Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen, meine Herren! Aus den bisherigen Debattenbeiträgen über den Haushalt des Bundesministers für Wirtschaft habe ich entnehmen können, daß alle Fraktionen des Deutschen Bundestages der Mittelstandspolitik eine herausragende Bedeutung für die Leistungsfähigkeit unseres marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystems beimessen. Die FDP-Bundestagsfraktion insbesondere war und ist immer bereit, an einer möglichst breiten parlamentarischen Basis für diesen so wichtigen Bereich der Wirtschaftspolitik mitzuarbeiten.
Die FDP betrachtet einen leistungsfähigen Mittelstand als beste Garantie für den Bestand unserer freiheitlichen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung.
Sie hat deshalb bei den zurückliegenden Bundeshaushaltsplänen und natürlich auch bei dem jetzt zur Verabschiedung anstehenden Bundeshaushalt 1980 konsequent dafür gesorgt, daß durch bestimmte Maßnahmen und Mittel die größenbedingten Nachteile, die kleine und mittlere Unternehmen gegenüber Großunternehmen naturgemäß haben, ausgeglichen werden und ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten bleibt. Daher kann man auch nicht behaupten, wie dies die Opposition immer wieder zu tun pflegt, daß die Wirtschaftspolitik dieser Koalition mittelstandsfeindlich sei. Die Tatsachen zeigen, daß diese Behauptungen einfach falsch sind.
So kommt es z. B. in der Steuerpolitik 1980 zu einer weiteren steuerlichen und verwaltungsmäßigen Entlastung des Mittelstandes, vor allem der mittleren und kleinen Betriebe. Erstens fällt ab 1. 1. 1980 die Lohnsummensteuer fort. Zweitens entfällt ab 1. 1. 1980 die Mindestgewerbesteuer. Drittens wird ab 1. 1. 1980 der Freibetrag bei der Gewerbeertragsteuer von derzeit 24 000 DM auf 36 000 DM erhöht. Diese Maßnahmen tragen doch ausgesprochen mittelstandsfreundlichen Charakter. Ich glaube, das kann auch die Opposition nicht bestreiten.
Darüber hinaus wird dieses Steuerpaket zu einer erheblichen Verwaltungsvereinfachung führen; denn in Zukunft werden rund 60 % der Betriebe von der Gewerbeertragsteuer und rund 85 % der Unternehmen von der Gewerbekapitalsteuer befreit sein. Bei rund 200 000 Betrieben wird die beschäftigungsfeindliche Lohnsummensteuer ganz entfallen. Fazit: die Koalition redet nicht nur über Steuerersparnis und Steuervereinfachung, sie setzt diese Maßnahmen auch in die Tat um.
Die Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen ist im Haushalt des Bundesministers für Wirtschaft in den Titelgruppen 05 — technisch-wirtschaftliche Forschung, Entwicklung, Innovation, Rationalisierung — und 06 — Leistungssteigerung im Mittelstand — konzentriert. Im Haushaltsplan 1970 standen für beide Titelgruppen zusammen rund 65 Millionen DM zur Verfügung. Im Entwurf zu dem Haushaltsplan 1980 sind es insgesamt rund 645 Millionen DM. Dies ist fast eine Verzehnfachung des Mittelansatzès in zehn Jahren und macht mehr als alle Worte deutlich, wieviel die liberale Koalition für den Mittelstand tut.
In der Titelgruppe 05 machen die Zuschüsse zu den Personalaufwendungen kleiner und mittlerer Unternehmen im Forschungs- und Entwicklungsbereich bei weitem den größten Brocken aus. Diese Zuschüsse sind erstmals 1979 in Höhe von 300 Millionen DM gewährt worden. Der Ansatz für 1980 sieht eine Steigerung auf 390 Millionen DM vor. Dies ist ein Beweis dafür, daß dieses Programm von den kleinen und mittleren Unternehmen angenommen wird. Es ist dafür gedacht, die mittelständischen Unternehmen in ihrer Forschungs- und Entwicklungsaktivität zu unterstützen, damit sie sich sowohl im nationalen als auch im internationalen Wettbewerb behaupten können.
Zu begrüßen ist, daß die Zuschüsse praxisnah von der „Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen", einer Selbsthilfeeinrichtung der Wirtschaft, zentral vergeben werden. Dies halte ich für einen gelungenen Beitrag zu den von uns allen zu tragenden Bemühungen, gerade bei der Förderung kleinerer und mittlerer Unternehmen soviel wie möglich an Bürokratie zu vermeiden.
Meine Damen und Herren, aus der Titelgruppe 06 möchte ich das Eigenkapitalhilfeprogramm besonders erwähnen. Mit diesem Programm soll die Eigenkapitalbasis junger Unternehmer erweitert und ihre Kreditwürdigkeit erhöht werden. Beides sind Voraussetzungen für die Inanspruchnahme anderer Kreditprogramme des Bundes und der Länder sowie für die Gewährung von Fremdmitteln durch die Kreditwirtschaft.
Ich bin sicher, daß dieses neue Programm vor allem bei den jungen Menschen, die in erfreulich hohem Maße wieder bereit sind, sich selbständig zu machen und eigenes wirtschaftliches Risiko zu tragen, ein großes und breites Echo finden wird. Auch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht halte ich dieses Programm für besonders wichtig, weil gerade junge Unternehmer in der Lage sind, auf Veränderungen spontan einzugehen und Marktlücken auf Grund eigener Initiative zu entdecken.
Die Mittelstandspolitik der Liberalen hat sich seit jeher nicht als Schutzzaun- oder Konservierungspolitik alter Strukturen verstanden; sie tritt immer dafür ein, die Märkte offenzuhalten, denn dies kommt letztlich dem Verbraucher, auf den im Grunde alle Wirtschaftspolitik ausgerichtet ist, zugute.
Schließlich möchte ich aus der Titelgruppe 06 noch die Haushaltsmittel nennen, die die Bundesregierung zur Leistungssteigerung im Handwerk
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979 15257
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und zur überbetrieblichen beruflichen Bildung zur Verfügung stellt. Ich glaube, daß über die Wichtigkeit dieser beiden Positionen in Parlament und Offentlichkeit keine Zweifel bestehen. Der Schwerpunkt liegt auf der Unternehmensberatung und der Weiterbildung von Unternehmern und Mitarbeitern. 1970 wurden für beide Bereiche — man achte auf die Zahlen —, nämlich Leistungssteigerungen im Handwerk und überbetriebliche berufliche Bildung zusammen, lediglich 13 Millionen DM zur Verfügung gestellt. 1980 sind es insgesamt 60 Millionen DM. Der Mittelansatz hat sich damit — das spricht für sich — fast verfünffacht.
Meine Damen und Herren, diese Fakten, die sich sehen lassen können, sind der Beweis dafür, daß die Bundesregierung und die sie tragenden Koalitionsfraktionen eine wirkungsvolle, den ökonomischen Realitäten und Zielen Rechnung tragende flexible Mittelstandspolitik betreiben.
Ich möchte daher mit der Feststellung schließen, daß diese Koalition mit ihrem für die Mittelstandspolitik in erster Linie verantwortlichen Wirtschaftsminister soviel für den Mittelstand, für die kleinen und mittleren Unternehmen und ihre Arbeitnehmer getan hat und auch weiterhin tun wird wie noch keine Bundesregierung zuvor.