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ID0810304200

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    Vokabeln: 6
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    4. Frau: 1
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    6. Eilers.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/103 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 103. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 20. September 1978 Inhalt: Gedenkworte für die Opfer des Erdbebens im Kaiserreich Iran . . . 8109 A Anteilnahme am Tode, des Oberhauptes der katholischen Kirche Papst Paul VI . . . . 8109 B Glückwünsche für den neuen Papst Johannes Paul I 8109 B Nachruf auf den Abg. Dr. Staudt . . . 8109 B Eintritt des Abg. Nehm in den Deutschen Bundestag 8109 D Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Mattick, Wehner, Frau Funcke, Müller (Berlin), Dr. von Bismarck, Saxowski Glückwünsche zur Geburt eines Kindes der Abg. Frau Krone-Appuhn 8109 D Ausscheiden des Abg. Dr. Gruhl aus der Fraktion der CDU/CSU 8110 A Dank und Anerkennung für die Ausrichtung der 65. Interparlamentarischen Konferenz in Bonn vom 3. bis 14. September 1978 . . . 8110 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . . 8170 A Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 8110B Abwicklung der Tagesordnung 8111 Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 8111 ] Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1979 (Haushaltsgesetz 1979) — Drucksache 8/2150 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1978 bis 1982 — Drucksache 8/2151 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes, des Gewerbesteuergesetzes, des Umsatzsteuergesetzes und anderer Gesetze (Steueränderungsgesetz 1979) — Drucksache 8/2100 — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. September 1978 Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung für Schwerbehinderte (Fünftes Rentenversicherungs-Änderungsgesetz) — Drucksache 8/2101 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes — Drucksache 8/2102 — Matthöfer, Bundesminister BMF . . . . 8114 A Dr. Häfele CDU/CSU 8124 C Westphal SPD 8130 D Frau Funcke FDP 8137 A Späth, Ministerpräsident des Landes Baden- Württemberg 8141 B Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär BMF . . 8146 D Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 8150 D Burger CDU/CSU 8156 B Glombig SPD 8158 B Cronenberg FDP 8161 D Frau Geier CDU/CSU 8163 B Frau Eilers (Bielefeld) SPD 8166 A Eimer (Fürth) FDP 8168 C Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages — Drucksache 8/2112 — . . . . . . 8170 A Nächste Sitzung 8170 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 8171* A Anlage 2 Entschließung des Bundesrates zum Gesetz zur Änderung des Wohnungsmodernisierungsgesetzes 8171* C Anlage 3 Stellungnahme des Bundesrates zum Einundzwanzigsten Gesetz über die Anpassung der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie über die Anpassung der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung und der Altersgelder in der Altershilfe für Landwirte 8171* D Anlage 4 Stellungnahme des Bundesrates zum Zehnten Gesetz über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes . . . 8172* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. September 1978 8109 103. Sitzung Bonn, den 20. September 1978 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 20. 9. Adams ' 22. 9. Dr. van Aerssen * 22. 9. Dr. Ahrens ** 22. 9. Dr. Aigner * 22. 9. Dr. Bangemann * 21. 9. Dr. Barzel 22. 9. Dr. Bayerl * 22. 9. Dr. Dregger 6. 10. Erhard (Bad Schwalbach) 21. 9. Dr. Eyrich 22. 9. Fellermaier * 22. 9. Dr. Früh * 20. 9. Hansen 29. 9. Hartmann 20. 9. von Hassel 20. 9. Hoffmann (Saarbrücken) ' 22. 9. Ibrügger * 6. 10. Dr. h. c. Kiesinger 22. 9. Kleinert 21. 9. Dr. Klepsch * 21. 9. Klinker * 21. 9. Dr.-Ing. Laermann 22. 9. Lange * 21. 9. Dr. Langner 20. 9. Lemmrich ** 20. 9. Lemp * 22. 9. Dr. Lenz (Bergstraße) 22. 9. Liedtke 20. 9. Lücker * 20. 9. Luster * 22. 9. Möhring 29. 9. Müller (Mülheim)* 21. 9. Müller (Wadern) * 21. 9. Nordlohne 29. 9. Peter 22. 9. Rosenthal 20. 9. Russe 22. 9. Sauer (Salzgitter) 29. 9. Saxowski 29. 9. Schmidthuber 22. 9. Schmidt (München) * 22. 9. Schmidt (Wattenscheid) 22. 9. Schreiber * 22. 9. Schulte (Unna) 22. 9. Dr. Schwencke (Nienburg) * 22. 9. Sieglerschmidt ** 22. 9. Dr. Starke (Franken) * 22. 9. Stücklen 22. 9. Vogel (Ennepetal) 20. 9. Voigt (Frankfurt) 20. 9. Frau Dr. Walz * 22. 9. Wawrzik * 22. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Wissmann 22. 9. Würtz * 22. 9. Ziegler 6. 10. Zink 22. 9. Anlage 2 Entschließung des Bundesrates zum Gesetz zur Änderung des Wohnungsmodernisierungsgesetzes Zu Art. 1 Nr. 6 und 15 Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, angesichts des vorgesehenen Kumulierungsverbots zwischen Zuschüssen nach diesem Gesetz und der Investitionszulage oder der Förderung mit sonstigen Mitteln (vgl. Art. 1 Nr. 6 und 15) baldmöglichst Vorschläge zu unterbreiten, auf welche Weise die bisher bestehenden Präferenzvorsprünge des Zonenrandgebietes (Zuschüsse nach der Gemeinschaftsaufgabe) und Berlins mit dem Ziel erhalten bleiben, daß Umfang und Effektivität der Förderung der Wohnungsmodernisierung nicht eingeschränkt werden. Anlage 3 Stellungnahme des Bundesrates zum Einundzwanzigsten Gesetz über die Anpassung der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung so- wie über die Anpassung der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung und der Altersgelder in der Altershilfe für Landwirte (Einundzwanzigstes Rentenanpassungsgesetz - 21. RAG) Der Bundesrat bedauert, daß es auch im Vermittlungsverfahren nicht möglich war, seine Vorschläge zur Beibehaltung des Prinzips der bruttolohnbezogenen dynamischen Rente durchzusetzen. Mit dem Beharren auf den systemfremden Maßnahmen im 21. Rentenanpassungsgesetz wird auf feste Grundlagen für die Berechnung und Steigerung der Renten verzichtet und damit das Kernstück der Rentenreform von 1957 aufgegeben. Der Bundesrat bekräftigt erneut seine Auffassung, daß eine Sanierung der Rentenfinanzen durch systemkonforme Maßnahmen möglich ist. Auch zum 10. Anpassungsgesetz - KOV - ist der Vermittlungsausschuß den Vorschlägen des Bundesrates nicht gefolgt. Der Bundesrat bedauert, daß von der bruttolohnbezogenen Anpassung der Kriegsopferrenten abgegangen worden ist. Auch vom Bundesrat vorgeschlagene weitere strukturelle Verbesserungen sind nicht berücksichtigt worden. 8172* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. September 1978 Der Bundesrat hält seine grundsätzlichen Bedenken gegen beide Gesetze aufrecht. Nachdem der Bundestag bereits in namentlicher Abstimmung mit Mehrheit Änderungen bei beiden Gesetzen abgelehnt hat, ist es dem Bundesrat angesichts der zur Zeit bestehenden Mehrheitsverhältnisse im Bundestag nicht möglich, seine Auffassung im weiteren Gesetzgebungsverfahren durchzusetzen. Er sieht deshalb von einem Einspruch ab. Anlage 4 Stellungnahme des Bundesrates zum Zehnten Gesetz über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Zehntes Anpassungsgesetz — KOV — 10. Anp-KOV) Der Bundesrat bedauert, daß es auch im Vermittlungsverfahren nicht möglich war, seine Vorschläge zur Beibehaltung des Prinzips der bruttolohnbezogenen dynamischen Rente durchzusetzen. Mit dem Beharren auf den systemfremden Maßnahmen im 21. Rentenanpassungsgesetz wird auf feste Grundlagen für die Berechnung und Steigerung der Renten verzichtet und damit das Kernstück der Rentenreform von 1957 aufgegeben. Der Bundesrat bekräftigt erneut seine Auffassung, daß eine Sanierung der Rentenfinanzen durch systemkonforme Maßnahmen möglich ist. Auch zum 10. Anpassungsgesetz — KOV — ist der Vermittlungsausschuß den Vorschlägen des Bundesrates nicht gefolgt. Der Bundesrat bedauert, daß von der bruttolohnbezogenen Anpassung der Kriegsopferrenten abgegangen worden ist. Auch vom Bundesrat vorgeschlagene weitere strukturelle Verbesserungen sind nicht berücksichtigt worden. Der Bundesrat hält seine grundsätzlichen Bedenken gegen beide Gesetze aufrecht. Nachdem der Bundestag bereits in namentlicher Abstimmung mit Mehrheit Änderungen bei beiden Gesetzen abgelehnt hat, ist es dem Bundesrat angesichts der zur Zeit bestehenden Mehrheitsverhältnisse im Bundestag nicht möglich, seine Auffassung im weiteren Gesetzgebungsverfahren durchzusetzen. Er sieht deshalb von einem Einspruch ab.
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    Rede von Erna-Maria Geier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Verbindung mit den finanziellen und sozialen Besserstellungen für unsere Bürger steht heute auch die Erhöhung des Kindergeldes zur Debatte. Wir begrüßen, daß die Regierung durch Erhöhung des Kindergeldes in der vorgesehenen Form endlich einen spürbaren Schritt der Hilfe für die Mehrkinderfamilie vorschlägt. Es sei uns aber doch erlaubt, zu bemerken, daß dies wohl nicht allein aus der besseren Einsicht und Erkenntnis des unschätzbaren Wertes der Familie für unsere Gesellschaft entstanden ist, denn noch im Juli dieses Jahres hat die Bundesregierung es abgelehnt, das Kindergeld zu verbessern. Unsere wiederholten Anfragen wurden immer sehr ausweichend beantwortet, und der im Mai 1978 vorgelegte Sozialbericht zeigte ebenfalls keinerlei Perspektiven zur Weiterentwicklung des Familienlastenausgleichs.
    Lassen Sie mich mit einem leichten Lächeln feststellen,

    (Wehner [SPD] : Das fällt Ihnen aber schwer!)

    warum die Bundesregierung jetzt den Nothelfer für
    die hessischen Landtagswahlen spielt: um den anti-
    familiären Trend der dortigen Bildungspolitik durch familienfreundliches Verhalten in Bonn zu korrigieren.
    Streichen wir aber diese wahltaktischen Ziele und stellen nüchtern fest: Dieser erste Schritt zur finanziellen Verbesserung für die Mehrkinderfamilie ist nicht nur eine zusätzliche Leistung, sondern damit wird nur ein längst überfälliger Nachholbedarf eingeleitet.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Begrüßenswerterweise ist jetzt endlich auch der Koalition aufgefallen, wie sozial unerträglich der Zu-
    stand in unserem Lande geworden ist, weil seit Jahren Durchschnittsverdiener bei nur zwei Kindern beachtliche soziale Benachteiligungen hinnehmen müssen. Wenn in der gleichen Lohngruppe diese Familie sich den Luxus von drei oder mehr Kindern erlaubt hat, rückt ihr Lebensstandard sogar in die gefährliche Nähe der Sozialhilfeschwelle.
    Wen wundert eigentlich noch das derzeitige generative Verhalten von Ehepaaren? Der Rückgang der Zahl der Familien mit zwei Kindern unter 15 Jahren betrug im Zeitraum von 1973 bis 1977 5,3 °/o, bei drei Kindern 23,8 °/o und bei vier und mehr Kindern sogar 39,4 °/o. Sehen wir uns dazu noch die Statistik der Eheschließungen an! Ihre Zahl liegt in den ersten sieben Monaten 1978 um 11,9 °/o niedriger als die Vergleichszahl im Vorjahr, obwohl die wachsende Stärke der heiratsfähigen Jahrgänge eigentlich viel mehr Eheschließungen hätte erwarten lassen sollen.
    Der derzeitig zurückgehende Geburtentrend erscheint noch gravierender, wenn wir die 35 000 registrierten Schwangerschaftsabbrüche im ersten Halbjahr 1978 — plus der Dunkelziffer, die nach Angaben des Familienministeriums überhaupt nicht zu schätzen ist — und die Zahl der jährlichen 60 000 Schwangerschaftsabbrüche im Ausland einbeziehen, die Frau Minister Huber neulich bekanntgab. Dieser Gesamtzustand ist so erschütternd, daß er eine Warnung an jeden Politiker sein muß, der über die Tagespolitik hinaus sich auch noch für eine sozialpolitische Zukunftsicherung unseres Volkes im Jahr 2000 und darüber hinaus verantwortlich fühlt.
    Es ist noch gar nicht so lange her, daß selbst Frau Minister Huber sagte, eine finanzielle Hilfe für Familien habe keinen wirksamen Einfluß auf den Willen der Eltern, mehr Kinder großzuziehen.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Damals war der Frau Minister Huber sicher noch nicht der sichtbare Erfolg der jüngsten Geburtenstatistik der DDR bekannt

    (Zurufe von der SPD)

    und vielleicht auch nicht die EMNID-Umfrage 1978, die gerade ihre Behauptungen widerlegt. Diese Meinungsumfrage ergab, daß 48 % der befragten jungen Menschen eine wesentliche Erhöhung des Kinder-



    Frau Geier
    geldes absolut als geburtenfördernd ansehen und daß sogar 54 % der Befragten der Meinung waren, daß eine längere berufliche Freistellung der erwerbstätigen Mütter bei angemessener finanzieller Unterstützung den Geburtenzuwachs noch mehr fördern werde.
    Gerade diese demoskopischen Daten zeigen, daß die familienpolitischen Prioritäten, die von den Unionsparteien nicht erst jetzt, sondern schon seit Jahren vertreten werden, richtig sind, z. B. die Förderung nach spürbarer Erhöhung des Kindergeldes, auch die Einführung einer Honorierung der Erziehungsleistung von Mutter oder Vater, ebenso ein kinderfreundliches Wohnungsprogramm, ferner Ehe-und Familiendarlehen sowie Steuerfreibeträge.

    (Löffler [SPD] : Und das alles bei , gnädige Frau!?)

    Steuersenkungen
    Das ist der richtige Weg, glauben wir, um vielen Ehepaaren zu helfen, sich ihren Wunsch nach Kindern leichter erfüllen zu können.

    (Zurufe von der SPD)

    — Kein Grund zur Aufregung! Die Unionsfraktion wird dem Achten Gesetz zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes zustimmen, weil wir darin den ersten Schritt zur Umkehr Ihrer bisherigen Familienpolitik erkennen, nämlich zugunsten der Mehrkinderfamilie.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Aber grundsätzlich wollen wir hier und heute doch festhalten, daß die jetzt vorgesehene Leistungsverbesserung für noch nicht ausreichend angesehen werden kann, um den Familien mit Kindern tatsächlich die notwendige gesellschaftspolitische Entlastung zu sichern, und den gesunkenen Lebensstandard und Sozialstatus der Mehrkinderfamilien dem des kinderlosen Doppelverdienerehepaars oder der Ein-Kind-Familie anzupassen.
    Heute ist schon einige Male über die Freibeträge sehr kontrovers diskutiert worden. Ich verkenne die Problematik unter gar keinen Umständen, aber in die Überlegungen sollte doch einmal einbezogen werden, daß die überproportionellen Wirkungen nur in geringem Umfang den „sogenannten Begüterten" zugute kommen. Denken wir doch bei den Überlegungen auch einmal an diejenigen — das ist eine große Gruppe von Familien —, deren Kinder bereits im Ausbildungsalter sind, wo beide Elternteile berufstätig sind und deshalb hoch besteuert werden, obwohl sie große Ausgaben für die Ausbildung ihrer Kinder haben. Oder denken wir doch auch einmal an diejenigen, die durch eigenen Leistungsaufstieg ebenfalls in die Progressionszone kommen.
    Eigentlich ist auch gar nicht einzusehen — wir sollten vor allem einmal darüber nachdenken, was daran gerecht ist —, daß alleinstehende Väter einen Freibetrag bekommen,, aber intakt' Familien leer ausgehen sollen. Ich meine, darüber müßten wir miteinander und nicht so sehr gegeneinander reden. Vielleicht finden wir doch noch eine vernünftige Lösung.
    Wenn wir den stufenweisen Einstieg in eine finanzielle Verbesserung der Leistungen für die
    Familien begrüßen, • so sollten wir uns doch gleichzeitig davor hüten, diese Maßnahmen überzubewerten; denn wir müssen sie im Zusammenhang mit der Mehrwertsteuer sehen. Der Konsum entfällt zu über 50 °/• auf die Familien mit Kindern. Wenn die geplante Mehrwertsteuererhöhung in den kommenden Jahren fast 7 Milliarden DM ausmacht, dann entfällt davon zirka die Hälfte auf den Ausgabenbereich der Familien.

    (Hasinger [CDU/CSU] : So ist es!)

    Die Familien werden also ab 1980 in einer Größenordnung von über 3 Milliarden DM zusätzlich belastet, während sich die entsprechenden Auswirkungen der jetzt geplanten Kindergelderhöhung nur auf zirka 2,5 Milliarden DM belaufen.

    (Hasinger [CDU/CSU] : Hört! Hört! — Westphal [SPD] : Sie gehen von falschen Voraussetzungen aus, Frau Kollegin!)

    Wenn man die Probleme im einzelnen angeht, müssen wir auch daran denken, daß die Ein-KindFamilie durch die Mehrwertsteuer zusätzlich belastet wird, dafür aber keinen Ausgleich erhält. Wir sollten auch sehen, daß die geplante Kindergelderhöhung von 20 DM für das zweite Kind ab 1980 bei weitem nicht ausreicht, um die Mehrwertsteuererhöhung und allgemeinen Lebenshaltungskostensteigerungen, die sich bei diesen Familien niederschlagen, auch nur annähernd auffangen zu können. Lediglich die Kindergelderhöhung für das dritte Kind kann eine spürbare Erleichterung für die Familien mit mehr als drei Kindern mit sich bringen.

    (Wehner [SPD] : Also doch!)

    Wir sollten aber gleichwohl nicht aus dem Auge verlieren, daß sich gerade die Familien mit mehr als drei und vier Kindern trotz der jetzt geplanten Hilfe nach wie vor in der Nähe der Sozialhilfeschwelle bewegen werden, wenn der Vater der Alleinernährer dieser Familie ist.

    (Huonker [SPD] : Und deshalb wollen Sie Kinderfreibeträge einführen. Das nennen Sie sozial gerechter!?)

    Wenn wir uns alle in der Diskussion stehenden Verbesserungen einmal betrachten, so bleibt es uns nicht erspart: Wir müssen ein klares Bild der künftigen Mindestzielsetzung der Familienförderung bekommen. Jede Fraktion des Hauses sollte hierzu ihre Zielvorstellungen fest umreißen und auf den Tisch legen. Wir in der Union bemühen uns, dies in den nächsten Tagen tun zu können.

    (Löffler [SPD]: Da sind wir sehr gespannt!)

    Dann sollten wir unsere gegenseitigen Vorschläge zum Wohle unserer Familien miteinander und nicht gegeneinander besprechen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich darf auf die Materialien verweisen, die der rheinland-pfälzische Sozialminister, Dr. Gölter, vor wenigen Wochen in seinem Artikel „Wenig Kinder — wenig Kosten" vorgelegt hat. Da wird schlüssig nachgewiesen, daß die öffentliche Hand Jahr für Jahr zunehmend wegen der zurückgegangenen Kinderzahl Milliarden einspart. Es besteht absolut keine



    Frau Geier
    Veranlassung, die nominell zugewiesenen Mehrbeträge, die wir heute für die Leistungsverbesserung brauchen, als einen spektakulären Erfolg darzustellen, wenn wir nicht bereit sind, künftig zu diesen Beträgen auch noch jene Milliarden hinzuzugeben, die eben durch weniger Kinder eingespart werden. Die Zahl der Kinder unter 15 Jahre ist allein von 1973 bis 1977 um 12,7 % zurückgegangen, und wir wissen, daß sie Jahr für Jahr weiterhin beachtlich zurückgehen wird. Daher muß eine Prioritätensetzung möglich werden, wonach diese jährlichen Einsparungsbeträge familienfördernd zugeschlagen werden können, um damit eine qualitative Verbesserung der Familienförderung zu erreichen, ohne den Haushalt zusätzlich auszuweiten. Es darf auf gar keinen Fall so laufen, daß diese beim Kindergeld eingesparten Milliardenbeträge stillschweigend dazu verwendet werden, finanzielle Löcher an anderer Stelle im Bundeshaushalt zu stopfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    In diesem Zusammenhang möchte ich noch einen Punkt ansprechen, der in den nächsten Monaten zwischen den Regierungsparteien und der Unionsfraktion sicher kontrovers behandelt werden wird, der aber nicht unbedingt zu einer unerträglichen Polemik führen sollte. Es geht hier um die Überlegung der Bundesregierung zur Verbesserung der Mutterschaftsleistungen und zur Freistellung von der Arbeit für berufstätige Frauen bis zu einem halben Jahr nach der Entbindung. Berufstätige Mütter sollen demnach aus Mitteln des Bundes, über die Krankenkassen ausbezahlt, eine Ausgleichsleistung bis zu 750 DM monatlich erhalten, wenn sie in dieser Zeit auf die Erwerbstätigkeit verzichten. Das ist im Rahmen des Mutterschutzes für berufstätige Frauen zweifellos ein absoluter Fortschritt. Gleichzeitig ist das aber auch eine absolute soziale Benachteiligung jener Frauen, die wegen bereits vorhandener Kinder im Interesse der Kindererziehung und der Haushaltsführung für die Familie auf eine Berufstätigkeit verzichten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie werden dafür, daß sie ihren Kindern und ihrer Familie das Beste geben, regelrecht in die Benachteiligung gedrängt. Von einer sozialen Gerechtigkeit, die einer fortschreitenden Gleichberechtigung, die wir ja alle wollen, einen besseren Weg zeigt, kann hier nicht die Rede sein. Es darf doch nicht bestraft werden, wenn eine Frau freiwillig ihren Kindern zuliebe das tut, was die Erziehungswissenschaften und die Medizin entgegen allen ideologischen Unkenrufen fordern: Die Mutter sollte wenigstens in den ersten drei Lebensjahren für das Kind die ständige Bezugsperson sein, da das Kind in keinem anderen Lebensabschnitt so nachhaltig geprägt wird wie eben in den ersten Lebensjahren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Reden wir doch nicht immer nur von der individuellen Entscheidungsfreiheit der Frau, wenn es um Berufstätigkeit geht. Lassen wir doch jeder Frau die Wahlfreiheit, welchen Weg sie gehen will, und welchen Weg sie für richtig hält. Bekämpfen wir endlich einmal die so einseitig laufende Emanzipationsmotivation der Frauen und Mädchen, wonach ausschließlich Erwerbstätigkeit oder ein Karriereerfolg befreiend und emanzipatorisch wirken sollen. Dies kann der Hausfrauenberuf genausogut, wenn diese Gesellschaft darin nicht ein Abstellgleis für die „Nur-Hausfrau" sieht

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    oder diese Frauen sogar als die Dienenden, Unterdrückten ihrer Männer bezeichnet. Ähnliches haben wir ja im Familienbericht gelesen.
    CDU und CSU halten die von der Koalition vorgeschlagene Erweiterung der Mutterschutzleistungen nur für berufstätige Frauen einfach für ordnungspolitisch falsch. Wir halten sie deshalb für nicht richtig, weil wir außerhäusliche Erwerbstätigkeit und die Leistung der Hausfrau in der Betreuung und Erziehung ihrer Kinder und in der Haushaltsführung als absolut gleichwertig betrachten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dies macht es für uns so problematisch, Mutterschaftsleistungen ausschließlich für berufstätige Frauen zu gewähren und die Hausfrauen völlig leer ausgehen zu lassen.
    Wir sind der Meinung, bei gutem Willen ist es möglich, auch finanzielle Leistungen für die Mütter, die nicht erwerbstätig sind, freizumachen, wenn wir einmal auf die durch den im Rückgang der Kindergeldaufwendungen freiwerdenden Mittel zurückgreifen und wenn wir uns die Mühe machen, die vorgeschlagenen Mutterschaftsleistungen einmal etwas differenzierter nachzurechnen. Bei jetzt zirka 300 000 betroffenen erwerbstätigen Müttern wird von einer Milliarde DM gesprochen. Was aber ist, wenn in Zukunft wegen des finanziellen Vorteils weitere 100 000 Mütter kurzfristig wieder in das Erwerbsleben gehen, bevor sie ihr zweites und ihr drittes Kind planen? Dann werden sich die Aufwendungen für das Mutterschaftsgeld erheblich steigern. Hinzu kommt bei der derzeitigen Arbeitsmarktsituation ein neuer Verdrängungswettbewerb durch Einstellung junger Frauen zu Lasten der älteren Frauen, die dann Arbeitslosengeld beziehen.
    Wenn wir alles in allem einmal auch unter dem Aspekt von Gewinn und Vorteil durchrechnen, was sich sehr viele Leute so ausrechnen werden, dann bringt es die finanzielle Mehrbelastung sicher mit sich, daß wir genausogut ein vernünftiges Gegenkonzept sozialer Gerechtigkeit gestalten können, wonach Mutterschaftsgeld für alle Frauen oder, wie wir sagen, Erziehungsgeld stufenweise eingeführt werden könnte. Eine nähere Betrachtung dieses Aspekts der Gerechtigkeit für alle Mütter würde sich meines Erachtens durchaus lohnen.
    Lassen Sie mich zum Schluß sagen: Bei aller Offenheit für finanzielle Verbesserungen für die Familien, wie sie sich in allen Parteien zeigt, soll nicht unerwähnt bleiben, daß Geldleistungen allein nicht ausreichend sind, um eine Familienpolitik zu realisieren, die die allgemeine Wertstellung der Familie so verbessert, daß es sich wieder lohnt, vor allem aber wieder Freude macht, eine Familie zu sein. Dazu gehört vor allen Dingen die Unterbindung



    Frau Geier
    ) einer fortschreitenden Ideologisierung über Konfliktstrategien, die das Eltern-Kind-Verhältnis permanent stören.

    (Zuruf von der SPD)

    Seien wir uns doch darüber im klaren, daß finanzielle Verbesserungen allein im Bereich der Familienpolitik nur halbherzige Lösungen wären, wenn wir nicht gleichzeitig im ideellen, aber auch im rechtlichen Bereich für die Familien eine neue Grundbesinnung in der Politik einleiten, die dann den Menschen besser klar machen kann, warum die derzeitig arbeitende Generation maßvolle Einschränkungen zugunsten einer kinder- und familienfreundlicheren Gesellschaft hinnehmen muß:

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Eilers.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Elfriede Eilers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion die Beschlüsse der Bundesregierung zur Stärkung der Nachfrage und zur Verbesserung des Wirtschaftswachstums hier begrüßen und darüber hinaus feststellen zu können, daß sie einen wichtigen politischen Effekt enthalten. Sie sind nicht nur zur Stärkung der Wirtschaft angelegt, sondern sie stärken auch unsere Familien. Sie sehen gezielte Hilfsmaßnahmen vor, und zwar ebenso personelle Hilfe wie Hilfe materieller Art. Meine Fraktion begrüßt sehr nachdrücklich die für die neuen familienpolitischen Leistungen im Bundeshaushalt 1979 bereitgestellten Mittel, im einzelnen den Entwurf eines Achten Änderungsgesetzes zum Kindergeldgesetz sowie den Beschluß der Bundesregierung, Mitte 1979 einen Mutterschaftsurlaub im Rahmen des Mutterschutzgesetzes einzuführen.
    Ich freue mich, daß auch die Opposition trotz einigen Randgeplänkels, das nun einmal dazugehört, diese Dinge begrüßt hat. Ich bedaure aber, daß dabei der Randschlenker nicht vermieden werden konnte, dies sollten „Nothelfer für die Landtagswahlen" sein. Ich muß Ihnen sagen, das wären teure Nothelfer. Zum anderen wäre es makaber, wenn man so gut gesetzten familienpolitischen Akzenten eine Nothelferfunktion für Landtagswahlen, die ich nicht unterschätze, zuweisen wollte. Hier geht es um Politik für die Familie und nicht um das, was Sie hier soeben anführten, Frau Kollegin.

    (Beifall bei der SPD — Frau Geier [CDU/ CSU]: Und warum dann jetzt und nicht schon im Sommer?)

    Im sozialdemokratischen Regierungsprogramm für die 8. Wahlperiode findet sich der nüchterne Satz: „Wir werden die materielle Unterstützung der Familie weiter verbessern." Diese Zusage ist in der Tat sehr großzügig eingelöst worden. Seit Beginn der Legislaturperiode konnte das Kindergeld für das zweite Kind um 10 DM monatlich und für das dritte und jedes weitere Kind um 30 DM monatlich erhöht werden. Nach unseren Vorstellungen soll mit Jahresbeginn 1979 Familien vom dritten Kind an eine
    weitere Zulage beim Kindergeld in Höhe von 45 DM monatlich zugestanden werden. Ein Jahr später, ab 1. Januar 1980 also, soll für das zweite Kind das monatlich zu zahlende Kindergeld um 20 DM angehoben werden. Eine Familie mit drei Kindern, die im Jahre 1975 monatlich über 240 DM Kindergeld verfügte, erhält im Jahre 1978 schon 280 DM, 1979 werden es 325 DM und 1980 345 DM sein. Dies entspricht einer prozentualen Kindergelderhöhung für diese Familien um nahezu 50 %. Während meiner über 20jährigen Zugehörigkeit zu diesem Hause hat es noch niemals in einem Fünfjahreszeitraum eine so nachhaltige materielle Stärkung der Familien mit Kindern gegeben, wie es gegenwärtig der Fall ist.

    (Beifall bei der SPD — Frau Geier [CDU/ CSU] : Es hat aber auch noch niemals eine solche wirtschaftliche Benachteiligung gegeben wie in diesem Zeitraum!)

    Auch die Opposition wird diese spürbare finanzielle Entlastung für Familien, die ohne Beispiel in unserer bisherigen Kindergeldgesetzgebung ist, nicht leugnen können. Sie will sie schmälern. Das kann ich nicht verhindern. Wenn ich z. B. Ihre Ausführungen, Frau Kollegin Geier, im „DUD" richtig verstanden habe, unterstellt die CDU, daß die Kindergeldanhebungen von 1979 und 1980 von der Mehrwertsteuer ganz oder zum großen Teil aufgehoben werden. Nach unseren Annahmen und dem zu erwartenden Konjunkturverlauf ist jedoch davon auszugehen, daß sich die Mehrwertsteuer nur zu einem Teil im Preis niederschlagen wird und Familien damit auch nur insoweit belastet werden. Uns allen ist bekannt, daß Mieten nicht der Mehrwertsteuer unterliegen und daß Lebensmittel zum halben Mehrwertsteuersatz besteuert werden.

    (Frau Geier [CDU/CSU] : Sie sind leider auf Textilien nicht eingegangen!)

    In diesem Zusammenhang möchte ich der Opposition die konkrete Frage stellen, welcher Kindergeldfinanzierung sie denn den Vorzug geben würde. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an Ihre in den 50er Jahren durchgesetzte Finanzierung des Kindergeldes aus Beiträgen der Arbeitgeber. Es waren Sozialdemokraten, die darauf hingewiesen haben, daß diese Art der Mittelaufbringung für den Kreis der Selbständigen, vor allen, Dingen in den lohnintensiven Wirtschaftsbereichen, viele unbillige Härten mit sich brachte. Daher kann nur eine Finanzierung dieser familienpolitischen Leistungen aus Steuermitteln als gerechtfertigt angesehen werden.
    Für die neuen Leistungen beim Kindergeld veranschlagt die Bundesregierung für 1980 rund 2,6 Milliarden DM zusätzlich, die 2,8 Millionen Familien mit zwei Kindern und weiteren 1,9 Millionen Familien mit drei und mehr Kindern zugute kommen. Meine Fraktion hält gezielte finanzielle Entlastungen für Familien für angezeigt, Entlastungen vor allem dort, wo der Familienetat für eine größere Familie ausreichen muß. Den Sozialdemokraten ging es aber nicht nur darum, die größere Kinderzahl einer Familie finanziell angemessen zu berücksichtigen, sondern wir wollen auch vermeiden, daß finanzielle Zuwendungen an Kinder — sei es in



    Frau Eilers (Bielefeld)

    Form von Kindergeld, sei es in Form von Kinderzuschlägen zum Lohn oder Gehalt — schichtenspezifisch ausgestattet sind.

    (Beifall bei der SPD)

    Für Sozialdemokraten sind Kinder gleichermaßen förderungs- und unterstützungsbedürftig, ob sie nun in einer Arbeiter-, Angestellten- oder Beamtenfamilie aufwachsen. Für Sozialdemokraten war es daher politisch unabweisbar, den Kindergeldbeschluß des Bundesverfassungsgerichts in der Weise umzusetzen, daß für das dritte und jedes weitere Kind einer Familie das Kindergeld spürbar, und zwar ab 1979 monatlich um 45 DM, angehoben wird.
    Nun haben Sie, Frau Geier, hier vom generativen Verhalten in unserer Gesellschaft gesprochen. Liebe Frau Kollegin Geier, generatives Verhalten kann der Staat nicht verordnen, es sei denn, daß es zu Zuständen in einem Staat kommt, wie Sie sie soeben lobend erwähnt haben, die ich aber nicht als beispielgebend für unsere Politik und unsere Maßnahmen hinstellen möchte.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich glaube nicht, daß wir, wenn wir in der Politik diskutieren, der Bevölkerung Gutes tun, wenn wir davon reden, wer sich denn den „Luxus" von drei Kindern leisten könne und werde. Wir machen eine Politik dahin, daß Kinder kein „Luxus" sind, sondern daß sie nach Wunsch in die Familie hineingeboren, und dort aufgezogen werden können. Meiner Meinung nach ist es unangebracht, das eigentümliche Wort „Luxus" in diese Debatte zu bringen, auch wenn es in Anführungsstriche gesetzt wird.

    (Beifall bei der SPD — Frau Geier [CDU/ CSU] : Bei Ihrer bisherigen Politik war es ein Luxus!)

    Als sozialdemokratische Familienpolitikerin, die die familienpolitische Programmatik der Partei seit Jahren mitentwickelt und -gestaltet hat, erfüllt es mich mit einer gewissen Genugtuung, wenn Mitte kommenden Jahres als ein erster Schritt in die richtige Richtung, so möchte ich es einmal bezeichnen, ein Mutterschaftsurlaub eingeführt werden soll. Im Vordergrund jeder sozialdemokratischen Familienpolitik stehen die Schwächsten in unserer Gesellschaft. Das sind, wie wir alle wissen, die Kinder. Mehr noch als materielle Hilfen sind personelle Zuwendungen für sehr kleine Kinder vonnöten. Daher sollen nach Ablauf der Mutterschutzfrist Mütter die Möglichkeit erhalten, sich weitere vier Monate der Betreuung ihrer neugeborenen Kinder zu widmen. Während dieses Zeitraums soll eine junge Mutter einen pauschalen Ausgleich für Verdienstausfall bis zu 750 DM netto monatlich erhalten. Hinzu kommen die entsprechenden Beiträge zur Renten- und Krankenversicherung, und zwar aus Haushaltsmitteln und nicht, wie Sie, Frau Kollegin Geier, soeben gesagt haben, aus Mitteln der Krankenversicherung.

    (Frau Geier [CDU/CSU] : Nein, ich habe gesagt: aus Haushaltsmitteln, über die Krankenkassen ausgezahlt!)

    — Es steht heute noch dahin, wie dieses Gesetz
    ausgestaltet werden wird. Es werden Haushaltsmittel angesetzt. Zusätzlich werden die Renten- und Krankenversicherungsbeiträge aus diesem Topf für die ersten Jahre mitübernommen werden.
    Wenn ich diese 750 DM sehe und Sie sagen, daß Sie nicht wollen, daß hier etwas für Karrierefrauen getan wird, frage ich: Wo liegt die Grenze, für die eine Karrierefrau ihre Karriere aufgeben würde?

    (Frau Geier [CDU/CSU] : So habe ich das nicht gesagt!)

    Wir möchten den Frauen in einfachen Schichten, der Halbtagsarbeitskraft, der Verkäuferin, der jungen Angestellten helfen, daß sie ihre Aufgaben als Mutter tatsächlich erfüllen können. Mithin möchten wir helfen, daß Mütter von neugeborenen Kindern für die Dauer von vier Monaten eine echte Wahlfreiheit zwischen Erziehungsaufgabe und beruflicher Tätigkeit angeboten bekommen. Der Arbeitsplatz bleibt während dieser Zeit erhalten und gesichert.
    Dank der aus Mitteln des Bundes zu leistenden Ausgleichszahlungen können sich die Mütter ohne drückende materielle Sorgen, und ohne um ihren Arbeitsplatz besorgt zu sein, der Pflege und Betreuung ihrer neugeborenen Kinder widmen. Gleichzeitig sind diese vier Monate — ich sagte es soeben schon — voll mit in die Beitragszeiten der Rentenversicherung einbezogen, und somit ist auch ein erster Schritt getan, um Frauen beitragsgerechter in der Rentenversicherung zu behandeln. Gleichzeitig wird hierdurch den jungen Familien ihre Erziehungsfunktion erleichtert und gestärkt. Immer wieder hören wir von der Opposition, und es wird die Mär verbreitet — das klang auch soeben ein klein wenig an —, Sozialdemokraten würden die außerfamiliäre Erziehung forcieren und nicht primär den Wert auf die Erziehung in der Familie legen. Aber gerade das der CDU-Argumentation entgegengesetzte Ziel wird in dieser Gesetzgebung angestrebt. Die Mutter-Kind-Beziehung soll durch diesen Mutterschaftsurlaub gefördert werden. Auch hierfür haben wir die vorhandenen Mittel — es wird jährlich dafür etwa eine Milliarde DM veranschlagt — gezielt eingesetzt.

    (Frau Geier [CDU/CSU] : Was macht das Kind, wenn das halbe Jahr um ist und die Mutter wieder arbeitet?)

    Ein spürbarer Betrag als Lohnersatz für eine junge Familie in Höhe bis zu 750 DM monatlich wird bereitgestellt, damit sich in einem Arbeitsverhältnis stehende Mütter für die Pflege ihrer kleinen Kinder entscheiden können. Dies ist unsere sehr konkrete Antwort auf eine Häufung in diesem Haus propagierter Forderungen der CDU/CSU, ein Erziehungsgeld für alle Mütter einzuführen. Der Betrag, von dem die Opposition seinerzeit ausging, nämlich 300 DM, wäre tatsächlich nur als Taschengeld jener Gruppe von Frauen zugute gekommen, die es sich ohnehin finanziell hätten erlauben können, zu Hause zu bleiben, ganz abgesehen davon, daß die Opposition seinerzeit noch nicht einmal für ihre Konzeption eines Erziehungsgeldes einen zu erwartenden Kostenaufwand geschätzt, geschweige denn einen Finanzierungsvorschlag unterbreitet hatte.

    Frau Eilers (Bielefeld)

    Ich möchte hier nicht Salz in die Wunden reiben; aber Sie sollten sich einmal die Bewertungen von Herrn Strauß zu der von Ihnen seinerzeit vorgesehenen Gesetzgebung ansehen. Ich glaube, er ist dabei mit Ihnen härter ins Gericht gegangen, als vielleicht politische Gegner das tun.

    (Frau Geier [CDU/CSU] : Lassen Sie das einmal unser Problem sein!)

    Inzwischen hat die CDU/CSU-Fraktion in ihrem Pressedienst — Sie waren die Verfasserin, Frau Kollegin Geier — die Forderung nach einem Mutterschaftsgeld für alle Mütter selbst zu einem Schlag- wort degradiert. Mittlerweile werden 150 DM monatlich vorgeschlagen. Dies ist nach meiner Meinung wirklich eine Taschengeldlösung für Hausfrauen, die sich ohnehin für die Kinderbetreuung entscheiden können.

    (Beifall bei der SPD)

    Einer Arbeitnehmerin wird dadurch keinerlei Wahlfreiheit zwischen Erwerbstätigkeit oder Babybetreuung eröffnet.

    (Kunz [Berlin] [CDU/CSU] : Woher nehmen Sie die Zahl, Frau Eilers?)

    — Aus dem Deutschland-Union-Dienst. Wer dann aber bei der Einführung eines viermonatigen Mutterschaftsurlaubs, wie er im Beschluß der Bundesregierung verankert ist, argumentiert, hier würden erwerbstätige Frauen bevorzugt, der gibt nur zu erkennen, wie wenig ernst frühere Behauptungen von der Doppel- oder Dreifachbelastung der Mütter gemeint sind.
    Es geht bei der Einführung des Mutterschaftsurlaubs nicht etwa um die Frage, ob Erwerbstätigkeit oder Haushaltsführung gleichwertig seien, wie die CDU/CSU unzulässig vereinfacht, sondern darum, welches Kleinkind in den ersten Lebensmonaten die Pflege durch die Mutter entbehren müßte.
    Der Arbeitgeber wird diesem zeitlich befristeten Urlaub nach meiner Meinung — dafür spricht auch das Echo, das wir bis jetzt haben — um so eher zustimmen, als sein Personalkostenetat dadurch nicht zusätzlich belastet wird. Meine Fraktion geht davon aus, daß bei den jährlich 300 000 Geburten, die Leistungen nach dem Mutterschutzgesetz auslösen würden, ein hoher Prozentsatz von Müttern den neu eingeführten Babyurlaub in Anspruch nehmen wird.
    Familien mit Kindern haben es in unserer Gesellschaft nicht immer leicht. Oft stoßen sie auf Unverständnis. Hier können Politiker und gesellschaftliche Gruppierungen nur appellieren, um ein Klima zu gestalten, in dem Familien sich entwickeln können. Die Erziehungsaufgabe, die Verantwortung für jedes einzelne Kind kann und will diese Bundesregierung und die sozialliberale Koalition den Eltern nicht abnehmen. Unsere Aufgabe ist es vielmehr, durch gezielte Maßnahmen zu helfen. Dies geschieht z. B. durch Verbesserung des Wohngeldes, durch Änderungen in Richtung auf ein sozial gestaltetes Mietrecht, durch Unfallversicherung — Schutz für Kinder in Kindergärten und Schulen —, durch Freistellung zur Pflege erkrankter Kinder, durch Einbeziehung des 10. Schuljahres in berufsbildenden Schulen
    in die BAföG-Regelung und jetzt durch eine weiter verbesserte Kindergeldgesetzgebung und durch den Babyurlaub. Ein so gesichertes Umfeld und eine spürbare materielle Hilfe garantieren, daß Eltern Freude an ihren Kindern haben können, daß Familien sich von unserem Staat angenommen fühlen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)