Rede von
Dr.
Gerd
Langguth
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben eine moralische Verpflichtung, durch die Gesetzgebung des Deutschen Bundestages dafür zu sorgen, daß jenen Flüchtlingen gerade aus dem asiatischen Raum, die im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen in die Bundesrepublik gelangt sind, unbürokratisch geholfen wird. Wir stimmen deshalb dem Gesetzentwurf zu, da diese Flüchtlinge nach geltendem Recht keine besonderen Eingliederungshilfen in Anspruch nehmen können und bisher zusätzlich das Asylverfahren durchlaufen müssen. Unter anderem sind deshalb — zu Recht, wie wir meinen — Änderungen im Arbeitsförderungsgesetz und im Bundesausbildungsförderungsgesetz notwendig.
Meine Fraktion nimmt jedoch den Gesetzentwurf zum Anlaß, einige generelle Aussagen zum Flüchtlingsproblem in aller Welt zu machen:
Erstens. Aus humanitären Gründen war es notwendig und richtig, jene Flüchtlinge aus Vietnam, Laos und Kambodscha in der Bundesrepublik aufzunehmen, da in asiatischen Ländern zu diesem Zeitpunkt keine oder nur eine sehr geringe Aufnahmebereitschaft bestand. Eine Verpflanzung Tausender von Menschen Zehntausende von Kilometern entfernt in einen anderen Kulturkreis hat aber immer viele Probleme. Wir vermissen, daß die Bundesregierung in nachdrückliche politische Verhandlungen mit den ASEAN-Ländern mit dem Ziel eingetreten ist, daß dort die Aufnahmebereitschaft vergrößert wird. Für diesen humanitären Zweck sollte die Bundesregierung auch Finanzmittel zur Verfügung stellen, wenn dies die Verhandlungen erfolgreich gestalten läßt.
Zweitens. Im Unterausschuß für humanitäre Hilfe unterscheiden wir immer zwischen den humanitären Aspekten und den politischen Aspekten jener
Flüchtlingstragödien. Dennoch ist es eine wichtige Forderung, daß die Bundesregierung nicht nur dazu Stellung nimmt, wohin die Flüchtlinge ausgewichen sind, sondern auch dazu, aus welchen Ländern und aus welchen politischen Systemen sie stammen. Deshalb forderte meine Fraktion von der Bundesregierung einen „Flüchtlingsbericht", der die Herkunftsländer und die Ursachen des Flüchtens aufzeigen sollte. Ein solcher Bericht wäre auch sinnvoll vor dem Hintergrund der im August dieses Jahres stattfindenden UNO-Sondergeneralversammlung!
Drittens. Wahrscheinlich waren noch nie so viele Menschen auf der Flucht wie gegenwärtig. Die UNO-Statistik weist für Ende 1978 für die ganze Welt rund 12,6 Millionen Flüchtlinge aus. Eine neuere Statistik zeigt, daß wir gegenwärtig sogar etwa 15 Millionen Flüchtlinge in aller Welt haben.
Daneben ist noch mit einer sehr großen Dunkelziffer von Menschen zu rechnen, die innerhalb ihrer Länder auf der Flucht vor politischer Unterdrükkung waren oder umgebracht wurden. In die Dunkelziffer des Verderbens gehören auch bis zur Hälfte jener Boots-Leute, „boatpeople" genannt, die auf ihrer verzweifelten Flucht im Chinesischen Meer ertrunken oder von Piraten beraubt oder umgebracht worden sind. Für diejenigen, die ihre Flucht lebend überstanden haben und hier bei uns in der Bundesrepublik aufgenommen wurden, ist der vorliegende Gesetzentwurf engebracht worden.
Viertens. Ein politischer Aspekt, der bei dieser Gelegenheit festgehalten werden muß, ist die Tatsache, daß etwa 95 % aller Flüchtlinge dieser Erde auf der Flucht vor dem Marxismus sind.
Deswegen werden wir viele humanitären Probleme dann nicht lösen, wenn der Kommunismus nicht seine entsprechenden Bemühungen einstellt, sich in aller Welt zu etablieren.
Fünftens. Dieser Tage wurde von seiten meiner Fraktion erneut der Vorschlag einer „Stiftung Flüchtlingshilfe" in die Diskussion gebracht. Ziel eines solchen Vorschlages ist es, die Arbeit der freien Träger jener zahlreichen Hilfsorganisationen zu fördern und zu koordinieren und auch mit staatlichen Entscheidungen in Einklang zu bringen. Der Vorschlag zur Schaffung einer Art Clearing-Stelle sollte durchaus geprüft werden, denn es ist nach unserer Auffassung auch notwendig, daß die Maßnahmen der Entwicklungshilfe mit humanitärer Hilfe koordiniert werden, z. B. besondere Entwicklungshilfemaßnahmen für jene Gebiete in Thailand, die durch Zehntausende kambodschanischer, laotischer oder vietnamesischer Flüchtlinge besonders betroffen sind.