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ID0819108200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/191 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 191. Sitzung Bonn, Dienstag, den 11. Dezember 1979 Inhalt: Zusätzliche Überweisung eines Gesetzentwurfs an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 GO 15045A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 15045 A Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1980 (Haushaltsgesetz 1980) — Drucksachen 8/3100, 8/3354 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 04 Bundeskanzler und Bundeskanzleramt -- Drucksache 8/3374 — in Verbindung mit Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts — Drucksache 8/3375 — in Verbindung mit Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksache 8/3384 — Schröder (Luneburg) CDU/CSU 15046A, 15047A Löffler SPD 15048A Dr. h. c. Strauß, Ministerpräsident des Freistaates Bayern 15049B, 15120C Wehner SPD 15064 B Genscher, Bundesminister AA 15071 B Dr. Barzel CDU/CSU 15077 A Matthöfer, Bundesminister BMF . . . 15086A Dr. Ehmke SPD 15087A Hoppe FDP 15097A Schmidt, Bundeskanzler . . . . 15103A, 15120B Dr. Kohl CDU/CSU 15111 D, 15128 D Mischnick FDP . 15129B Dr. Blüm CDU/CSU 15132 C Rohde SPD 15141A Cronenberg FDP 15147 C Dr. Marx CDU/CSU 15151A Dr. Corterier SPD 15154 C II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Dezember 1979 Möllemann FDP 15156D Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 15159B Würtz SPD 15162B Zywietz FDP 15164D Haase (Kassel) CDU/CSU 15167A Dr. Apel, Bundesminister BMVg . . . 15169B Picard CDU/CSU 15170D Namentliche Abstimmung 15172A Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 8/3395 — 15174A Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksache 8/3390 — 15174 C Nächste Sitzung 15174 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . .15175* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Dezember 1979 15045 191. Sitzung Bonn, den 11. Dezember 1979 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 190. Sitzung, Seite 15019* A, Zeile 10: Statt „Bundesrechtsrahmengesetz" ist „Beamtenrechtsrahmengesetz" zu lesen. Zwei Zeilen weiter muß es statt „Bundesbesoldungsgesetz" „Bundesbeamtengesetz heißen. Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen* 14. 12. Dr. Aigner* 14. 12. Alber* 14. 12. Dr. Bangemann* 14. 12. Blumenfeld* 14. 12. Brandt 11. 12. Egert 14. 12. Fellermaier* 14. 12. Frau Dr. Focke* 14. 12. Friedrich (Würzburg) * 14. 12. Dr. Früh* 14. 12. Dr. Fuchs* 14. 12. von Hassel* 14. 12. Katzer 14. 12. Dr. h. c. Kiesinger 12. 12. Dr. Klepsch* 14. 12. Lange* 14. 12. Lüker* 14. 12. Luster* 14. 12. Milz 14. 12. Dr. Müller-Hermann* 14. 12. Peiter 11. 12. Dr. Pfennig* 14. 12. Frau Schleicher* 14. 12. Dr. Schwarz-Schilling 13. 12. Dr. Schwencke (Nienburg) * 14. 12. Seefeld* 14. 12. Sieglerschmidt* 14. 12. Frau Tübler 14. 12. Frau Dr. Walz* 14. 12. Wawrzik* 14. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments
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    Rede von Hans-Günter Hoppe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Kollege Haase, ich habe hier auf eine bedenkliche innenpolitische Tendenz abgezielt, die sich leider in Ihren Reihen breitgemacht hat. Ich muß auf Ihre Frage noch einmal feststellen, daß der Kollege Remmers in Niedersachsen nicht wegen der Entscheidung des Hamburger Senats von seiner Funktion in der Kultusministerkonferenz zurückgetreten ist.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Kittelmann [CDU/CSU]: Antworten Sie doch auf Herrn Haase!)

    Das war der Grund dafür, Herr Kollege Haase, daß ich diese Kette hier ausgebreitet habe. Die permanente Unterwerfungsgeste der CDU kann die politische Auseinandersetzung in unserem Land insgesamt um ihre rationale und kalkulierbare Komponente bringen. Ich weiß nicht, ob man erschrocken oder amüsiert sein soll, wenn sich der Kanzlerkandidat, die neue Leitgestalt der Opposition, auf dem Zu-
    Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Dezember 1979 15099
    Hoppe
    kunftskongreß Mitte November in München berufen fühlte, ausgerechnet für Wahrhaftigkeit, Zuverlässigkeit, Partnerschaft und Disziplin zu plädieren. Das sind genau jene Eigenschaften, für die Franz Josef Strauß auf Grund seiner politischen Vita einfach nicht steht.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Unverschämtheit!)

    Von seiner speziellen Form des Partnerschaftsgedankens, verehrter Herr Kollege Jäger, kann doch wohl gerade die gebeutelte CDU ein und ihr Klagelied laut oder leise singen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Es steht nicht nur die Glaubwürdigkeit der Union auf dem Spiel. Ich appelliere deshalb an alle Besonnenen, sich wieder auf einen fairen Wettstreit der Meinungen einzulassen.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Dann müssen Sie jetzt aber einmal anfangen!)

    Die meisten Bürger haben die Nase voll von einem maßlosen Hauen und Stechen, das sich fast täglich auf unserer politischen Bühne abspielt. Sie wollen nicht nur Verdächtigungen.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Eben! Packen Sie Ihre Rede weg, tauschen Sie Ihre Rede aus!)

    Reden wir deshalb zur Sache! Wir werden uns auch weiterhin um eine klare Zielansprache bemühen und um vernünftige Lösungen ringen. Dabei gilt es, sich von Panikstimmung frei- und von Schönfärberei fernzuhalten. Für uns sind Fakten entscheidend; für die Bürger unseres Landes sind sie alles andere als bedrückend.
    Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat eine durchaus positiv geprägte Lagebeschreibung veröffentlicht. Zwar ist die Wirtschafts- und Finanzpolitik nicht ohne Risiken, und bei der Haushaltspolitik sind sogar einige grobe Schönheitsfehler zu verzeichnen, aber das Jahresgutachten belegt, daß unsere Wirtschafts-, Finanz- und Haushaltspolitik auf dem richtigen Kurs ist. Bemerkenswert und erfreulich ist es dabei, daß die Sachverständigen nicht nur über die Konjunktur orakelt haben. Ihre nüchterne Bilanz in der Energie- und Entwicklungspolitik kann dazu beitragen, die politische Auseinandersetzung auf diesen so wichtigen Gebieten zu versachlichen. Die Analyse und die Empfehlung stehen verständlicherweise unter dem Vorbehalt, daß sich die internationalen Rahmenbedingungen nicht dramatisch verändern.
    Bei der Konzentration auf den in der eigenen Verantwortung liegenden Bereich rückt die Eindämmung des Preisanstiegs in den Mittelpunkt. Die Sachverständigen erhoffen sich von einer die inflatorischen Tendenzen brechenden Politik des knappen Geldes eine Entlastung an der Tariffront. Gleichzeitig erklären sie die Konsolidierung der Staatsfinanzen zu der Aufgabe mit absoluter Priorität.
    Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß die Tarifabschlüsse ganz entscheidend Einfluß auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung des kommenden Jahres haben werden. Hoffnungsvoll stimmt die Tatsache, daß die Gewerkschaften in den Tarifrunden 1978/79 gesamtpolitisches Verantwortungsbewußtsein bewiesen und daß sie bei der Diskussion über den Nachschlag das richtige Augenmaß bewahrt haben. Hier wird deutlich, daß alle aus bitteren Erfahrungen gelernt haben. Die böse These „höhere Löhne bedeuten niedrigere Beschäftigung" ist nicht vergessen worden. Insofern hat sich einiges von dem geändert, was Konrad Adenauer noch so ausgedrückt hat: „Wir leben zwar alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont:
    Andererseits kann man sich auch nur schwer vorstellen, daß sich gerade Gewerkschaftler in der Rolle des tarifpolitischen Musterknaben besonders wohlfühlen. Maßhalteapostel zu sein, muß ihnen aber besonders dann schwer erträglich werden, wenn gleichzeitig der Eindruck zu gewinnen ist, daß die Entwicklung auf der Unternehmerseite trotz der Energiekostenproblematik ganz anders verläuft. Wenn dort der Kostendruck immer flugs auf die Verbraucher abgewälzt wird, dann kann es prekär werden. In der Tat stehen wir, wie es der Bundesbankpräsident vor dem Haushaltsausschuß formuliert hat, vor einer Preis-Lohn-Spirale und nicht umgekehrt. Diese Situation gebietet äußerste Disziplin auf dem Unternehmenssektor. Bei einer exzessiven Preisgestaltung werden die Dämme brechen, weil dann der Unmut über die schon vorhandene Energiebelastung überschäumen würde. Gewerkschaften und Unternehmer sollten die guten Erfahrungen der letzten Tarifrunde aktivieren. Nur mit vernunftbetonten Entscheidungen kommen Abschlüsse zustande, die die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft nicht in Frage stellen und die die Arbeitsplätze sichern.
    Meine Damen und Herren, natürlich ist es für die Tarifpartner ein Ärgernis, wenn ausgerechnet der Staat durch die überproportional steigenden Steuern zum lachenden Dritten und Hauptnutznießer von Tarifanhebungen wird. Genau an dieser Stelle setzt dann auch die Opposition mit ihrer Forderung nach Steuerentlastungen schon für 1980 an. Sie erhält dabei allerdings nur spärlichen Zuspruch. Verständlich, daß die Gewerkschaften Sympathie empfinden.
    Sie würden damit von dem Druck befreit, für Geldentwertung, Heizkostenbelastung und Progressionswirkung einen Ausgleich erstreiten zu müssen. Wo der Vorstoß der Opposition sonst noch auf Zustimmung trifft, geschieht dies kaum nach einer objektiven Bilanzierung der gesamtwirtschaftlichen Fakten, sondern immer nur bei einer Reduzierung auf die Preis-Lohn-Problematik. Gegen diese Einengung aber müssen wir uns mit aller Macht wehren, weil damit selbst der Ansatz einer Sanierung der Staatsfinanzen zuerstört würde.
    Die Bundesbank, der Sachverständigenrat, die Konjunkturforschungsinstitute, der Deutsche Industrie- und Handelstag, die Banken, der Bundesverband der Deutschen Industrie, sie alle plädieren gemeinsam mit der Bundesregierung und den Koalitionsfraktionen dafür, im Jahre 1980 der Konsolidierung der Staatsfinanzen den Vorrang einzuräumen
    15100 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Dezember 1979
    Hoppe
    und erst im darauffolgenden Jahr den Steuerabbau zu betreiben.
    Meine Damen und Herren, weil das inzwischen eine so einhellige Meinung ist und weil man einer Konsolidierung gar nicht mehr ausweichen kann, hat sich offenbar auch der bayerische Ministerpräsident, obwohl er sehr viel über Staatsfinanzen, Verschuldung und Verschuldungsproblematik geredet hat, bei dem Thema „Steuersenkungen für 1980" ausgesprochen vornehm zurückgehalten; er hat zu diesem Thema nämlich geschwiegen.
    Meine Damen und Herren, Professor Neumark hat in seinem Beitrag in der „Wirtschaftswoche" das Verlangen nach einer umgehenden Steuersenkung zwar auch als verständlich bezeichnet, aber für außerordentlich bedenklich erklärt. Er sieht selbst 1981 noch nicht die Zeit für größere Steuerentlastungen gekommen und erinnert gerade die Opposition daran, daß sie seit Jahren die Konsolidierung gefordert habe und daß nun kein Weg daran vorbeigehe.
    Meine Damen und Herren, an der jetzt zu treffenden Prioritätenentscheidung darf nicht mehr gewackelt werden. Für ein bißchen Steuerentlastung, ein bißchen Arbeitsmarktpolitik, ein bißchen Regionalförderung und ein bißchen Konsolidierung ist einfach kein Raum mehr.

    (Beifall bei der FDP)

    Es muß klar sein, daß die Konsolidierung den absoluten Vorrang hat, und zwar ohne Wenn und Aber. Wir müssen jetzt das Konto der Schuldenhöhe und der Zinslast abtragen, das sich beim Bund als Konjunkturlokomotive der letzten Jahre angesammelt hat. Die Sachverständigen haben uns noch einmal gemahnt, jenes Haushaltsstrukturdefizit von 20 bis 25 Milliarden DM abzutragen, an dem die Haushalte seit Jahren kranken und mit dem sich der konjunkturell gebotene Verschuldungsprozeß kumuliert hat. Vernachlässigen wir die Absenkung der Finanzierungsdefizite in konjunkturell guten Zeiten, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn die politische Gestaltungsfähigkeit leidet und die „Manövriermasse" kleiner wird.
    Meine Damen und Herren, diese Feststellung steht in einem Papier des Bundesministeriums der Finanzen, und ich bin sehr froh darüber, daß der Finanzminister diese Position jetzt eingenommen hat. Bei den Haushaltsberatungen 1979 war das zunächst noch nicht so eindeutig.

    (Löffler [SPD]: Na?)

    Das hat uns seitens der Sachverständigen den Tadel eingetragen, daß der Konsolidierungsspielraum im Jahre 1979 nicht ehrgeizig genug genutzt worden ist.

    (Hört! Hört! bei der FDP)

    Die Finanzpolitik muß sich tatsächlich von dem Verdacht befreien, das verführerische Hexen-Einmaleins anwenden zu wollen. Beherzigen wir den Rat, uns an das übliche „zweimal zwei ist vier" zu halten; es ist zwar weniger attraktiv, hat aber den Vorteil der Rationalität.
    Über den beklagenswerten Zustand der Staatsfinanzen ist lange genug geredet worden. Jetzt muß gehandelt werden. Ich kann deshalb einfach nicht verstehen, daß sich die Opposition ausgerechnet in diesem Augenblick der Aufgabe der Sanierung der Staatsfinanzen entziehen will. Wir sollten uns dennoch von der Konsolidierung nicht abbringen lassen. Der Zielkonflikt zwischen überfälliger Steuerreform und Zwang zur Konsolidierung hat allerdings auch 1981 noch keine so völlig andere Dimension.

    (Zustimmung bei der FDP)

    Die Konsolidierung ist jedenfalls keine Aufgabe nur für ein Jahr und darf deshalb nicht zur Eintagsfliege werden.

    (Sehr richtig! bei der FDP — Kolb [CDU/ CSU]: Das ist bei den Schulden auch nicht möglich!)

    Die erschreckend imposante Zahlenkette für 1983 aus der mittelfristigen Finanzplanung zwingt einfach dazu, mit der Konsolidierung weiterzumachen. Die Zahlen sehen so aus: Schulden des Bundes über 300 Milliarden, Zinsbelastung rund 22 Milliarden, Nettoneuverschuldung rund 21 Milliarden DM. Wir können uns deshalb mit dem bescheidenen Erfolg dieses Haushalts nicht zufriedengeben; die Tendenzwende muß verstetigt werden. Allein die Tilgungsraten, die 1981 und 1982 mit jeweils mehr als 35 Milliarden DM zu Buche stehen, sollten die Steuerentlastungsdiskussion dämpfen.

    (Sehr gut! bei der SPD)

    1981 können wir allerdings bei den Steuern nicht untätig bleiben. Durch die Progressionswirkung des Steuertarifs verschärft sich die Situation so, daß Korrekturen unausweichlich sind, denn .der Staat darf gegenüber seinen Bürgern nicht zum Inflationsgewinnler werden.
    Ob es sich dabei angesichts des Zustandes unserer Staatsfinanzen um drastische oder eher um maßvolle Steuererleichterungen handeln wird, möchte ich in diesem Augenblick noch dahingestellt sein lassen. Man kann jedenfalls nicht gut damit argumentieren, daß ja schließlich immer mehr Steuern in die Staatskassen fließen, als vom Bundesfinanzminister vorhergesagt und im Haushalt etatisiert wurden. Das ist zwar im Prinzip richtig, auch wenn diese Regel mit ein paar schlimmen Ausnahmen durch-broche• wurde. Entscheidend ist aber letztlich, daß wir trotz der Steuermehreinnahmen genau bei dem jetzigen Schuldenstand gelandet sind. Die für 1981 in Aussicht genommenen Steuerkorrekturen sollten daher nicht zu einem Konsolidierungskontrastprogramm werden.
    Unter gar keinen Umständen darf die Steuergesetzgebung außer Kontrolle geraten, weil die Parteien sich gegenseitig überbieten wollen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Eine Steuerauktion darf nicht stattfinden. Daher kann ich nur die dringende Warnung aussprechen, die Kirche im Dorf zu lassen.
    Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Dezember 1979 15101
    Hoppe
    Die Opposition wird aber wohl weiterhin schon für 1980 Steuererleicherungen fordern und gleichzeitig Konsolidierung predigen.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD]: Sehr richtig!)

    Um an dieser widersprüchlichen Haltung nicht zu scheitern, versucht sie, Konsolidierungsspielräume vorzugaukeln, die in Wirklichkeit wenig ergiebig sind. Bevorzugt wird hierbei über Kürzungen der Subventionen und Verzicht auf Kapitalzuführungen bei staatlichen Unternehmen gesprochen. Die Forderungen und Absichtserklärungen, endlich auch auf diesem Feld zu Einsparungen zu kommen, sind immer allseitigen Beifalls sicher. Und natürlich beißt auch keine Maus einen Faden von der Erkenntnis ab, daß eine Konsolidierung der Staatsfinanzen, die diesen Namen wirklich verdient, eine völlige Umstrukturierung des Haushalts voraussetzt. Und dies bedeutet z, B. die Rodung des Subventionsdickichts.
    Richtig ist auch, daß der Subventionsbericht der Bundesregierung mehr und mehr zu einer Leistungsbilanz geworden ist und von seinem eigentlichen Zweck, Leitlinie für Sparbeschlüsse zu werden, vieles eingebüßt hat. Eine Umkehr wäre also dringend geboten. Wann immer Haushaltsberatungen das einmal erreichen sollten, es könnte zu einer großen Stunde und zu einem Meilenstein in der Finanzpolitik unseres Landes werden. Aber wer vermag daran schon so recht zu glauben?
    Wenn es nämlich ans Eingemachte geht, d. h., wenn die Subventionen auf Streichungsmöglichkeiten abgeklopft werden, dann stehen wir immer wieder vor unüberwindlichen Schwierigkeiten, die die Spezialisten, die Fürsorger und die Mentoren aus allen Fraktionen vor uns auftürmen. So ist es doch, meine Damen und Herren, traurige Wirklichkeit, daß es leichter ist, eine neue Subvention zu beschließen, als eine alte abzuschaffen.
    Für die Steuern gilt leider genau dasselbe. Auch der Vorstoß der Kollegen Pieroth und Dr. Langner lief nach der Devise ab: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß! Sie kündigten zwar eine Initiative zur Streichung von wenigstens 5 % der direkten Finanzhilfe des Bundes von über 13 Milliarden DM an, aber sie wollten es der Bundesregierung überlassen, festzulegen, welche Summen denn im einzelnen zu beseitigen oder zu kürzen seien. Nach der Methode „Hannemann, geh du voran" werden wir aber in dieser Frage nicht weiterkommen. Hier muß solidarisch gehandelt werden.
    Bei den Subventionen sind wir davon jedoch noch genauso weit entfernt wie bei den Kapitalausstattungen von Unternehmen der öffentlichen Hand. Es ist ja richtig, daß die Opposition fordert, hier sehr kritisch mit Steuermitteln umzugehen. Denn angesichts der hohen Staatsverschuldung muß jede Mark, die in ein öffentliches Unternehmen geht, zweimal umgedreht werden. Aber, meine Damen und Herren, im Gegensatz zur Opposition fordern wir dies nicht nur, sondern handeln auch danach und sind bereit, für unser Handeln die Verantwortung zu übernehmen.
    Die Koalition hat deshalb auf Antrag der FDP die Kapitalzuführung für die Salzgitter AG gegenüber dem im Entwurf der Bundesregierung vorgesehenen Ansatz gekürzt. Dies war vertretbar und im Interesse der Haushaltskonsolidierung auch unabweisbar geboten. Ich begreife, daß der Betriebsrat des Konzerns dagegen demonstriert. Aber ich verstehe überhaupt nicht, daß sich die CDU/CSU-Fraktion, die bei den Bundesbeteiligungen ebenfalls kürzen wollte — allerdings in Form einer globalen Kürzung bei der ganzen Titel-Gruppe —, dann wieder aus der Verantwortung für diese Kürzungsmaßnahme stahl. Jedenfalls wird im Schreiben des Parlamentarischen Geschäftsführers Jenniger an den Konzernbetriebsrat vom 7. Oktober 1979 dazu festgestellt, daß die CDU/CSU-Fraktion keinen konkreten Kürzungsantrag gestellt habe und die vom Betriebsrat gefürchtete Initiative zur Kürzung nicht von der Opposition ergriffen worden sei.

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU]: Das ist auch richtig!)

    Gleichzeitig wird dann mit einem freundlichen Dank des Herrn Kohl für das Schreiben der Petenten die Versicherung übermittelt, daß sich die CDU/ CSU-Bundestagsfraktion auch in Zukunft bei allen die Salzgitter AG betreffenden Fragen ihrer besonderen Verantwortung für die Arbeitnehmer und die gesamte Bevölkerung im Zonenrandgebiet bewußt sei.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es! — Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Sagen Sie doch einmal, was die FDP geschrieben hat!)

    Meine Damen und Herren, der Vorgang spricht Bände. Ich habe ihn hier aber nicht aus erzieherischen Gründen vorgetragen. Denn die Opposition wird sich in ihrem Verhalten so lange nicht ändern, wie der Meinungsstreit über Inhalt der Politik, Strategie und Taktik andauert. Angesichts dieser Situation dürfte es ja dann wohl auch schwierig sein, in der Subventionspolitik zu neuen Ufern zu gelangen; ich sehe hier jedenfalls schwarz.
    Meine Damen und Herren, was die Konsolidierung des Haushalts angeht, so werden wir diese Aufgabe wohl in der Regierung und Koalition allein bewältigen müssen.

    (Löffler [SPD]: Das sehe ich auch so!)

    Die Mitwirkung der Opposition wird sich gewiß auf den Beitrag des einen oder anderen Haushaltspolitikers beschränken. Ich will hier keineswegs leugnen, daß es bei den Haushaltsberatungen in einigen Bereichen eine solche erfreuliche Zusammenarbeit gegeben hat. Dieses kann mit großer Befriedigung von den Beratungen der Personalkommission gesagt werden. Hier ist von den Kollegen des Haushaltsausschusses ein bemerkenswertes Ergebnis erzielt worden: Statt der 3 310 beantragten neuen Stellen wurden nur 1 989 bewilligt; von den 1 320 geforderten Stellenhebungen wurden 575 abgelehnt.
    Auch bei den Sachtiteln hat der Haushaltsauschuß ordentlich zugegriffen und gegenüber dem Etatentwurf der Bundesregierung die Tendenz „Stoppt die Neuverschuldung!" verstärkt. Partiell hat es dabei eine gute Gemeinschaftsarbeit im Haus-
    15102 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Dezember 1979
    Hoppe
    haltsausschuß gegeben. Die Beratung der Einzelpläne 11, 13 und 30 mag da besonders beispielhaft gewesen sein. Auf der anderen Seite hat die Opposition bei haushaltspolitisch brisanten Fragen so erstaunlich inkonsequent reagiert, daß das Ganze nur mit totaler Konfusion zu erklären ist. Wie anders soll man es sonst bezeichnen, daß die Opposition die Kürzung von Straßenbaumitteln ablehnte, obwohl die auf Stabilität bedachte Bundesbank gerade hier eine Komponente der hausgemachten Inflation geortet und deshalb die Versäumnisse der öffentlichen Finanzpolitik auf diesem Gebiet getadelt hat?
    Genauso wenig gibt die einhellige Ablehnung der Aufstockung der Haushaltsmittel für die Entwicklungshilfe durch die Opposition einen Sinn. Nicht nur, daß sich der Kollege Todenhöfer sonst gern zum entwicklungspolitischen Gewissen der Nation aufschwingt und die Opposition sonst gern hier eine Vorreiterrolle beansprucht, nein, auch der Sachverständigenrat drängt uns in diesem Augenblick zu einer finanziellen Ausweitung der Entwicklungshilfe. Selten, scheint mir, hat die Opposition so verworren reagiert und so kreuz und quer dahergeredet. Klare und überzeugende Antworten au f die wirtschaftsfinanz- und haushaltspolitischen Fragen des Tages sind von dort nicht zu bekommen.
    Dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses gebührt Dank dafür, daß er die Beratung so sachlich und zügig geleitet hat. Das Riesenprogramm wurde so rechtzeitig abgewickelt, daß ein Bundeshaushalt zum erstenmal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland vor Beginn des Etatjahrs verabschiedet werden kann. Es enttäuscht aber sehr, daß der Kollege Windelen als Oppositionspolitiker in diesem Ereignis das einzig Positive der Haushaltsberatungen zu erblicken vermag.
    Die Sprüche von der unsoliden Finanzierung und dem süßen Gift des Schuldenmachens

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Sind wahr!)

    klingen aber doch hohl angesichts der absoluten Konzeptionslosigkeit der Opposition.

    (Beifall bei der FDP und SPD)

    Der Abschluß des Haushalts 1980 ist sicher besser, als es die Opposition wahrhaben will. Das Haushaltsvolumen konnte auf 214,5 Milliarden DM beschränkt werden und liegt um 820 Millionen DM unter dem Regierungsentwurf, und dies, obwohl während der Beratungen unabweisbare Mehrausgaben von über 1 Milliarde DM für energiepolitische Maßnahmen und humanitäre Hilfeleistungen zusätzlich berücksichtigt werden mußten. Das war nur möglich, weil dafür die Deckung durch Kürzungen an anderer Stelle beschafft wurde.
    Bei Streichungen auf der Ausgabeseite von über 2 Milliarden DM kann die Opposition nicht ernsthaft behaupten, daß wir auf unsere Ankündigung keine Taten folgen ließen. Der einschneidende Zugriff auf der Ausgabeseite ist evident. Zusammen mit der Verbesserung der Einnahmeseite durch Steuermehreinnahmen ergab das die Voraussetzung dafür, daß wir die Nettokreditaufnahme um rund 4 Milliarden DM gegenüber dem Entwurf senken konnten. Dies ist ein beachtliches Ergebnis. Mit Fug und Recht darf im Zusammenhang mit dem Haushalt 1980 deshalb von einer Kehrtwendung in der Finanzpolitik gesprochen werden.
    Natürlich stellt sich dabei nicht gleich eitel Freude ein. Wir drosseln schließlich nur die Nettoneuverschuldung. Von Schuldenabbau kann noch nicht die Rede sein, wird aber, wie mir scheint, die Rede sein müssen. Der Weg dahin ist noch dornig. Die Risiken und Gefahren sind unübersehbar. Die Verführer, die uns von diesem Pfad weglocken wollen, sitzen mitten unter uns, und sie sitzen nicht nur in der Opposition.
    Schließlich gilt es ja auch wichtige und drängende Aufgaben in der Familien-, in der Energiesicherungs-, Entwicklungs- und Steuerpolitik zu lösen. Aber die erreichten Verbesserungen einfach leugnen zu wollen, setzt schon ein unerhörtes Maß an Ignoranz voraus. Noch im Finanzplan 1978-1982 stand für die Nettokreditaufnahme eine Zahlenkette, die einfach schockieren mußte: 1979 = 35,5 Milliarden DM, 1980 = 33,5 Milliarden DM, 1981 = 32,5 Milliarden DM. Demgegenüber ist es gelungen, für 1979 unter Berücksichtigung der Steuermehreinnahmen auf 26 Milliarden DM herunterzukommen. Für 1980 schreiben wir 24 Milliarden DM in den Haushalt. Wenn die Konjunktur so weiterläuft, wie es uns die Sachverständigen prognostiziert haben, dann müßte es mit dem Teufel zugehen, wenn das Haushaltsdefizit nicht noch weiter verringert werden könnte. Ich bin jedenfalls zuversichtlich, daß wir für 1980 mehr Steuern in die Kassen bekommen, als wir es auf Grund der vorliegenden Daten der Steuerschätzer jetzt veranschlagen konnten. Wichtig ist, daß die Mehreinnahmen dann auch ausschließlich zur Sanierung des Kreditbedarfs verwendet werden, wie dies erfreulicherweise im laufenden Haushaltsjahr 1979 geschehen ist.
    Wenn wir in unserer Haushaltswirtschaft so verfahren, dann könnte es gelingen, daß wir unseren Kreditbedarf für die Finanzierung des Bundeshaushalts 1980 auf einen Betrag zurückführen, der sich jener Marge nähert, die von der Bundesbank mit 2 % des Bruttosozialprodukts als normal angesehen wird. Für 1981 werden wir uns alle darauf zu konzentrieren haben, daß es bei der beharrlichen Ansteuerung des Konsolidierungszieles keine allzu starken Kursabweichungen durch die „Steuerfrauen" und „Steuermänner" geben wird.
    Mit dem Haushalt 1980 in seiner jetzigen Fassung schaffen wir auf alle Fälle eine gute Grundlage für die Fortsetzung der erfolgreichen Politik der Regierung Schmidt /Genscher. Wir haben uns selbst beim Wort genommen und jeden Spielraum genutzt, um die Konsolidierungsabsichten der Bundesregierung nachhaltig zu unterstützen. Dabei ist es uns gelungen, das Finanzierungsdefizit spürbar zu senken. Auch wenn es für den einen oder anderen schmerzlich sein mag, es mußte sein, um in der Zukunft die notwendigen gesellschaftspolitischen Vorhaben auf gesichertem Terrain finanzieren zu können.
    Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Dezember 1979 15103
    Hoppe
    Die Opposition redet zwar von Taten. Aber letztlich wird sie zur Untat schreiten, wenn sie zur Unzeit die Steuern senken will.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Die Opposition ist offenbar für jedes Vorhaben zu gewinnen, mit dem das dümpelnde Finanzboot unter Wasser gedrückt werden kann. Das allerdings ist eine abschreckende Alternative zur Regierungspolitik. Freude daran kann wohl nur der entdecken, der Lust am Untergang verspürt.

    (Zuruf des Abg. Breidbach [CDU/CSU])

    Der Faktor Verantwortung gilt dann ohnehin nicht mehr.
    Regierung und Koalition stehen in der Verantwortung. Wir glauben, daß wir mit dem vorgelegten. Haushalt 1980 unserer Verantwortung gegenüber den Bürgern auch gerecht geworden sind.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)



Rede von Georg Leber
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.

(Beifall bei der SPD)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Keine große Rede, sondern ein paar Anmerkungen zu Einlassungen, die wir bisher heute gehört haben.
    Der Herr bayerische Ministerpräsident hat sich an einer Bemerkung gerieben, die ich vor ein paar Jahren einmal im österreichischen Fernsehen gemacht habe. Da war von Sozialer Marktwirtschaft die Rede und davon, daß nach meiner Auffassung Sozialpolitik sich nicht aus dem Markt ergibt, sondern veranstaltet werden muß. Wenn Sie das Zitat vollständig vorgelesen hätten, Herr Strauß, hätten Sie allerdings keine Möglichkeiten gehabt, Polemik daran anzuschließen. Ich bin dieser Meinung; ich meine, daß Sozialpolitik und soziale Gerechtigkeit sich nicht aus dem Markt ergeben, sondern daß sie veranstaltet werden müssen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Das gilt seit der Fabrikgesetzgebung der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und seit Bismarcks Sozialversicherungsgesetzgebung bis auf den heutigen Tag.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Deshalb „Soziale" Marktwirtschaft!)

    Sozialpolitik und soziale Gerechtigkeit und soziale Sicherheit haben, institutionell gesehen, zwei Wurzeln. Die eine Wurzel ist die Gesetzgebung, und die andere Wurzel sind die Verträge, die zwischen den autonomen Tarifpartnern zustande gebracht werden. Beides ist von gleichem Range. Es wäre gut, Herr Ministerpräsident, falls Sie noch einmal das Wort nähmen, wenn Sie die Gelegenheit ergriffen, um sich klar und deutlich von Ihrem famosen Generalsekretär abzusetzen, der die Einheitsgewerkschaft und ihre Autonomie in Deutschland unterminieren will.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich bin in der Tat der Meinung, daß einer der Hauptgründe für das relativ gute Abschneiden in puncto sozialer Sicherheit, in puncto wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und internationaler Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft, vielleicht der allerwichtigste Grund in dem erfolgreichen Zusammenspiel von staatlicher sozialer Gesetzgebung einerseits und autonomem Handeln der beiden Tarifpartner andererseits liegt, und ich möchte daran nicht gerüttelt wissen.

    (Dr. Barzel [CDU/CSU]: Wir auch nicht!)

    Wenn ich von Herrn Barzel zugerufen bekomme, sie auch nicht, so hätte ich es lieber von Herrn Strauß und von Herrn Stoiber gehört, Herr Barzel.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Daß der Kollege Barzel innerlich ein klares und eindeutiges Verhältnis zur Einheitsgewerkschaft hat, habe ich in vielen Jahren erlebt. Bei Herrn Strauß fehlt bisher dieses Erlebnis.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Weil Sie es nicht zur Kenntnis nehmen wollen!)

    Herr Strauß hat dann Bemerkungen zur Schulpolitik gemacht, die ebenfalls Anlaß zu einer Anmerkung geben. Ich bin persönlich — das darf ich vielleicht hier einflechten, nicht für die Koalition sprechend und nicht für die Regierung, sondern in einem einzigen Satz nur für mich sprechend — nicht immer begeistert gewesen von der Tendenz in den letzten Jahrzehnten in Deutschland, Schulorganisationspolitik zu betreiben, statt die Pädagogen auf den modernsten Stand zu bringen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Dies vorweggeschickt, muß ich aber, für die Bundesregierung sprechend, den Auftrag des Grundgesetzes — ich nehme Ihr Wort auf — hinsichtlich der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse ernst nehmen. Unter diesem Aspekt, Herr Kollege Barzel, hat die Bundesregierung im letzten Jahr einen Bericht über Probleme des föderativen Schul- und Bildungswesens vorgelegt. Die Länder hatten zugesagt, Verbesserungen herbeizuführen. Bisher hat es auf diesem Felde ein Ergebnis nicht gegeben.
    Die Gesamtschule ist eine international anerkannte Schulorganisationsform. Ich nenne die Vereinigten Staaten von Amerika, Frankreich, England. Wohin Sie sehen, es gibt kein westliches demokratisches Land, wo Sie diese Schulform nicht finden. Ich habe nichts dagegen, wenn die Bürgerinnen und Bürger Bayerns mit Mehrheit dies bei sich nicht haben wollen, aber ich habe alles dagegen, uns von dem bayerischen Ministerpräsidenten eine bildungspolitische Kleinstaaterei vorschreiben zu lassen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    — Kleinstaaterei ist es ja wohl, wenn man Hunderttausende von Schülern und Eltern im Ungewissen darüber lassen will, ob ihre Abgangszeugnisse woanders in Deutschland anerkannt werden.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Hamburg! Berlin! Nord Bundeskanzler Schmidt rhein-Westfalen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Den Zuruf des Kollegen, der hinter Herrn Zimmermann sitzt, nehme ich gerne auf. Er ruft mir das Stichwort Hamburg zu. Dort hat die Notwendigkeit bestanden, für die Gesamtschule eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, nachdem sich 21 % der in Betracht kommenden Eltern entschieden hatten, ihre Kinder auf eine Gesamtschule zu schicken.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    — Die Gesamtschule ist auch in Hamburg keine Monopolschule, Herr Zwischenrufer, sondern eine Schulform, die neben anderen angeboten wird, und die Eltern haben zu entscheiden, wohin ihre Kinder gehen sollen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ein Wort zu den steuer-, finanz- und wirtschaftspolitischen Ausführungen des bayerischen Ministerpräsidenten. Er hat ja so gesprochen, als ob es uns Deutschen schlecht ginge. Ich will darauf nicht allzu viel Zeit verwenden. Aber ich lese Ihnen einmal vor, was ich vor ein paar Tagen in einer der großen bedeutenden amerikanischen Zeitungen fand, nämlich in „Christian Science Monitor" vom 2. November. Da ist zu lesen, daß in den Vereinigten Staaten von Amerika viele Leute den Blick auf das Ausland richten, um Alternativen ausfindig zu machen. Sie schauen z. B. auf Westdeutschland: „Die Deutschen haben ihre Inflationsrate bemerkenswert niedrig gehalten, die Beschäftigungslage ist gut. Zum erstenmal seit dem Zweiten Weltkrieg wird Westdeutschland und nicht die USA in diesem Jahr die Spitzenleistung aller Länder im Export erreichen"; und so fort. Manchmal hat man das Gefühl, wenn man Ihren wirtschaftspolitischen Ausführungen zuhört, Sie redeten über ein fremdes Land, Herr Ministerpräsident.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Das gilt auch für Ihre finanzpolitischen Ausführungen. Auch im amerikanischen Kongreß wird natürlich über die Finanzpolitik gestritten. Dort sagte ein Kongreßabgeordneter vor ganz wenigen Wochen: „Unsere Staatsverschuldung" — er redet von den Vereinigten Staaten von Amerika — „beläuft sich auf 38,2 % des Volkseinkommens. In Deutschland sind es nur 13,8%". Seine Schlußfolgerung lautet — ich zitiere wörtlich —: „Westdeutschland ist in seiner Sozialpolitik großzügiger als wir, in seiner Finanz- und Steuerpolitik hingegen vorsichtiger. Vielleicht würde ein solches System bei uns nicht funktionieren, aber drüben scheint es gut zu klappen. Ich gebe dem Mann recht, und ich finde, Sie sollten sich Ihre Schwarzmalereien sparen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Sie haben hier dargetan, Herr Ministerpräsident, daß die Schulden der öffentlichen Hände zu groß seien. Dieser Meinung kann man sein. Sie haben eben die etwas abgestufteren und ausgewogeneren Ausführungen des Abgeordneten Hoppe zu diesem Thema gehört. Deshalb wundert es mich, daß Sie gleichzeitig dafür eintreten, daß in diesem Jahr die
    Einnahmen in Milliardenhöhe gekürzt und infolgedessen die Kreditaufnahmen vergrößert werden.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich habe es als besonders bemerkenswert empfunden, daß Sie diesem Hause heute Ihre steuerpolitischen Pläne nicht vorgetragen haben, statt dessen wird uns angekündigt, daß Sie das morgen in einer Pressekonferenz täten. Ich habe nichts dagegen, wenn jemand, der für das Amt kandidiert, das gegenwärtig ich ausübe, hier im Bundestag alles darlegt, was er denkt. Warum legen Sie wohl nicht dar, was Sie hier denken? — Weil Sie wissen, daß Sie sofort als jemand angenagelt werden, der mit zwei verschiedenen Zungen redet.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Wehner [SPD]: Das ist Doppelstrategie, außerparlamentarisch!)

    Herr Ministerpräsident, man kann nicht am Dienstag im Bundestag dafür eintreten, daß der Staat weniger Kredite aufnimmt, und am Mittwoch dafür eintreten, daß er weniger Steuern einnimmt. Dann muß er nämlich mehr Kredite aufnehmen. Beides zusammen geht nicht. Dieser Vorgang ist typisch für Ihre Art der wirtschafts- und finanzpolitischen Argumentation.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Der bayerische Ministerpräsident hat Ausführungen zur Lage unseres Rentenversicherungswesens gemacht. Ich darf einmal = und hier durchaus mit einem gewissen Unterton des inneren Stolzes — darauf hinweisen, daß es den Rentnern heute in Deutschland besser geht, als es ihnen jemals gegangen ist,

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    auch sehr viel besser, als zu der Zeit, als der Herr bayerische Ministerpräsident noch Bundesminister der Finanzen war. Wir haben heute 45 % höhere Realeinkommen der Rentner als vor zehn Jahren.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Daß das so ist, ist das Ergebnis der wirtschaftlichen Gesamtleistung unserer Gesellschaft, unserer Volkswirtschaft.
    Das Stichwort Rentenbesteuerung, das Sie hier eingebracht haben, Herr Strauß, sollten Sie einmal mit Ihrem Kabinettskollegen Dr. Hans Maier besprechen. Unter dessen Vorsitz hat nämlich das Zentralkomitee Deutscher Katholiken das Stichwort in die öffentliche Debatte geworfen.

    (Wehner [SPD]: Sehr richtig!)

    Vielleicht darf ich diese wenigen Bemerkungen zu Ihren finanzpolitischen Ausführungen mit einem Zitat aus einer ausländischen Finanzzeitung beenden, der „Financial Times" vom 7. Dezember 1979, weiß Gott kein Blatt der Freien Demokraten oder der Sozialdemokraten. Es gibt dort einen langen Aufsatz über die Lage in Deutschland. Die Schlußsätze heißen:
    In der Zwischenzeit hat die Regierung — gemeint ist also die Bundesregierung —
    Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Dezember 1979 15105
    Bundeskanzler Schmidt
    ihren Einfluß auf die öffentliche Meinung durch eine Kombination von ökonomischem Wachsturn und sozialer Reform aufrechterhalten. Es ist kein schlechter Rekord, von dem man lernen und auf dem man aufbauen kann.
    So ein `Engländer, nicht jemand aus diesem Hause.
    Übrigens gibt es zehn Zeilen vorher noch eine Bemerkung, die Sie angeht, Herr Ministerpräsident:
    Man muß jedenfalls zugeben, daß der Bundeskanzler einen Punkt hat, wenn er sagt, Herr Strauß sei unkalkulierbar und vielleicht unzuverlässig. Jedenfalls gibt es viele, die das ähnlich sehen wie er.
    Das steht auch in der „Financial Times".

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Nun, es ist das gute Recht des bayerischen' Ministerpräsidenten, sich gegen solche Feststellungen zu wehren, ob sie in der „Financial Times" stehen oder ob sie von einem Politiker der Koalition vorgebracht werden. Am besten würden Sie Ihre Kalkulierbarkeit herstellen, Herr Ministerpräsident, wenn Sie im Rahmen einer nicht kurzen Rede — fast eineinhalb Stunden — nicht nur kritisch, herabziehend, herabsetzend über die Vergangenheit reden würden, sondern wenigstens zehn Minuten über das, was Sie in der Zukunft zu tun beabsichtigen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Auch bei dem Thema Familienpolitik, über das Sie geredet haben, haben wir nicht erkennen können, was Ihre Pläne unter einer Regierung Strauß wären. Vielleicht erfahren wir das morgen auf der Pressekonferenz.
    Ich muß Ihnen sagen — da spreche ich für die ganze Koalition —: Unsere Familienpolitik ist nicht Bevölkerungspolitik. Es ist alleine Sache von Mann und Frau, zu entscheiden, ob sie und wie viele Kinder sie haben wollen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Es kommt mir sehr unehrlich vor, wenn Kollegen, die früher in diesem Saale das Subsidiaritätsprinzip viele Male mit Nachdruck und Verve verfochten haben, heute mit einem Male mit Hilfe staatlicher Finanzen eine staatliche Geburtenpolitik anfangen wollen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Unruhe bei der CDU/CSU)

    Hinzufügen muß ich noch, daß es nach meiner Auffassung durchaus zulässig erscheint, über die Frage der demographischen Entwicklung, der Zahl der auf deutschem Boden lebenden Menschen, der Bevölkerungsentwicklung, wie man auch sagt, miteinander zu streiten und nachzudenken. Man denkt ein zweites, drittes und viertes Mal darüber nach. Bei alledem bitte ich, auch mit in den Blick zu ziehen, daß gegenwärtig über 4 Milliarden Menschen auf der Welt leben. In 20 Jahren werden es über 6 Milliarden Menschen sein. Als Herr Strauß und ich zur Schule kamen, waren es noch 2 Milliarden. Es findet eine große Bevölkerungsexplosion auf der ganzen Welt statt. Es lohnt sich wohl, darüber nachzudenken, ob wir uns daran durch staatliche Maßnahmen auch noch fördernd beteiligen sollten.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU: Unglaublich! — Dr. Jenniger [CDU/ CSU]: Holt Eskimos nach Deutschland! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ich wiederhole, daß es sich lohnt, darüber nachzudenken. Wenn Sie Ihre Antworten ohne Nachdenken parat haben, will ich dazu weiter nichts sagen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Wir haben schon nachgedacht! — Kroll-Schlüter [CDU/CSU]: Man muß sich für den Kanzler schämen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Sie müssen das selbst wissen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das tun wir auch!)

    Wir haben zur Energiepolitik von Herrn Ministerpräsident Strauß und vom Abgeordneten Barzel Ausführungen gehört. Beide haben beklagt, daß innerhalb der sozialliberalen Koalition die Besorgnisse, die Menschen gegenüber der Kernenergie haben, eine zu große und vielleicht auch zu verzögerliche Rolle spielten. Lassen Sie mich dazu sagen, Herr Ministerpräsident: In der Tat, die Kernenergie hat bei vielen Menschen in der Welt, nicht nur in Deutschland, Ängste ausgelöst. Ich bin dafür, daß wir solche Ängste und Besorgnisse ernst nehmen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wir müssen jedes Menschen Angst ernst nehmen, ganz gleich, ob es sich darum handelt, daß junge Menschen aus Angst vor dem Zeugnis oder aus Angst, mit dem Zeugnis nach Hause zu kommen, Selbstmord begehen, oder. ob Menschen Angst haben vor einer Operation oder ob sie Angst haben

    (Zuruf von der CDU/CSU: Vor Wahlen!)

    vor anderen Zufällen des Lebens, die ihnen vor Augen stehen, oder ob sie Angst haben vor dieser Form von Energie.

    (Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Wenn man Sie reden hört, kann einem angst und bange werden! — Weiterer Zuruf von der CDU/ CSU: Bei der „Morgenpost" haben sie auch Angst!)

    Einer der Gründe für die unbedingte Betonung des Vorrangs der Sicherheit in der Kernkraft liegt darin, daß wir solche Beängstigungen ernst nehmen. Wir haben übrigens im internationalen Vergleich einen hohen Standard an Sicherheit unserer Kernkraftwerke erreicht. Wir haben internationale Zusammenarbeit erreicht — durch unsere Initiative hinsichtlich der Sicherheit von Kernkraftwerken. Diese internationale Zusammenarbeit ist jetzt in Gang gekommen.
    Ich muß aber auch sagen, daß nur der, der die Beängstigung mancher ernsthaft verstehen will, nur jemand, der sich Mühe gibt, diese Beängstigungen zu verstehen,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Eppler!)

    15106 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Dezember 1979
    Bundeskanzler Schmidt
    in der Lage sein wird, das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen, das durch allzu bravouröse öffentliche Darlegungen zum Teil vertan worden ist.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich habe mehrfach gesagt — und will es gerne hier wiederholen —: Die Wissenschaftler unseres Landes, die Ingenieure, die Unternehmensleitungen, wir, die Politiker, wir alle zusammen haben, was Kernkraft angeht, gegenüber dem Bürger eine Informationsbringschuld. Ich füge in Klammern ein: ich fühle mich dabei durch einen Aufsatz aus der Feder von Professor Maier-Leibnitz bestätigt. Er ist einer der hervorragenden Naturwissenschaftler, der in der Organisation naturwissenschaftlicher Forschungen in unserem Lande eine herausgehobene Rolle spielt. Wir können diese Bringschuld nur in dem Maße abtragen, in dem wir uns zur Diskussion stellen. Wenn einige nicht diskutieren wollen, Herr Ministerpräsident Strauß, dann müssen andere stellvertretend die Diskussion öffentlich vornehmen. Das haben wir auf unserem Berliner Parteitag getan.

    (Beifall bei der SPD)

    Diese Bringschuld ist nur abzutragen, wenn die Sprache gemeinverständlich bleibt, wenn man sich nicht auf das Fachchinesisch der Experten einläßt, wenn man jede ernstgemeinte Frage auch ernsthaft beantwortet. Nur dann kann man hoffen, daß es in unserer auf Mitwirkung angelegten Demokratie auf die Dauer eine ausreichend breite Zustimmung zur Nutzung der Kernkraft geben wird. Die Nutzung der Kernkraft halte ich allerdings für unerläßlich; das wissen Sie auch.
    Ich glaube nicht, daß es mit naßforschen Reden getan ist. Ich glaube auch nicht, daß es dem Verständnis der großen Mehrheit der hier interessierten Bürger unseres Landes dient, wenn auf Parteitagen nur Reden zu diesem Thema gehalten werden und anschließend alle Anträge in 30 Minuten abgestimmt werden.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Dazu bedarf es einer breiten öffentlichen Darlegung des Pro-et-Contra. Jeder hier im Bundestag weiß, daß ich persönlich pro bin — und nicht erst seit der Zeit, aus der Herr Kollege Barzel vorhin eine Erklärung eines früheren Bundeskanzlers vorgelesen hat.
    Der Ministerpräsident stößt sich daran, daß die deutschen Sozialdemokraten vor einigen Tagen in Berlin in ihrem Beschluß formuliert haben, daß die Option Kernkraft — Option heißt auf deutsch Wahlmöglichkeit -- offenbleiben muß und nicht verschüttet werden darf. Dies war Herrn Strauß nicht genug. Ich möchte ihm deshalb folgendes sagen. Herr Ministerpräsident, wir befinden uns in sehr guter Gesellschaft. Ich habe eine Rede vor mir, die der amerikanische Präsident Jimmy Carter vor wenigen Tagen in Washington D. C. zum Thema der Sicherheit von Kernkraftwerken gehalten hat. Er verkündete einige neue Schritte, die die amerikanische Regierung auf diesem Felde — nach dem Harrisburg-Bericht — zwecks Erhöhung der Sicherheit amerikanischer Kernkraftwerke tun will. Am Schluß seiner Rede sagte er:
    Die Schritte, die ich heute ankündige, werden dazu helfen, meinem Lande, unserem Lande die Sicherheit der Kernkraftwerke zu gewährleisten. Kernkraft hat in den Vereinigten Staaten von Amerika eine Zukunft. Es ist eine Option, die wir offenhalten müssen.
    Genau das ist mein Standpunkt auch: eine Option, die man nicht verschütten darf.

    (Beifall bei der SPD)

    Jede Polemik gegen das Wort „Option" ist legitim und mir auch verständlich. Jede Polemik zeigt aber zugleich, daß der Polemisierende nicht ganz so viel über die Sicherheitsfragen in Sachen Kernkraft nachgedacht hat wie der amerikanische Präsident oder wie die deutsche Sozialdemokratische Partei.

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Strauß hat dann auch seine häufig gehörte, meist in Latein vorgebrachte These wiederholt, daß er bereit sei, geschlossene Verträge einzuhalten. Er sagt dies meistens mit dem Wort „pacta sunt servanda". Er hält es für eine große Leistung, daß er bereit ist, Verträge zu halten. Ich halte das nicht für eine Leistung; ich halte das für selbstverständlich, Herr Ministerpräsident.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)