Rede von
Heinrich
Müller
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schröder, Sie haben heute eine sehr maßvolle Rede gehalten. Das bin ich von Ihnen gar nicht gewohnt. Aber vielleicht liegt das daran, daß wir im Haushaltsausschuß diesen Haushalt doch überwiegend einvernehmlich verabschiedet haben.
Nun zu dem, was Sie hier zu der angeblich festgefahrenen Verkehrspolitik gesagt haben; Sie meinten damit wieder den Schwerpunkt Deutsche Bundesbahn. Ich habe hier die „Deutsche Verkehrszeitung" vom 25. Oktober 1979. Ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten nur die beiden Absätze am Anfang und am Ende zitieren:
Gute Nachrichten aus Frankfurt waren lange
Jahre Mangelware. Das ändert sich: Die Bun-
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979 15273
Müller
desbahn ist zwar noch lange nicht aus dem Tal heraus, aber es geht aufwärts zumal im Güterverkehr.
Zum Schluß heißt es hier — ich zitiere wieder —:
Das Ziel der Bahn, die optimale Leistung auf einem maßgeschneiderten Netz zu einem adäquaten Preis zu erbringen, ist daher noch weit.
Darin stimmen wir überein.
Aber die Richtung stimmt.
Das wollte ich Ihnen gesagt haben.
— Nein, nein, unsere Richtung stimmt. Sie machen ja mit; Sie wollen es nur nicht zugeben.
— Immer gewesen!
Dann noch ein Wort zu den Beschlüssen des SPD- Parteitages in Berlin. Ich bin selbst dabeigewesen. Die Beschlüsse sind nicht so gefaßt worden, wie Sie sie hier darstellen. Der Antrag ist an die SPD-Bundestagsfraktion überwiesen worden. Wir werden uns dort damit beschäftigen, und Sie werden sicherlich daran teilhaben, wenn wir in den Verkehrsausschuß oder in den Haushaltsausschuß gehen.
— Nein, nein.
Nun zum Einzelplan 12 selbst. Mit zu vielen Zahlen, meine sehr verehrten Damen und Herren, aus dem Verkehrshaushalt 1980 möchte ich Sie hier nicht strapazieren. Ich erlaube mir, auf meinen ausführlichen Schriftlichen Bericht auf der Drucksache 8/3430 vom 27. November dieses Jahres zu verweisen. Dort finden Sie den gewünschten Überblick über die Verkehrspolitik der Bundesregierung und der sie tragenden Koalition.
Der Verkehrshaushalt liegt nach wie vor an dritter Stelle der großen Ausgabenblöcke nach den Ausgaben für das Sozialwesen und für die Verteidigung. Der vom Bundestag für das Jahr 1980 zum Verkehrshaushalt abgesteckte Ausgabenrahmen sichert einerseits die Kontinuität beim Ausbau des Verkehrswesens, berücksichtigt andererseits die Trendentwicklung der verkehrspolitischen Prioritäten, die Verstetigung der Bauabläufe sowie die Belange der Umwelt. Mit einem Investitionsvolumen von über 13 Milliarden DM im Jahre 1980 — das sind wieder 50,7 % des Gesamtplafonds — ist er der bedeutendste Investitionshaushalt des Bundes. In den Investitionsausgaben sind auch die Ausgaben für das Zukunftsinvestitionsprogramm mit 788 Millionen DM für 1980 enthalten.
Nun etwas zur Bundesbahn. Für die Bundesbahn stehen, wie der Kollege Schröder hier soeben gesagt hat, wieder 13 Milliarden DM bereit. Wir haben in der Bereinigungssitzung am 14. Dezember, wie Sie es hier gerade angedeutet haben, die Zuwendungen an die Deutsche Bundesbahn um 200 Millionen DM gekürzt. Aber wir meinten, daß diese Kürzung zu vertreten ist.
Die Zuweisungen an die Deutsche Bundesbahn unterstreichen die besondere Bedeutung dieses Sondervermögens des Bundes, gerade auch im Hinblick auf die energiepolitische Entwicklung. Es gilt, die Deutsche Bundesbahn als ein vom Erdöl weitgehend unabhängiges Verkehrsmittel verstärkt zu fördern. Der Mehrbetrag an erfolgswirksamen Bundesleistungen wird zur Deckung des Mehrbedarfs beim Schienenpersonennahverkehr sowie zur Deckung unvermeidbarer Betriebsverluste im kombinierten Verkehr aus dem Jahre 1979 und im Jahre 1980 benötigt. Die Deckung des Mehrbedarfs erfolgt zu Lasten der Liquiditätshilfen. Wir haben das einvernehmlich beschlossen.
Die Investitionsanteile beim Ausbau des Schienennetzes sind erheblich gesteigert, notwendige Streckenneu- und -ausbauten sind voll aufgenommen worden. Die Deutsche Bundesbahn ist wieder voll beschäftigt. Ein günstiger Konjunkturverlauf und die Anstrengungen der Bundesbahn selbst zeigen erste Erfolge. Im Güterverkehr wird 1979 ein Zuwachs von 6% erwartet. Besonders bei den eisenbahnspezifischen Massenguttransporten ist ein starker Anstieg zu verzeichnen: Kohle plus 11 %, Eisen und Stahl plus 8 %. Im Personenverkehr wirkt sich schon jetzt die Einführung der Intercity-Züge positiv aus.
Erfolge sind auch im kombinierten Verkehr zu verzeichnen: Im Containerverkehr ein Plus von 20 %, im Huckepackverkehr ein Plus von 37%.
So ist es dem Bundesverkehrsminister und der Bundesbahn selbst gelungen, den weiteren Anstieg der Bilanzverluste der Deutschen Bundesbahn zu stoppen. Der Bilanzverlust von 4,6 Milliarden DM 1978 wird sich, wie Sie sagten, Herr Kollege Schröder, auf etwa 3,9 Milliarden DM 1979 vermindern. Für 1980 wird er sich voraussichtlich auf etwa 3,6 oder 3,5 Milliarden DM verringern.
Auf der Kostenseite wurden wesentliche Fortschritte erzielt. Seit 1974 konnte die Zahl der Bahnbediensteten im Wege des natürlichen Abgangs und ohne soziale Härten um 77 000 verringert werden. Damit wurde eine jährliche Entlastung auf der Personalkostenseite um 3' Milliarden DM erreicht. Auch der Bundesrechnungshof hat in einer der vielen Sitzungen, die wir um die Deutsche Bundesbahn geführt haben — im Haushaltsausschuß und im Verkehrsausschuß — anerkannt, daß es sehr positiv ist, daß der Anstieg der Verschuldung der Deutschen Bundesbahn voraussichtlich nicht in der bisher geschätzten Höhe von 43 Milliarden DM eintreten wird, sondern für 1979 und für 1980 die 31-Milliarden-Grenze nicht übersteigen wird. Die konsequent auf Konsolidierung und Gesundung ausgerichtete Bahnpolitik des Bundesverkehrsministers beginnt erste Erfolge zu zeigen. Wir sollten ihm dafür danken.
15274 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979
Müller
Neben der Deutschen Bundesbahn soll aber der zweite Schwerpunkt des Einzelplanes 12, nämlich die Ausgaben für den Bundesfernstraßenbau, nicht zu kurz kommen. Im Ausbau und der Erweiterung des Bundesfernstraßennetzes zeichnete sich bereits in den zurückliegenden Jahren ein Wandel ab. Der übertriebene Wunschkatalog wurde auf ein realistisches Maß zurückgeführt.
— Ich komme aus Niedersachsen, Herr Kollege Dr. Schulte. Ich habe aus meiner Presse in Niedersachsen in Erinnerung, daß federführend für diese Kürzung in Niedersachsen die sehr verehrte Frau Verkehrsministerin Dr. Breuel war. Sie hat ja auch die Straßenbauverwaltung. Wir alle wissen doch: Der Bund hat keine eigene Straßenbauverwaltung. Was wir an Mitteln für den Fernstraßenbau bewilligen, wird geplant und durchgeführt und abgerechnet von den Ländern.
— Nein, nein! Das ist ein hochangesehener Mann!
— Fragen Sie bitte einmal die Bediensteten der Deutschen Bundesbahn, was sie von dem Verkehrsminister Georg Leber halten! Sie sagen: Aus ihrer Sicht sei er der beste gewesen. Das sagen mir die Eisenbahner zu Hause.
Aber zurück zum Straßenbau. Der übertriebene Wunschkatalog wurde auf ein realistisches Maß zurückgeführt. Die 7 000 Kilometer haben ich eben erwähnt. Ich will mich nicht wiederholen.
— Ich muß mit zehn Minuten auskommen, während Herr Schröder 15 Minuten zur Verfügung hatte.
— Ich habe schon das rote Licht hier!
Ich wollte Ihnen noch etwas zu der Kürzung um die 150 Millionen DM sagen, wie wir sie im Haushaltsausschuß vorgenommen haben. Es werden dadurch im Jahre 1980 nur etwa zehn Kilometer weniger neu angefangen werden können. Wir haben immerhin für den Bundesfernstraßenbau 5,8 Milliarden DM an Investitionsausgaben zur Verfügung. Diese Ausgaben sind unter dem Motto „Qualität geht vor Quantität" zu tätigen. Das bedeutet, daß die Qualität einer Straße vor der reinen Kilometerleistung stehen muß.
Es hat sich gezeigt, daß auch hier ein Umdenken in der breiten Öfentlichkeit erfolgt ist und ein verstärkter Schutz der Landschaft und der Umwelt gegenüber den Straßenplanungen gefordert wird. Daneben darf aber die Verkehrssicherheit nicht außer acht gelassen werden.
Ich muß leider meinen Beitrag damit jetzt beenden. Ich wollte auch noch etwas zum Lärmschutzgesetz sagen. Es kommt ja jetzt im zweiten Durchgang vor den Bundestag, dann wird es in den Bundesrat gehen.
Meine Fraktion stimmt dem Einzelplan 12 zu.
Ich persönlich bedanke mich bei dem Minister, bei seinen Mitarbeitern, bei den Mitarbeitern im Haushaltsausschuß, bei den Kollegen im Verkehrsausschuß und bei Ihnen allen für die gute Zusammenarbeit. Ich stehe hier zum letztenmal als Berichterstatter. Ich komme 1980 nicht wieder. Noch einmal herzlichen Dank für die Zusammenarbeit, und machen Sie in der Verkehrspolitik so weiter, wie wir begonnen haben.