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ID0813102000

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    Plenarprotokoll 8/131 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 131. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 24. Januar 1979 Inhalt: Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . . 10267 A Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1979 (Haushaltsgesetz 1979) — Drucksachen 8/2150, 8/2317 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes — Drucksache 8/2404 — Dr. Kohl CDU/CSU 10267 C Wehner SPD 10281 B Mischnick FDP 10290 B Dr. Althammer CDU/CSU 10296 C Dr. Ehmke SPD 10303 A, 10352 B Hoppe FDP 10305 A Schmidt, Bundeskanzler . . . 10306 C, 10342 B Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 10320 D Genscher, Bundesminister AA 10327 B Dr. Barzel CDU/CSU . . . . . . . . 10334 C Dr. Marx CDU/CSU 10347 C Dr. Bangemann FDP 10359 A Namentliche Abstimmung 10366 C Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts — Drucksachen 8/2405, 8/2470 — Picard CDU/CSU 10368 B Dr. Bußmann SPD 10371 B Schäfer (Mainz) FDP 10372 A Frau Dr. Hamm-Brücher, Staatsminister AA 10374 C Vizepräsident Frau Funcke 10369 C Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksache 8/2420 — 10376 B II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 131. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. Januar 1979 Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksachen 8/2414, 8/2470 — Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 10376 C Stöckl SPD 10378 D Weiskirch (Olpe) CDU/CSU . . . . . 10380 B Möllemann FDP 10383 A Dr. Apel, Bundesminister BMVg . . . 10386 D Namentliche Abstimmung . . . . . . 10389 A Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 8/2425 — 10391 C Nächste Sitzung 10391 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 10393 A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 131. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. Januar 1979 10267 131. Sitzung Bonn, den 24. Januar 1979 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Adams * 26. 1. Dr. von Aerssen 26. 1. Dr. Aigner * 26. 1. Alber * 24. 1. Dr. Bayerl * 25. 1. Brandt 26. 1. Flämig * 26. 1. Gruhl 24. 1. Haase (Fürth) * 26. 1. Haberl 25. 1. Hoffmann (Saarbrücken) * 26. 1. Ibrügger * 26. 1. Dr. h. c. Kiesinger 24. 1. Klinker 26. 1. Koblitz 26. 1. Kroll-Schlüter 24. 1. Lange * 25. 1. Dr. Lenz (Bergstraße) 26. 1. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lücker * 24. 1. Luster * 26. 1. Müller (Bayreuth) 26. 1. Müller (Berlin) 26. 1. Müller (Mülheim) * 26. 1. Neuhaus 24. 1. Schmidt (München) * 26. 1. Schmidt (Wuppertal) 24. 1. Dr. Schmitt-Vockenhausen 26. 1. Schreiber * 26. 1. Dr. Schröder (Düsseldorf) 26. 1. Seefeld * 24. 1. Dr. Starke (Franken) * 24. 1. Frau Dr. Walz * 26. 1. Wawrzik * 25. 1. Dr. von Weizsäcker 25. 1. Würtz * 26. 1. Ziegler 26. 1. *für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments
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    Rede von Richard Stücklen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Abgeordneter Wehner, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
    Wehner: (SPD) : Nein. Wenn hier von einer erbärmlichen Schnüffelei nach Vorgängen in der Jugendzeit geredet worden ist — was jetzt vielleicht durch Fragen ein wenig begrenzt werden soll —:

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Ich frage Sie: Wer hat 1969 in der Wahlnacht von der „Umfallerpartei FDP" gesprochen? Das waren doch Sie! „Pendlerpartei" !)

    ich habe noch in keines Mannes Jugendzeit herumgeschnüffelt.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Das ist die Frage nicht, um die wir zu streiten haben. Wenn Sie dann sagen, die Psychose der Schnüffelei habe die Regierungsbank erreicht und dort seien welche zusammengezuckt, muß ich Ihnen sagen: Das ist zwar ganz gut ausgedacht, so aber hat es sich nicht ereignet. Daß Sie einem anderen Kandidaten Präferenz geben, als ich das tun würde — gut! Sie werden von mir nicht hören, daß ich sage: Der muß oder wird Präsident werden. Die Auseinandersetzung darum, wen die Bundesversammlung tatsächlich als Kandidaten vorgestellt bekommen wird, zwischen denen sie zu wählen hätte, werden wir sehen. Bis dahin wird noch allerlei geredet und leider auch sehr viel geschwätzt werden. Aber das ist eigentlich mehr Ihre Sache, als daß wir uns dafür zu rechtfertigen hätten, sehr verehrter Herr Kollege Kohl.
    Ich komme nun zurück zu der Rede, die Sie hier gehalten haben, und da vor allen Dingen zu den Vorwürfen, die Sie gegen den Bundeskanzler gerichtet haben. Ich weiß nicht — vor allen Dingen zweifelte ich daran —, ob Sie das eine und das andere gleichzeitig könnten. Sie machten Ihre Vorwürfe gegen den Bundeskanzler, z. B. auch gegen seine Rede zum Jahreswechsel und gegen seine Art, sich darzustellen, im vollen Bewußtsein dessen, welche Position dieser Bundeskanzler hat, dem Sie fortgesetzt in der Manier bestimmter Karikaturenzeichner vorhalten wollen, daß er auf den Bahamas war, daß er noch anderswo im Süden war, während hier die Leute gefroren haben.• Herr Kohl,
    das ist Ihre Sache. Es ist nicht sehr geschmackvoll, es so zu machen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich beziehe mich lediglich darauf, daß es gut ist, und zwar nicht nur für den Bundeskanzler, sondern auch für Sie, für uns alle, daß der Bundeskanzler z. B. im Jahre 1978 der Mann war, der bei dem — wie man es ein wenig modisch nennt — Europa-Gipfel in Bremen und dann beim Gipfel der wichtigsten Industrienationen hier in Bonn war, und daß wir dann übrigens auch die ersten gewesen sind, die hier durch den Bundeskanzler vorgetragen bekommen haben, was dort bei den Gesprächen mit jenen zugesagt worden ist, von denen Sie dann sagen, sie seien auf den Bahamas gewesen, da sei es so schön. Herr Kohl, ich will Ihnen nicht unterstellen, daß das Neid ist. Allerdings: das ist nicht das Niveau. Sie wissen das ja selber auch. Es ist schade, daß Sie es dennoch benutzen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich hatte gesagt: Sie tun mir leid. Das meine ich ganz aufrichtig.

    (Lachen bei der CDU/CSU — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das sieht man Ihnen an!)

    Wenn Sie sich einmal die Mühe gemacht hätten oder andere, die Ihnen Entwürfe zusammenstellen, die Mühe sich hätten machen lassen, noch einmal auf die Regierungserklärung des von Ihnen hier so besonders eigenartig angegangenen Bundeskanzlers Helmut Schmidt zurückzukommen — —

    (Franke [CDU/CSU] : Der Rentenkanzler! Der kann die Daten nicht lesen!)

    — Das ist das einzige, was Sie sagen können. Sie sind ja beinahe ein Papagei. Ich will aber die Papageien hier nicht — —

    (Franke [CDU/CSU] : Der „Weltökonom" !)

    — Das steht Ihnen genauso an, wie Sie aussehen.

    (Heiterkeit bei der SPD und der FDP — Lachen bei der CDU/CSU)

    Ich wollte Ihnen nur folgendes sagen. Der Bundeskanzler hat in der Zusammenfassung seiner Regierungserklärung folgendes gesagt:
    Erstens. Wir wollen weiter den Frieden sichern — durch Fortsetzung unserer bisherigen Außenpolitik, durch Fortsetzung unserer bisherigen Politik der guten Nachbarschaft und der Partnerschaft.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Welcher Außenpolitik?)

    Zweitens. Wir wollen die Arbeitsplätze sichern und neue Arbeitsplätze schaffen — durch eine vorausschauende Wirtschaftspolitik.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Was ist das?)

    — Was ist das, fragen Sie, Sie wissen ja, daß das alles kommt. Versuchen Sie nicht, alles auf einen



    Wehner
    Schluck zu nehmen; sonst verschlucken selbst Sie sich, die Sie einen großen Schlund haben.

    (Große Heiterkeit)

    Demnächst kommt ja der Jahreswirtschaftsbericht, und es wird Ihnen die Stellungnahme der Bundesregierung zum Jahreswirtschaftbericht vorgetragen. Ich könnte Ihnen das heute auch schon sagen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    — Sie haben doch das Kunststück fertiggebracht, schon manche Ihrer Kanzler und Kanzleranwärter selbst zu verschlucken. Sie müssen einen besonderen Schlund haben.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ja, das ist ein tolles Bild! Herr Kohl, Sie tun mir leid.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP — Lachen bei der CDU/CSU — Haase [Kassel] [CDU/ CSU] : Wen haben Sie schon alles verschluckt?)

    Es heißt in der Regierungserklärung weiter:
    Drittens. Wir wollen den sozialen Frieden und unsere innere Sicherheit bewahren — durch sozialen Ausgleich und durch liberale Rechtsstaatlichkeit.
    Viertens. Wir wollen die soziale Sicherung gewährleisten — durch Festigung unseres sozialen Netzes.
    Fünftens. Wir wollen unser gutes Gesundheitswesen wirtschaftlicher machen — durch Sparsamkeit und strukturelle Reformen.
    Sechstens. Wir wollen unserer Jugend Türen öffnen und gute Chancen in Bildung und Beruf bieten.
    Siebtens. Wir wollen helfen, unsere Städte, Gemeinden und Landschaften lebenswert zu erhalten — durch eine Politik für eine menschliche Umwelt.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Hier ist doch kein Parteitag!)

    Das waren die sieben Schwerpunkte, und wir, die Fraktion der Sozialdemokraten im Deutschen Bundestag, sind hier ziemlich hart und streng in die Zucht genommen worden, um dazu beizutragen, daß ein erheblicher Teil in dieser ersten Hälfte der achten Legislaturperiode tatsächlich auch schon erfüllt werden konnte.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die Fraktion der SPD hat 1978 in der letzten Ausgabe von „Thema der Woche" — beschaffen Sie sie sich; dann können Sie etwas Entsprechendes erarbeiten, wenn auch umgekehrt in Spiegelschrift — eine Ubersicht über die Aktivitäten der Fraktion im Jahre 1978 gegeben, und zwar ganz nüchtern, mancher wird sagen: beinahe buchhalterisch.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Das ist ja Erbauungsliteratur!)

    Unter Abschnitt I steht dort:
    Die sozialliberale Politik der Friedenssicherung durch Vertiefung des Entspannungsprozesses und langfristige Kooperation war 1978 erfolgreich.
    Es wird auch darauf verwiesen, daß langfristige Vereinbarungen mit der UdSSR und der DDR getroffen wurden. Da weisen wir nach, wie wir als Bundestagsfraktion diese Politik mit den Zielen, den Prozeß der Entspannung zwischen West und Ost zu vertiefen, die aktive Rolle der Bundesrepublik Deutschland in den Vereinten Nationen zu stärken, die Zusammenarbeit zwischen den beiden deutschen Staaten zu verbessern, die Rüstungskontrollmaßnahmen in Europa zu ermöglichen, die Integration der Europäischen Gemeinschaft voranzutreiben und den Nord-Süd-Dialog zu intensivieren, durch zahlreiche parlamentarische Initiativen, Delegations- und Informationsreisen unterstützen.

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU]: Wann kriegen wir das zu lesen? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Wir haben auch erreicht — und das wird auch von Ihnen nicht bestritten werden können, wenn es auch manche gerne wollten —, daß die 1977 von der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion übernommene Aufgabe, Vorschläge zur Erhaltung der Lebensfähigkeit der Stadt Berlin zu erarbeiten, 1978 weitgehend erfüllt worden ist. Hier haben wir zusammen mit CDU/CSU und mit FDP einen großen Schritt vorangemacht. Das ist in langer Arbeit durch uns vorgearbeitet worden. Wir sind dankbar dafür, daß es dann einen Konsens in wesentlichen Fragen, noch nicht in allen Fragen, gegeben hat. Da klagen die einen darüber, daß wir noch nicht genügend nachzögen; das ist umgekehrt ebenso. Aber bitte: das ist ganz natürlich.
    Wir haben auch nicht nur den Willen zur weiteren Normalisierung der innerdeutschen Beziehungen unterstrichen, sondern getan, was wir konnten, damit die Verhandlungen zwischen Bundesrepublik und der Deutschen Demokratischen Republik zu Verkehrsfragen und zum Zahlungsverkehr schließlich auch positiv haben abgeschlossen werden können. Und so gibt es eine ganze Menge. Ich nenne etwa die Tätigkeit 'und unsere Begleitung dieser Tätigkeit in den Vereinten Nationen — ob das nun solche gefährlichen Flecke wie Namibia oder andere betrifft.
    Wenn Sie sich das ansehen, werden Sie sagen: Na, geflunkert haben die nicht. Ich will gar nicht aus Ihren Reihen Mitglieder gewinnen. Ich will nur, daß Sie aktiv — —

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    — Nein, nein, das ist sehr gefährlich. Das wissen Sie selber. Mir reicht's mit den jetzigen Mitgliedern.
    Machen Sie einmal etwas Entsprechendes! Sie werden sehen: Dann wäre Herr Kohl heute durch Sie besser bedient gewesen. Nun ist aber Herr Kohl sein eigener Vorsitzender und auch Fraktionsvorsitzender. Insofern ist das wieder wie mit der



    Wehner
    Schlange, die sich in den Schwanz beißt. Aber eine Schlange hat keinen, Schwanz.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Wer sagt Ihnen das? — Heiterkeit)

    Also passen alle diese Bilder nicht darauf.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    — Sicher, das ist schwierig. Ich kann Ihre Probleme verstehen. Sie müssen versuchen, sich auf Kosten anderer zu erlustigen. Aber, wissen Sie, wer zuletzt lacht, lacht am besten. Und ich rate alle meinen Kolleginnen und Kollegen, jetzt noch nicht zu lachen, sondern traurig darüber zu sein, daß hier eine Woche auf eine Art und Weise vergeudet wird, die nicht nötig wäre.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Schaffen Sie das Parlament doch überhaupt ab! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Herr Kohl, Sie werfen dem Bundeskanzler vor, daß er in seiner Neujahrsansprache z. B. manches gesagt habe, was Sie nicht nur kritisch betrachten — das ist Ihr gutes Recht —, sondern herabwürdigen. Der Bundeskanzler hat z. B. gesagt:
    Die Aufbauleistung unseres Volkes in den ersten drei Jahrzehnten unseres Staates darf uns schon ein wenig stolz machen.
    Ist das richtig, oder ist das nicht richtig? Das trifft doch alle! Das ist doch kein Sich-selbst-ansPortepee-Greifen, sondern das ist eine Bemühung, allen klarzumachen: Da ist etwas geleistet worden. Wenn er dann fortgefahren ist:
    Nach dem Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft hat sich eine sittlich-moralische Erneuerung vollzogen. Die ganz große Mehrheit unserer Landsleute ist heute unempfänglich für nationalistische Parolen. Wir halten am Gedanken der einen Nation fest, aber wir wissen auch, die Nation ist nicht das letzte Maß aller Dinge,
    warum müssen Sie das schelten? — Vielleicht haben Sie es nicht noch einmal angeguckt, sondern es hat Ihnen jemand Stichworte geschrieben. Das werfe ich Ihnen nicht vor; das kommt vor. Aber Sie sollten vorsichtiger sein, sonst müssen wir bald sagen: Da war einmal ein Oppositionsführer, und der ist nicht mehr.

    (Heiterkeit bei der SPD und der FDP)

    Wir haben es mit jedem zu halten; wer nun immer als Oppositionsführer kommt, mit dem müssen wir uns auseinandersetzen. Das tun wir auch. Das haben wir schon oft erlebt.
    Der Bundeskanzler hat weiter gesagt:
    Ich weiß, daß es nicht immer leicht ist für alle jungen Menschen, Demokratie mitzutragen und mitzugestalten. Aber gerade weil wir mit dem Problem der Jugendarbeitslosigkeit, weil wir mit dem Mangel an Ausbildungsplätzen, mit dem Numerus clausus fertigwerden wollen und müssen, deshalb können wir auf die kritische
    Mitarbeit der jungen Bürger nicht verzichten. Wir brauchen sie für die 80er Jahre, und wir brauchen sie für die gemeinsame Zukunft.
    Sie aber, Herr Kohl, haben hinsichtlich der heranwachsenden Generationen ganz schwarzgemalt. Schade, daß Sie meinen, das sei ein Beitrag zu einer Arbeit, zu einem Bemühen, in das sich unterschiedliche und in manchen Fragen gegensätzliche Parteien teilen müssen — anders geht es nicht —,

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    aber immer zum Besten der Bundesrepublik Deutschland und ihrer grundgesetzlichen Ordnung.

    (Erneuter Beifall bei der SPD und der FDP)

    Der Bundeskanzler hat in seiner Neujahrsrede zum Schluß gesagt:
    Zum Schluß muß ich vom Frieden reden, vom Frieden nach innen und vom Frieden nach außen. Zum inneren Frieden gehört der soziale Ausgleich, für den Regierung und Kanzler mit aller verfügbaren Kraft arbeiten. Der äußere Frieden verlangt vernunftgerichtetes Handeln in Richtung auf Gleichgewicht, in Richtung auf Entspannung, in Richtung auf Rüstungskontrolle, auf gute Nachbarschaft mit Ost und West, in Richtung auf praktische Solidarität mit jenen Völkern, denen es heute noch nicht so gut geht wie uns selbst.
    Weiter hat er gesagt:
    Ich blicke mit Vertrauen auf das neue Jahr. Ich setze mein Vertrauen in unsere gemeinsame Fähigkeit zum inneren und zum äußeren Frieden.
    Diese Worte, auch wenn Sie sie lieber anders gesehen und von einem anderen gesprochen gehabt hätten, verdienen doch den Respekt, daß das ernst gemeinte und nicht einfach so dahingelaberte Worte sind.
    Aber in einem Punkt sind Sie — entschuldigen Sie, wenn ich das so sage; ich muß mich da eines Bildes bedienen — dem gerecht geworden, was der finanzpolitische Sprecher und Koordinator der Unionsparteien mit dem Begriff umrissen hat: der Geist schwebt über Bonn. Dem müssen Sie nun gerecht werden, diesem Geist von FJS. Sehr verehrter Herr Kohl, das wird Ihnen nicht guttun.
    Wenn Sie glauben, dem Bundeskanzler vorwerfen zu dürfen, er ersetze Führung durch Selbstdarstellung,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    so muß ich Ihnen sagen: Der Bundeskanzler respektiert Partner und ringt mit ihnen; Sie aber verweigen Partnerschaft, die ja auch verträgt, daß man Gegensätze austrägt. Ich verstehe ja unter Partnerschaft nicht das Sich-Ergeben gegenüber einer anderen Richtung oder einer anderen Kraft.

    (Kolb [CDU/CSU] : Das erwartet der aber!)

    Meine Damen und Herren, dieser vorhin erwähnte Geist hat in seinem Interview mit dem „Handels, blatt" deutlich gemacht, was hier zu sagen ist und



    Wehner
    was dem Geiste entspricht. Ich will hier keine Reklame für das Blatt machen. Sie kennen das Stichwort — manche schmunzeln schon, kennen es längst —, das Herr Kohl aufgenommen hat, das man ihm mitgegeben hat, damit er darauf ja nicht verzichtet. Es ist das Wort: „Für des Kanzlers Schulden werden noch Kinder und Enkel bezahlen."

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich gratuliere Ihnen, Herr Kohl, daß Sie ernsthaft versucht haben, Herrn Strauß zufriedenzustellen. Er selbst, Strauß, sagt, er habe in Abstimmung mit Herrn Kohl die Aufgabe übernommen, die Finanzpolitik der unionsregierten Länder untereinander und die Politik dieser Länder wiederum mit der Finanzpolitik der Bundestagsfraktion zu koordinieren. Das ist eine tolle Sache, das ist ein Übermensch, der da sitzt und zieht und alle möglichen „Vosse" und andere hat, die nun dafür sorgen, daß sein Wille auch geschehe.

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Kohl, Sie hätten manches Kritische gegen die Regierung sagen können. Ich hätte gesagt: Da hat er bis zu einem bestimmen Punkt recht; da ist er an eine schwache Stelle unseres bisherigen Bemühens gekommen. Das wäre eine gute Debatte gewesen. Nehmen wir einmal den Jahreswirtschaftsbericht, der hier demnächst in einer Bundestagssitzung behandelt werden wird. Ich nehme an, daß der Wirtschaftsminister es mir nicht übelnehmen wird, wenn ich da jetzt — nicht, indem ich etwas prophezeie, sondern sozusagen etwas ahne — vorgreife.
    Ich möchte den Punkt nur dazu benutzen, zu sagen: Sie hätten sich nichts vergeben, Herr Kollege Dr. Kohl, wenn Sie z. B. einmal gefragt und versucht hätten, nachzuvollziehen, was aus dem Investitionsprogramm „Zukunft" der Bundesregierung, das nur unter ganz intensiven, geduldigen Bemühungen mit den Länderregierungen wirklich hat in Gang gebracht werden können, geworden ist. Da werden Sie sehen: eine ganze Menge;

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Ist doch veröffentlicht worden!)

    auch noch nicht vollständig.

    (Zuruf des Abg. Dr. Jenninger [CDU/CSU]) — Nein, nein; hören Sie mal!


    (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Das ist doch veröffentlicht worden!)

    — Das Programm?

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Nein, die Leistungen! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

    — Ja, ja! — Nun gut, wenn Sie das gelesen haben, dann verfügen Sie über das, was andere bei mir, wenn ich etwas gelesen habe, als „Herrschaftswissen" abqualifizieren.

    (Heiterkeit und Zurufe von der SPD)

    Ich könnte mir da als Opposition, in die ich mich hineindenken kann, etwas anderes vorstellen. Siebzehn Jahre war ich in diesem Bundestag eines der
    Mitglieder der Führung der Fraktion der Opposition, d. h. der SPD, bis sich die Dinge dann grad-und schrittweise geändert haben. Da muß ich Ihnen sagen, dies hätte ich mir nicht entgehen lassen, Herr Kohl, auf Verkehrsbereich, Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, auf das Rhein-BodenseeProgramm, auf die Sicherung der Trinkwasserversorgung,

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    auf die Wassernotversorgung, auf die Verbesserung der Lebensbedingungen in Städten und Gemeinden zurückzukommen.

    (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)

    Sie müssen ja nicht deshalb, weil Sie sich selbst Generalist nennen, es verschmähen, einmal auf konkrete Dinge zu sprechen zu kommen.

    (Heiterkeit und lebhafter Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/ CSU)

    Vielleicht darf ich Ihnen das noch einmal vorhalten. Das hat eine ähnliche Farbe. Das ist unsere letzte, unsere jüngste Nummer „Thema der Woche".

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich meine die Argumente gegen die Unterstellungen der CDU/CSU in deren Antrag „Zukunftschancen der jungen Generation". Viele in unserer Fraktion machen sich ernsthafte Gedanken. Die sind nämlich nicht immer völlig konform; die sind häufig auch sehr kontrovers, bis wir gefunden haben, was durchführbar oder durchhaltbar ist. Insofern könnten Sie — ich bitte Sie um Entschuldigung, machen Sie es sich nicht leicht — einiges von uns lernen. Hoffentlich lernen Sie nicht zu schnell zu viel, damit Sie uns nicht wieder überrunden.

    (Heiterkeit)

    Also, lernen könnten Sie einiges, meine Herren.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Von Ihnen kann man vieles lernen!)

    — Manches, nicht vieles, manches.
    Ich habe kürzlich den Dank einiger mich dann interessierenden Kollegen von der christlich-demokratischen Arbeitnehmerschaft für das bekommen, was ich bei einer Neujahrsbegegnung des Deutschen Gewerkschaftsbundes gesagt habe, an der auch sie teilgenommen hatten, ohne daß ich das wußte und es mir angezeigt war, aber das ist ja ganz verständlich. Ich war eingeladen worden, dort zu sprechen. Da habe ich an das erinnert, was die Offenburger Erklärung des Jahres 1967 aussagt, und habe ein wenig bedauert, wie wenig das jetzige Grundsatzprogramm der CDU von Ludwigshafen den damaligen Vorstellungen entspricht. Das können Sie selber nachlesen. Ich will das jetzt hier nicht vorzutragen versuchen.
    Dort habe ich hinterher den Dank dieser Kollegen von der christlich-demokratischen Arbeitnehmerschaft bekommen, weil ich sie fair zitiert hätte, und auch besonders dafür, daß ich in ernster Zeit — es war unmittelbar nach dem Abschluß des Kon-



    Wehner
    flikts in der Stahlindustrie — mich sehr berührende, sehr bewegende Sätze eines von mir sehr geachteten, geschätzten, verehrten Mannes, wenn er auch eine ganz andere weltanschauliche Fundierung hat, als ich sie habe und haben kann, erwähnte, nämlich das, was Oswald von Nell-Breuning über das Problem „Arbeitslosigkeit — Schicksal oder Schuld?" und dabei im besonderen auch zu den Jugendlichen und zu den jungen Arbeitslosen und das Verhalten ihnen gegenüber gesagt hat. Es wäre gut für Sie, das mal zu lesen. Das kann man kaufen. Ich bin ein Abonnent dieses Blattes. In diesem Falle war es der „Rheinische Merkur". Sie werden lachen, tatsächlich bin ich Abonnent,

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    genauso, wie ich das „Deutsche Allgemeine Sonntagsblatt" abonniert habe. So hat man, wenn man älter wird, seine eigenen Bevorzugungen.

    (Heiterkeit und Zurufe von der CDU/CSU)

    Herr Nell-Breuning hat am Schluß seiner hochinteressanten Ausführungen geschrieben:
    Bei vernünftiger Einsicht und gutem Willen aller Beteiligten und Betroffenen läßt sich die Arbeitslosigkeit auch heute noch, wenn auch nicht völlig, so doch sehr weitgehend, vermeiden. Für den einzelnen Betroffenen ist die Arbeitslosigkeit Schicksal, für die Solidargemeinschaft eines fortgeschrittenen hochzivilisierten und hochindustrialisierten Volkes ist sie nicht frei von Schuld.
    Wovon sie aber immer frei sein muß: von der Ausschlachtung dieser schlimmen Sache in einem parteiegoistischen Rangeln.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : 1966, Herr Wehner!)

    — Sehr verehrte Herren, 1966 haben wir gesagt, wir wollen dazu beitragen, ,daß nicht mehr Zechen geschlossen werden usw.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Denken Sie einmal an Ihre Kampagne 1966!)

    — Wenn Sie an 1966 erinnern, wollen wir einmal eine Debatte darüber führen, dann aber Zug um Zug und im Blick darauf, wie sich damals die Ereignisse tatsächlich abgespielt haben.
    Sie, Herr Korn, können nicht anders als hier wieder von dem „Rentenbetrug 1976" sprechen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    — Nein, nein, mir tut Herr Kohl leid, wenn er sich immer an solche alten Kaugummis

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wahrheiten!) klebt oder sie an sich kleben läßt.


    (Zustimmung bei Abgeordneten der SPD — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Da kauen die Rentner jetzt noch dran!)

    Ist denn nicht klargestellt worden, was notwendig war und wodurch die Konsolidierung der Rentenversicherungsfinanzen erforderlich war? Das war doch nicht ein Betrug;

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Was denn sonst?)

    da wurde doch einer Situation Rechnung getragen, die sich aus einer Strukturkrise mit einem weltumspannenden Wirkungsgrad ergeben hatte.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Jetzt fangen Sie an und wollen eine Diskussion über den „Rentenbetrug 1980" heraufbeschwören. Aber Sie wissen doch, Herr Kohl — und wenn Sie es im Moment nicht parat haben sollten, werden Ihnen Sachverständige das doch sagen oder notieren können; es wird allerdings nicht gerade der Herr Franke sein —, da gibt es einen Spruch des Bundesverfassungsgerichts, bis zum Jahre 1984 — d. h. dann wirksam werdend — die gleichwertige und gleichberechtigte Hinterbliebenenversorgung für Frauen und Männer — Sie können es auch umgekehrt sagen: für Männer und Frauen — zu sichern. Daran wird doch bei der Regierung gearbeitet, und zwar völlig ernsthaft gearbeitet. Da gibt es eine Kommission; die ist einberufen.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    - Ja, ich bitte Sie! Ihre Leute sind doch ebenfalls darüber informiert. Warum tun Sie denn so, als werde hier ein neuer „Betrug" vorbereitet? Seien Sie doch genauso ehrlich wie wir!

    (Lachen bei der CDU/CSU) — Das kommt Ihnen komisch vor, nicht?


    (Zuruf von der CDU/CSU: Ja!)

    Sagen Sie doch, daß die Dinge auf Grund dieses Verfassungsgerichtsspruchs uns alle unausweichlich nötigen, über eine ganze Reihe von Gegebenheiten nachzudenken, mit denen wir es bei der Sozialversicherung bisher haben bewenden lassen können.

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Das ist gar nicht das Thema!)

    Aber, meine Damen und Herren, Sie fangen hier jetzt an und kündigen einen neuen „Rentenbetrug" an. Man sollte anders miteinander umgehen und sollte die Arbeit von Kommissionen nicht zerreden, ehe überhaupt deren Ergebnisse vorliegen.
    Dann kommen Sie zum Konflikt zwischen den Generationen. Das ist ein ernstes Thema, eines der ernstesten Themen. Nur, was ich da vom Bundeskanzler zitiert habe, zeugt doch davon, daß er und die, die ihn schätzen, die Dinge ernst nehmen — und dazu gehören wir —, diejenigen, die ihn mit den Stimmen tragen, die wir haben, was manchmal sehr mühselig ist, nicht weil er mühselig ist, sondern weil unsere Mehrheit knapp bemessen ist. Das ist eben so, und das ist doch kein Grund, darüber zu höhnen, genauso wie Sie, Herr Kohl, nicht sehr viel weiterkommen, wenn Sie alle paar Tage jemanden erklären, was ich jetzt wieder in einer Ansbacher Zeitung gelesen habe, daß Ihnen damals nämlich ganze 300 000 Stimmen gefehlt hätten, sonst hätten



    Wehner
    Sie die absolute Mehrheit gehabt; na gut, so ist das im Leben, wissen Sie.

    (Beifall bei der SPD und bei der FDP)

    Es gibt schon andere Vorgänger, die Leidtragende waren.
    Dann kommen Sie zum Stahlkonflikt. Ich will hier nur noch ein einziges Mal sagen, Herr Kohl, wie geschmacklos ich es finde, daß Sie da dem Bundeskanzler vorwerfen, daß er erstens bei einer Beratung zum schwierigen Nord-Süd-Thema — ich brauche wohl nicht zu erläutern, was das heißt; alle sind ja große Experten — und zweitens bei jener Zusammenkunft der vier Leute in der Karibik, die zwar keine förmliche Körperschaft bilden, bei denen es ja wohl aber interessant war, daß der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland einer von diesen vier Teilnehmern war.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wenn Sie es einmal werden wollen oder sollen, Herr Kohl, wird sich mancher daran erinnern, wie Sie über Ihren Vorgänger oder Vorvorgänger — inzwischen kommen vielleicht erst noch andere, und Sie sind dann auch schon älter und gereifter, wenn Sie einmal Bundeskanzler sein werden, falls Ihnen das beschieden sein sollte — damals geredet haben, weil er mit dem amerikanischen Präsidenten und mit dem französischen Staatspräsidenten und mit den ... usw. usw. zusammen, während es hier so kalt war, auf einer Insel in der Karibik war. Meine Herren, Herr Kohl, das ist einige Nummern zu klein und zu dürftig. -

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich sage das deswegen, weil Sie da nicht die Façon bewiesen haben, und deswegen tut es mir weh.
    Dann fangen Sie an, über den Iran, über Afghanistan und ähnliche Dinge zu reden. Vielleicht haben Sie heute morgen die ersten Rundfunknachrichten gehört. Wenn Sie sie nicht gehört haben, wird Ihnen jemand etwas notiert haben; es gibt da ja kundige Leute. Wenn man genau auf dem Damm sein will, muß man, soweit und sooft man kann, Rundfunknachrichten hören. Ich meine die Botschaft des amerikanischen Präsidenten. Lesen Sie sie! Lesen Sie wenigstens das, was schon bis jetzt unter die deutschen Leser gekommen ist! Dann werden Sie Ihr Urteil über den Bundeskanzler, mit dem Sie und wir es hier zu tun haben, zwar nicht revidieren, aber Sie werden sich, wenn Sie das gelesen haben werden, doch ein wenig behutsamer ausdrücken angesichts dessen, was in der Welt vor sich geht, wo wir nicht nur gebraucht, sondern dank des Bundeskanzlers und seines Kabinetts auch als brauchbar, als leistungsfähig angesehen werden.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich bedaure auch das, was Sie hier bezüglich des europäischen Währungssystems vorgetragen haben. Daß es ganz schwierig ist, die weitere Entwicklung der Römischen Verträge und der auf diesen Verträgen basierenden Einrichtungen mit Frankreich kontinuierlich weiterzutreiben, wissen hier manche. Ich gucke dabei niemand an. Aber auf Grund dessen nun umgekehrt einen Versuch zu machen, hier innenpolitisch um sich zu schlagen, dient niemandem, verehrter Herr Kohl. Sie müssen immerhin wissen, daß ein Mann wie der Bundeskanzler und ein Mann wie der, der bisher überhaupt der einzige unter den Regierungschefs und Präsidenten ist, der mit einer Auszeichnung zum Ehrenbürger Europas ernannt worden ist, Jean Monnet, Freunde sind. Auch ich bin es. Aber ich will mich dessen nicht rühmen, aber — fragen Sie Herrn Barzel und andere — da ist doch etwas geschehen. Aber wenn jemand hinterher aus Eitelkeit oder weil er da noch nicht dabei war, weil er andere Aufgaben hatte — das ist doch gar nicht zu schmähen —, das Ganze sozusagen ein wenig bekleckert, dann ist das nicht gut. Wir haben eine schwierige Rolle zu spielen.
    Die Sache mit dem Grenzausgleich ist nicht von Pappe. Wenn Sie glauben, bei der Gelegenheit mal wieder etwas in der FDP herumstochern zu können, dann tun Sie mir leid, der Sie sich kurz vorher noch mit Herrn Bangemann angelegt haben, was ich mir mit einer gewissen Genugtuung angehört habe. Aber das sind Leute, die sich gegenseitig den Rang streitig machen wollen. Aber bei Herrn. Ertl ist das doch ganz anders; da brauchen Sie doch nicht so anzulegen. Nein, wir müssen aufpassen, daß wir in den europäischen Fragen die winzigen Bewegungen nach vorwärts und auch nach oben weder verträumen noch versäumen, und wir müssen aufpassen, daß man sich dabei nicht übernimmt.
    Wenn Sie uns hier vorwerfen, Herr Kollege Kohl, daß wir, dort in unseren Vorwahlkampfergüssen, die wir bisher herausgegeben haben, angeblich nur gegen die Konservativen polemisieren, so hätten Sie sich das beschaffen lassen können, um es genau zu zitieren. Es steht hier so:
    Die Verleumdung der Sozialdemokratie durch die CDU/CSU mit dem Slogan „Freiheit statt Sozialismus" verketzert Andersdenkende und richtet sich gegen den politischen Pluralismus in Europa.
    Das ist doch wohl wahr; das ist gegen unsere Auffassung.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Der nächste Satz lautet:
    Dieser Slogan und die hinter ihm stehende Politik zerstören die Grundlagen für eine in Europa erforderliche Zusammenarbeit verschiedener politischer Kräfte. Diese Politik spaltet Europa statt zu seiner Einigung beizutragen und ist in ihrer praktischen Wirkung trotz gegenteiliger Beteuerungen im Kern antieuropäisch.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Es ist schwerfällig ausgedrückt, aber von denen ehrlich gemeint, die das verfaßt haben.
    Wenn dann der Satz folgt „Im Streit um die Mehrheit im Europäischen Parlament sind die konservativen Parteien Hauptgegner für die Sozialdemokraten", so müssen Sie das im Zusammenhang mit dem lesen, was soeben beklagt worden ist.



    Wehner
    Es folgen die Sätze:
    Dabei verkennen wir nicht, daß es in Europa in einer Reihe christ-demokratischer Parteien, die sich auch Traditionen der christlichen Arbeiterbewegung verpflichtet fühlen, freiheitliche und soziale Tendenzen gibt. Wir fordern diese Parteien im Interesse Europas auf, sich von der Konfrontationsstrategie — wie sie insbesondere von der CSU und der überwiegenden Mehrheit der CDU betrieben wird — zu distanzieren.
    Das ist völlig legitim.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Das ist die gegenseitige Einschätzung. Wenn einer einen anderen gegen das Schienbein getreten hat, dann sagt derjenige, der getreten worden ist: Hört mal, ihr habt mit dem mehr als wir zu tun — abgesehen davon, daß er uns eine Beule getreten hat —, redet einmal mit ihm darüber, ob man so miteinander umgehen kann! Das sollte nicht zu einem Lamento benutzt werden.
    Ganz schlecht liegen Sie, Herr Kohl — ich nehme an, Sie verstehen das richtig; Sie liegen nie, Sie stehen —, ganz schlecht stehen Sie da, wenn Sie sagen: Diese SPD — Sie beziehen das auf ihren Europa-Parteitag in Köln — hätte eine Abgrenzungspolitik gegenüber Kurt Schumacher und Reuter betrieben. Seien Sie einmal so nett! Ich hatte allerdings nicht die Ehre, daß das Blatt „Vorwärts" meine Rede veröffentlichte. Das gibt es bei uns, es gibt eine Vielfalt von Meinungen. Aber diejenigen, die es gehört haben, und auch diejenigen, die das unkorrigierte Protokoll gelesen haben, werden dort das finden, was Schumacher, nachdem er nicht mehr KZ-Gequälter war, über unsere Stellung zu Europa und darüber gesagt hat, was wir in Europa wollen und was wir nicht als Europa ausgegeben sehen wollen. Das ist alles klar, aber das beachten Sie nicht. Sie wollen immer schon vorgelutschte „Bonsches" haben, Herr Kohl. Das schmeckt aber nicht.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich will hier nicht einstimmen; ich stehe nicht auf dieser Liste. Sonst würden Sie sagen: Aha! Sie sagen, die SPD-Liste, die in Köln beschlossen worden sei, sei mit so vielen extrem Linken wie nie vorher besetzt gewesen. Darüber kann ich nur lächeln.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU] : Das liegt an Ihrer Vorstellung darüber, was links ist!)

    — Sie sind ganz linkisch, da haben Sie recht.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

    Aber das steht einem Mann Ihres Körpermaßes nicht so schlecht an; Sie haben noch eine Chance, das zu verbessern.

    (Zuruf des Abg. Haase [Kassel] [CDU/CSU])

    Ich bitte Sie herzlich, vergeuden Sie diese Chance nicht! Sie sind ganz dicht an der Grenze, und plötzlich sieht man Sie nicht mehr. Dann sind Sie hinuntergerutscht.

    (Beifall bei der SPD)

    Was da über die Grundsätze gesagt worden ist, die das Kabinett in der Frage des öffentlichen Dienstes, des Zutritts zum öffentlichen Dienst und der Verfassungstreue beschlossen hat, werden wir beim entsprechenden Einzelplan aufbringen und deutlich machen. Ich wollte Ihnen nur sagen, Sie hätten, wenn Sie sich die Mühe machen wollten, einmal die nichtkorrigierten Protokolle ,des Kölner Parteitages beschaffen zu lassen — ich bin auch gern bereit, sie Ihnen schicken zu lassen — gesehen, daß es eine offenherzige Aussprache miteinander gewesen ist, am Schluß gab es übereinstimmende Entscheidungen.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Die Kapitulation vor den Linken gab es da!)

    — Davon verstehen doch Sie nichts. Wenn ich mit Herrn Kohl polemisiere, so weiß ich, das ist immerhin einer, der von vielen Dingen vieles versteht, und ich habe auch Mitleid mit ihm. Aber Sie, Sie sind doch aufgezogen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Wenn ich das nicht falsch verstanden habe, Herr Kohl, haben Sie am Ende gesagt, ,daß der Chefredakteur der „Neuen Zürcher Zeitung" — ich nehme an, das ist Herr Luxinger, oder habe ich mich geirrt?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Nein!)

    behauptet habe, daß der Bundeskanzler fast ein Sprachrohr Breschnews sei. Ich bin Abonnent. Das geht mir so wie dem alten Herrn, Ihrem besonderen Vorbild: Wenn man eine ausländische Zeitung lesen muß, mindestens eine, so liest man am besten die, die in einer Sprache ist, die man ganz leicht versteht, und das ist die „Neue Zürcher Zeitung". Ich bin seit vielen Jahren Abonnent und zahle selbst. Ich kenne Luxinger. Kenne die Leute alle, habe mit ihnen auch schon Gespräche geführt, nicht, weil ich mich darauf berufe, Abonnent zu sein,

    (Heiterkeit)

    sondern weil sie interessiert sind an meinen Auffassungen — ich will sie ihnen ja auch nicht aufzwingen —, auch an meinem Werdegang, der ja auch ein seltsamer Werdegang ist. Die sind anders als Sie. Sie sagen: „Aha!" „Aha", was ist das?

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der FDP)

    Nun haben Sie am Schluß noch etwas entdeckt, wovon ich gedacht habe: Vielleicht hält er sich nicht für konkurrenzfähig mit seinem Wehr- und Verteidigungsexperten und sagt deshalb nichts. Nein, Sie mußten diesen Splitter auch noch loswerden, vorgreifend auf die Debatte, die wir hier zur Großen Anfrage sowohl der Koalitionsfraktionen SPD und FDP als auch der CDU/CSU, die ja keine Koalition, sondern ein Blöckchen ist, haben werden. Da muß ich Ihnen sagen: Diese Debatte möchte ich haben, sobald es geht. Deswegen habe ich mich ein wenig in der Ausdrucksweise meiner ehemaligen Heimat geäußert: Ich möchte etwas Dampf machen, daß die Debatte zustande kommt. Ich habe dabei auch gemeint, daß es gut wäre, wenn man dabei versuchte, aufeinander zuzugehen. Bei Ihnen hat dann jemand



    Wehner
    entdeckt, wo man mir gleich einen anhängen kann. Dazu werden wir uns noch in zusammenhängender Form äußern. Der Mann hat falsch geguckt. Weil er den Namen Wehner sah, hat er nicht gemerkt, daß der sich gegen den Herrn Wörner hinsichtlich dessen gewandt hat, was der in Santa Barbara gesagt und vorher hier hinterlassen hat, sondern gemeint, das habe der Wehner gegen den Schmidt gesagt.
    Ich will Ihnen einmal eines sagen: Ich habe erstens absolutes Vertrauen in den Sachverstand des Mannes, der Bundeskanzler ist, Helmut Schmidt, und immer war und bleiben wird.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf des Abg. Jäger [Wangen] [CDU/CSU])

    Ich bin zweitens überzeugt, daß er auf Grund dieses Sachverstandes in militärischen, Rüstungs- und Kriegsfragen ganz genau weiß, was ein Mann mit so viel Sachverstand im Kopf und auch so viel Gefühl im Herzen tun muß, tun kann, tun darf, damit es nicht zu einem neuen Aderlaß kommt: also Rüstungsbegrenzung, also Rüstungskontrolle, also Rüstungsabbau, also Abrüstung. Da gibt es keinen in diesem Hause, der sachverständiger ist als Helmut Schmidt.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Meine eigene Überzeugung ist die: Es gibt das, was Entspannung genannt wird, und es gibt das, was mit dem Begriff Abrüstung zu nennen wert ist, nur, wenn man tut, was in den eigenen Kräften steht, um Beiträge zur Friedenssicherung zu leisten. Zur Friedenssicherung gehört auch die eigene Verteidigungsfähigkeit, die für uns eigene Verteidigungsfähigkeit im Bündnis bedeutet; denn weder haben wir eine atombewaffnete Bundeswehr noch wollen wir alle — ich höre das gelegentlich auch aus Ihrer Richtung; in diesem Punkte haben wir eine Übereinstimmung — Atomwaffen der Bundeswehr haben. Wir werden sehen. Die Debatte wird kommen, und Sie werden Ihr blaues Wunder erleben. Das ist von Ihnen falsch, sagen wir einmal: spekuliert worden, genauso wir Ihr Herr Kohl — er tut mir deswegen leid —

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    heute falsch aufgezogen worden ist.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Mischnick.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Mischnick


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr. verehrten Damen und Herren! Als Sie, Herr Kollege Kohl, zu Beginn Ihrer Ausführungen davon sprachen, wir brauchten eine Regierung, die politische Entscheidungen treffe, und dabei den Zustand — wie Sie meinten, sagen zu müssen — der Koalitionsfraktionen beklagten, konnte ich nicht umhin, mir aufzuschreiben: Näpfchen eigens mitgebracht, um selbst hineinzutreten.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Herr Kollege Kohl, Sie hielten es für richtig, von der Entscheidung zu sprechen, die wir im Dezember 1978 zu fällen hatten. Das war eine schwere Entscheidung. Es ist so gewesen, daß ich als Fraktionsvorsitzender und meine Kollegen im Kabinett erklärt haben: Wenn eine Entscheidung in einer bestimmten Richtung fällt, werden wir daraus die Konsequenzen ziehen. Bei Ihnen scheint das, wenn ich die letzten Wochen mir noch einmal vor Augen halte, doch genau umgekehrt zu sein. Das ist doch
    ein entscheidender Unterschied.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Herr Kollege Kohl hat, wie ich schon anführte, beklagt, daß keine Entscheidungen fielen. Das hat er auch zu Beginn der Legislaturperiode gesagt. Wie so oft bei solchen Dingen, kann man sich von vornherein auf das einstellen, was kommt. Deshalb habe ich mir erlaubt, mitzubringen, was ich im Dezember 1976 als Antwort auf Ihre Rede zur Regierungserklärung zu Beginn meiner Rede gesagt habe. Ich mache das selten. Ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren, was ich damals gesagt habe:
    Herr Kollege Kohl hat hier zu Beginn davon gesprochen, daß es die schwächste Regierung sei. Herr Kollege Kohl, gleiche Töne haben wir bereits 1969 gehört. Es frappiert allerdings etwas, daß Sie sich unmittelbar nach der Kanzlerwahl über das knappe, wie Sie sagen, Ergebnis alterieren, nachdem Sie im Wahlkampf gesagt haben: Ich regiere mit einer Stimme, notfalls mit der Minderheit.
    Was für eine Logik ist darin?
    Aber die zweite interessante Bemerkung, die ich damals gemacht habe, lautete — —

    (Dr. Kohl wissen doch, daß das Zitat nicht stimmt!)

    — Damals haben Sie sich aber nicht dagegen gewandt. Zwei Jahre später fällt Ihnen nun ein, daß es nicht gestimmt hat. Gut, ich nehme das zur Kenntnis.
    Das zweite, was ich damals sagte, war:
    Wir stehen da sicherlich im Gegensatz zur Opposition, die sich derzeit so ausgiebig wie noch nie um vordergründige Harmonisierung bemüht, genauer: um das Ausklammern ihrer klaftertiefen Widersprüche und um die Kaschierung ihrer fundamentalen Risse, die in ihr enthalten sind.
    Dann bin ich fortgefahren:
    Sie sprachen davon, daß Sie Alternativen bei praktischen Entscheidungen vorlegen wollen. Das wäre ein großer Schritt vorwärts, Herr Kollege Kohl. Ob Sie dies nach den Ereignissen der letzten Monate besser können als früher, wird sich erst erweisen müssen. Die getroffenen Vereinbarungen zwischen CDU und CSU lassen eher erwarten, daß das Gegenteil eintritt.
    Die Mitte der Legislaturperiode ist gekommen, und wir können feststellen: Das, was im Dezember 1976 Gültigkeit hatte, hat heute noch genauso Gül-



    Mischnick
    tigkeit. Sie sind mit sich selber beschäftigt, und deshalb gibt es keine leistungsfähige Opposition in diesem Haus.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Herr Kollege Kohl hat wieder davon gesprochen — und ich will mich in erster Linie mit dem auseinandersetzen, was er hier gesagt hat —, die Koalitionsfraktionen würden um jeden Preis alles tun, um an der Macht zu bleiben. Er hat dann auch im Zusammenhang mit der Bundespräsidentenwahl — zu der ich noch einiges sagen werde — wieder davon gesprochen, daß die Mehrheiten, wie sie zustande gekommen sind — so 1969 —, Wählerbetrug und Mißachtung des Wählerwillens seien.
    •Herr Kollege Kohl, haben Sie noch immer nicht eingesehen, daß Sie genau mit dieser Masche von Landtagswahl zu Landtagswahl im Jahr 1978 weniger Stimmen bekommen und Ihre Ziele eben nicht erreicht haben, weil die Wähler sehr genau unterscheiden, ob eine politische Partei wie die Freien Demokraten vor einer Wahl eine klare Aussage zu einer Koalition macht und sich daran hält und diesen Wählerwillen dann auch durchführt und nicht auf Ihre Schallmeiengesänge hereinfällt, das Gegenteil von dem zu tun, was sie vor der Wahl verkündet hat?

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Deshalb kann ich gar nicht verstehen, warum Sie hier in der Debatte, als Sie die Bundespräsidentenwahl einführten, eine solche Auseinandersetzung über Mehrheit, Bundesversammlung usf. heraufbeschworen haben.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU] : Das haben Sie doch getan, Herr Mischnick!)

    — Keine Sorge; ich komme ja noch drauf.
    Herr Kollege Kohl, Sie beklagen oft den Stil der politischen Auseinandersetzung. Zu Recht! Aber ich wäre Ihnen doch dankbar, wenn Sie sich selber einmal fragten, ob es nicht ein besserer Stil gewesen wäre, den Herrn Bundestagspräsidenten vor Ihrer Rede darauf aufmerksam zu machen, worüber Sie hier sprechen wollen, damit er sich nicht genötigt gesehen hätte, sich ablösen zu lassen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Ich habe diese Ablösung zur Kenntnis genommen und sehr begrüßt. Dies sollten Sie sich einmal überlegen, denn dies war peinlich.
    Nun zur Sache. Herr Kollege Kohl, Sie regen sich darüber auf, daß die Frage der Bundespräsidentenwahl bei den Landtagswahlen ein Rolle gespielt hat.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Mit Recht!)

    Sie haben so getan, als sei dieses Thema hier leichtfertig aus den Reihen der Koalitionsparteien eingeführt worden. Wie war denn die Entwicklung wirklich? Lassen Sie sich doch einmal die Zeitungsausschnitte vom Beginn des Jahres 1978 kommen. War da nicht oft zu lesen: Aus den Reihen der Unionsparteien — der CDU und der CSU — wurde deutlich, wenn' die. Freien Demokraten beispielsweise bei der Hessenwahl ein Zeichen gäben, dann könne
    man auch bei der Bundespräsidentenwahl 1979 über vieles reden. Wollen Sie denn das alles nicht mehr wahrhaben, daß Sie die Bundespräsidentenwahl mit dem Hinweis „Macht eine andere Koalition; dann sieht das anders aus!" in die politische Auseinandersetzung eingeführt haben? Das wollen Sie heute nicht mehr wahrhaben.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Und wenn Sie immer wieder — das ist Ihr gutes Recht — auf die Mehrheit — —

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Wer hat das gesagt?)

    — Lassen Sie sich doch die Zeitungsausschnitte kommen!

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Nein, ich möchte wissen, wer das gesagt hat!)

    -- Lassen Sie sich doch die Zeitungsausschnitte kommen! Da können Sie das alles nachlesen.

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Nein, ich möchte wissen, wer das gesagt hat!)

    Wenn Sie mit Recht darauf hinweisen, daß Sie rechnerisch in der Bundesversammlung eine Mehrheit haben, dann müssen Sie natürlich auch bereit sein, dem Wähler, der Öffentlichkeit deutlich zu machen, daß diese Mehrheit sich zusammensetzt aus den Bundestagsabgeordneten — da haben Sie die Minderheit — und aus den von den Landtagen gewählten Mitgliedern — da haben Sie die Mehrheit. Daraus ist doch ganz logisch zu schlußfolgern: Wenn Sie diese Mehrheit in den Vordergrund stellen, dann haben die anderen das Recht, bei Wahlen, wo diese Mehrheiten hergestellt wer-, den, auch darauf hinzuweisen, daß diese Wahl mit eine Bedeutung für die Bundesversammlung hat. Dies ist doch die logische Konsequenz.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)