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ID0813001800

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    Plenarprotokoll 8/130 Deutscher Stenographischer Bericht 130. Sitzung Bonn, Dienstag, den 23. Januar 1979 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Höhmann . . . . 10131 A Eintritt der Abg. Frau Dr. Czempiel in den Deutschen Bundestag 10131 D Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1979 (Haushaltsgesetz 1979) — Drucksachen 8/2150, 8/2317 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksache 8/2408 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksachen 8/2427, 8/2470 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksachen 8/2423, 8/2470 — Haase (Kassel) CDU/CSU 10132 B Löffler SPD 10138 A Hoppe FDP 10142 B Matthöfer, Bundesminister BMF 10145 D Dr. Häfele CDU/CSU 10154 C Frau Funcke FDP 10159 D Glos CDU/CSU 10161 B Wohlrabe CDU/CSU 10164 A Dr. Dübber SPD 10166 D Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksache 8/2417 — 10167 D II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 130. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. Januar 1979 Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 8/2412, 8/2470 — Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 10168 A Müller (Nordenham) SPD 10172 A Hoffie FDP 10173 D, 10183 B Lemmrich CDU/CSU . . . . . . . . 10176 D Mahne SPD 10179 A Gscheidle, Bundesminister BMV/BMP . 10181 A Feinendegen CDU/CSU . . . . . . . 10182 D Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksachen 8/2409, 8/2470 — Dr. Waigel CDU/CSU . . . . . . 10184 D Frau Simonis SPD 10187 C Dr. Haussmann FDP 10191 A Dr. Biedenkopf CDU/CSU . . . . . . 10193 A Roth SPD 10197 B Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 10201 D, 10209 C Dr. Narjes CDU/CSU . . . . . . . . 10205 D Metz CDU/CSU 10210 A Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 8/2413 — Dr. Friedmann CDU/CSU . . . . . . . 10211 A Müller (Nordenham) SPD . . . . . . 10213 D Hoffie FDP 10215 B Gscheidle, Bundesminister BMV/BMP . . 10217 C Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksache 8/2410 — Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU . . . . . 10219 C Simpfendörfer SPD . . . . . . . . 10222 C Peters (Poppenbüll) FDP 10225 B Ertl, Bundesminister BML 10226 A Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksachen 8/2419, 8/2470 — Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 10228 B Frau Traupe SPD 10230 C Dr. Schneider CDU/CSU 10233 B Müntefering SPD 10236 A Gattermann FDP 10237 D Dr. Jahn (Münster) CDU/CSU 10241 A Krockert SPD 10243 A Dr. Haack, Bundesminister BMBau . . . 10243 D Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksache 8/2401 — 10246 B Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksache 8/2403 — . . . . . . . . 10246 B Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksache 8/2416 — . . . . . . . . 10246 C Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksachen 8/2418, 8/2470 — Picard CDU/CSU 10246 C Esters SPD 10248 B Gärtner FDP 10248 D Dr. Hoffacker CDU/CSU . . . . . . 10249 C Schluckebier SPD . . . . . . . . . 10251 B Stommel CDU/CSU . . . . . . . . 10252 D Dr. Vohrer FDP . . . . . . . . . 10254 B Höffkes CDU/CSU . . . . . . . . 10255 D Offergeld, Bundesminister BMZ . . . . 10257 C Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU . . . 10260 C Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksachen 8/2402, 8/2470 — . . . . 10262 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . 10263 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 10265 A Anlage 2 Offizielle deutsch-sowjetische Gespräche über Waffenlieferungen an die Volksrepublik China SchrAnfr B4 12.01.79 Drs 08/2464 Würzbach CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 10265* C Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 130. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. Januar 1979 10131 130. Sitzung Bonn, den 23. Januar 1979 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 26. 1. Dr. Aigner * 26. 1. Alber * 24. 1. Dr. Bayerl * 25. 1. Dr. Becher (Pullach) 23. 1. Dr. von Bismarck 23. 1. Blumenfeld * 23. 1. Brandt 26. 1. Dr. v. Dohnanyi 23. 1. Flämig ' 26. 1. Haase (Fürth) * 26. 1. Haberl 25. 1. Hoffmann (Saarbrücken) * 26. 1. Ibrügger * 26. 1. Dr. h. c. Kiesinger 24. 1. Dr. Klepsch * 23. 1. Koblitz 26. 1. Dr. Köhler (Duisburg) 23. 1. Lange * 25. 1. Luster * 26. 1. Müller Bayreuth) 23. 1. Müller (Berlin) 26. 1. Müller (Mülheim) * 26. 1. Müller (Wadern) * 23. 1. Neuhaus 24. 1. Schmidt (München) * 26. 1. Schmidt (Wuppertal) 24. 1. Dr. Schmitt-Vockenhausen 26. 1. Schreiber * 26. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Schröder (Düsseldorf) 26. 1. Dr. Schwörer * 23. 1. Seefeld * 24. 1. Sieglerschmidt * 23. 1. Dr. Starke (Franken) * 24. 1. Dr. Todenhöfer 23. 1. Wawrzik * 25. 1. Weber (Heidelberg) 23. 1. Dr. von Weizsäcker 25. 1. Frau Dr. Wisniewski 23. 1. Würtz * 26. 1. Ziegler 26. 1. Anlage 2 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Würzbach (CDU/CSU) (Drucksache 8/2464 Frage B 4) : Haben sich offizielle sowjetische Dienststellen oder Diplomaten der UdSSR an Behörden oder Diplomaten der Bundesrepublik Deutschland gewandt, um die Bundesrepublik Deutschland von Waffenverkäufen an die Volksrepublik China abzuhalten, und - trifft dies zu - wie haben dazu Bundesregierung bzw. ihre diplomatischen Vertreter darauf geantwortet? Wie der Bundeskanzler in seiner Pressekonferenz am 12. Januar 1979 bereits mitgeteilt hat, hat er zwei Briefe von Breschnew bekommen, die sich auf die Frage von Waffenverkäufen an die VR China bezogen. Die beiden Briefe werden demächst beantwortet werden. Zur Sache selbst verweise ich auf die bekannte, restriktive Rüstungsexport-Politik der Bundesrepublik Deutschland.
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    Rede von Richard Stücklen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Häfele.
    Dr. Häfele (CDU/CSU) Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Lage, in der sich die Bundesrepublik Deutschland heute befindet, gibt es im Grunde zwei Möglichkeiten einer Finanzpolitik. Die eine ist die, welche die Bundesregierung seit Jahren betreibt und die der Herr Bundesfinanzminister soeben wieder beschrieben hat.
    Man kann sie so kennzeichnen: Diese Finanzpolitik schreibt mehr oder weniger gesetzliche Ausgaben und Programme fort. Sie verschuldet sich immer mehr neu — im kommenden Jahr stärker als im abgelaufenen —, wobei mit Mühe und Not und mit einigen Kunstgriffen die verfassungsmäßige Schranke der Verschuldung eingehalten wird und auch mit Mühe und Not die Grenzen des Kapitalmarkts versuchsweise eingehalten werden sollen.
    Soweit neue Programme aufgelegt werden, handelt es sich weitgehend um Reparaturen,

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    die vorgenommen werden, weil der Druck von Problemen so unwiderstehlich geworden ist, daß man einfach irgend etwas veranstalten muß.

    (Dr. Möller [CDU/CSU] : Sie reparieren schon seit 1969!)

    Dabei ist dann immer noch die Frage, ob es sich um echte vorübergehende Hilfen im Sinne von Lösungen handelt oder ob nicht wieder neue, zusätzliche Erhaltungssubventionen mit steigender Tendenz auf Dauer ins Leben gerufen werden.
    Soweit die Bundesregierung sehr zögernd und nur unter dem Druck der Öffentlichkeit und der Opposition entgegen ihrer Regierungserklärung am Beginn der Legislaturperiode, am 16. Dezember 1976, einen gewissen Teilabbau der Steuerlast vornimmt, ist das nicht wirklich ein Schritt nach vorn, sondern, wie gesagt, unausweichlich und vor allem nicht mit dem notwendigen zweiten Schritt gepaart, nämlich wenigstens in der mittelfristigen Finanzplanung entsprechende Ausgabenkürzungen vorzunehmen; denn das. ist der Sinn des Abbaus der Steuerlast: daß Freiräume für die private Leistungsbereitschaft und für die betriebliche Investitionsbereitschaft geschaffen werden, und nicht, zugleich die öffentlichen Ausgaben zu steigern.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das ist im Grunde die Finanzpolitik der Bundesregierung seit Jahren. Daß sie die Neuverschuldung immer weiter vor sich herschiebt und sogar noch steigert, wie 1979, begründet sie seit Jahren mit der Rezession: man könne in einer Rezession nicht den Abbau der Schuldenlast vornehmen. Das ist eine Finanzpolitik des buchhalterischen Fortschreibens, des Reparierens, des Sich-Durchschlängelns, und zwar zu Lasten der Zukunft. Die Zukunft soll finanzieren, was man jetzt nicht in Angriff zu nehmen wagt,
    Die andere Möglichkeit einer Finanzpolitik in unserem Lande — die Alternative, wenn Sie so wol-

    Dr. Häfele
    len — wäre eine Finanzpolitik des Gestaltens, des bewußten Eröffnens der Zukunft, was nur durch mutige Schritte möglich ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Nach den eigenen Einlassungen der Bundesregierung ist jetzt allerspätestens der Zeitpunkt gekommen, eine solche Finanzpolitik in Angriff zu nehmen. Die Bundesregierung hat seit Jahren gesagt: Sobald wir wieder ein einigermaßen ordentliches Wachstum hätten, müsse endlich damit begonnen werden, die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren. Im letzten Jahr haben wir ein reales volkswirtschaftliches Wachstum von etwa 3,4 % gehabt. Die Bundesregierung nimmt — zusammen mit Sachverständigen — an, daß im nächsten Jahr etwa 4 % reales Wachstum zu erzielen sei. Wenn wir in den nächsten zehn Jahren ein reales Wachstum von durchschnittlich 4% erzielen sollten, glaube ich, könnten wir alle miteinander sehr zufrieden sein. Dann ist das doch aber der Moment, wo man endlich an den Abbau der Schuldenlast herangehen muß.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dann darf ich die Neuverschuldung im Jahre 1979 doch nicht um über 20 °/o steigern gegenüber dem Jahr 1978, als weniger Wachstum erzielt wurde. Das ist doch der große Widerspruch dieser Finanzpolitik.
    Das heißt, es müssen endlich — wenn eine Regie- rung den Namen verdient — Prioritäten gesetzt werden, was bekanntlich nichts anderes bedeutet, als daß Posterioritäten gesetzt werden. Daß das nicht in einem Jahr möglich ist, ist völlig klar. Daß das mittelfristig, in einer mittelfristigen Finanzplanung Schritt für Schritt durchgeführt werden muß, ist ebenfalls völlig klar. Aber man muß jetzt, im Jahr 1979, damit beginnen, indem der Ausgabenzuwachs wesentlich über das hinaus heruntergeführt wird, was im Haushaltsausschuß schon in mühsamen kleinen Schritten erreicht worden ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenn das nicht gemacht wird — und die Bundesregierung tut das bis heute nicht —, schieben wir die Last in die 80er Jahre. Die gesamte Riesenverschuldung, die ja noch zunimmt, ist dann von den Arbeitenden in den 80er Jahren zu zahlen. Herr Bundesfinanzminister — wenn Sie vielleicht einmal zuhören würden, Herr Matthöfer;

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das tut er doch nicht!)

    ich will Ihnen auf Ihre Ausführungen von vorhin antworten —, Ihr Exkurs mit dem Verschieben auf kommende Generationen ändert nichts daran: Dieser Nichtabbau der Schuldenlast, ja sogar das Vermehren der Neuverschuldung im Jahre 1979 werden in den 80er Jahren für die, die dann arbeiten, ein Problem gigantischen Ausmaßes werden, das hur gelöst werden kann, wenn Sie endlich die Wende in der Ausgabenpolitik einleiten. Sonst steigen entweder die Abgabenlasten ins Unerträgliche oder die Schuldenlast wird, mit vermehrter Inflation, auf alle umgelegt. Einen dritten Weg gibt es nicht. Genau dies ist eine Finanzpolitik zu Lasten der Jugend und keine Finanzpolitik, die die Zukunft eröffnet.
    Es ist die Führungspflicht einer Bundesregierung, die entsprechenden Schritte einzuleiten, wenn man so etwas erkennt. Wir von der CDU/CSU-Opposition haben immer erklärt, daß wir bereit sind, verantwortlich mitzuhandeln, falls die Regierung endlich diesen Weg eröffnet. Wir haben das nicht nur behauptet, Herr Bundesfinanzminister, wir haben es in den letzten Jahren auch durch Taten bewiesen. Sie erinnern sich: Wir haben das Haushaltsstrukturgesetz 1975 im Sparteil — nicht im Abgabenerhöhungsteil — mitgetragen.
    Wir haben im Nachtragshaushalt 1978 entgegen dem Willen der Bundesregierung die runde Milliarde nicht etwa durch zusätzliche Verschuldung abgedeckt, sondern in mühsamer Arbeit — wobei sich, das muß ich anerkennen, auch Herr Hoppe von der FDP Verdienste erworben hat — hat die Opposition verantwortlich mitgewirkt, so daß dies ohne zusätzliche Neuverschuldung gelungen ist. Hier haben der Haushaltsausschuß und das Parlament mehr geleistet, als eine verantwortliche Regierung kraft ihrer Führungsaufgabe an sich leisten müßte.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Immer wieder kursieren Listen, was für böse Ausgabenanträge wir stellen. Ich behaupte, Herr Bundesminister: In Sachen Ausgabenanträge dürfte eis in der Geschichte der parlamentarischen Demokratie kaum jemals eine koscherere Opposition gegeben haben als die der CDU/CSU in den letzten Jahren. Wir können hier im internationalen Vergleich bestehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Zurückhaltender mit Ausgabenanträgen als wir waren Sie jedenfalls nie, als Sie in der Opposition waren, und wird es kaum in einem anderen Land der Fall sein. Hier können wir uns gut sehen lassen.
    Ein Herabführen der Ausgabensteigerungsquoten und der Neuverschuldung in den kommenden Jahren ist nicht nur die Voraussetzung dafür, daß wir mit der Schuldenlast wieder ins Lot kommen, sondern in der Tat auch die' Voraussetzung für eine zukunftsgerechte Steuerpolitik. Beides ist im Zusammenhang zu sehen. Wir wissen alle, Herr Bundesfinanzminister: Trotz der erfreulichen Entlastungen, die wir gegen den ursprünglichen Willen der Regierung 1979 erneut haben, wird es schon 1980 wie- der heimliche Steuererhöhungen geben. Dieser Einkommensteuertarif kann noch nicht von Dauer sein. Er beginnt mit 22 % zu hoch, und die Kurve steigt zu steil an. Die heimlichen Steuererhöhungen werden schon 1980 wieder einen gewaltigen Umfang annehmen und in den folgenden Jahren noch mehr steigen.
    Sie haben selber bestätigt, daß wir erfreulicherweise haushaltsmäßig — 1978 allein beim Bund 2 Milliarden DM mehr eingenommen haben. Das wird sich in den kommenden Jahren fortsetzen. In den kommenden Jahren ist Ruhe an der Steuerfront



    Dr. Häfele
    nicht möglich. Da können Sie erklären, was Sie wollen.
    Die Steuern haben sich nicht nach dem zu richten, was Sie an Schulden machen. Vielmehr ist in der Steuerpolitik die Frage zu stellen: Was kann man dem arbeitenden Bürger und den Betrieben überhaupt an Abgabenlast zumuten? Das ist vorrangig!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir brauchen also auch hier eine mittelfristige Klarheit darüber, was in den nächsten Jahren zu erwarten ist, sowohl für die arbeitenden Bürger im Einkommensteuertarif wie auch für die Betriebe, für die wir einen weiteren Abbau von Investitionshemmnissen vor allem bei der Substanzbesteuerung, etwa bei der Gewerbekapitalsteuer, brauchen.
    Man kann auch umgekehrt argumentieren: Dies ist sogar eine der Voraussetzungen dafür, daß wir mittelfristig von der Schuldenlast Schritt für Schritt herunterkommen. Denn wir wissen alle: Wenn es uns nicht gelingt, die Leistungsbereitschaft und die Investitionsneigung auf Dauer zu erhalten oder gar zu fördern, dann nützen auch Sparmaßnahmen im öffentlichen Haushalt nichts. Dann werden wir die Schuldenlast nie mehr auf ein erträgliches Maß zurückführen.
    Im Grund sind der weitere mittelfristige Abbau der Steuerlast und das Herabführen der Abgabenzuwachsquoten dieselbe Sache. Es ist dieselbe Medaille mit zwei verschiedenen. Seiten, die aber denselben Zweck haben, zumal da es seit Anbeginn der Menschheit kein besseres Mittel gegeben hat, die Regierung und den Staat zum Sparen zu zwingen, als ihnen von der Einnahmeseite überschießende Mittel, etwa mehr Steuereinnahmen — wie wir sie jetzt wieder haben —, vorzuenthalten. Dann ist die Regierung z. B. einfach genötigt, diese 2 Milliarden DM Mehreinnahmen nicht zu verplanen.
    Herr Bundesfinanzminister, seien wir ehrlich: Wenn wir im Vermittlungsausschuß schon genau gewußt hätten — Sie haben es damals heruntergespielt, in der Zeit, ich darf ja nicht aus dein Ausschuß berichten, in der Zeit heruntergespielt, daß das gar nicht so toll sei, was da zusätzlich komme —, wenn wir damals schon wirklich die Karten auf dem Tisch gehabt hätten, daß 2 Milliarden wieder mehr eingehen, dann hätten Sie nicht so leicht argumentieren können, daß unsere Anträge soundsoviel Mehrausfall brächten. Wir haben noch um 100 Millionen DM gefeilscht. Das war im Grunde wirklich mickrig angesichts des Tatbestandes, daß am Schluß plötzlich wieder 2 Milliarden DM Mehreinnahmen da waren.
    Im Grunde geht es bei diesen finanzpolitischen Fragen ja um viel mehr als um Haushaltsausgleich und Steuerpolitik. Es ist eine. Widerspiegelung einer grundsätzlichen zeitgeschichtlichen Auseinandersetzung. Denn wir stehen in der Tat vor der Frage, ob wir auf dem richtigen Weg sind — auch zu Ihrem Leidwesen, wie ich hoffe —, wenn immer mehr Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten in die Hand des Staates gelegt werden. Natürlich gibt es immer neue Aufgaben. Aber wenn immer nur
    addiert wird, wenn immer nur die alten Aufgaben fortgeschrieben und vermehrt werden und noch neue dazukommen, wo soll denn das am Schluß enden?
    Daß wir hier in einer tiefgehenden Fehlentwicklung sind, die uns allen, wenn wir ehrlich sind, Kummer machen muß, das zeigen schon ganz wenige volkswirtschaftliche Zahlen. Ich habe mir die neuesten Zahlen geben lassen, also schon unter Einschluß des Jahres 1978. Es sind, zugegeben, vorläufige Zahlen, aber sie werden sich kaum .wesentlich ändern. Basisjahr ist 1970, also seit die Koalition aus SPD und FDP die Regierungsverantwortung hat. Wie haben sich die Zahlen seither entwickelt?
    Das Bruttosozialprodukt ist in diesem Zeitraum —einschließlich 1978 — nominal um 89 % gewachsen. Die öffentlichen Ausgaben, und zwar von Gebietskörperschaften und Sozialversicherungen, sind um 142 % angestiegen, die Steuern um 106 %, die Lohnsteuer sogar um 160 %und die Schulden — diesmal nur Gebietskörperschaften - um 192 %. Das ist die Bilanz. Mit anderen Worten: Die öffentlichen Ausgaben, die Steuern, vor allem auch die Lohnsteuer, und die Schulden sind unvergleichlich stärker gewachsen als die Volkswirtschaft. Das ist die Bilanz nach acht oder neun Jahren dieser Koalition.
    Eine andere sehr verhängnisvolle Zahl! Wir wissen alle, daß es bis zu einem gewissen Grade unvermeidlich war, daß im öffentlichen Bereich mehr Stellen ausgewiesen werden mußten, etwa im Bildungsbereich oder jetzt im Polizeidienst. Bis zu einem gewissen Grad ist das unvermeidlich. Aber das Ausmaß ist insgesamt doch so erschreckend, daß wir alle fragen müssen: Kann das auf diese Weise fortgeführt werden? Im Jahr 1965 ist noch weniger als 1/3 der Steuereingänge für öffentliche Personalausgaben ausgeworfen worden; 32,3 % dienten im Jahre 1965 öffentlichen Personalausgaben. Im Jahre 1977 waren es 44,3 %. Fast jede zweite Steuermark wird heute zur Finanzierung der öffentlichen Personalausgaben ausgeworfen. Das heißt, daß fast die Hälfte des gesamten deutschen Steueraufkommens dazu benötigt wird, die Personalkosten von 13,7 % aller abhängig Beschäftigten zu finanzieren. Denn 13,7 % beträgt inzwischen der Anteil der öffentlichen Bediensteten an der Zahl der abhängig Beschäftigten statt 10,1 % im Jahre 1965. Daß da irgendwo etwas nicht mehr stimmt, daß das nicht so weitergehen kann — es sei denn um den Preis, daß die Arbeitenden immer mehr Abgabenlast zahlen müssen oder die Verschuldung nicht mehr abgebaut werden kann —, liegt doch auf der Hand.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Das ist nicht bloß gleichsam so passiert, sondern das ist das Ergebnis der von Ihnen gewollten Verbreiterung des sogenannten öffentlichen Korridors. Das ist das finanzpolitische Ergebnis dieser Politik.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Notwendig damit verknüpft ist dann das, was wir heute alle miteinander beklagen, was der Bundeskanzler bei seiner Regierungserklärung im Dezember 1976 bezüglich der Wassergebühren usw. be-



    Dr. Häfele
    klagt hat: die zunehmende Bürokratisierung, die Entpersönlichung, der Verlust persönlicher Freiheit, die Gängelung, auf jeden Fall neue Formen des Inhumanen, die sich immer mehr in dieser anonymen bürokratischen Apparatur zum Leidwesen der Bürger ausbreiten.
    Dagegen hilft im Grunde nur die alte liberale Weisheit — würde sie nur die FDP wirklich beherzigen. Herr Hoppe, Sie haben sehr beachtliche Sätze gesagt. Aber in der Regierungsverantwortung kommt es auf das Tun an. Da wird man am Tun gemessen, an dem Ergebnis dessen, was man getan hat, nicht an dem, was man sagt. Die Opposition kann ein bißchen mehr reden, das gebe ich zu. Aber in der Regierungsverantwortung zählt, was man in den letzten neun Jahren nachgewiesen hat. Es ist eine alte liberale Weisheit, daß wir wieder zu einer gewissen Selbstbeschränkung des Staates zurückfinden müssen. Wir nennen es nach unserer christdemokratischen Auffassung Subsidaritätsprinzip; es ist im Grunde die gleiche Erkenntnis wie diese alte liberale Weisheit.
    Der Bundeskanzler hat einem Nachrichtenmagazin am 15. Januar 1979 ein Interview gegeben. Eine Frage lautete wörtlich: „Wo sehen Sie in der Zukunft die Brennpunkte, an denen Gefahren für den Wohlstand drohen?" Seine Antwort: „Die Inflation der Ansprüche ist eine Gefahr."

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    — Meine Damen und Herren, das ist eine Erkenntnis, die wir teilen. Als wir diese These schon in den 60er Jahren aufgestellt haben, etwa unser Ludwig Erhard Anfang der 60er Jahre, wie ist er in Deutschland da gescholten worden! Der „Maßhalte-Kanzler"! Wie ist er verächtlicht gemacht worden! Die Antwort darauf war damals etwa in der Langzeitkommission der SPD unter Führung von Helmut Schmidt, daß der öffentliche Korridor verbreitert werden muß. Dies war die Ausgangslage. Nach 15 Jahren Irrweg die gleiche Erkenntnis, die Ludwig Erhard schon anfangs der 60er Jahre gehabt hat.
    Aber auch hier zählt natürlich nicht allein eine verspätete Erkenntnis, sondern der Bundeskanzler ist in der Regierungsverantwortung. Er ist der Regierungschef, er muß handeln, er muß seiner Erkenntnis Taten folgen lassen und darf nicht noch bei Parteitagsbeschlüssen mitwirken, die beim Volk den Eindruck erwecken, wir hätten noch Zusätzliches zu verteilen, wir bräuchten nur noch 35 Stunden zu arbeiten, immer weniger zu arbeiten und könnten immer mehr Ansprüche stellen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ohne eine Silbe des Widerstands begrüßt er dies und nimmt für eine solche These auch noch fälschlicherweise Ludwig Erhard in Anspruch, obwohl die Wahrheit eine völlig andere ist.
    Am 17. Januar 1979, in der letzten Woche, hat Dolf Sternberger in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung einen lesenswerten Aufsatz geschrieben: „Erziehung zum Lobbyismus." Frau Jugendministerin, Sie haben da eine Rede gehalten und dann so-
    gar — das wird hier, wie ich meine: zutreffend, humorvoll kritisiert — protokollarisch dem Kind den Vorrang vor dem Bundespräsidenten gegeben, um dem „Jahr des Kindes" die Reverenz zu erweisen, Ob das die richtige Methode ist, lassen wir einmal dahingestellt. Aber in diesem Artikel von Dolf Stern-berger wird geschildert, wie Kinder bei diesem Kongreß aufgetreten sind: „Wir fordern, wir fordern, wir fordern ..." Wohin führt dies denn, wenn man das Jahr des Kindes schon dazu mißbraucht, Kinder so auftreten zu lassen: „Wir fordern, wir fordern, wir fordern?" — Wie er sagt: Erziehung zum Lobbyismus. Das ist genau das Gegenteil dessen, was der Bundeskanzler etwa in seiner Antwort in diesem Interview gesagt hat. So erzieht man die Kinder, die Jugend nur zu Fordernden, und dann beklagt man sich über die Inflation der Ansprüche.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Warum gibt es denn teilweise ein geistiges Vakuum in der Jugend? Vermutlich hängt es gerade auch damit zusammen, daß die gesunde Jugend, die auch gefordert sein will — eine gesunde Jugend will auch gefordert sein —, dies nicht mehr von uns Politikern hört, von uns, die wir im öffentlichen Leben Verantwortung tragen. Wir trauen ihnen nichts mehr zu und muten ihnen nichts mehr zu, sondern wir glauben, uns nur noch mit Versprechungen und Forderungen überall beliebt machen zu müssen. So entsteht dieses Vakuum mit all den Verirrungen, die wir in den letzten Jahren erlebt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich sage noch einmal: Wenn die Regierung in dieser Richtung handelt, entsprechend etwa der Auskunft des Bundeskanzlers in seinem Interview, wird es an der CDU/CSU nicht fehlen. Wir werden hier konstruktiv mithandeln, um der Sache willen.
    Ein Wort zur Steuervereinfachung. — Der Herr Bundesfinanzminister mußte offensichtlich gehen. — Ich würde Sie gern wieder ansprechen, weil Sie auch zu diesem Thema gesprochen haben. Herr Bundesfinanzminister, es ist ganz nett, wie Sie da über Steuervereinfachung reden, seit Sie Finanzminister sind. Sie haben mit Recht wahrgenommen, daß sich auch in dieser Richtung der Unmut steigert. Im Nacken haben Sie Ihren ehemaligen Parteifreund, der, wie er sagt, demnächst ernst machen will. Darüber kann man reden. Aber Sie sind der verantwortliche Fachminister. Darüber reden reicht für Sie nicht. Wie ist es mit der Grunderwerbsteuer? Wie ist es mit der Kraftfahrzeugsteuer? Sie haben jetzt eine Kommission oder einen Beamtenstab eingesetzt.

    (Zurufe von der SPD)

    Sie sind verantwortlich, Sie müssen handeln. Sie können nicht sagen: In der nächsten Legislaturperiode werden wir dies tun. — Seit 1969 haben wir die Koalition. Sie haben die Verantwortung, Sie sind in der Kontinuität, Sie müssen handeln.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    In einem Punkt muß ich Ihnen widersprechen. Sie haben wirklich die Wahrheit verfälscht, als Sie hier dem Hohen Hause bezüglich des Kinderbetreuungs-



    Dr. Häfele
    betrags eine Darstellung gegeben haben. Wie war es denn? Was war der Antrag der CDU/CSU?

    (Zuruf des Abg. Haase [Kassel] [CDU/CSU])

    Wir wollten in der Tat neben dem Kindergeld — duales System — die Wiedereinführung der Kinderfreibeträge — ohne Nachweis, für jeden gleich, vor allem auch für die normale Mutter, die daheim ist. Das war unser Antrag.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dann haben Sie gesagt: Das kommt überhaupt nicht in Betracht. Wir haben dann gesagt: Familienpolitisch muß auf jeden Fall ein Schritt nach vorn gemacht werden. Sie haben dann schließlich — woher kam die Formulierungshilfe, kam sie von uns oder kam sie von Ihnen? — diesen Kinderbetreuungsbetrag angeboten, den wir — das wissen Sie ganz genau — in der ersten Runde ja sogar noch abgelehnt haben. Schließlich haben wir gesagt: Statt gar nichts zu erhalten, ist es immer noch besser, dieses zu akzeptieren, aber nur als einen Einstieg in den von uns beantragten und richtigen Kinderfreibetrag für alle, der so schnell wie möglich beschlossen werden muß. Das ist die Wahrheit. Wir fordern Sie auf — jene bürokratischen Schwierigkeiten werden Sie bekommen; uns können Sie diese nicht anlasten; sie sind aber leicht zu beheben —, noch rechtzeitig vor dem 1. Januar 1980 eine einfache Änderung des Gesetzes vorzunehmen — ich verspreche Ihnen, wir stimmen Ihnen alle zu —

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und hinten einen Absatz einzufügen — wenn es Sie stört, braucht nicht von „Kinderfreibetrag" die Rede zu sein —, in dem es heißt: Dies wird unwiderleglich bei jedem Kind vermutet und ohne Nachweis für jeden gewährt. — Wir machen sofort mit. Dann ist die ganze Bürokratie weg, und die Mutter wird anständig behandelt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Bundesfinanzminister, noch ein Wort zur Auseinandersetzung mit der Bundesbank. Sie haben dies heute aber auch schon in einem Interview etwas heruntergespielt. Sie wollten keinen Krach nach außen, Der ungewöhnliche Vorgang stammt aber nicht von der Opposition. Der ungewöhnliche Vorgang stammt von Ihrem Staatssekretär Lahnstein. Es ging um eine gemeinsame, vertrauliche Sitzung des Zentralbankrats. Ob Staatssekretär Lahnstein als Vertreter der Bundesregierung bei dieser Sitzung nach dem Bundesbankgesetz überhaupt zugelassen war, lasse ich einmal außen vor. Wahrscheinlich darf er gar nicht teilnehmen. Der Vertreter muß nach dem Gesetz Mitglied der Regierung sein. Also gehen Sie künftig selber dorthin, und schicken Sie nicht Ihren Staatssekretär. Vielleicht sind Sie etwas geschickter, als es Herr Lahnstein an diesem Tag war. Die Rechtsfrage wird wahrscheinlich in dieser Richtung zu beantworten sein. Lassen wir das aber einmal.
    Ihr Staatssekretär hat nach einer gemeinsamen, vertraulichen Sitzung bei einer gemeinsamen Pressekonferenz dem Präsidenten der Deutschen Bundesbank — wie übrigens auch schon im Finanzausschuß in der letzten Woche auf eine etwas merkwürdige
    Weise, während des Satzes — widersprochen, so daß jeder Fernsehteilnehmer — ich habe die Sendung zufällig gesehen; die Kameraführung war ausnahmsweise einmal hervorragend und wirklich clever, als die Hände des Bundesbankpräsidenten gezeigt wurden — erkennen konnte, wie der Bundesbankpräsident während der Ausführungen von Staatssekretär Lahnstein glühte. Daß dies in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde, daß man gemerkt hat, daß hier etwas knistert und eine tiefgehende Auseinandersetzung gegeben war, hat nicht die Opposition geschaffen — wir konnten nur ein bißchen mitmachen; das tun wir natürlich, denn das ist unsere Pflicht —, sondern das haben Sie selbst besorgt. Handeln Sie also künftig klüger.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das Schlimmste — vom Formellen einmal ganz abgesehen — war ein Satz, den Staatssekretär Lahnstein dabei gesagt hat und der tief blicken läßt. Es ging um die Entscheidungen, die wir begrüßen. Wir unterstützen die Bundesbank darin, daß sie rechtzeitig neuen Gefahren der Preissteigerung wehren will. In dieser Hinsicht hat sie unsere Unterstützung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Staatssekretär hat aber unter anderem deswegen die Beschlüsse der Bundesbank kritisiert, weil damit Gefahren für die Schuldenaufnahme der Bundesregierung entstünden. Hier werden die Tatsachen doch wirklich verdreht. Nicht der Stabilitätswille der Bundesbank ist in Deutschland zu groß, sondern Ihre Schuldenpolitik ist nicht mehr zu vertreten. Die Schulden sind zu hoch!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das Gefährliche an diesem Vorfall ist, daß — dies hat die Öffentlichkeit doch wahrgenommen — eine Vertrauenseinbuße, die Sie zu vertreten haben, auch bezüglich Ihrer Zusagen zum Europäischen Währungssystem eingetreten ist. Wir haben Ihnen bei der Gründung dieses Europäischen Währungssystems weiß Gott keine Prügel vor die Füße geworfen — es ist ja immer noch ein Nasziturus. Das haben wir nicht getan; wir haben Sie vielmehr, wie Sie wissen, verantwortlich unterstützt. Wir haben _zu Ihren Bekundungen, Erklärungen und Zusagen gestanden. Sie brauchen sich nach diesem Vorfall aber nicht zu wundern, daß Ihren Versprechungen, daß mit allen Mitteln gegen eine Geldmengenausweitung auch im Europäischen Währungssystem angegangen wird und die Bundesbank von der Bundesregierung unterstützt wird, nicht mehr so richtig geglaubt wird. Schon diese kleine Geschichte verursachte Wirbel. Wie wird es dann erst, wenn die echten Probleme auf uns zukommen?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Zum Schluß muß ich jetzt noch einen Vorgang ansprechen, der auf den 6. Dezember 1978 zurückzuführen ist, als der Bundeskanzler hier über die Vereinbarungen im Hinblick auf das Europäische Währungssystem berichtet hat. Nicht mit einem Jota ist er hier an dieser Stelle in seiner Erklärung auf Schwierigkeiten eingegangen, die sich aus dem agrarpolitischenProblem des Grenzausgleichs ergeben können. Hierfür gibt es nur drei Möglichkeiten:



    Dr. Häfele
    Entweder ist dieses Problem nicht oder zu spät
    erkannt worden — dann spricht das nicht für die Gipfeldiplomatie, die in den letzten Monaten angewandt wurde; dann wird es höchste Zeit, daß man wieder echte Sachverständige rechtzeitig einschaltet und so etwas nicht nur dem Gipfel überläßt —

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    oder — das ist die zweite Möglichkeit — m an hat sich nur scheinbar in dieser Frage geeinigt und gehofft, daß einer den anderen vielleicht sogar hereinlegen könnte, wobei immer noch die Frage ist, wer wen hereinlegt, meine Damen und Herren. Wir sind in der großen Schwierigkeit, daß die gleichen, die eventuell die Beschuldigten sind, die einzigen Zeugen sind, die vorhanden sind. Wir können Herrn Giscard nicht hier in den Deutschen Bundestag laden, um ihn zu fragen, wie es denn tatsächlich war. Wir wissen es nicht. Wir sind auf den Bundeskanzler angewiesen, der zugleich Beschuldigter und Zeuge, einziger Zeuge, in dieser Frage ist.

    (Zuruf von der CDU/CSU) : Der wahrheitsliebende Bundeskanzler!)

    Wenn es jedenfalls so war, daß es da gegenseitig Schlitzohrigkeiten gegeben hat — wobei dann immer noch die Frage ist, wer bei diesen Schlitzohrigkeiten am längeren Hebel sitzt —, dann entsteht natürlich nicht das gegenseitige Vertrauen, das notwendig ist, um dieses Europäische Währungssystem seriös in Gang zu bringen.
    Die dritte Möglichkeit: Man hat sich in diesem Punkt tatsächlich nicht geeinigt und hat die Öffentlichkeit bewußt nicht unterrichtet. In diesem Falle hätte der Bundeskanzler am 6. Dezember 1978 hier im deutschen Parlament die deutsche Öffentlichkeit, das deutsche Volk, die deutschen Bauern getäuscht. Staatssekretär Rohr mußte am gleichen Tage im Ernährungsausschuß — wahrscheinlich guten Glaubens, dieser arme, mißbrauchte Staatssekretär — das Gegenteil dessen behaupten, was tatsächlich war: Es ist alles in Ordnung bei dem Grenzausgleich!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    So oder so: Ich fordere den Bundeskanzler auf — er kann im Augenblick offensichtlich nicht mehr anwesend sein —, spätestens morgen sich hier im Deutschen Bundestag zu erklären, warum er die Öffentlichkeit am 6. Dezember über dieses Problem nicht unterrichtet hat, warum er durch Nichterklären eine Täuschung der Öffentlichkeit vorgenommen hat. Diese Erklärung ist er uns schuldig.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich fasse zusammen, meine Damen und Herren. Wir fordern die Bundesregierung auf, eine neue mittelfristige Finanzplanung vorzulegen, die Ausgabensteigerungen vorsieht, die wesentlich niedriger sind, als in der bisherigen mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen ist, und die schließlich bei einer Ausgabensteigerung ankommt, die höchstens gleich dem realen Wachstum des Bruttosozialprodukts ist. Wenn dieses nicht geschieht, kriegen wir die Schuldenlast des Staates in Deutschland
    nicht mehr auf ein vertretbares Maß herunter.
    Zweitens. Wir fordern die Regierung auf — und das ist notwendig, um die erste Forderung zu erfüllen —, ihre Ausgaben und Programme wenigstens mittelfristig nach Einsparungsmöglichkeiten zu durchforsten.
    Wir fordern die Bundesregierung drittens auf weitere Schritte für die 80er Jahre einzuplanen im Hinblick auf den Abbau der Steuerbelastung, auf eine weitere Verbesserung des Einkommensteuertarifs, damit es nicht schon wieder ab 1980/81 heimliche Steuererhöhungen gibt, und im Hinblick auf einen weiteren Abbau von Investitionshemmnissen steuerlicher Art, etwa der Substanzbesteuerung durch die Gewerbekapitalsteuer; diese sollte abgeschafft werden. Nur so kann auf Dauer die private Leistungs-und Investitionsbereitschaft erhalten werden.
    Die CDU/CSU erklärt zum wiederholten Male, daß sie verantwortlich mitwirkt, selbst wenn Sie diesem Parlament unpopuläre Entscheidungen zumuten sollten, daß sie verantwortlich mitwirkt um der Sache willen, damit unser Volk nicht in den 80er Jahren die Zeche für diese Schuldenlast bezahlen muß.
    Solange aber nicht diese gestaltende, diese zukunftseröffnende Finanzpolitik von der Bundesregierung eingeleitet wird, so lange gibt es für uns nur ein Nein, ein Nein zu diesem Haushalt und ein Nein zu dieser falschen Finanzplanung.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Funcke

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Liselotte Funcke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Herr Kollege Häfele hat gerade eine Rede mit gigantischen Perspektiven gehalten. Was die Argumente angeht, war das allerdings nicht so ganz neu.

    (Wohlrabe [CDU/CSU] : Richtig muß es sein, Frau Funcke, nicht neu!)

    Vor allen Dingen war die Rede nicht sehr konkret in dem, was denn nun eigentlich die finanzpolitischen Vorstellungen der Opposition, nicht theoretisch, sondern praktisch, sind. Nur deshalb, weil er beim Theoretischen stehenblieb, konnte er so viele Widersprüche hintereinander bringen, denn

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    von der Realisierung brauchte ja nicht gesprochen zu werden.
    Meine Herren und Damen, es ist zweifellos ein Glück für die Opposition, daß die finanzpolitischen Kapitel am Anfang der Debatte stehen. Denn stünden sie am Ende, könnten wir die Mehrforderungen an den Haushalt, wie sie in der Debatte der nächsten Tage seitens der Opposition gestellt werden, Position für Position addieren und Ihnen den Widerspruch in Ihren finanzpolitischen Vorstellungen nachweisen. Man braucht wirklich kein Prophet zu sein, um vorauszusagen, daß, wenn es um den Wehretat, um die Zivilverteidigung, um das Erziehungsgeld, um die Förderung des Wohnungsbaues oder anderes



    Frau Funcke
    mehr geht, von Ihnen mehr Forderungen gestellt werden bzw. Kritik laut wird, daß die Bundesregierung hierfür und hierfür und hierfür nicht mehr ausgebe. Wir werden das einmal alles „hübsch" addieren und Ihnen zur dritten Lesung präsentieren.
    Die Widersprüche in der Rede von Herrn Häfele sind nicht zu übersehen. Auf der einen Seite schließt er sich der Kritik seines Kollegen Haase mit dem Hinweis an, der Staat mache zuviel Schulden; das sei ganz schlimm, auf der anderen Seite sagt er: Hätten wir gewußt, daß wir jetzt Mehreinnahmen erwarten können, dann hätten wir die auch noch in Steuersenkungen „verbraten".

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Ja, meine Herren und Damen, dies geht doch wirklich nicht. Hier muß man sich doch fragen, wie die Zusammenhänge sind. Aber Zusammenhänge gibt es bei der Opposition eben nicht, wenn man die steuer- und finanzpolitischen Probleme diskutiert, sondern lediglich eine unzusammenhängende Aneinanderreihung von gefälligen Forderungen oder Analysen.
    Da fordert Herr Gaddum die Abschaffung des § 7 b, während Herr Späth dafür plädiert, die in § 7 b getroffene Regelung auszuweiten. Zum einen fordert die Opposition, Steuergesetze zu vereinfachen, zum anderen will sie gleiche Tatbestände gleich zweimal in Gesetze fassen. Beispiele hierfür sind das Kindergeld — einmal soll direkt gezahlt werden, zum anderen soll es gleichzeitig in Form von Steuervergünstigungen geschehen — oder die Erleichterung beim Einbau von wärmedämmenden Fenstern, die zum einen in Form von Steuervergünstigungen, zum anderen in Form von Direktzuschüssen gewährt werden soll. Oder: Auf der einen Seite fordert die Opposition die Vereinfachung komplizierter Steuergesetze, auf der anderen Seite verlangt sie in einer Resolution zum Subventionsbericht, zielgerichtete Finanzhilfen müßten vorrangig in Form von Steuererleichterungen gegeben werden.
    Da spricht sich Herr Häfele für weniger Gesetze aus; aber wäre er Freitag letzter Woche hier gewesen, dann hätte er miterlebt, wie ein neuer Gesetzentwurf der Opposition nach dem anderen an die Ausschüsse überwiesen worden ist. Während Herr Biedenkopf fordert, man solle die Sparförderung einschränken oder gar aufgeben, setzt sich Herr Späth für ihre Ausweitung ein.
    Während Herr Gaddum die Steuerbefreiung für Spenden abschaffen will, verlangt die CDU/CSU eine Erhöhung der steuerfreien Spendenbeträge. Da kritisieren einerseits die CDU-Finanzpolitiker die Höhe der Staatsausgaben und der Schulden, während andererseits die übrigen Oppositionspolitiker munter Mehrausgaben fordern. Dies, meine Herren und Damen, ist kein Konzept und schon gar nicht das, was Herr Häfele gefordert hat: eine klare Gestaltung der Finanzpolitik.
    Nun hat er uns immer wieder gesagt, daß die Steuerbelastung für den einzelnen zu hoch sei. Wir müssen immer wieder wiederholen — weil Sie es
    wiederholen —, daß die Steuerlastquote seit 1969 gesunken und nicht gestiegen ist. Es ist zwar zuzugeben, daß beim Arbeitnehmer hinsichtlich der Lohnsteuer eine Mehrbelastung vorhanden ist. Dies ändert aber nichts daran, daß der Arbeitnehmer heute — glücklicherweise — trotz der prozentual sanft ansteigenden Steuersätze nicht weniger, sondern mehr Geld zur Verfügung hat.
    Nun will ich Ihnen einmal sagen, wie diese „unvertretbare" Belastung nach den kürzlich beschlossenen Steueränderungen aussieht: Ein Arbeitnehmer mit 30 000 DM Jahreseinkommen und zwei Kindern zahlt eine Steuer von 10,5 °/o, bekommt über das Kindergeld aber zugleich so viel zurück, daß seine tatsächliche Belastung 5,5 °/o beträgt. Hat er ein drittes Kind, bekommt er etwas heraus und zahlt null DM Steuern. Ein Selbständiger mit 42 000 DM Jahreseinkommen und drei Kindern zahlt an Steuern 12,8% nach Gegenrechnung des Kindergeldes 3,6 %, ab 1980 2,9 %.
    Meine Herren und Damen, Sie können in vergleichbaren anderen Staaten Europas lange suchen, bis Sie eine derart relativ niedrige Belastung finden. Der ständige Hinweis auf eine zu große Steuerbelastung ist mindestens in dem Bereich, von dem hier jetzt die Rede ist, nicht zutreffend. Wir haben in den letzten Jahren in richtigen Zeitabständen die Tarife gesenkt.
    Nun sagen Sie, Herr Häfele, man sollte möglichst in einer Perspektive bis 1990 die Tarife bekanntgeben. Das könnten auch Sie nicht. Sie hatten ja noch nicht einmal für 1979 einen konkreten Tarif vorgelegt, sondern nur gefordert, man möge den Tarif senken, und dafür lediglich einen Termin genannt. Nein, die Tarife können, wenn sie progressiv gestaltet sind, immer nur — und müssen es dann allerdings auch —, in vertretbaren Abständen an die tatsächliche Lage, an die Belastung und an die Lohn- und Einkommensentwicklung angeglichen werden. Dies geschieht; wir werden den Tarif in Abständen ändern; niemand hat gesagt, daß er für die Ewigkeit bestehe.
    Allerdings haben wir — und das hat etwas mit dem Bemühen um Gestaltung zu tun — für diese zwei Jahre ein Konzept von Steueränderungen vorgelegt und trotz mancherlei Widerstände durchgesetzt, das dem Steuerpflichtigen sagt, was in den zwei überschaubaren Jahren dieser Legislaturperiode an Steuern und Steueränderungen zu erwarten ist. Damit könnte an der Steuerfront Ruhe eintreten, wenn nicht zum gleichen Zeitpunkt immer wieder von allen Seiten neue Forderungen gestellt und seitens der Opposition neue Versprechungen gemacht und Erwartungen geweckt würden. Ich bin dem Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelstages, Herrn Wolff von Amerongen, sehr dankbar dafür, daß er in Anerkenntnis der sicherlich großen Bemühungen in den letzten Monaten im Steuerbereich gesagt hat: Nun sollte man damit einmal leben können und nicht — gleichsam als Nachweis der Daseinsberechtigung einer Organisation — ständig mehr Forderungen stellen, als sie bei nüchterner Betrachtung zu verantworten sind. Vielleicht sollte



    Frau Funcke
    auch die Opposition diese Erkenntnis einmal in ihren Reihen realisieren.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Sie sagen, es sei nicht gestaltet worden. Nun,
    meine Herren und Damen, die sozialliberale Koalition hat den Tarif umgestaltet, und zwar von dem Sprung weg, den wir damals gemeinsam beschlossen haben, zu einem gleichmäßigen- Anstieg. Wir haben die Körperschaftsteuerreform durchgesetzt. Wir haben das Kindergeld — das entsprach auch Ihren Vorstellungen — strukturell umgestellt auf eine gleichmäßige Zahlung und haben es wiederholt angepaßt. Die Lohnsummensteuer ist abgeschafft worden. Wenn das nicht Gestaltungen sind, möchte ich mal wissen, was Sie darunter verstehen.
    Meine Damen und Herren, von einer Opposition, die ständig Kritik an der Finanzgestaltung übt, erwarten wir, daß Sie endlich einmal ein brauchbares Konzept auch nur erkennen oder durchscheinen läßt;

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    wir erwarten ja nicht, daß sie ausgefeilte Gesetzentwürfe vorlegt. Aber das, meine Damen und Herren, was Sie Gestaltung nennen, könnte doch wenigstens anklingen. Sie sind dazu jedoch angesichts der Widersprüche in Ihren eigenen Reihen nicht in der Lage. Mit den ständigen Detailforderungen, die Sie vorbringen, werden wir, werden aber auch Sie nicht weiterkommen.
    Herr Häfele, Sie hätten uns enttäuscht, wenn Sie nicht zu guter Letzt auch die letzten Beschlüsse der Bundesbank zur Sprache gebracht hätten. Es ist nicht unsere Sache, uns mit einzelnen Interpretationen in der Presse zu beschäftigen. Sie wie alle Beteiligten dürfen aber die feste Überzeugung haben, daß weder die Koalition noch, soweit ich sehe, die Regierung in Frage stellt, daß die Bundesbank autonom und unabhängig die Beschlüsse fassen kann, die sie nach längerem Besprechen unter Beachtung der Stabilitätserfordernisse für richtig hält. Daß man graduell und bezüglich des Zeitpunkts oder der eventuellen Nebenwirkungen unterschiedlicher Meinung sein kann, wird niemand bestreiten,

    (Klein [München] [CDU/CSU] : Dann muß man das auch verkünden!)

    aber es ist klar — das sage ich für meine Fraktion, und ich glaube, das auch mit voller Befugnis für die SPD sagen zu können, die jetzt auf ihre Redezeit verzichtet hat —, daß niemand an der Autonomie und an dem unbeeinflußten Entscheidungsrecht der Bundesbank auch nur ein klein wenig rütteln möchte.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)