Rede von
Erich
Wolfram
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident, ich danke Ihnen. Wenn es der Opposition an Argumenten mangelt, wird sie lautstark, wie wir es jetzt erlebt haben. Mich bringt das nicht aus der Fassung. Ich werde meine Ausführungen zu Ende bringen.
Herr Dr. Barzel sollte zur Kenntnis nehmen, daß wir in dem Berliner Parteitagsbeschluß zum Ausdruck gebracht haben, daß seit dem Hamburger Parteitag sicherlich neue Probleme bei der Kernenergie entstanden sind. Das Stichwort „Harrisburg" ist in die Debatte geworfen worden. Auch Sie sollten sich kritischer mit diesen Problemen auseinandersetzen. Wir Sozialdemokraten haben klipp und klar gesagt, daß auf die friedliche Nutzung der Kernenergie nicht verzichtet werden kann. Wir haben uns gegen einen „forcierten Ausbau" der Kernenergie ausgesprochen. Wir haben gesagt: Wir begrüßen die Arbeit der Enquete-Kommission. Wir warten deren Ergebnisse ab. Wir werden sie in unseren weiteren Planungs- und Entscheidungsprozeß einbeziehen.
Wie widersprüchlich sind Sie als Opposition! Wenn Sie glaubwürdig sein wollen und wenn Sie Ihre Arbeit — Herr Gerstein, Sie sind ja Mitglied der Enquete-Kommission — ernst nehmen wollen, dann müssen auch Sie erst die Ergebnisse dieser Kommission abwarten. Das ist doch wohl der richtige Weg.
Wir Sozialdemokraten haben in Berlin klipp und klar zum Ausdruck gebracht:
Der zusätzliche Strombedarf der nächsten Jahre kann voraussichtlich mit weiteren Kohlekraftwerken gedeckt werden.
— Seien Sie doch nicht gleich so voreilig. Sie haben den Leitantrag und den Beschluß von Berlin nicht gelesen. Das ist Ihr „Aha"-Effekt. Sie brauchen immer einen Effekt. — Es heißt dann weiter:
Deswegen ist keineswegs sicher, ob langfristig
zusätzlicher Strombedarf allein durch neue
Kohlekraftwerke gedeckt werden kann. Inso-
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979 15255
Wolfram
fern kann daher heute nicht nur auf die weitere Nutzung der Kernenergie, sondern auch auf den Zubau von Kernkraftwerken nicht prinzipiell verzichtet werden.
Nehmen Sie das doch zur Kenntnis und drehen Sie unsere Beschlüsse nicht um.
Im übrigen lesen Sie auch, was wir zu den Kernkraftwerken, die in Betrieb sind und die sich in Bau befinden, gesagt haben. Ihr Herr Lenzer hat in einer Presseerklärung am 27. November 1979 vor der letzten Energiedebatte gesagt:
Die CDU/CSU bekräftigt den Grundsatz, daß die sichere Gewährleistung der Entsorgung von Kernkraftwerken eine der unabdingbaren Voraussetzungen für die weitete Nutzung und für den weiteren Ausbau der Kernenergie bleibt.
Nichts anderes haben wir immer wieder zum Ausdruck gebracht.
Versuchen Sie doch hier nicht, die Bevölkerung mit Ihren großen und vereinfachenden Formeln irrezuführen.
Lieber Professor Biedenkopf — —
— Wissen Sie, Sie werden mich auch nicht davon abbringen, höflich zu bleiben, selbst wenn man in der Sache kontrovers diskutiert.
Ich kann natürlich auch nur vom „Herrn Kollegen Biedenkopf" sprechen. — Herr Biedenkopf, für uns Sozialdemokraten ist die Formel vom Vorrang der Kohle eine klare Aussage. Wir nehmen die Formel ernst. Sie sollten auch nicht den Versuch machen, Nordrhein-Westfalen oder Schleswig-Holstein jetzt in ein schiefes Licht zu rücken.