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ID0821402200

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    Plenarprotokoll 8/214 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 214. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 24. April 1980 Inhalt: Begrüßung einer Delegation der schweizerischen Bundesversammlung 17151 A Beratung des Antrags des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz über die Prozeßkostenhilfe — Drucksache 8/3905 — Kleinert FDP 17151 B Beratung des Antrags des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz über Rechtsberatung und Vertretung für Bürger mit geringem Einkommen (Beratungshilfegesetz) — Drucksache 8/3906 — Kleinert FDP 17152 A Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Konrad, Frau Dr. Hartenstein, Schäfer (Offenburg), Wittmann (Straubing), Brandt (Grolsheim), Egert, Ibrügger, Dr. Jens, Liedtke, Müller (Schweinfurt), Dr. Penner, Dr. Schäfer (Tübingen), Dr. Schmidt (Gellersen), Dr. Wernitz, Wolfram (Recklinghausen), Dr. Wendig, Wolfgramm (Göttingen), Kleinert, Paintner, Dr. Zumpfort, Wurbs, Angermeyer, Frau Matthäus-Maier und der Fraktionen der SPD und FDP Umweltpolitik — Drucksachen 8/3279, 8/3713 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Abfallbeseitigungsgesetzes — Drucksache 8/3887 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. von Geldern, Dreyer, Sick, Dr. Narjes, Nordlohne, Dr. Köhler (Wolfsburg), Schröder (Lüneburg), Dr. Jobst, Pfeffermann, Feinendegen, Hanz, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Reimers, Damm, Metz, Blumenfeld und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU Maßnahmen zur Verhinderung von Tankerunfällen und zur Bekämpfung von Ölverschmutzungen der Meere und Küsten — Drucksachen 8/2692, 8/3725 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU Umweltvorsorge — Drucksache 8/3936 — II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. April 1980 Konrad SPD 18153 A Dr. Riesenhuber CDU/CSU 17157D Wolfgramm (Göttingen) FDP 17161 D Baum, Bundesminister BMI 17165 D Dick, Staatsminister des Freistaates Bayern 17173B Schäfer (Offenburg) SPD 17181 D Schwarz CDU/CSU 17184D Dr. Zumpfort FDP 17186B Volmer CDU/CSU 17188D Frau Dr. Hartenstein SPD 17190B Dr.-Ing. Laermann FDP 17194A Biechele CDU/CSU 17197A Dr. Gruhl fraktionslos 17199B Dr. von Geldern CDU/CSU 17201 C Paterna SPD 17203 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 17. Juni 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Norwegen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen — Drucksache 8/3864 — 17205 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ausführung des Vertrages vom 17. Juni 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Norwegen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen — Drucksache 8/3865 — 17205 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 20. Juli 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen — Drucksache 8/3866 — 17205 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ausführung des Vertrages vom 20. Juli 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen — Drucksache 8/3867 — 17206A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der in Genf am 13. Mai 1977 unterzeichneten Fassung des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken — Drucksache 8/3886 — 17206A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes — Drucksache 8/3870 — 1706A Beratung der Sammelübersicht 65 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 8/3897 — 17206B Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen Überpla unäßige Ausgabe bei Kap. 25 02 Tit. 882 02 — Prämien nach dem Wohnungsbauprämiengesetz — Drucksachen 8/3516, 8/3839 — . . . 17206C Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 60 06 Tit. 686 18 — Beitrag zum Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft — Abt. Ausrichtung — zur Abwicklung des Rückvergütungsverfahrens —— Drucksachen 8/3513, 8/3840 — . . 17206C Nächste Sitzung 17206 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 17207* A 214. Sitzung Bonn, den 24. April 1980 Beginn: 16.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 25. 4. Dr. Ahrens** 25. 4. Dr. van Aerssen* 25. 4. Dr. Aigner * 25. 4. Alber* 25. 4. Dr. Bangemann* 25. 4. Dr. Bardens** 25. 4. Blumenfeld* 25. 4. Böhm (Melsungen) ** 25. 4. Frau von Bothmer** 25. 4. Büchler 25. 4. Büchner (Speyer) ** 25. 4. Conrad 25. 4. Dr. Dollinger 25. 4. Egert 24. 4. Dr. Enders** 25. 4. Dr. Evers** 25. 4. Fellermaier* 25. 4. Flämig* 25. 4. Friedrich (Würzburg) * 25. 4. Dr. Früh * 24. 4. Dr. Fuchs* 25. 4. Dr. George 25. 4. Gertzen 25. 4. Dr. Geßner** 25. 4. Handlos** 25. 4. Hansen 25. 4. Höffkes 25. 4. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Holtz ** 25. 4. Katzer 25. 4. Kittelmann** 24. 4. Dr. Klepsch 25. 4. Lagershausen** 25. 4. Lampersbach 24. 4. Lange* 24. 4. Lemmrich** 25. 4. Lenzer** 25. 4. Dr. Luda 25. 4. Luster * 24. 4. Marquardt** 24. 4. Dr. Marx 25. 4. Matthöfer 25. 4. Mattick** 25. 4. Dr. Mende** 25. 4. Dr. Müller** 25. 4. Pawelczyk** 25. 4. Reddemann** 25. 4. Russe 24. 4. Dr. Schäuble** 25. 4. Scheffler** 25. 4. Frau Schleicher* 25. 4. Schmidt (Wattenscheid) 25. 4. Schmidt (Würgendorf) ** 25. 4. Dr. Schwencke (Nienburg) * 25. 4. Seefeld* 25. 4. Sieglerschmidt* 25. 4. Sybertz 25. 4. Tönjes 25. 4. Frau Tübler 25. 4. Dr. Vohrer** 25. 4. Frau Dr. Walz 25. 4. Wawrzik* 25. 4. Wischnewski 25. 4. Zebisch 25. 4.
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    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
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    Ich bin der Meinung: Als Partei — ob im Parlament oder nicht — müssen wir immer mit gleicher Zunge sprechen.

    (Dr. Ritz [CDU/CSU]: So ist es!)

    In einer solchen Frage, von der jeder wußte, daß es hier um die Wurst ging, wie man auf bayerisch sagt, kann man sich nicht darauf zurückziehen, zu sagen: Wir waren nicht im Parlament. Vielmehr muß man hier einmal die Strömungen sehen, die auch in den Reihen der FDP spürbar waren. Ich könnte Ihnen noch viel mehr Beispiele bringen als das Beispiel mit dem faulen Ei des Kolumbus, aber ein Beispiel genügt.
    Zur Haltung der SPD ist zu sagen: Man kann nicht einerseits Strom wollen, aber andererseits Schwierigkeiten dort bereiten, wo andere sogar bereit sind, Kernenergieanlagen für andere verfügbar zu halten.

    (Dr. Spöri [SPD]: Bei der Haltung brauchen wir hier im Bundestag keine Mehrheitsentscheidung mehr zu fällen, keine einzige! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Bayern leistet hier mit Sicherheit einen entscheidenden Beitrag.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir sollten aber nun, meine ich, die Kernenergiedebatte jetzt nicht weiterführen. Wenn Zeit genug wäre, würde ich hier durchaus verfügbar sein können. Übrigens: Sie dürfen unterstellen, daß wir diese Dinge im Interesse des Bundes — unter dem Gesichtspunkt seiner Energiepolitik betrachtet — in vielen Bereichen besser wahrgenommen haben, als das Vertreter der Koalitionsparteien für die Regierung getan haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Auch in anderen Bereichen — um zum Thema zurückzukommen — gibt es in diesen Erklärungen, Antworten einen deutlichen Bruch zwischen Absicht und Wirklichkeit. So wird in der Antwort der Bundesregierung wieder völlig zu Recht die Notwendigkeit einer Umweltpolitik quer durch alle Fachbereiche betont. Dies wird von derselben Bundesregierung vorgebracht, die über Jahre hinweg versucht hat, ein so umweltfreundliches Verkehrsmittel wie die Bahn aus dem Verkehr zu ziehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Heute muß ich fragen: Was wäre die Folge gewesen? Eine Steigerung des Individualverkehrs, mehr Straßen, ein höherer Landschaftsverbrauch, eine höhere Belastung der Menschen durch Abgas und Lärm, ein erhöhter Energieverbrauch — alles Folgen, die den hohen Zielen der Bundesregierung zuwiderlaufen würden. Nur dem heftigsten Widerstand insbeson-



    Staatsminister Dick (Bayern)

    dere der Länder — ich beziehe alle Länder mit ein — ist es zu verdanken, daß die ursprünglich geplante Halbierung des Bahnnetzes im wesentlichen abgewehrt werden konnte. Heute, rückblickend, können wir sagen — ich spreche jetzt einmal im Interesse der Bundesregierung —: Wir haben Glück gehabt, daß das nicht eingetreten ist, was man damals mit Vehemenz verfogt hat. Die Liste ließe sich noch beliebig fortsetzen.
    In der Begründung der Anfrage findet sich der wohl von niemandem bestrittene Satz, Umweltpolitik müsse unabhängig von der jeweiligen wirtschaftlichen Lage betrieben werden. Kein verantwortungsbewußter Umweltpolitiker wird diese Forderung in Zweifel ziehen wollen. Aber wie sieht das in der Wirklichkeit aus? Die Möglichkeiten des Umweltschutzes sind natürlich auch von der Leistungsfähigkeit der Wirtschaft und vor allen Dingen auch von der Finanzkraft der öffentlichen Hand abhängig. In ernsten Konjunkturlagen und finanziell schwierigen Zeiten kann der Umweltschutz beispielsweise wohl kaum mit der Forderung nach der Sicherung der Arbeitsplätze konkurrieren. Umweltprobleme werden zu unser aller Leidwesen dann sicher nicht leichter zu lösen sein. Die Forderung nach einer konjunkturunabhängigen Umweltpolitik ist im Grundsatz zwar richtig, aber so forciert hört sie sich schon etwas problematisch an.
    Wie ist es denn zu schlechten finanziellen Rahmenbedingungen gekommen, unter denen natürlich auch der Umweltschutz zu leben hat? Herr Kollege Riesenhuber hat bereits darauf hingewiesen. Wünschenswertes — ich möchte sogar sagen: Notwendiges — können wir bei dieser Entwicklung, wenn sie so weitergeht, schon in Kürze nicht mehr finanzieren. Hier liegen doch die Schwierigkeiten begründet, besonders auch für die Länder und für die Kommunen. Denn Umweltschutz — das muß immer wieder deutlich gesagt werden — kostet schlicht und einfach Geld.

    (Dr. Spöri [SPD]: Sehr richtig! — Konrad [SPD]: Deswegen eine Abwasserabgabe!)

    Um die Haushaltslage zu verdeutlichen, darf ich mit Genehmigung des Präsidenten aus der parteiunabhängigen Wirtschaftsinformation „basis" vorn 4. April dieses Jahres zitieren — das sagt jetzt also nicht die CDU oder CSU —:
    Auf dem Weg in den Staatsbankrott ist die Bundesrepublik Deutschland im ersten Quartal 1980 wieder ein gutes Stück vorangekommen: Das Kassendefizit des Bundes betrug allein in den Monaten Januar /Februar 7,7 Milliarden Mark (Vorjahreszeitraum: 5,7 Milliarden).

    (Dr. Spöri [SPD]: Diesen Unsinn verzapfen Sie hier schon zehn Jahre! Gucken Sie sich die Länderverschuldung an! Die steigt doch stärker als die des Bundes!)

    — Hören Sie sich das doch bitte an! Das ist nicht sehr praktisch für Sie und alle, die in diesem Haus sitzen!

    (Zuruf von der SPD: Das steigt doch stärker als beim Bund!)

    Wenn ich an diese Entwicklung denke, frage ich, ob Bund, Länder und Kommunen das noch finanzieren können. Das ist die Sorge, die ich ausspreche. Daß das laufende Kassendefizit bereits 20 % der Ausgaben erreicht, zeigt, daß sich der Finanzminister jede fünfte Mark, die Bonn ausgibt, pumpen muß.
    Die Beispiele können beliebig fortgeführt werden. Es sei nur kurz erwähnt, daß auch die Steuereinnahmen nicht mehr so laufen, wie es sich die Länder und der Bund vorgestellt haben. Selbst bei der Lohnsteuer, die immer so hoch in der Zuwachsquote lag, sind die Entwicklungen erschreckend. Sollte sich der Trend auf der Einnahmeseite des Staates fortsetzen, so ist spätestens zur Jahresmitte mit spektakulären Notstandsmaßnahmen zu rechnen.

    (Konrad [SPD]: Haben Sie sich nicht im Manuskript vergriffen?)

    Die laufen heute schon etwa bei der Zurücknahme von Leistungen für den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Sie wissen das ja, wenn Sie es verfolgt haben.
    Angesichts dieses Szenarios erscheint die Forderung der Bundesregierung nach Umweltschutz unabhängig von der konjunkturellen Lage mehr als treuherzig.
    Richtigzustellen ist auch die Behauptung der Bundesregierung, sie habe die Möglichkeiten zum Erlaß allgemeiner Verwaltungsvorschriften im erforderlichen Maß genutzt. Das klingt zwar sehr schön. Aber die Wirklichkeit sieht anders aus. Bei einzelnen umweltrelevanten Gesetzen fehlen derartige Verwaltungsvorschriften gänzlich, z. B. beim Abfallrecht. Dort, wo sie vorliegen, entsprechen sie zu einem erheblichen Teil nicht mehr dem Stand von Wissenschaft und Technik. Ich erwähne nur die TA Luft.
    Die Antwort der Bundesregierung hebt weiter völlig zu Recht die Bedeutung des Artenschutzes hervor. Andererseits fehlt in ihr bedauerlicherweise jeder Hinweis darauf, wann endlich damit zu rechnen ist, daß die Bundesregierung eine Verordnung vorlegt, mit der der Import und der Export geschützter Tiere geregelt werden. Diese Verordnung ist längst überfällig. Jeder Landesminister könnte waschkorbweise die Briefe und Anregungen aus der Bürgerschaft vorlegen, die in Abschrift dann an Bundesminister Ertl gehen. Hier sollte endlich Ordnung geschaffen werden.
    Ähnliche Versäumnisse gibt es bei der Einrichtung von Wirkungskatastern. Die Bundesregierung erklärt, daß zur Feststellung der Belastungssituation eines Gebiets sogenannte Bioindikatoren unter möglichst kontrollierten und standardisierten Bedingungen eingesetzt oder am Ort des Vorkommens untersucht werden können. Obwohl nun mehrere Bundesländer diese Methode der Wirkungskontrolle bereits anwenden, hat die Bundesregierung nichts unternommen, um die Bedingungen dieser Wirkungsuntersuchung zu standardisieren.
    All diese Probleme lassen sich wie folgt zusammenfassen: Im Rahmen unserer verfassungsgemäßen Ordnung besitzt der Bund in weiten Bereichen des Umweltschutzes die Gesetzgebungskompe-



    Staatsminister Dick (Bayern)

    tenz. Im Vollzug jedoch zeigen sich erst die Hauptprobleme und die eigentlichen Interessenkonflikte in aller Schärfe. Die Frage der Finanzierbarkeit stellt sich. Die Forderung des Umweltschutzes trifft auf die Forderung der Sicherung der Arbeitsplätze Zwischen dem Naturschutz und den Freizeitansprüchen der Erholungssuchenden ergeben sich Konflikte. Überspitzt könnte man sagen: Für den Bund sind mit der Rechtsetzung in der Regel die Probleme gelöst; für die Länder und Kommunen beginnen sie damit erst.
    Ich erinnere nur daran, daß das Bundes-Immissionsschutzgesetz vom Bund immer im Sinn eines sehr strengen Verursacherprinzips verstanden wurde. Hätten wir nun in den Ländern dieses Gesetz in dieser letzten Schärfe in unseren strukturschwachen Gebieten vollzogen, so hätte es dort Arbeitsplätze und Unternehmen erheblich gefährdet. Wir haben es deshalb unternommen, durch Stufenpläne, Übergangsregelungen und vor allem finanzielle Förderprogramme wirtschaftlich nicht zumutbare Belastungen aufzufangen.
    Die Antwort der Bundesregierung läßt nunmehr erkennen, daß sie sich diesen Überlegungen anschließt und sich zu eigen macht und das sogenannte Gemeinlastprinzip als notwendige Ergänzung des Verursacherprinzips in solchen Fällen akzeptiert. Hier zeigt sich, daß in dem von der Verfassung und der Sache her gegebenen Spannungsverhältnis von Bund und Land vernünftige Lösungen erwachsen können, wenn beide Seiten mit Augenmaß und einem gewissen Verständnis für die andere Seite an die jweiligen Probleme herantreten.
    Deshalb möchte ich jetzt einiges zum sogenannten Abwasserabgabengesetz und zum Verkehrslärmschutzgesetz sagen. Man sollte einmal zugeben — ich tue das jedenfalls für Bayern —, daß die Länder hier wirklich aus dem einfachen Grund in Schwierigkeiten kommen, weil der Druck der Kommunen verständlicherweise da ist.

    (Zuruf von der SPD)

    — Herr Kollege Wittmann, es ist ein Unterschied, ob Sie Flächenstaaten wie Bayern oder andere Länder nehmen. Sie wissen, daß 400 Millionen DM im bayerischen Haushalt für 1980 kein Pappenstiel sind. Es ist einfach so, daß die Kommunen das Geld nicht verfügbar haben, das sie brauchen. Das ist der Grund, warum die Kommunen zur Zeit Schwierigkeiten haben. Wenn ich, der ich als Umweltminister für Bayern spreche, die Schwierigkeiten sehe, bin ich nicht bereit, so etwas über das Knie zu brechen. Vielmehr muß die Konsensfähigkeit auch im Hinblick auf diejenigen gesehen werden, die das im Vollzug mitzubezahlen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es ist immerhin interessant, daß es beim Abwasserabgabengesetz letztlich darum geht, ob wir den Beginn der Abgabepflicht um ein weiteres Jahr hinausschieben. Täten wir es, ginge die Welt wirklich nicht unter. Wir sollten es jedenfalls tun, wenn wir uns damit die Mitarbeit und Übereinstimmung der Kommunen sichern könnten. Das ist der einzige Grund, der hinter unserer Entscheidung steht.
    Selbstverständlich hoffen wir auch, dadurch Voraussetzungen im administrativen Bereich schaffen zu können, die einen wirksamen Vollzug ermöglichen.

    (Konrad [SPD]: Dazu war Zeit genug!)

    Ich bin Herrn Minister Baum sehr dankbar, daß er das in diesem Bereich angedeutet hat. Ich glaube, das ist durchaus eine Gesprächsbasis. Wir sollten abwarten, was nun im Bundesrat weiter geschieht.
    Es ist interessant, was gestern als Verlautbarung der SPD und der FDP veröffentlicht worden ist. Das unterscheidet sich wesentlich von dem moderaten Ton heute. Das sind sehr scharfe Formulierungen. Man stellt uns einfach in eine Ecke, als wären wir von der Länderseite — speziell drei sind genannt, namentlich sogar die Ministerpräsidenten — die Umweltschutzbremser. So geht es ja auch nicht, daß man diese Länder in eine Ecke rückt, in der sie nie gestanden haben, nicht stehen wollen und auch nicht stehen werden.
    Die laute Entrüstung über die Überweisung des Verkehrslärmschutzgesetzes an den Vermittlungsausschuß kann doch auch nur teils als Theaterdonner bewertet werden; denn es stehen eben Wahlen unmittelbar vor der Tür.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Natürlich!)

    Es ist ja das Unglück, daß wir die Wertung unter diesem Zeitdruck vornehmen. Ich möchte Ihnen das mit einigen Ausführungen über das Gesetz klarmachen, das im Finanzausschuß des Bundesrates auf Grund der mit den Immissionsgrenzwerten verbundenen finanziellen Auswirkungen einstimmig, also von allen Ländern einschließlich der SPD-regierten Länder, abgelehnt wurde. Sie können auch formulieren: Im Finanzausschuß des Bundesrates haben Ihnen alle Länder einschließlich der SPD-regierten Länder sozusagen die Suppe eingebrockt.

    (Konrad [SPD]: Aber die waren trotzdem bereit, es zu tragen!)

    — Auch nicht ganz. Das gilt z. B. für Hamburg. Fragen Sie doch die Finanzminister der Länder,

    (Dr. Spöri [SPD]: Es ist doch ein alter Hut, daß die Länder gemeinsame finanzielle Interessen haben!)

    ob sie sich dabei etwas gedacht haben, als sie im Finanzausschuß diesen Beschluß einstimmig gefaßt haben. Ich habe überhaupt kein Verständnis dafür, daß wir uns darüber streiten; denn hier sind unter Umständen in sachlicher Atmosphäre Lösungen schneller denkbar, als manche meinen, die das zerreden.

    (Konrad [SPD]: Beim Verkehrslärm geht es doch nicht um Geld, sondern um den Schutz der Bürger!)

    — Herr Konrad, wenn es so einfach wäre, würde ich Ihnen ja gerne zustimmen. Ich möchte Sie nur bitten, daß Sie auch einmal das Papier der gestrigen Verlautbarung des Sprechers der FDP-Bundestagsfraktion Klaus-Jürgen Hoffie zur Hand nehmen. Er spricht selbst davon — ich zitiere —, jährlich 600 Millionen DM seien für Städte und Gemeinden mit



    Staatsminister Dick (Bayern)

    10% der Gesamtinvestitionssumme für den heutigen Straßenbau zwar ein dicker Brocken. Wenn Sie dann aber die Aufschlüsselung nehmen, die den Gemeinden weiterhin verbleibt, dann sehen Sie, daß der dicke Brocken fast genauso groß ist wie der des Bundes. Wer wiederum weiß, daß die Investitionsausgaben bei den Kommunen liegen — beim Bund ist der größte Haushaltsbetrag im Bereich der Personalausgaben, bei den Ländern kommen schon mehr Investitionen dazu — und die Kommunen einseitig übergewichtig in ihren Investitionshaushalten betroffen sind, weiß, daß diese dort tatsächlich der Schuh drückt. Es muß doch zulässig sein, darüber zu reden, ob diese Belastung nicht zurückgenommen werden kann.
    Jetzt muß ich wieder sagen: Das haben doch nicht die CDU und CSU erfunden. Nehmen Sie den Antrag der Länder Berlin, Bremen, Hamburg und Hessen, in dem ja auch die Rede davon ist, daß durch Öffnung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes auch für Maßnahmen des Lärmschutzes allein das Problem nicht gelöst werden kann, da hierdurch der Finanzierungsrahmen nicht erweitert wird. Es ist daher notwendig, den Gemeinden zusätzliche Finanzhilfen durch Aufstocken des Rahmens des GVFG zur Finanzierung der nach wie vor aus Gründen der Verbesserung des Umweltschutzes und der Verkehrssicherung nötigen Straßenbauprojekte zur Verfügung zu stellen. Die Finanzminster der SPD-Länder waren zunächst derselben Meinung und haben im Finanzausschuß einstimmig abgelehnt. Jetzt wird es noch interessanter: Im Bundesrat hatte Hamburg mitgestimmt. Das muß man auch alles sehen.
    Es geht mir als Umweltschutzminister darum, daß unsere Richtschnur sein muß, zu einer Lösung zu kommen. Eine Lösung wäre möglich, wenn der Bund seine Bereitschaft zeigte, noch einmal über die Finanzlage zu sprechen, über die durch die Herabsetzung der Lärmwerte gegenüber dem Regierungsentwurf den Gemeinden entstehenden Mehrkosten. Es ist der Sinn eines solchen Begehrens, daß man noch einmal darüber spricht. Dann sollte man heute aber nicht so tun, als seien die einen dafür und die anderen dagegen.
    Daß Qualität vor Quantität geht, ist auch meine Meinung. Ich decke auch ab, daß man durchaus verminderte Lärmgrenzwerte festsetzen sollte. Bayern hat dies längst getan. Beim Straßenbau hatten wir längst entsprechende Planungsrichtwerte. Das war schon vor Jahren so, als der Bund in seine eigene Vorlage die Werte hineingeschrieben hat, um die der Streit überhaupt entbrannte. Auch der Bund hat sich die Arbeit gar nicht so einfach machen können, weil das Problem bei diesen Größenordnungen, um die es hier geht, nicht mit einem Federstrich gelöst oder mit der Hand vom Tisch gefegt werden kann.
    Die Aussage, daß Qualität vor Quantität geht, muß ich als Umweltminister unterstützen. Das hört sich auch wunderbar an. Aber fragen Sie die Verantwortlichen draußen in den strukturschwachen Räumen, ob sie über die Entscheidung, weniger Erschließungsstraßen zu bauen, die dort noch notwendig sind, in helle Begeisterungsstürme ausbrechen.
    Dieses Problem sollten wir ernsthaft prüfen. Anstatt sich zu entrüsten, sollte man darüber nachdenken, wie die Gemeinden finanziell in die Lage versetzt werden sollen, das über alle Parteigrenzen hinweg anzustrebende Ziel eines möglichst umfassenden Schutzes unserer Bürger gegen den Verkehrslärm zu verwirklichen. Ich bin durchaus der Meinung, daß dies der Arbeit aller wert wäre.
    Ich möchte zum Schluß kommen.

    (Beifall bei der SPD)

    — Sie klatschen natürlich, weil Sie zum Ausdruck bringen möchten, daß es Ihnen schon langt. Ich bin trotzdem dankbar dafür, daß ich einiges aus der Sicht der Länder darstellen konnte.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich möchte die Gemeinsamkeit aufgreifen, die Bundesminister Baum an den Schluß seiner Rede gestellt hat, aber diese Gemeinsamkeit, die hier immer wieder zitiert wird, muß natürlich auf Gegenseitigkeit beruhen, auf der Zusammenarbeit von Bund und Ländern. Die Umweltpolitik braucht nämlich auch die aktive und vor allen Dingen auch die zielbewußte Mitarbeit der Bürger und die Unterstützung durch die Verbände, denen hier besonders zu danken ist. Die offene und sachliche Diskussion mit den Verbänden und Bürgern, ihre Beteiligung und ihre Mitarbeit sind von größter Bedeutung für eine gleichermaßen effektive wie demokratisch legitimierte Umweltpolitik.
    Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort die Bereitschaft zum Konsens und zu einer vorurteilslosen Zusammenarbeit erkennen lassen. Ich glaube, dem können die Länder zustimmen. Die Länder sind dazu bereit, wenn sie in diese Arbeit fair eingebunden sind, d. h., wenn sowohl Erfolg als auch noch zu lösende Probleme in eine Linie gebracht werden, nämlich in eine Gesamtverantwortung der Länder und des Bundes. Darauf können wir eine vernünftige Basis errichten, um Umweltschutz für den Bürger dieser Republik mit Erfolg zu betreiben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Dr. Richard von Weizsäcker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schäfer (Offenburg).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Harald B. Schäfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war vielleicht ganz angenehm, daß mit Staatsminister Dick ein bißchen Leben in die Umweltdebatte eingezogen ist.

    (Beifall des Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU])

    Herr Dick, ich will nur in einigen wenigen Punkten auf Sie eingehen.
    Ich will gleich vorweg einen Eindruck ausräumen, den Sie offenkundig erwecken wollten, den Eindruck nämlich, der Deutsche Bundestag — nicht nur SPD und FDP — würde die Frage der Kernenergie und der damit verbundenen Umweltbelastungen im Zusammenhang mit der Umweltpolitik nicht beraten. Sie wissen, Herr Kollege Dick, daß dieses Parlament — und darauf können wir alle insgesamt stolz sein — eine eigene Sachverständigenkommission,



    Schäfer (Offenburg)

    eine Enquete-Kommission mit sieben Parlamentariern und acht nichtparlamentarischen Sachverständigen eingesetzt hat, um die notwendigen Entscheidungen, die möglichen Auswirkungen ökologischer, ökonomischer, sozialer und gesellschaftlicher Art im Zusammenhang mit der Energiepolitik — und nicht allein mit der Kernenergie — zu untersuchen. Diese Kommission wird bald ihren Bericht vorlegen. Sie wird dann auch Antwort auf die Frage geben, ob ein Verzicht auf die Kernenergie möglich ist und wie diese Möglichkeit zu bewerten ist.
    Ich will Ihnen noch ein Zweites sagen, und zwar zu der Frage der Abwasserabgabe. Dazu nur ein Hinweis: Mich überzeugt nicht das Argument, die Länder bzw. Kommunen hätten keine Zeit gehabt, sich auf den Vollzug dieses Gesetzes einzustellen. Seit 1974 war jedermann klar, was hier auf die Kommunen zukommt. 1976 ist das Gesetz in Kraft getreten. 1981 erst soll es wirksam sein. Es kann im Interesse eines wirksamen Umweltschutzes nicht angehen, daß man die Kommunen aus diesen Pflichten entläßt, deren Erfüllung man billigerweise von der Industrie erwartet.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Wir können hier nicht mit zweierlei Maß messen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zur Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage zurückkommen. Diese Antwort stellt alles in allem eine eindrucksvolle umweltpolitische Leistungsbilanz, eine Zwischenbilanz dar, hinter der sich niemand, der im Umweltschutz politisch engagiert ist, verstecken muß. Ganz im Gegenteil. Wer die Erfolge leugnet oder nicht zur Kenntnis nehmen will — wie beispielsweise die Grüne Partei —, macht damit deutlich, daß er nicht von der politischen Wirklichkeit ausgeht, sondern sich ein unredliches Argumentationsgebäude errichtet, um sich als besonders vorteilhaft darstellen zu können.
    Richtig bleibt — bei allen Verdiensten auch der Länder und Kommunen in der Umweltpolitik —, daß Umweltpolitik als Kernstück neuer Politik erst seit 1969 bundespolitische Wirklichkeit geworden ist.

    (Dr. Laufs [CDU/CSU]: Das hätten Sie gerne so!)

    1971 hat die Bundesregierung ihr Umweltprogramm vorgelegt. Seither wurden Jahr für Jahr gegen viel Widerstand Stück für Stück mit einem großen Aufwand an gesetzlichen Maßnahmen, an Haushaltsmitteln, an staatlichen Förderungsmaßnahmen die Voraussetzungen für konkretes Wissen und Handeln geschaffen, damit Umwelt und notwendiges wirtschaftliches und qualitatives Wachstum nicht in unauflösbarem Gegensatz zueinander stehen müssen.
    Auf Teilgebieten im Umweltschutzbereich können wir eindeutig von einer Trendwende hin zum Besseren sprechen. Trotz dieser unbestreitbaren Erfolge ruhen wir Sozialdemokraten uns nicht auf unseren Umweltlorbeeren aus.

    (Dr. Probst [CDU/CSU]: Wo sind denn die?)

    — Die sind soeben von niemand bestritten worden, Herr Kollege Probst.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Da sitzt ihr aber auf dem blanken Boden! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ich nenne Gewässerhaushalt, Abfallbeseitigung, Luftreinhaltung, Benzinbleigesetz. Ich entnehme Ihrem Zwischenruf, daß Sie nicht nur die Anfrage nicht gelesen haben, sondern auch sonst durch Lükken glänzen.
    Wir wissen, meine Damen und Herren, daß es bei der Umweltsicherung letztlich und auf lange Sicht darum geht, auch den späteren Generationen die Lebensgrundlagen zu erhalten, d. h., die Fort- und Weiterentwicklung der Umweltpolitik hin zu einem ökologisch-ökonomischen Gesamtkonzept ist langfristig buchstäblich lebensnotwendig. Für uns Sozialdemokraten ist dieses neben der Sicherung des Friedens mit die größte Herausforderung dieses Jahrhunderts.
    Meine Damen und Herren, schon bisher war es — neben dem überwiegenden Reagieren auf bereits eingetretene Umweltschäden — Bestandteil unserer Umweltpolitik, durch vorsorgende und vorbeugende Maßnahmen das Entstehen von Umweltschäden zu vermeiden. Die Notwendigkeit einer Wirtschaftspolitik, die an ökologischen und sozialen Vorgaben ausgerichtet ist, kann im Grunde nicht bestritten werden. Die begrenzten und knappen Rohstoffe sowie die Grenzen der Belastbarkeit der natürlichen Lebensgrundlagen zwingen unausweichlich dazu. Wenn wir an die Rohstoffsituation denken und wenn wir mögliche Verteilungsauseinandersetzungen mit den Ländern der Dritten und Vierten Welt hier mit ins Kalkül ziehen, sehen wir, daß eine ökologisch-ökonomisch ausgerichtete Politik letztlich auch ein Teil Friedenspolitik ist.
    Mir liegt daran, meine Damen und Herren, vor allem im Hinblick auf die vielen jungen Mitbürger in unserem Lande, die zunehmend am Umweltschutz interessiert sind, zu betonen, daß die Entwicklung, die Erarbeitung und die Durchsetzung einer längerfristig ökologisch ausgerichteten Politik wirklich nur schrittweise erfolgen kann. Wer eine abrupte Umorientierung der Entwicklung in wichtigen gesellschaftlichen Bereichen verlangt, der argumentiert entweder unredlich — weil er Lösungsmöglichkeiten anbietet, die es kurzfristig objektiv nicht gibt
    —, oder er nimmt bewußt in Kauf, daß wichtige Ziele wie Vollbeschäftigung, soziale Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft — Eckpfeiler sozialdemokratischer Politik — zugunsten einer scheinbar richtigen ökologischen Politik aufs Spiel gesetzt werden. Wer, um ein Beispiel zu nennen, den Eindruck erweckt, man könne von heute auf morgen durch eine Politik der rationelleren Energienutzung — über deren Notwendigkeit gibt es hier keinen Streit — die Energieprobleme insgesamt tatsächlich lösen, der gaukelt — ich wieder-
    Deutscher Bundestag 8. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. April 1980 17183'
    Schäfer (Offenburg)

    hole es noch einmal — Lösungsmöglichkeiten vor, die es objektiv nicht gibt.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Ökologie und Ökonomie, Herr Dick, sind für uns kein Gegensatz, im Gegenteil. Das ökologisch Sinnvolle ist langfristig auch ökonomisch vernünftig. Ich will das an einem Beispiel belegen.
    Das 4,35-Milliarden-DM-Programm der Bundesregierung zur Energiesparpolitik schont die Umwelt, reduziert die Belastung durch Schadstoffe durch eine Verringerung der Verbrennung fossiler Brennstoffe und trägt damit letztlich auch zur Reduzierung der Kosten zur Vermeidung der sonst entstehenden Umweltbelastungen bei. Das gleiche gilt übrigens auch für das Bodensee-Programm; darauf ist schon hingewiesen worden. Dieses Programm mit einem Volumen von mehr als 800 Millionen DM, das unter Beteiligung der Länder im Rahmen des Zukunftsinvestitionsprogramms der Bundesregierung durchgeführt wird, ist zwar teuer, ist jedoch ökologisch notwendig und — langfristig gesehen — ökonomisch vernünftig.
    Meine Damen und Herren, natürlich machen wir uns nichts vor. Umweltschutz und eine noch stärker an ökologischen und sozialen Richtwerten ausgerichteten Politik ist ein teures Unterfangen. Aber eine solche Politik — ich wiederhole — zahlt sich aus. Sie verursacht zwar Kosten, zeitigt aber gleichzeitig Investitionen. Sie erschließt neue Ressourcen und entwickelt umweltschonende Technologien; sie schafft Arbeit und Arbeitsplätze und erhöht die Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft. Umweltschutz ist mit anderen Worten eine Kapitalanlage, die sich langfristig volkswirtschaftlich lohnt, und zwar für die Gesellschaft als Ganze, aber auch für viele Unternehmungen und auch für die einzelnen Bürger.

    (Dr. Spöri [SPD]: Arbeitsplätze!)

    Für mich liegt das eigentliche Problem einer stärker ökologisch orientierten Gesamtpolitik weniger in der Definition von Zielvorstellungen, sondern das Problem stellt sich hinsichtlich der Umsetzung und Durchsetzung dieser Politik in gesellschaftliche Wirklichkeit. Über die Zielsetzungen werden wir uns sehr schnell verständigen. Ich verweise insoweit ausdrücklich auf die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage. Dazu gehören unter anderem Förderung und Entwicklung neuer Produktionsverfahren. Dazu gehört, daß sich unsere Wirtschaftspolitik umstellen muß: weg von der rohstoffverschwendenden und -vergeudenden Verschleißwirtschaft, hin — langfristig — zu einer Gleichgewichtswirtschaft. Dazu gehört, daß wir stärker, noch stärker als bislang, in die Bereiche „Bessere Energienutzung", „Abwassersanierung", „Luftreinhaltung", „Altbausanierung", „Dorf- und Stadterneuerung", „Humanökologie", „Landschaftspflege, „Aktive und passive Lärmeindämmung" usw. investieren. Diese Zielvorstellungen — ich sage es noch einmal — sind unbestritten.
    Das eigentliche Problem liegt in ihrer Umsetzung und Durchsetzung. Für mich steht außer Zweifel, daß eine wirksame, praktische Umweltpolitik eine verstärkte Einflußnahme auf Investitions-, Produktions- und Konsumverhalten erforderlich macht. Es muß die Frage gestellt und beantwortet werden, wer und wie über Produktionsmittel verfügt, welche ordnungspolitischen Maßnahmen notwendig sind und wer welche Wachstumsentscheidungen — positiv oder negativ — trifft. Einige von Ihnen werden mit Sicherheit nachher darauf eingehen. Das Benzinbleigesetz, das Verbot von DDT, ein Umweltchemikaliengesetz, das in die richtige Richtung geht, zeigen, daß dies bereits praktische Politik ist.
    Herr Kollege Riesenhuber hat in der Debatte die Frage des Wirtschaftswachstums angesprochen. Richtig ist, meine Damen und Herren, daß immer mehr Menschen erkennen, daß das bloße Fortschreiben quantitativer Zuwachsraten des Bruttosozialprodukts der Vergangenheit in die Zukunft hinein keine verantwortbare, keine menschenwürdige Zukunft ergibt. Die Steigerung des Bruttosozialprodukts allein kann also nicht Kriterium für Lebensqualität sein.
    Richtig ist auch, daß die Forderung in der Politik nach Nullwachstum oder gar die Behauptung, daß jedes Wirtschaftswachstum umweltschädlich, ökologisch bedenklich sei, falsch ist.

    (Dr. Probst [CDU/CSU]: Das ist eine neue Erkenntnis bei Ihnen!)

    — Das ist keine neue Erkenntnis, aber das ist bei vielen Bürgern, denen die grüne Politik attraktiv scheint, oft eine Annahme. Wenn Sie beispielsweise in der Haushaltsrede in der Bürgerschaft Bremen von Februar 1980 die Stellungnahme des Sprechers der Grünen, Olaf Dine lesen, werden Sie feststellen, daß er behauptet, daß staatlich induziertes Wachsturn künstliches Wachstum sei, ökologisch bedenklich sei und deswegen abzulösen sei.

    (Dr. Spöri [SPD]: Ist fast Biedenkopf!) — Das ist die Parallele zu Biedenkopf.


    (Dr. Spöri [SPD]: So schließt sich der Ring der Theoretiker!)

    In Wirklichkeit ist es eine notwendige staatliche Aufgabe, durch entsprechende Investitionsmaßnahmen Wachstumsfelder zu eröffnen, Entwicklungen, Produktionsverfahren in Gang zu setzen, die eine ökologisch verantwortbare Politik ermöglichen. Ich weise auch insoweit auf die Antwort der Bundesregierung hin.
    Meine Damen und Herren, in den letzten zehn Jahren ist gottlob das Umweltbewußtsein der Bevölkerung erheblich gestiegen. Umfragen aus dem Jahre 1970 haben gezeigt, daß sich damals weniger als die Hälfte der Bürger in unserem Lande unter dem Wort Umweltschutz etwas Konkretes vorstellen konnten. Heute ist für viele Umweltschutz zum politischen Problem Nummer eins geworden. Eine Repräsentativuntersuchung des Instituts für Jugendforschung zur Einstellung der jungen Generation zu Arbeitswelt und Wirtschaftsordnung aus dem Jahre 1979 weist aus, daß Schutz der Umwelt und Sicherung der Arbeitsplätze für die Jugendli-



    Schäfer (Offenburg)

    chen die oberste Priorität bei der Lösung der anstehenden Probleme haben.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So gewinnen wir die Wahl!)

    Gerade diese jüngeren Bürger erwarten oft von allen im Parlament vertretenen Parteien noch mehr Anstrengungen in der Umweltpolitik. Sie erwarten, daß noch stärker als bisher Ökologiepolitik in allen Bereichen unseres politischen, staatlichen Handelns sichtbar wird. Ich kann diese Haltung verstehen. Wie manchem Umweltschützer geht auch mir in manchen Bereichen die Entwicklung nicht schnell genug voran, trotz aller Erfolge, trotz aller Fortschritte. Trotzdem will ich, gerade an die Adresse dieser jüngeren Mitbürger gewandt, in der Kürze der Zeit auf ein Problem hinweisen:

    (Zuruf des Abg. Dr. Probst [CDU/CSU])

    — Das ist unabhängig von der Wahlentscheidung, Herr Kollege Probst.
    Ein Dilemma, das sich oft den Politikern, zumal im Umweltschutzbereich, stellt, ist der Zwang, oft auch dann entscheiden zu müssen, wenn die wissenschaftlichen Zweifel in dieser oder jener Richtung nicht alle auszuräumen sind. Ich will dafür ein Beispiel nennen. Wir haben im Bereich der Umweltchemikalien erst 1966 beispielsweise die Giftigkeit, die Unzerstörbarkeit, die Persistenz bestimmter Umweltchemikalien feststellen können, obwohl diese Umweltchemikalien seit etwa den 30er Jahren, damals als unbedenklich angesehen, in großem Umfang in den Markt gebracht wurden. Erst im Zuge der wissenschaftlichen Entwicklung — ich wiederhole es — hat man die Zweifel erhärten können, die dazu führten, daß es politisch zum Verbot von DDT gekommen ist. Das heißt also, wir müssen heute — nicht weil uns die Daten fehlen, sondern weil auch in Teilbereichen objektiv Schadenswirkungen erst im Laufe von mehreren Jahrzehnten, wenn die Schadstoffe in die Umwelt gelangt sind, zu erkennen sind — in vielen Bereichen Entscheidungen treffen, ohne exakt die Folgen zu kennen.
    Deswegen ist es notwendig und richtig, meine Damen und Herren, daß mit dem Umweltchemikaliengesetz ein weiterer Schritt in die richtige Richtung gegangen wird, daß nämlich jeder neue Stoff — und die alten Stoffe dann, wenn Anzeichen für Gesundheitsgefährdungen vorliegen —, der in Verkehr gebracht werden soll, auf seine Unbedenklichkeit hin überprüft werden muß, auch auf mögliche Langfristschadenswirkungen.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Dazu sind aufwendige Prüfverfahren notwendig. Ich will dazu einige Zahlen nennen. Heute gibt es mehr als 45 000 verschiedene chemische Stoffe in mehr als einer Million Aufbereitungen in der Umwelt. Allein 150 chemische Stoffe werden in Mengen von mehr als 50 000 t im Jahr vertrieben. Nur ein Bruchteil der heute in Verkehr gebrachten Chemikalien ist auf Unbedenklichkeit hin überprüft.
    Für die Bundesrepublik Deutschland ist die chemische Industrie — auch das gehört mit zur Umweltbetrachtung — einer der wesentlichsten Wirtschaftsfaktoren. Die chemische Industrie ist am Gesamtexport mit ungefähr 16 % beteiligt. 74% der gesamten chemischen Produktion gehen in den Export. Wer sich im Bereich der Umweltchemikalien auf dem Wege der Gesetzgebung die Schadstoffbegrenzung zur Aufgabe macht, der kann nicht von heute auf morgen alle Schadstoffe aus dem Verkehr ziehen wollen, wenn er nicht soziale Gefährdungen, wenn er nicht die Gefährdung von Arbeitsplätzen in Kauf nehmen will.