Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Der Einzelplan 13 umfaßt den Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen. Es sind darin nur wenige Zahlenangaben enthalten, und zwar das Gehalt für den Parlamentarischen Staatssekretär, die ordentliche Ablieferung der Post an den Bund, die außerordentliche Ablieferung und die Einnahmen und Ausgaben der Bundesdruckerei; das ist alles. Der eigentliche Haushalt der Bundespost mit 54 Milliarden DM steht in einem Voranschlag, wie die Post dies nennt. Jener Voranschlag ist nicht Teil des Bundeshaushalts.
Trotzdem einige Schwerpunkte. Im Einzelplan 13 ist auch für dieses Jahr eine Sonderablieferung von 1,5 Milliarden DM veranschlagt.
Damit hat es folgende Bewandnis. Auch im nächsten
Jahr rechnet die Bundesregierung mit einem Gewinn von gut 2 Milliarden DM Das geht weithin auf die Tüchtigkeit der Postbeamten zurück, denen meine Fraktion an dieser Stelle deutlich danken will.
Nun gibt es aber eine Reihe von Politikern, vor allem innerhalb der Bundesregierung, die der Meinung sind, weil die Bundespost eine gute Ertragslage habe, könne man sie als eine Milchkuh betrachten und ihr außer der Reihe Geld abknöpfen — wie gesagt: 1 ½ Milliarden DM. Und der Bundespostminister hat der erstaunten Offentlichkeit verkündet, daß er dies in Ordnung finde, solange die Summe der außerordentlichen Ablieferungen nicht den Betrag von 10 Milliarden DM überschreite. Das ist ungefähr der Betrag, mit dem der Bund bisher der Post geholfen hat, als es ihr schlecht ging.
Diese Argumentation, verehrter Herr Minister, ist in meinen Augen unseriös und falsch.
Wenn in der Privatwirtschaft ein Unternehmen in eine schwierige Situation kommt, also Verluste macht, kann es diese Verluste mit den Gewinnen anderer Jahre verrechnen. Und wenn das Unternehmen wieder gut dasteht, kommt niemand auf den Gedanken zu sagen: Jetzt mußt du mir die Steuermittel zurückgeben, die ich dir damals nachgelassen habe.
Was für Sozialisten in dieser so schlimmen kapitalistischen Wirtschaft nicht einmal denkbar ist, das geschieht hier genau im öffentlichen Bereich. So etwas gab es allenfalls im Bereich des Absolutismus. Der absolute Herrscher hat damals für die Vergabe des Postregals an das Fürstenhaus Thurn und Taxis — was ihn ja nichts kostete — Geld verlangt.
In Wirklichkeit ist diese Sonderablieferung eine Sondersteuer für den Telefonbenutzer. Deshalb meinen wir, daß die Telefongebühren noch weiter zurückgenommen werden müssen, damit nicht die überhöhte Gewinnsituation eintritt.
Der zweite Punkt. Ich bin gespannt, Herr Hoffie, wie Sie als Journalist zu diesem zweiten Punkt reagieren. Der Bundespostminister möchte im nächsten Jahr die Ausgaben für die Öffentlichkeitsarbeit um 20 Millionen DM, also um 40%, anheben. 40%!
Der Postminister begründet — verehrter Herr Wuttke, ich mehme an, Sie sollten es auch schon wissen; denn als Mitglied des Verwaltungsrats haben Sie hoffentlich den Voranschlag schon vorher angesehen —
15284 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979
Dr. Friedmann
diese zusätzlichen Ausgaben damit, daß er die Betriebszeitschrift „Telepost" im nächsten Jahr auch Postbenutzern, nicht nur Postangehörigen, zustellen und aushändigen will.
Er hat bereits einen Test in dieser Richtung, Herr Dreyer, im Oktober unternommen. Und wer sich noch nicht denken kann, worauf dies hinaus soll, der muß sich nur mal diese Zeitschrift vom Oktober, die verteilt worden ist, ansehen. Da finden wir auf zwei Seiten ein farbiges Bild des Herrn Postministers, wie er hinter dem Schreibtisch sitzt. Wir wissen ja, daß er ein schöner Mann ist.
— Nein. Ich habe jetzt keine Zeit, Herr Becker. Danke.
Wir wissen, daß der Postminister ein schöner Mann ist. Aber in der Zwischenzeit braucht dies ja nicht wiederholt zu werden.
Der Postminister verkündet in dieser Zeitschrift der staunenden Offentlichkeit, wie er sich fit hält, nämlich durch Tennisspielen.
Auf einem anderen Bild sehen wir, wie er in Begleitung seiner Sekretärin eine Auszeichnung verleiht.
Und auf einem vierten Bild sehen wir ihn wieder.
Das heißt doch: Diese erhöhten Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit dienen der Selbstdarstellung dieses Herrn Ministers.
Damit dies ganz klar ist: Es gibt in der ganzen Bundesregierung keinen zweiten Minister, der die gleichen Möglichkeiten hat, um sich darzustellen, wie der Postminister. Er hat diese Betriebszeitschrift, er hat die Möglichkeit der Anzeigen, der bezahlten. Reklame. Er kann dies extensiv ausnutzen.
Ich bin der Meinung, verehrter Herr Hoffie, auch Herr Wuttke, daß Sie als Mitglieder des Verwaltungsrates diese Ausgaben streichen sollten.
Der zentrale Punkt meiner Ausführungen ist folgender. Viele Erfahrungen der letzten Wochen und Monate zeigen, daß die Bundespost eine verstärkte parlamentarische Kontrolle dringend notwendig hat.
Es gibt zwar einen Postverwaltungsrat, und nach den gesetzlichen Bestimmungen soll der auch die Kontrolle ausüben.
Man bezeichnet diesen Verwaltungsrat auch als ein Parlament. Aber in Wirklichkeit ist das nur eine pseudoparlamentarische Kontrolle;
denn obwohl darin fünf Parlamentarier in dieser ihrer Eigenschaft sind, kann der Postminister jederzeit Entscheidungen, die ihm nicht gefallen, dem Kabinett vorlegen, und das Kabinett kann diese Entscheidungen aufheben.
Das heißt, die Exekutive hebt Entscheidungen auf,
die Mitglieder der Legislative mit getroffen haben.
Die Bundespost ist in der Zwischenzeit von ihren Problemen her in eine Dimension hineingewachsen, daß man sie nicht mehr sich selbst überlassen kann.
Das gilt als erstes schon einmal vom wirtschaftlichen Volumen her. Die Bundespost hat im nächsten Jahr ein Haushaltsvolumen von 54 Milliarden DM, während das größte Bundesland, Nordrhein-Westfalen, nur 51 Milliarden DM hat. Niemand käme auf den Gedanken, das Land Nordrhein-Westfalen nur noch mit einer pseudoparlamentarischen Kontrolle zu überwachen, wie das bei der Post der Fall ist.
Aber es geht dabei nicht nur um die wirtschaftlichen Auswirkungen, sondern wir haben ja erlebt, wie wichtig die Kommunikationstechnik in Verbindung mit der Medienpolitik geworden ist.
Vor kurzem wurde der Herr Bundespostminister vom Kanzler zurückgepfiffen, als er die Absicht hatte, in elf Städten Großmodelle mit Breitbandkabeln durchzuführen. Dem Herrn Bundeskanzler hat es nämlich nicht behagt, daß hier die Möglichkeit geschaffen wird, mehr Programme in die Haushalte hinein zu übertragen.
Mit anderen Worten: Während die Kompetenz für die Medienpolitik bei den Ländern liegt — mit geringen Ausnahmen auch beim Bund —, ist die Kommunikationstechnik beim Bund. Aber der Bund mißbraucht sein Fernmeldemonopol, um damit in Wirklichkeit Medienpolitik zu betreiben.
Umgekehrt kann man aber auch fragen, sehr verehrter Herr Minister, ob die Medienpolitik nicht dazu mißbraucht wird, um die Kommunikationspolitik künstlich einzuschränken.
Ein dritter Punkt kommt hinzu, und das ist die ordnungspolitische Stellung der Bundespost in un-
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serer Sozialen Marktwirtschaft. Auf Grund Ihrer Aufgabe hat die Bundespost ein Monopol in der Nachrichtenübermittlung. Dieses führt automatisch zu einer monopolistischen Nachfragestruktur gegenüber jenen, die Fernmeldeinvestitionen anbieten. Die Anbieter dieser Investitionen haben zusammen eine oligopolistische Struktur. Das heißt, ein Nachfragemonopolist trifft auf ein oligopoles Angebot. Das hat dazu geführt, daß ein Naturschutzpark zwischen Bundespost und Elektrokonzernen entstanden ist, wobei beide meinen, das läge in ihrem Vorteil.
In Wirklichkeit führt das dazu, daß technischer Fortschritt auf diese Art und Weise behindert wird, wie wir es zum Beispiel beim EWS-System erlebt haben, und dann die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Fernmeldeindustrie in der Weltwirtschaft Schaden leidet.
— Verehrter Herr Professor Ehmke, Sie haben recht; was früher galt, muß heute nicht mehr so sein. Heute geht es um andere Probleme — siehe KTK-
Kommission — und um andere Dimensionen. Deshalb sind wir der Meinung, daß die parlamentarische Kontrolle verstärkt werden muß.