Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir können am Ende des Jahres 1979 feststellen, daß wir für dieses Haushaltsjahr, das nun in wenigen Wochen zu Ende sein wird, nach NATO-Kriterien die 3 % real deutlich erreicht haben. Wir werden in diesem Jahr eine nominale Steigerung der Verteidigungsausgaben gegenüber 1978 um 6,6 % haben. Dies gibt nach Abzug des Deflators deutlich mehr als 3 % real.
Ich sage das deswegen, weil die Opposition im Januar dieses Jahres mit ähnlichen Argumenten, wie Herr Hauser sie vorgetragen hat, die Zustimmung zum Verteidigungsetat verweigert hat. Ich frage mich nun für 1980: Wieso erneut diese Verweigerung, wenngleich Sie in diesem Falle wirklich recht haben? Denn wir werden im Jahre 1980 die 3 % real sicherlich nicht erreichen. Dafür sind wir aber einer anderen Forderung nachgekommen, die auch für Sie wie für uns alle eine große Rolle gespielt hat. Zum erstenmal werden wir in diesem Etat einen deutlichen Einstieg in die soziale Komponente, in die Verbesserung der sozialen Lage der Angehörigen der Bundeswehr haben.
Ich meine also, wir sollten die Argumente nicht an den Haaren herbeiziehen: Sie haben gegen den Etat 1979 gestimmt, obwohl er den NATO-Kriterien deutlich entsprochen hat. Sie werden gegen den Etat 1980 stimmen, obwohl er eine deutliche soziale Komponente hat. Ich nehme das zur Kenntnis. Sie sollten das nur nicht ideologisch überhöhen und davon reden, wir hätten die Schwerpunkte von der Verteidigung auf die Entspannung verlagert.
Ich frage Sie: Woher nehmen Sie eigentlich diese sehr kühne Behauptung? Sie wissen doch genau so gut wie wir, daß, als die sozialliberale Koalition 1969 die Bundesregierung übernahm, die NATO in einem Auflösungszustand war und die Mansfield-Doktrin dahin führen mußte, daß die Amerikaner einseitig Truppen abziehen würden. Wir haben in dieser Zeit die NATO gefestigt. Es kann also überhaupt nicht die Rede davon sein, daß wir die Schwerpunkte verlagert hätten. Wir haben allerdings im Gegensatz zu Ihnen begriffen, daß es darauf ankommt, Verteidigung und Entspannung als die beiden Elemente der Sicherheitspolitik zu verstehen.
Lassen Sie mich einige Bemerkungen zu dem Etat machen, wie er jetzt vor uns liegt, und auch zu den Problemen, die dabei gegeben sind.
Erstens. Ich höre mit Freude, Herr Abgeordneter Würtz, daß Sie in einem sehr kühnen Satz gesagt haben: Der Beförderungs- und Verwendungsstau muß gelöst werden. Ich höre das mit großem Vergnügen. Denn Sie als Mitglied des Haushaltsausschusses haben — im übrigen mit allen Fraktionen; da waren Sie ja nicht allein, sondern die CDU/CSU hat mitgemacht; Herr Haase hat sich hier besondere Verdienste, ich meine negative Verdienste, erworben — —
— Sie haben uns bei der Verwirklichung des Heeresmodells 4 die Personalanhebungen so zusammengestrichen, daß wir nur noch in einem Kraftakt mit Hilfe der sozialliberalen Koalition wieder einigermaßen zurechtkommen konnten.
Und nun bitte schön also nicht so leichtfüßig von Beförderungs- und Verwendungsstau reden, wenn wir schon in dieser Frage einige Probleme hatten, berechtigte Personalwünsche die wir hatten, um das Heeresmodell 4 umzusetzen, wobei das ein Beitrag zur Auflockerung des Beförderungs- und Verwendungsstaus ist und wir dies nur mit Mühe erreichen konnten. Ich bin Ihnen also sehr dankbar, meine Herren Abgeordneten vom Haushaltsausschuß,
15170 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Dezember 1979
Bundesminister Dr. Apel
wenn Sie sagen: Es muß gelöst werden. Ich komme auf Ihr Angebot sehr gern zurück.
— Ich merke schon: Es war wahrscheinlich eine Bemerkung, die noch einiger Reflexion bedarf.
Ich komme zu dem zweiten Punkt. Ich finde, Herr Kollege Hauser, Sie können uns eigentlich keine Vorwürfe über die Ansätze im Bereich der Infrastruktur machen. Wir haben heute morgen in der Tageszeitung gelesen, daß derzeit die Bauindustrie so weit ist, daß sie mit überhöhten Angeboten bei den öffentlichen Nachfragern Aufträge abwehren will, weil sie sich nicht mehr in der Lage sieht, Aufträge aufzunehmen. Eine Tageszeitung hat ihren Artikel überschrieben: Schutz vor Aufträgen durch Abgabe überhöhter Angebote.
— Augenblick! Ich komme darauf gern zurück. Nur, wenn das die Situation ist, dann muß der Haushalt 1980 bei der Infrastruktur kurztreten.
Im übrigen müssen wir natürlich bereit sein — der Verteidigungsminister wie die Bundesregierung —, daß wir, wenn sich die Konjunktur ändert, umsteuern können. Wir sind darauf vorbereitet.
Lassen Sie mich zu der dritten Bemerkung kommen. Zweifelsohne hätten wir gern die volle Summe zur Deckung der zusätzlichen Kosten für die erhöhten Treibstoff- und Heizölkosten bekommen. Der Haushaltsausschuß hat nur eine Steigerung um 175 Millionen vorgesehen.
Daraus kann ich zwei Folgerungen ziehen. Nummer 1: Wir werden damit zum Sparen von Energie aufgefordert. Dies werden wir versuchen. Nummer 2: Da die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr nicht leiden darf, werden wir im nächsten Jahr gegebenenfalls nachfordern müssen, wenn die Treibstoffmittel nicht reichen. Ich gehe davon aus, daß das allseitig verabredet ist. Denn wir können die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr nicht einschränken.
Viertens: Was die militärischen Ausrüstungsgüter anbelangt, so können wir mit der Steigerungsrate von 7% nominal alles leisten, was wir an Beschaffungsvorhaben leisten müssen. Es stimmt eben nicht, wenn der Abgeordnete Hauser sagt, daß eine ganze Reihe von Beschaffungsvorhaben deswegen gestreckt worden ist. Sie sind wegen technischer Schwierigkeiten gestreckt worden. Sicher gehen auch nicht alle Wünsche der Streitkräfte in Erfüllung. Die Marine wünscht sich sicher die Fregatten 7 und 8. Wir haben darüber geredet. Auch die Küstenländer wünschen sich diese Fregatten. Aber wir können nur das leisten, was geboten und finanzierbar ist.
Letzter Punkt. Herr Kollege Haase, Sie haben natürlich die Kürzung der 40 Millionen DM bei der Entwicklung des neuen Kampfflugzeuges ein bißchen übertrieben. Herr Damm, wollen wir uns mal so verständigen, daß ich die 40 Millionen DM lieber gehabt hätte. Das muß ich hier nicht bestreiten. Daß uns diese Kürzung auch ein paar Probleme aufgibt, will ich auch nicht bestreiten. Aber daß nun Herr
Haase daraus die Krise der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie oder gar die Krise der Verteidigungsfähigkeit oder gar die Krise der deutschen Luftwaffe macht, ist doch, Herr Haase, um 22.30 Uhr wirklich mehr Kabarett als Realität.
Nehmen wir doch im übrigen Herrn Würtz und Herrn Grobecker, der neben ihm sitzt, ganz fest beim Wort. Herr Würtz hat hier zu Protokoll gegeben:
Nun wollen wir doch mal sehen, wie es weitergeht. Wenn mehr Geld gebraucht wird,
— ich füge hinzu: auch im Haushaltsjahr 1980 —
lassen die Koalitionsabgeordneten darüber mit sich reden.
Ich bitte Sie, dann ist doch alles in Ordnung. Dann nimmt das Parlament seine Kontrollrechte wahr. Dafür ist das Parlament da. Ansonsten müssen wir in dem Haushalt 1980, der sparsam angelegt ist, mit den Mitteln auskommen, die wir bekommen. Die Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr und unser Beitrag zum NATO-Bündnis können mit diesem Verteidigungsetat und seinen Ansätzen gewährleistet werden.