwurf, unser Entwurf komme zu spät, bleibt schließlich noch zu bemerken, daß die Bundesregierung bereits vor einigen Monaten die Visumpflicht gegenüber Pakistan, Afghanistan und Sri Lanka eingeführt hat. Die Auswirkung dieser Maßnahme blieb abzuwarten. Die Regierung war gut beraten, nicht sofort mit verschärften Maßnahmen im Asylrecht zu reagieren. Allerdings: Die Entwicklung der letzten Monate hat nun gezeigt, daß wohl auch im Recht des Asylverfahrens selbst bestimmte Änderungen unerläßlich sind.

    (Broll [CDU/CSU]: Aber die Entwicklung war vorherzusehen!)

    Der Entwurf der Koalitionsfraktionen greift diese Forderung auf und regelt eine Beschleunigung des Asylverfahrens zur rechten Zeit sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten.
    Im Verwaltungsverfahren soll statt der Entscheidung des Anerkennungsausschusses ein in der Sache unabhängiger Einzelbeamter entscheiden. Wir erwarten, daß hierdurch eine größere Zahl von Asylverfahren bereits in der Verwaltungsebene schneller zum Abschluß gelangt. Mit dem Grenzbeamten des Oppositionsentwurfs kann diese Konstruktion in keiner Weise verglichen werden, weil der Asylbewerber hier im Lande bleibt, ihm dabei der Schutz des Verwaltungsgerichtsverfahrens voll zugute kommt und die Beratung des entsprechenden Beamten an anderer Stelle, an naher Stelle, möglich und vollziehbar ist

    (Broll [CDU/CSU]: Dafür lösen Sie die Kommission auf!)

    Beamte mit Befähigung zum Richteramt sind zu einer Einzelentscheidung sicherlich nicht unbedingt notwendig. Ohne aber nun irgendeiner Berufsgruppe im öffentlichen Dienst zu nahe treten zu wollen, habe ich es schlicht für geschmacklos gehalten, wenn Vertreter der Opposition in Presseerklärungen glaubten bemerken zu müssen, die Koalition wolle nun die Entscheidung — Herr Penner sprach davon — durch „Pförtner oder Putzfrauen" herbeiführen. In der Sache selbst ist eine besondere Qualifikation des Entscheidenden sicher erforderlich.

    (Spranger [CDU/CSU]: Das steht nicht im Gesetz!)

    Hier gehen wir davon aus, daß Beamte des gehobenen Dienstes oder vergleichbare Angestellte in der Regel für diese Tätigkeit hinreichend qualifiziert sind. Wir waren uns, Herr Kollege Spranger, darin einig, daß dies im Gesetz schlecht zu lösen ist und daß dies in den Bericht der Berichterstatter aufgenommen werden sollte, was auch geschehen ist.

    (Spranger [CDU/CSU]: Der Rechtsausschuß war anderer Auffassung, Herr Wendig!)

    Wir halten auch — entgegen der Auffassung der Opposition — die uneingeschränkte Weisungsfreiheit des im Einzelfall Entscheidenden für notwendig. Ich verkenne nicht, daß dies nicht nur im Hinblick auf die parlamentarische Verantwortlichkeit des Ministers eine seltene Ausnahme bleiben muß. Sie ist aber notwendig, und sie ist in der Beschränkung auf diese Materie sowohl politisch als auch rechtlich vertretbar.
    Entscheidend für eine Beschleunigung des Asylverfahrens ist die Mitwirkung des Antragstellers, die im einzelnen in § 3 vorgeschrieben ist. Für wichtig halten wir vor allem die Tatsache, daß der Antragsteller bei Nichteinhaltung der gesetzlichen Fristen unter bestimmten, sehr konkret gefaßten Voraussetzungen mit seinem Vorbringen für dieses Verfahren ausgeschlossen werden kann. Nicht zuletzt beruht die lange Dauer des Asylverfahrens — das wissen wir doch alle — sehr oft auf einer Verzögerungstaktik der Asylbewerber und mancher ihrer Rechtsvertreter. Dies mag im Einzelfall hart sein, jedoch ist zu berücksichtigen, daß die drei AusschlieBungsgründe in § 3 Abs. 3 nebeneinander, d. h. kumulativ verwirklicht sein müssen. Im praktischen Ergebnis wird von der Ausschließungswirkung daher nur derjenige betroffen sein, der das Verfahren absichtlich mit einer bestimmten Zielrichtung in die Länge zieht
    Die Vorschriften in den §§ 5 und 6 sind im Zusammenhang zu sehen. Sie haben das Ziel, daß über Anerkennungsverfahren und Abschiebeverfahreyn im Ergebnis in einem verwaltungsgerichtlichen Prozeß entschieden werden kann. Wer weiß, daß heute in der Aneinanderreihung beider Verfahren, die oft jeweils bis zur Revisionsinstanz durchgeführt werden, eine der entscheidendsten Ursachen für die überlange Dauer der Asylverfahren liegt, wird in dieser Bestimmung zwangsläufig einen entscheidenden Beschleunigungseffekt erblicken müssen. Dieser Effekt geht mit keinem Punkt und keinem Komma zu Lasten der Rechtmäßigkeit des Verfahrens.
    Die Beratungen im Innenausschuß haben schließlich noch einen weiteren wichtigen Beschleunigungseffekt erbracht Zwar bedarf es nach meiner persönlichen Überzeugung keiner besonderen Vorschrift, die ausdrücklich zuläßt, daß der Asylbewerber im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht den Tatsachenstoff ungeachtet einer Präklusion aus § 3 Abs. 3 im Vorverfahren uneingeschränkt vortragen kann. Wir halten es deshalb aber auch aus rechtsstaatlichen Gründen nicht für angängig und sinnvoll — etwa im Sinne eines Antrags der Opposition —, Anträge und Beweismittel des Klägers vor dem Verwaltungsgericht auszuschließen, die im Verwaltungsverfahren zu Recht zurückgewiesen worden sind. Wohl aber muß das Verwaltungsgericht selbst wie die Verwaltungsbehörde Fristen setzen und bei Nichtbeachten ein verspätetes Vorbringen zurückweisen können. Auch bleibt der Kläger mit einem solchen Vorbringen im weiteren Verfahren ausgeschlossen. Das ist der Sinn des neuen Abs. 4, den wir während der Beratung im Innenausschuß dem § 6 angefügt haben.
    Besonders an dieser Stelle wird oft der Vorwurf erhoben, der Entwurf sei nicht gründlich genug vorbereitet Nun, die sehr eingehenden Diskussionen



    Dr. Wendig
    im Innenausschuß, von allen Seiten mit sehr sachlichen und sachkundigen Beiträgen geführt, sollten eigentlich das Gegenteil beweisen. Die Beratungen der vergangenen Woche im Innenausschuß haben, wie ich meine, gezeigt, wie gründlich und exakt die Koalition, aber natürlich auch die Opposition die entsprechenden Rechtsvorschriften formuliert und in der Rechtsanwendung abgesichert haben. Irgendwelche Vorwürfe, die gerade in diese Richtung gehen, liegen deshalb nach meiner Überzeugung neben der Sache.
    Die Fraktion der FDP ist der Überzeugung, daß der Entwurf der Koalition zur Beschleunigung des Asylverfahrens in rechtlicher wie in tatsächlicher Hinsicht eine nach den gegenwärtigen Möglichkeiten abgewogene und vorhersehbar wirksame Lösung darstellt Sie ist jedenfalls in den Teilbereichen, die das Verwaltungsverfahren und das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten betreffen, ein entscheidender Schritt in die richtige Richtung. Wenn ich auch an dieser Stelle wieder von Teilbereichen spreche, so deshalb, weil ich erneut daran erinnern muß, daß die Lösung der. für alle sehr schwierigen Fragen nur in einem Zusammenwirken aller Elemente — das heißt der gesetzlichen Maßnahmen des Parlaments hinsichtlich des Verfahrensrechts wie der flankierenden Maßnahmen der Exekutive — gelingen kann. Wir alle, Legislative wie Bundesregierung, Länder und Gemeinden, bleiben aufgerufen, in der vor uns liegenden Zeit sehr genau und sehr sorgfältig zu prüfen, wie die Entwicklung weiter verläuft und ob — und gegebenfalls welche — neue Überlegungen anzustellen sind.
    In die gleiche Richtung laufen letztlich auch die Arbeiten der Arbeitsgruppe der Innenministerkonferenz der Länder und des Bundesministers des Innern, die ebenfalls noch nicht abgeschlossen sind. Die Antworten der Bundesregierung auf die Anfragen von Koalition und Opposition zum Asylverfahren bieten im übrigen gerade für diese Arbeit eine hervorragende Grundlage.
    Jeder, der behauptet — das möchte ich zum Abschluß sagen —, er habe ein sofort wirksames Rezept, das zugleich allen rechtsstaatlichen, verfassungspolitischen und sozialpolitischen Forderungen Rechnung trägt, würde nicht ganz redlich argumentieren. Die Koalition zeigt einen praktikablen Weg auf, der, wie ich meine, von allen Beteiligten beschritten werden kann.
    Dies ist kein Thema, das sich für einen vordergründigen Parteienstreit eignet.

    (Broll [CDU/CSU]: Alle wichtigen Themen eignen sich dafür nicht!)

    Deshalb hoffen und erwarten wir auch, daß der Bundesrat dem Entwurf seine Zustimmung nicht versagen wird, selbst wenn in einigen Ländern noch andere Vorstellungen über Lösungsmöglichkeiten bestehen.
    Die Situation ist schwierig. Das Parlament ist zum Handeln aufgefordert. Das rechtfertigt es aber nicht, übereilt weitere gesetzliche Vorschriften zu beschließen, die nicht ausgereift sind, oder Maßnahmen zu treffen, deren Notwendigkeit oder Wirksamkeit nicht absolut sicher festzumachen ist. Der Deutsche Bundestag trägt bei allen notwendigen Schritten in diesen Bereichen eine hohe Verantwortung vor der Verfassung ebenso wie vor dem Bürger, dessen Interessen er wahrzunehmen hat. Wir, die Freien Demokraten, meinen aber, daß sich die Erfüllung beider Forderungen nicht gegenseitig ausschließt. Wir bitten deshalb um die Zustimmung zu dem Entwurf, den Ihnen die Koalitionsfraktionen zu diesem Komplex vorgelegt haben.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)