Rede von
Hans
Matthöfer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Frau Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Ministerpräsident Strauß hat sich in seiner Rede mit einem Diskussionsbeitrag beschäftigt, den ich unvorbereitet und unterbrochen durch Zwischenrufe gegeben habe. Ich habe mich darin auf ein. Interview bezogen, das er am Sonntag, dem 29. Juli 1979 in der ZDF-Sendung Bonner Perspektiven" gegeben hat.
Die Frage lautete damals wie folgt:
Bonner Hilfestellung, noch einmal, Herr Strauß? Es ist bei 300
— damit ist der Airbus 300 gemeint —
die Entwicklungshilfe in der Entwicklungsphase durch den Bund gewährleistet worden und Rückzahlungsverpflichtungen eingegangen. Bei 310 wird es wohl ähnlich verlaufen. Um welche Beträge, um welche Summen handelt es sich, die hier jetzt bei dieser Situation benötigt werden?
Antwort Strauß:
Es handelt sich um die Entwicklungskosten!
Der Herr Ministerpräsident oder — wenn ich das sagen darf — der Herr Aufsichtsratsvorsitzende geht da nicht auf die Summen ein, weil er sie nicht griffbereit hatte. Das ist verständlich. Kein Aufsichtsratsvorsitzender, kein Finanzminister kann immer alle Zahlen richtig im Kopf haben. Das ist ganz klar. Das weiß der Herr Kollege Strauß auch. Ich spreche von ihm mal als von meinem Amtsvorgänger, obwohl das Finanzministerium seitdem größer geworden ist. Wir haben jetzt auch die Verantwortung für
Währung, Banken, für den Internationalen Währungsfonds, für die Bundesunternehmen.
Er kann das nicht wissen. Das kann auch kein Finanzminister wissen. Jetzt geht es weiter. Die Frage lautet:
Also keine Rückzahlung der Entwicklungskosten?
Darauf antwortete der Herr Ministerpräsident Strauß:
Keine Rückzahlung der Entwicklungskosten. Das ist meine Vorstellung, die ich auch dann, wenn ich Regierungschef in Bonn würde, für richtig halten würde.
Am nächsten Morgen, also am 30. Juli, habe ich mich, da ich die Zahlen nicht kannte, gleich im Ministerium erkundigt. Ich habe ein bißchen Schadenfreude empfunden, aber gesagt: Du weißt es selber nicht; frage doch einmal nach! — Es kam dann der Vermerk vom 14. August betreffend meine Weisung vom 30. Juli. Darin stand: Entwicklungskostenzuschüsse für den Airbus A 300 — darauf bezog sich die Frage —: 1200 Millionen DM, zugesagte Entwicklungskostenzuschüsse für den Airbus A 310: 746 Millionen DM; insgesamt bedingt rückzahlbare Entwicklungskostenzuschüsse, die nach Schätzung von Airbus bis 1987 wahrscheinlich erforderlich sein werden: 2,29 Milliarden DM. Herr Kollege Strauß, dies sind die Zahlen, die mir gegeben worden sind und die auch stimmen.
Ich nehme es Ihnen nicht übel, daß Sie mich unterschätzen; das ist anderen auch schon so gegangen. Sie hätten aber nicht die Solidität der Beamten im BMF unterschätzen sollen. Sie kennen sie doch ganz gut. Sie können sich doch auch darauf verlassen, daß ich so eine Zahl nicht einfach aus dem Ärmel schüttele. Was habe ich gemacht? Ich habe einen Monat später reproduziert, was ich in dem Vermerk gelesen habe, und zwar — zugegeben — mit einer gewissen Unterschätzung dessen, was tatsächlich noch an Entwicklungskosten gegeben werden muß — 300 Millionen DM —, aber die genannten 2 Milliarden DM sind in der Größenordnung richtig.
Die maximale Serienbürgschaft für den Airbus, die — wiederum auf der Basis der Modellrechnung — bis 1987 erforderlich sein wird, beträgt 6,2 Milliarden DM, Herr Aufsichtsratsvorsitzender. Als weitere Zahlen sind zu nennen: Produktionshilfe: etwa 520 Millionen DM, Absatzhilfe — geschätzt —: 6 Milliarden DM. Ich sage Ihnen dies nur, falls Sie noch einmal so ein Interview geben möchten.
Ich will keine weiteren Schlußfolgerungen aus den Ausführungen ziehen, die Sie zu meiner Qualifikation gemacht haben. Auch auf das, was Sie sonst noch alles angefügt haben, will ich nicht näher eingehen. Ebenso will ich nichts weiter zu den erwünschten Qualifikationen eines Aufsichtsratsvorsitzenden sagen — denn was sollte dies? Schreiben Sie mir einen
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Dezember 1979 15087
Bundesminister Matthöfer
Entschuldigungsbrief ; dann ist die Sache wieder in Ordnung.