Rede von
Herbert
Wehner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann, nachdem ich dies jetzt erlebt habe, besser verstehen, was ich dieser Tage als Schlagzeile der Beilage einer Zeitung „Ansbach — Stadt und Land" gelesen habe. Da steht in dicken Zeilen: „Helmut Kohl gesteht fast gerührt: ,Das tut mir in diesen Tagen gut!'" Ich kann das verstehen.
Sie brauchen etwas, in dem Sie sich wohlfühlen.
Normalerweise ist ja die Beratung der Haushaltspläne, insbesondere des Haushaltsplans des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes, natürlich Kernpunkt der politischen Rechenschaft und Kritik.
Ich würde gern zu einer ganzen Reihe der Argumente und auch der Vorwürfe des Herrn Kollegen Kohl nacheinander etwas sagen. Aber ich muß zunächst einmal auf die Zeit während seiner Rede zu sprechen kommen, in der er — und ich fand, das war nicht nur unpassend, das ist sogar sehr fragwürdig, was er da gemacht hat — die Bundespräsidentenwahl in den Mittelpunkt seiner Rede gebracht hat.
Sie wissen doch auch, Herr Kohl, daß der Bundespräsident von der Bundesversammlung ohne Aussprache gewählt wird.
Deshalb haben Sie hier so etwas wie eine Aussprache vorwegnehmen wollen.
Das ist zwar eine List. Aber das entspricht nicht der Rolle des Bundespräsidenten, die zu respektieren ist, Herr Kohl.
Sie haben dabei mich unmittelbar als eine Art Urheber dargestellt.
— Ja, eben sagen Sie es. Sie brauchen ja immer solche Begriffe. Aus dem Hintergrund wird geschrieen: „Drahtzieher". Ja, das ist Ihre Art. Das ist mir klar.
Nur, sogar Herr Kohl, der ja bei gewissen Gesprächen, z. B. auch solchen Gesprächen, zu denen der Bundestagspräsident die Fraktionsvorsitzenden ab und zu — nicht oft — einlädt, mal da ist, mal wieder weg ist, weil er wichtige Gespräche an anderer Stelle hat, zurückkommt, wieder weg ist, aber immer Fetzchen auffängt und sie auch gleich verdaut — so wie er jetzt kaut —,
dieser Herr Kohl wird sich noch daran erinnern, daß der Vorsitzende der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion bei einem solchen Gespräch, dessen Termin ja leicht herauszufinden ist, eingewandt hat, die Sozialdemokratische Partei gedenke, am 30. Jahrestag und zum 30. Jahrestag des Inkrafttretens des Grundgesetzes viele Veranstaltungen zu machen, Volksversammlungen zu machen.
— Zum Tage des 30. — —
— Das kann man feststellen. Der noch hier amtierende Präsident ist ja, diskret wie er sein kann, gegangen — das werfe ich ihm nicht nach —, und ein anderer hat ihn abgelöst; das ist auch völlig in Ordnung. Nur: Sie glauben, Sie können hier eine
10282 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode 131. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. Januar 1979
Wehner
Skandaldiskussion machen. Von uns wird die nicht mit geführt,
und hier ist auch nichts gesagt.
Sie können doch z. B. bei denen, die aus Ihrer Fraktion im Ältestenrat teilnehmen, feststellen, daß am 19. Oktober 1978 in der 41. Sitzung des Ältestenrates die Frage des Termins der Wahl des Bundespräsidenten zum erstenmal zu einer förmlichen Behandlung gebracht worden ist. Da sind solche Bedenken vorgetragen worden. Genauso wie ich sie in diesem letzten Gespräch vorgebracht habe, in dem am Termin schon nichts mehr zu ändern war, was ich auch akzeptiert habe. Deswegen ist es komisch, daß Herr Kohl in seinem Bedürfnis, noch irgendwo etwas zu finden, was er einem anderen vor- oder nachwerfen kann, auf diese Idee gebracht worden ist.
— Sehr verehrter Herr Kollege Kohl, vielleicht sagen Ihnen das die, die behauptet haben, daß ich das gesagt hätte. Aber ich bin nicht bereit, auf Ihre besonders mir sehr erklärlichen Bedürfnisse nach öffentlicher Ablenkung vom eigentlichen Thema hier einzugehen.
— Ja, ja, das ist
alles verständlich, daß Sie sich — —
— Entschuldigen Sie, glauben Sie, daß durch viele Redereien etwas besser schmeckt, als es gemeint und wie es an Karatgehalt hier vorgetragen worden ist? Das geht gar nicht, meine Herren.
— Sehen Sie, das ist für Sie die Art, Bundespräsidentenrolle und Bundespräsidentenwahl zu behandeln. Sie sind mir schöne Demokraten, würde mein König gesagt haben.
— Meine Damen und Herren — —