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ID0819228100

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    Plenarprotokoll 8/192 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 192. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979 Inhalt: Nachruf auf den ehemaligen Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages, Professor Dr. Carlo Schmid 15177A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung 15177 D Telegramm der deutschen Gruppe der Interparlamentarischen Union an den Schiitenführer Ayatollah Khomeini . . . 15221 D Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1980 (Haushaltsgesetz 1980) — Drucksachen 8/3100, 8/3354 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksache 8/3378 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 8/3393 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 8/3397 — Carstens (Emstek) CDU/CSU 15178A Grobecker SPD 15185A Gärtner FDP 15188B Matthöfer, Bundesminister BMF . . . 15193 B Dr. Schäuble CDU/CSU 15205 D Westphal SPD 15208 C Frau Matthäus-Maier FDP 15212 B Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksache 8/3379 — Glos CDU/CSU 15215 B Frau Simonis SPD 15222 C Dr. Haussmann FDP 15228 B Dr. Biedenkopf CDU/CSU 15231 D Reuschenbach SPD 15238 B Dr. Graf Lambsdorff BMWi 15241 B Gerstein CDU/CSU 15250A Wolfram (Recklinghausen) SPD . . . 15253 B Wurbs FDP 15256A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979 Dr. Warnke CDU/CSU 15257 B Frau Dr. Martiny-Glotz SPD 15259A Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksache 8/3387 — 15222 B Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksache 8/3380 — Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU . . 15261 C Simpfendörfer SPD 15264A Zywietz FDP 15266 C Ertl, Bundesminister BML 15268 D Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 8/3382, 8/3430 — in Verbindung mit Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 8/3383 — Schröder (Lüneburg) CDU/CSU . . . 15270C Müller (Nordenham) SPD . . . 15272D, 15283A Hoffie FDP 15274 C Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd) CDU/ CSU 15277A Curdt SPD 15278 D Merker FDP 15281 A Feinendegen CDU/CSU 15282 C Dr. Friedmann CDU/CSU 15283 B Gscheidle, Bundesminister BMV /BMP 15285 D Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 8/3389 — Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 15288 B Frau Traupe SPD 15290 B Gattermann FDP 15293 C Dr. Schneider CDU/CSU 15295 D Müntefering SPD 15298 B Dr. Haack, Bundesminister BMBau . . . 15300 B Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksache 8/3377 — Dr. Friedmann CDU/CSU 15302 C Dr. Emmerlich SPD 15304A Engelhard FDP 15305 B Dr. Vogel, Bundesminister BMJ . . . . 15306A Nächste Sitzung 15307 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 15309* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979 15177 192. Sitzung Bonn, den 12. Dezember 1979 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen* 14. 12. Dr. Aigner* 14. 12. Alber* 14. 12. Dr. Apel 12. 12. Dr. Bangemann* 14. 12. Blumenfeld* 14. 12. Egert 14. 12. Fellermaier* 14. 12. Frau Dr. Focke* 14. 12. Friedrich (Würzburg) * 14. 12. Dr. Früh* 14. 12. Dr. Fuchs* 14. 12. Gallus 14. 12. von Hassel* 14. 12. Katzer 14. 12. Dr. h. c. Kiesinger 12. 12. Dr. Klepsch* 14. 12. Lange* 14. 12. Lücker* 14. 12. Luster* 14. 12. Milz 14. 12. _ Dr. Möller 12. 12. Dr. Müller-Hermann* 14. 12. Dr. Pfennig * 14. 12. Frau Schleicher* 14. 12. Dr. Schwarz-Schilling 13. 12. Dr. Schwencke (Nienburg) * 14. 12. Seefeld * 14. 12. Sieglerschmidt * 14. 12. Frau Tübler 14. 12. Frau Dr. Walz* 14. 12. Wawrzik * 14. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Horst Schröder


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Verkehrshaushalt 1980 ist das zahlenmäßige Spiegelbild einer in den zentralen Problemen festgefahrenen Verkehrspolitik.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Die Immobilität dieser Verkehrspolitik in der 8. Legislaturperiode ist in ihrer negativen Auswirkung voll auf den Verkehrshaushalt durchgeschlagen. Abgesehen von dem Ausgabenblock „Deutsche Bundesbahn" ist die Stagnation bei den übrigen Ausgabenblöcken seit 1977 überdeutlich. Im Jahre 1977 hatte der Verkehrshaushalt ein Volumen von 21,6 Milliarden DM; im nächsten Haushaltsjahr beträgt das Volumen 25,9 Milliarden DM.
    Im gleichen Zeitraum sind die Haushaltsleistungen an die Bundesbahn von 11,3 Milliarden DM auf 14,6 Milliarden DM, d. h. um über 30 % angestiegen. In einem anderen Vergleich heißt dieses, daß der Anteil der Bundesleistungen an die Bahn von 49,9% im Verkehrshaushalt des Jahres 1977 auf 53 % im vor uns liegenden Bundeshaushalt 1980 angestiegen ist, in bezug auf den gesamten Bundeshaushalt von 5,4% im Jahre 1977 auf 6,5% im Jahre 1980. Meine Damen und Herren, ich glaube, daß diese Zahlen ein eindrucksvolles Beispiel, ein eindrucksvoller Niederschlag der verkehrspolitischen Fehleinschätzungen durch den zuständigen Minister und durch diese Regierung sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Noch im Jahre 1977 legte die Bundesregierung ihren damaligen Finanzplan für den Zeitraum bis 1980 vor. Die Bundesleistungen an die Bahn wurden damals für das Haushaltsjahr 1980 mit 11,3 Milliarden DM angesetzt. Der tatsächliche Mittelbedarf der Bahn ist damit um fast 3 Millarden DM unterschätzt worden. Diese gewaltige Unterschätzung des Mittelbedarfs der Bahn aus dem Bundeshaushalt ist das negative Markenzeichen aller Finanzplanungen dieser Bundesregierungen seit 1970. Zugleich ist dies der zahlenmäßige Indikator für die Überschätzung ihrer Bundesbahnpolitik.
    Demgegenüber hat der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung vom 16. Dezember 1976 folgendes erklärt:
    Gegenwärtig wird der Bundeshaushalt durch Zahlung an die Bundesbahn mit gut 10 Milliarden DM jährlich belastet. Diese Belastung muß durch energische Rationalisierung und durch
    Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979 15271
    Schröder (Lüneburg)

    eine stärkere Anpassung des Angebots an die Nachfrage verringert werden.
    Meine Damen und Herren, dieses Ziel — das macht der Verkehrshaushalt für 1980 deutlich — wurde eklatant verfehlt. Natürlich gesteht die Bundesregierung diesen Mißerfolg nicht ein.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wie immer!)

    Die Kunst aller Sozialisten, Mißerfolge verbal in Erfolge umzufunktionieren, wird in der neuen Finanzplanung für die Jahre 1979 bis 1983 um so beeindruckender praktiziert.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ganz im Gegensatz zur Regierungserklärung wird hier nämlich voller Stolz verkündet — ich darf wiederum wörtlich zitieren —:
    Mit rund 14 Milliarden DM
    — so heißt es in der mittelfristigen Finanzplanung —
    umfassen die Leistungen des Bundes an die Deutsche Bundesbahn mehr als 50% des Verkehrshaushalts.
    Man brüstet sich offensichtlich mit diesem Ergebnis.
    Meine Damen und Herren, damit komme ich zu dem zentralen Thema der Verkehrs- und der Verkehrsfinanzpolitik, nämlich der Situation und den Problemen der Bundesbahn selbst. Ich will gar nicht verkennen, daß sich in diesem Jahre, 1979, aller Voraussicht nach das Wirtschaftsergebnis der Bundesbahn gegenüber dem Vorjahr um etwa 700 Millionen DM verbessern dürfte und der Jahresfehlbedarf damit erstmalig knapp unter 4 Milliarden DM, bei rund 3,9 Milliarden DM, liegen dürfte. Auch im nächsten Jahr dürfen wir auf Grund der konjunkturellen Entwicklung mit einer leichten Ertragsverbesserung bei der Bundesbahn rechnen. Dies ändert zunächst nichts daran, daß der Gesamtschuldenstand in diesem und auch im nächsten Jahr weiter ansteigen wird. Meine Damen und Herren, ich wiederhole es: Diese leichte Verbesserung in der Ertragslage der Bundesbahn ist Gott sei Dank das Ergebnis einer relativ guten Konjunkturentwicklung und das Ergebnis einiger ertragsbessernder Maßnahmen der Bundesbahn selbst. Zu ihr hat -leider keine konkrete verkehrspolitische Entscheidung dieser Bundesregierung beigetragen. Ganz im Gegenteil, meine Damen und Herren, Sie alle wissen, daß sich dieses Parlament, der Verkehrsausschuß und der Haushaltsausschuß gleichermaßen noch nie so intensiv mit einer bestimmten verkehrspolitischen Materie auseinandergesetzt haben wie mit den Grundsatzproblemen der Deutschen Bundesbahn.

    (Dr. Waffenschmidt [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Verkehrs- und Haushaltsausschuß haben gemein- sam Anhörverfahren durchgeführt, haben gemeinsam verschiedene interne Beratungen durchgeführt, haben gemeinsam eine Fülle von Überlegungen angestellt und von Vorschlägen unterbreitet.
    Meine Damen und Herren, was aber war das Ergebnis? Ich muß es gestehen: Das Ergebnis ist null Komma nichts gewesen. Die Bundesregierung hat nicht eine einzige Anregung aus dem Anhörverfahren, hat nicht einen einzigen Vorschlag aus dem Verkehrs- und dem Haushaltsausschuß aufgegriffen. Der zuständige Bundesminister glänzt zwar — das will ich gern einräumen — durch hervorragende Analysen, in denen er uns in der Regel zustimmen muß, aber er zieht nicht eine einzige Schlußfolgerung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    So müssen wir leider feststellen, daß die Bundesbahn in dieser Dekade erst wieder ihren Leistungsstandard von 1965 erreicht hat und daß die Zuwendungen des Bundes in dem Zeitraum von 1965 bis Ende der 70er Jahre um 773 % angestiegen sind. An den Rahmenbedingungen, unter denen die Bundesbahn arbeiten muß, ist nichts geändert worden; im Gegenteil, aus jener dramatischen Schilderung, die uns in den Anhörverfahren, in den Sitzungen des Verkehrs- und des Haushaltsausschusses gegeben worden ist, daß nämlich wir aus dem Bereich der Politik,. seitens der Regierung und des Parlaments, bestimmte Rahmenbedingungen zu ändern hätten, oder aber es würde sich nichts an der Gesamtsituation der Bundesbahn ändern, aus diesen dramatischen Appellen bezüglich der Rahmenbedingungen sind keine Schlußfolgerungen gezogen worden.
    Unverändert bleiben auch für den Beginn des nächsten Jahrzehnts die großen Probleme der Bundesbahn — die Organisationsstruktur, die Betriebs- und Tarifpflicht, die Frage des öffentlichen Dienstrechts, die Frage der innerbetrieblichen Organisation der Bundesbahn — bestehen. Ich bin mir darüber im klaren — wir haben das ja im Zusammenhang mit den Überlegungen, die wir angestellt haben, gemerkt —, daß man sich sicher an diesen von mir genannten Themen die Finger verbrennen kann. Aber, meine Damen und Herren, regieren heißt für mich immer noch initiieren und führen, und davon war in diesen vier Jahren wahrlich nichts zu merken.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Lassen Sie mich damit zu dem zweiten großen Problem im Verkehrshaushalt kommen, nämlich zum Straßenbau. Meine Damen und Herren, auch hier haben wir eine Entwicklung, die uns mit einer gewissen Sorge erfüllen muß.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Der Minister hat Angst vor den Grünen! — Angst? Er hat die Hosen voll!)

    Von 1969 bis zum Haushalt 1980 haben wir im Bereich des Straßenbaus zwar eine nominelle Steigerungsrate von rund 64 %,

    (Zuruf des Abg. Zywietz [FDP])

    aber gleichzeitig, Herr Kollege Zywietz, haben wir eine Preissteigerungsrate von 75 %. Das heißt, wir haben einen realen Rückgang von 11%. Wenn ich noch in Betracht ziehe, daß wir in diesen Jahren — und das wird im nächsten Haushaltsjahr verstärkt so
    15272 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979
    Schröder (Lüneburg)

    sein — mehr Aufwendungen für den Lärmschutz vornehmen müssen

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Wollen!)

    — vornehmen müssen und auch wollen; ich bin, Herr Kollege Pfeffermann, durchaus mit Ihrer Anmerkung einverstanden —, und wenn ich das in Relation zu der Tatsache setze, Herr Kollege Pfeffermann, daß die nominellen Ansätze für den Straßenbau praktisch unverändert bleiben, muß ich hier feststellen, daß die realen Leistungen für den Straßenbau zurückgehen.

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Völlig korrekt!)

    Ich denke, ich überzeichne nicht, wenn ich dazu feststelle, daß der eigentliche Grund für die Überarbeitung, für die Neufassung des Bundesverkehrswegeplans, der eigentliche Grund für die drastischen Reduzierungen bei den Aubauplanungen für die Bundesautobahnen und für die Bundesfernstraßen nicht einmal die neue grüne Angst dieser Regierung ist, daß auch nicht diverse Einsprüche und nicht so sehr richterliche Entscheidungen die Ursache sind; vielmehr hat hier schlicht und einfach das Diktat der Kassen entschieden. Das ist der wahre Grund dafür, daß der Bundesverkehrswegeplan mit so drastischen Kürzungen bei den Ausbauplanungen für die Bundesautobahnen und für die Bundesfernstraßen überarbeitet werden mußte.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Mißwirtschaft!)

    Aus einer Unterlage des Bundesverkehrsministeriums geht eindeutig hervor, daß wir zwar im Zeitraum von 1971 bis 1980 bei den investiven Leistungen im Verkehrsbereich noch einen Anteil von 53,2 % hatten, der auf den Straßenbau entfiel, daß dieser Anteil bei den investiven Leistungen im Zeitraum 1980 bis 1990 aber auf 42 % absacken wird.
    Lassen Sie mich zusammenfassend feststellen, daß sowohl der Verkehrshaushalt 1980 als auch die fast sagen, es ist der einzige Punkt, der etwas Erfreuliches beinhaltet, nämlich die finanziellen Maßnahmen für die Seeschiffahrt. Hier darf ich feststellen, daß wir gemeinsam im Haushaltsausschuß mit den vorgesehenen Finanzbeiträgen und mit den fortgesetzten Neubauhilfen einen richtigen Weg eingeschlagen haben. Finanzbeiträge und Neubauhilfen haben sich auch aus unserer Sicht durchaus bewährt. Ich warne allerdings, Herr Kollege Hoffie, hier in einen voreiligen Optimismus auszubrechen. Ober der deutschen Seeschiffahrt lastet nach wie vor die Ungewißheit der Entwicklung auf den Weltfrachtenmärkten, lastet vor allen Dingen die Ungewißheit der Dollarentwicklung; denn über 80 % auch der Kontrakte deutscher Reeder werden bekanntlich auf Dollarbasis abgeschlossen. Aber in diesem Punkt werden wir in der Zukunft gemeinsam den Weg fortschreiten, den wir in den letzten Haushaltsjahren begonnen haben.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich als nächstes einen Blick auf die mittelfristige Vorausschau des Verkehrshaushaltes werfen. Im Jahre 1980 — dem Haushalt, über den wir nun zu entscheiden haben — haben wir ein Gesamtvolumen für Verkehrsfinanzierungsleistungen von 28,3 Milliarden DM. Werfen wir einen Blick in die mittelfristige Finanzplanung, so müssen wir mit Erschrecken feststellen, daß im letzten Jahr der jetzt vorgelegten mittelfristigen Finanzplanung, nämlich 1983, das Gesamtvolumen für alle Verkehrsfinanzierungsleistungen 28,2 Milliarden betragen soll. Wir haben hier also noch nicht einmal nominelle Zuwachsraten, geschweige denn einen realen Anstieg der Verkehrshaushalte im Gesamthaushalt.

    (Grobecker [SPD]: Es muß ja auch gespart werden!)

    — Ganz sicher muß gespart werden. Aber, lieber Herr Kollege Grobecker, ich meine, daß in dieser Zahlenvorausschau der mittelfristigen Finanzplanung vor allen Dingen zweierlei deutlich wird: erstens, daß diese Bundesregierung der Verkehrspolitik keinerlei Priorität, ja, ich würde fast sagen, keinerlei Bedeutung einräumt, und zweitens, daß dieser Bundesverkehrsminister nicht in der Lage ist, sich durchzusetzen.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Warum soll der besser sein als sein Kanzler!)

    Meine Damen und Herren, was statt dessen offensichtlich auf uns zukommen soll, sind Beschlüsse des SPD-Parteitages, Herr Kollege Grobecker, an denen Sie offensichtlich mitgewirkt haben, worin es heißt, daß der Schwerlastverkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern sei. Ich kann nur hoffen, daß das nicht mit Gewalt, mit dirigistischen Maßnahmen der Verkehrspolitik geschehen soll. Wenn das allerdings passieren sollte, dann frage ich mich, wie Sie das vorgelegte Zahlenkorsett einhalten wollen.
    Lassen Sie mich zusammenfassend feststellen, daß sowohl der Verkehrshaushalt 1980 als auch die mittelfristige Vorausschau die Stagnation unserer Verkehrspolitik symbolisieren und deutlich wird, daß nur neue politische Impulse die Verkehrspolitik wieder nach vorn bringen. Solange dies nicht der Fall ist, müssen wir den Verkehrshaushalt und den dazugehörigen Teil der mittelfristigen Finanzplanung für den Verkehrsbereich ablehnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Richard Wurbs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Müller (Nordenham).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Heinrich Müller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schröder, Sie haben heute eine sehr maßvolle Rede gehalten. Das bin ich von Ihnen gar nicht gewohnt. Aber vielleicht liegt das daran, daß wir im Haushaltsausschuß diesen Haushalt doch überwiegend einvernehmlich verabschiedet haben.
    Nun zu dem, was Sie hier zu der angeblich festgefahrenen Verkehrspolitik gesagt haben; Sie meinten damit wieder den Schwerpunkt Deutsche Bundesbahn. Ich habe hier die „Deutsche Verkehrszeitung" vom 25. Oktober 1979. Ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten nur die beiden Absätze am Anfang und am Ende zitieren:
    Gute Nachrichten aus Frankfurt waren lange
    Jahre Mangelware. Das ändert sich: Die Bun-
    Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979 15273
    Müller (Nordenham)

    desbahn ist zwar noch lange nicht aus dem Tal heraus, aber es geht aufwärts zumal im Güterverkehr.
    Zum Schluß heißt es hier — ich zitiere wieder —:
    Das Ziel der Bahn, die optimale Leistung auf einem maßgeschneiderten Netz zu einem adäquaten Preis zu erbringen, ist daher noch weit.
    Darin stimmen wir überein.
    Aber die Richtung stimmt.
    Das wollte ich Ihnen gesagt haben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Schröder [Lüneburg] [CDU/CSU]: Eine Fehleinschätzung!)

    — Nein, nein, unsere Richtung stimmt. Sie machen ja mit; Sie wollen es nur nicht zugeben.

    (Dr. Jobst [CDU/CSU]: Sie sind ja sehr bescheiden!)

    — Immer gewesen!
    Dann noch ein Wort zu den Beschlüssen des SPD- Parteitages in Berlin. Ich bin selbst dabeigewesen. Die Beschlüsse sind nicht so gefaßt worden, wie Sie sie hier darstellen. Der Antrag ist an die SPD-Bundestagsfraktion überwiesen worden. Wir werden uns dort damit beschäftigen, und Sie werden sicherlich daran teilhaben, wenn wir in den Verkehrsausschuß oder in den Haushaltsausschuß gehen.

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Ein entschiedenes Vielleicht also?)

    — Nein, nein.
    Nun zum Einzelplan 12 selbst. Mit zu vielen Zahlen, meine sehr verehrten Damen und Herren, aus dem Verkehrshaushalt 1980 möchte ich Sie hier nicht strapazieren. Ich erlaube mir, auf meinen ausführlichen Schriftlichen Bericht auf der Drucksache 8/3430 vom 27. November dieses Jahres zu verweisen. Dort finden Sie den gewünschten Überblick über die Verkehrspolitik der Bundesregierung und der sie tragenden Koalition.
    Der Verkehrshaushalt liegt nach wie vor an dritter Stelle der großen Ausgabenblöcke nach den Ausgaben für das Sozialwesen und für die Verteidigung. Der vom Bundestag für das Jahr 1980 zum Verkehrshaushalt abgesteckte Ausgabenrahmen sichert einerseits die Kontinuität beim Ausbau des Verkehrswesens, berücksichtigt andererseits die Trendentwicklung der verkehrspolitischen Prioritäten, die Verstetigung der Bauabläufe sowie die Belange der Umwelt. Mit einem Investitionsvolumen von über 13 Milliarden DM im Jahre 1980 — das sind wieder 50,7 % des Gesamtplafonds — ist er der bedeutendste Investitionshaushalt des Bundes. In den Investitionsausgaben sind auch die Ausgaben für das Zukunftsinvestitionsprogramm mit 788 Millionen DM für 1980 enthalten.
    Nun etwas zur Bundesbahn. Für die Bundesbahn stehen, wie der Kollege Schröder hier soeben gesagt hat, wieder 13 Milliarden DM bereit. Wir haben in der Bereinigungssitzung am 14. Dezember, wie Sie es hier gerade angedeutet haben, die Zuwendungen an die Deutsche Bundesbahn um 200 Millionen DM gekürzt. Aber wir meinten, daß diese Kürzung zu vertreten ist.
    Die Zuweisungen an die Deutsche Bundesbahn unterstreichen die besondere Bedeutung dieses Sondervermögens des Bundes, gerade auch im Hinblick auf die energiepolitische Entwicklung. Es gilt, die Deutsche Bundesbahn als ein vom Erdöl weitgehend unabhängiges Verkehrsmittel verstärkt zu fördern. Der Mehrbetrag an erfolgswirksamen Bundesleistungen wird zur Deckung des Mehrbedarfs beim Schienenpersonennahverkehr sowie zur Deckung unvermeidbarer Betriebsverluste im kombinierten Verkehr aus dem Jahre 1979 und im Jahre 1980 benötigt. Die Deckung des Mehrbedarfs erfolgt zu Lasten der Liquiditätshilfen. Wir haben das einvernehmlich beschlossen.
    Die Investitionsanteile beim Ausbau des Schienennetzes sind erheblich gesteigert, notwendige Streckenneu- und -ausbauten sind voll aufgenommen worden. Die Deutsche Bundesbahn ist wieder voll beschäftigt. Ein günstiger Konjunkturverlauf und die Anstrengungen der Bundesbahn selbst zeigen erste Erfolge. Im Güterverkehr wird 1979 ein Zuwachs von 6% erwartet. Besonders bei den eisenbahnspezifischen Massenguttransporten ist ein starker Anstieg zu verzeichnen: Kohle plus 11 %, Eisen und Stahl plus 8 %. Im Personenverkehr wirkt sich schon jetzt die Einführung der Intercity-Züge positiv aus.

    (Beifall bei der SPD)

    Erfolge sind auch im kombinierten Verkehr zu verzeichnen: Im Containerverkehr ein Plus von 20 %, im Huckepackverkehr ein Plus von 37%.
    So ist es dem Bundesverkehrsminister und der Bundesbahn selbst gelungen, den weiteren Anstieg der Bilanzverluste der Deutschen Bundesbahn zu stoppen. Der Bilanzverlust von 4,6 Milliarden DM 1978 wird sich, wie Sie sagten, Herr Kollege Schröder, auf etwa 3,9 Milliarden DM 1979 vermindern. Für 1980 wird er sich voraussichtlich auf etwa 3,6 oder 3,5 Milliarden DM verringern.
    Auf der Kostenseite wurden wesentliche Fortschritte erzielt. Seit 1974 konnte die Zahl der Bahnbediensteten im Wege des natürlichen Abgangs und ohne soziale Härten um 77 000 verringert werden. Damit wurde eine jährliche Entlastung auf der Personalkostenseite um 3' Milliarden DM erreicht. Auch der Bundesrechnungshof hat in einer der vielen Sitzungen, die wir um die Deutsche Bundesbahn geführt haben — im Haushaltsausschuß und im Verkehrsausschuß — anerkannt, daß es sehr positiv ist, daß der Anstieg der Verschuldung der Deutschen Bundesbahn voraussichtlich nicht in der bisher geschätzten Höhe von 43 Milliarden DM eintreten wird, sondern für 1979 und für 1980 die 31-Milliarden-Grenze nicht übersteigen wird. Die konsequent auf Konsolidierung und Gesundung ausgerichtete Bahnpolitik des Bundesverkehrsministers beginnt erste Erfolge zu zeigen. Wir sollten ihm dafür danken.

    (Beifall bei der SPD)

    15274 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979
    Müller (Nordenham)

    Neben der Deutschen Bundesbahn soll aber der zweite Schwerpunkt des Einzelplanes 12, nämlich die Ausgaben für den Bundesfernstraßenbau, nicht zu kurz kommen. Im Ausbau und der Erweiterung des Bundesfernstraßennetzes zeichnete sich bereits in den zurückliegenden Jahren ein Wandel ab. Der übertriebene Wunschkatalog wurde auf ein realistisches Maß zurückgeführt.

    (Dr. Schulte [Schwäbisch-Gmünd] [CDU/CSU]: Wer hat denn da übertrieben? Das war doch Herr Leber!)

    — Ich komme aus Niedersachsen, Herr Kollege Dr. Schulte. Ich habe aus meiner Presse in Niedersachsen in Erinnerung, daß federführend für diese Kürzung in Niedersachsen die sehr verehrte Frau Verkehrsministerin Dr. Breuel war. Sie hat ja auch die Straßenbauverwaltung. Wir alle wissen doch: Der Bund hat keine eigene Straßenbauverwaltung. Was wir an Mitteln für den Fernstraßenbau bewilligen, wird geplant und durchgeführt und abgerechnet von den Ländern.

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Aber wer hat denn die Utopien beschrieben? Das war doch ein gewisser Leber-Plan! Erinnern Sie sich nicht?)

    — Nein, nein! Das ist ein hochangesehener Mann!

    (Heiterkeit und Zurufe bei der CDU/CSU)

    — Fragen Sie bitte einmal die Bediensteten der Deutschen Bundesbahn, was sie von dem Verkehrsminister Georg Leber halten! Sie sagen: Aus ihrer Sicht sei er der beste gewesen. Das sagen mir die Eisenbahner zu Hause.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU)

    Aber zurück zum Straßenbau. Der übertriebene Wunschkatalog wurde auf ein realistisches Maß zurückgeführt. Die 7 000 Kilometer haben ich eben erwähnt. Ich will mich nicht wiederholen.

    (Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ich muß mit zehn Minuten auskommen, während Herr Schröder 15 Minuten zur Verfügung hatte.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Was hält die Bundesbahn vom jetzigen Minister? Was hält sie von Gscheidle?)

    — Ich habe schon das rote Licht hier!

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU — Zurufe: Das rote Licht!)

    Ich wollte Ihnen noch etwas zu der Kürzung um die 150 Millionen DM sagen, wie wir sie im Haushaltsausschuß vorgenommen haben. Es werden dadurch im Jahre 1980 nur etwa zehn Kilometer weniger neu angefangen werden können. Wir haben immerhin für den Bundesfernstraßenbau 5,8 Milliarden DM an Investitionsausgaben zur Verfügung. Diese Ausgaben sind unter dem Motto „Qualität geht vor Quantität" zu tätigen. Das bedeutet, daß die Qualität einer Straße vor der reinen Kilometerleistung stehen muß.
    Es hat sich gezeigt, daß auch hier ein Umdenken in der breiten Öfentlichkeit erfolgt ist und ein verstärkter Schutz der Landschaft und der Umwelt gegenüber den Straßenplanungen gefordert wird. Daneben darf aber die Verkehrssicherheit nicht außer acht gelassen werden.
    Ich muß leider meinen Beitrag damit jetzt beenden. Ich wollte auch noch etwas zum Lärmschutzgesetz sagen. Es kommt ja jetzt im zweiten Durchgang vor den Bundestag, dann wird es in den Bundesrat gehen.
    Meine Fraktion stimmt dem Einzelplan 12 zu.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist völlig überraschend!)

    Ich persönlich bedanke mich bei dem Minister, bei seinen Mitarbeitern, bei den Mitarbeitern im Haushaltsausschuß, bei den Kollegen im Verkehrsausschuß und bei Ihnen allen für die gute Zusammenarbeit. Ich stehe hier zum letztenmal als Berichterstatter. Ich komme 1980 nicht wieder. Noch einmal herzlichen Dank für die Zusammenarbeit, und machen Sie in der Verkehrspolitik so weiter, wie wir begonnen haben.

    (Beifall bei allen Fraktionen)