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ID0810302800

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    Plenarprotokoll 8/103 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 103. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 20. September 1978 Inhalt: Gedenkworte für die Opfer des Erdbebens im Kaiserreich Iran . . . 8109 A Anteilnahme am Tode, des Oberhauptes der katholischen Kirche Papst Paul VI . . . . 8109 B Glückwünsche für den neuen Papst Johannes Paul I 8109 B Nachruf auf den Abg. Dr. Staudt . . . 8109 B Eintritt des Abg. Nehm in den Deutschen Bundestag 8109 D Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Mattick, Wehner, Frau Funcke, Müller (Berlin), Dr. von Bismarck, Saxowski Glückwünsche zur Geburt eines Kindes der Abg. Frau Krone-Appuhn 8109 D Ausscheiden des Abg. Dr. Gruhl aus der Fraktion der CDU/CSU 8110 A Dank und Anerkennung für die Ausrichtung der 65. Interparlamentarischen Konferenz in Bonn vom 3. bis 14. September 1978 . . . 8110 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . . 8170 A Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 8110B Abwicklung der Tagesordnung 8111 Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 8111 ] Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1979 (Haushaltsgesetz 1979) — Drucksache 8/2150 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1978 bis 1982 — Drucksache 8/2151 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes, des Gewerbesteuergesetzes, des Umsatzsteuergesetzes und anderer Gesetze (Steueränderungsgesetz 1979) — Drucksache 8/2100 — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. September 1978 Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung für Schwerbehinderte (Fünftes Rentenversicherungs-Änderungsgesetz) — Drucksache 8/2101 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes — Drucksache 8/2102 — Matthöfer, Bundesminister BMF . . . . 8114 A Dr. Häfele CDU/CSU 8124 C Westphal SPD 8130 D Frau Funcke FDP 8137 A Späth, Ministerpräsident des Landes Baden- Württemberg 8141 B Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär BMF . . 8146 D Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 8150 D Burger CDU/CSU 8156 B Glombig SPD 8158 B Cronenberg FDP 8161 D Frau Geier CDU/CSU 8163 B Frau Eilers (Bielefeld) SPD 8166 A Eimer (Fürth) FDP 8168 C Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages — Drucksache 8/2112 — . . . . . . 8170 A Nächste Sitzung 8170 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 8171* A Anlage 2 Entschließung des Bundesrates zum Gesetz zur Änderung des Wohnungsmodernisierungsgesetzes 8171* C Anlage 3 Stellungnahme des Bundesrates zum Einundzwanzigsten Gesetz über die Anpassung der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie über die Anpassung der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung und der Altersgelder in der Altershilfe für Landwirte 8171* D Anlage 4 Stellungnahme des Bundesrates zum Zehnten Gesetz über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes . . . 8172* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. September 1978 8109 103. Sitzung Bonn, den 20. September 1978 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 20. 9. Adams ' 22. 9. Dr. van Aerssen * 22. 9. Dr. Ahrens ** 22. 9. Dr. Aigner * 22. 9. Dr. Bangemann * 21. 9. Dr. Barzel 22. 9. Dr. Bayerl * 22. 9. Dr. Dregger 6. 10. Erhard (Bad Schwalbach) 21. 9. Dr. Eyrich 22. 9. Fellermaier * 22. 9. Dr. Früh * 20. 9. Hansen 29. 9. Hartmann 20. 9. von Hassel 20. 9. Hoffmann (Saarbrücken) ' 22. 9. Ibrügger * 6. 10. Dr. h. c. Kiesinger 22. 9. Kleinert 21. 9. Dr. Klepsch * 21. 9. Klinker * 21. 9. Dr.-Ing. Laermann 22. 9. Lange * 21. 9. Dr. Langner 20. 9. Lemmrich ** 20. 9. Lemp * 22. 9. Dr. Lenz (Bergstraße) 22. 9. Liedtke 20. 9. Lücker * 20. 9. Luster * 22. 9. Möhring 29. 9. Müller (Mülheim)* 21. 9. Müller (Wadern) * 21. 9. Nordlohne 29. 9. Peter 22. 9. Rosenthal 20. 9. Russe 22. 9. Sauer (Salzgitter) 29. 9. Saxowski 29. 9. Schmidthuber 22. 9. Schmidt (München) * 22. 9. Schmidt (Wattenscheid) 22. 9. Schreiber * 22. 9. Schulte (Unna) 22. 9. Dr. Schwencke (Nienburg) * 22. 9. Sieglerschmidt ** 22. 9. Dr. Starke (Franken) * 22. 9. Stücklen 22. 9. Vogel (Ennepetal) 20. 9. Voigt (Frankfurt) 20. 9. Frau Dr. Walz * 22. 9. Wawrzik * 22. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Wissmann 22. 9. Würtz * 22. 9. Ziegler 6. 10. Zink 22. 9. Anlage 2 Entschließung des Bundesrates zum Gesetz zur Änderung des Wohnungsmodernisierungsgesetzes Zu Art. 1 Nr. 6 und 15 Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, angesichts des vorgesehenen Kumulierungsverbots zwischen Zuschüssen nach diesem Gesetz und der Investitionszulage oder der Förderung mit sonstigen Mitteln (vgl. Art. 1 Nr. 6 und 15) baldmöglichst Vorschläge zu unterbreiten, auf welche Weise die bisher bestehenden Präferenzvorsprünge des Zonenrandgebietes (Zuschüsse nach der Gemeinschaftsaufgabe) und Berlins mit dem Ziel erhalten bleiben, daß Umfang und Effektivität der Förderung der Wohnungsmodernisierung nicht eingeschränkt werden. Anlage 3 Stellungnahme des Bundesrates zum Einundzwanzigsten Gesetz über die Anpassung der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung so- wie über die Anpassung der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung und der Altersgelder in der Altershilfe für Landwirte (Einundzwanzigstes Rentenanpassungsgesetz - 21. RAG) Der Bundesrat bedauert, daß es auch im Vermittlungsverfahren nicht möglich war, seine Vorschläge zur Beibehaltung des Prinzips der bruttolohnbezogenen dynamischen Rente durchzusetzen. Mit dem Beharren auf den systemfremden Maßnahmen im 21. Rentenanpassungsgesetz wird auf feste Grundlagen für die Berechnung und Steigerung der Renten verzichtet und damit das Kernstück der Rentenreform von 1957 aufgegeben. Der Bundesrat bekräftigt erneut seine Auffassung, daß eine Sanierung der Rentenfinanzen durch systemkonforme Maßnahmen möglich ist. Auch zum 10. Anpassungsgesetz - KOV - ist der Vermittlungsausschuß den Vorschlägen des Bundesrates nicht gefolgt. Der Bundesrat bedauert, daß von der bruttolohnbezogenen Anpassung der Kriegsopferrenten abgegangen worden ist. Auch vom Bundesrat vorgeschlagene weitere strukturelle Verbesserungen sind nicht berücksichtigt worden. 8172* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. September 1978 Der Bundesrat hält seine grundsätzlichen Bedenken gegen beide Gesetze aufrecht. Nachdem der Bundestag bereits in namentlicher Abstimmung mit Mehrheit Änderungen bei beiden Gesetzen abgelehnt hat, ist es dem Bundesrat angesichts der zur Zeit bestehenden Mehrheitsverhältnisse im Bundestag nicht möglich, seine Auffassung im weiteren Gesetzgebungsverfahren durchzusetzen. Er sieht deshalb von einem Einspruch ab. Anlage 4 Stellungnahme des Bundesrates zum Zehnten Gesetz über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Zehntes Anpassungsgesetz — KOV — 10. Anp-KOV) Der Bundesrat bedauert, daß es auch im Vermittlungsverfahren nicht möglich war, seine Vorschläge zur Beibehaltung des Prinzips der bruttolohnbezogenen dynamischen Rente durchzusetzen. Mit dem Beharren auf den systemfremden Maßnahmen im 21. Rentenanpassungsgesetz wird auf feste Grundlagen für die Berechnung und Steigerung der Renten verzichtet und damit das Kernstück der Rentenreform von 1957 aufgegeben. Der Bundesrat bekräftigt erneut seine Auffassung, daß eine Sanierung der Rentenfinanzen durch systemkonforme Maßnahmen möglich ist. Auch zum 10. Anpassungsgesetz — KOV — ist der Vermittlungsausschuß den Vorschlägen des Bundesrates nicht gefolgt. Der Bundesrat bedauert, daß von der bruttolohnbezogenen Anpassung der Kriegsopferrenten abgegangen worden ist. Auch vom Bundesrat vorgeschlagene weitere strukturelle Verbesserungen sind nicht berücksichtigt worden. Der Bundesrat hält seine grundsätzlichen Bedenken gegen beide Gesetze aufrecht. Nachdem der Bundestag bereits in namentlicher Abstimmung mit Mehrheit Änderungen bei beiden Gesetzen abgelehnt hat, ist es dem Bundesrat angesichts der zur Zeit bestehenden Mehrheitsverhältnisse im Bundestag nicht möglich, seine Auffassung im weiteren Gesetzgebungsverfahren durchzusetzen. Er sieht deshalb von einem Einspruch ab.
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    Rede von Dr. Rolf Böhme


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist mir eine Ehre, als Finanzstaatssekretär des Bundes heute auf den baden-württembergischen Ministerpräsidenten erwidern zu dürfen, dem ich hier zu seinem Einstand im Bundestag herzlich gratuliere.

    (Beifall)

    Und es ist mir eine besondere Freude, daß ich dies — erlauben Sie mir diese Bemerkung — als Badener gegenüber meinem schwäbischen Landsmann tun darf.

    (Heiterkeit)

    Dazu kann ich vielleicht zwei Vorbemerkungen machen.
    Das erste, was den Bundesfinanzminister betrifft, zur Kenntnis der Psyche des Schwaben für die Umsatzsteuerneuverteilung: daß vor einer Einladung des Hauslehrers die Mutter zu den Kindern gesagt hat: „Ihr Kinder, esset die Ripple weg, daß der Hauslehrer nachher ans Kraut dran kann."

    (Heiterkeit)

    Als Badener habe ich großes Verständnis dafür und weiß, daß es den Schwaben sehr wehtut, Geld herzugeben, daß sie aber, wenn es dann tatsächlich geschehen ist, nicht mehr daran denken. Auch da gibt es eine Geschichte: Als nämlich die schwäbische
    Bäuerin eingeladen hat und die Gäste sich genierten, ordentlich zuzugreifen, hat sie gesagt — auf
    Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. September 1.978 8147
    Parl. Staatssekretär Dr. Böhme
    Schwäbisch —: „Langet nur zu; was auf dem Tisch steht, isch scho verschmerzt."

    (Anhaltende Heiterkeit)

    Meine Damen und Herren, nach diesem kurzen Ausflug in die baden-württembergischen Gefilde nun zu unserem harten Geschäft der Finanzpolitik. Sie haben soeben eine bemerkenswerte Ausführung schwäbischer

    (Zuruf von der SPD: Schlitzohrigkeit!)

    Finanzpolitikkunst — so muß ich sagen — erlebt. Ich möchte das, was hier gesagt worden ist, einmal zu unserer Situation und zu dem in Beziehung setzen, was an Vorschlägen vom Bundesrat hier auf den Tisch kommt. Herr Ministerpräsident, wenn Sie hier allerhand kluge finanzpolitische Erörterungen anstellen, müssen Sie sich auch fragen lassen, was eigentlich die Essenz dessen ist, was Sie hier vorschlagen. Es genügt nicht, mit irgendwelchen Zahlenspielen und netten Formulierungen das Parlament des Bundestages zu beeindrucken.
    Ich möchte Ihnen einmal sagen, was Ihre Alternative ist, was, gemessen an dem Konzept der Bundesregierung, abgestimmt und vereinbart nach dem Weltwirtschaftsgipfel in Bonn,

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    diese Stimme aus Baden-Württemberg und — entschuldigen Sie — wohl auch Provinz hier zu melden hat. Gegenüber dem, was auf dem Gipfel und später im Kabinett diskutiert worden ist, sind hier im wesentlichen drei Vorschläge gemacht worden. Es ist notwendig, sie gleich am Anfang einmal zu nennen.
    Der erste Vorschlag, Herr Ministerpräsident, ist, daß Sie sich unter dem Stichwort der Reform des Kinderlastenausgleichs — man muß die Formulierung einmal hören: „Reform des Kinderlastenausgleichs"! — hier an dieses Pult begeben und sagen: Die Kinderfreibeträge müssen wieder eingeführt werden.

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    Was dies ist, wurde vorhin schon von meinem Kollegen Heinz Westphal gesagt: Dies ist nichts anderes als eine im wahrsten Sinne des Wortes reaktionäre Politik.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU)

    Was 1975 — das ist erst einige Jahre her —

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Vorher sprach der Badener, jetzt spricht der Genosse!)

    mit Zustimmung aller Parteien, der Kirchen, aller Wohlfahrtsverbände und Familienvereinigungen abgeschafft wurde, soll wiederkommen. Nichts zeigt eindringlicher als dieses Beispiel, in welche Richtung die Steuerpolitik der Union geht, einer Union, die nichts vergessen und nichts dazugelernt hat.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Ach du lieber Gott!)

    Künftig soll es also nach christdemokratischem Wil-
    len wieder so sein, daß der Familienlastenausgleich
    vom Einkommen der Eltern abhängt und die Entlastung mit steigendem Einkommen progressiv ansteigt nach dem Motto: „Wer hat, dem wird gegeben".

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Als zweites schlagen Sie im Grunde die Abschaffung der Gewerbesteuer vor. Ich werde darauf nachher noch näher eingehen, möchte aber jetzt schon sagen: Ich betrachte Ihre Vorschläge im Grunde als •einen Schlag gegen die Selbstverwaltung der Gemeinden, weil die Finanzautonomie der Gemeinden mit Ihren Vorschlägen beseitigt wird.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Zum dritten — das möchte ich auch vorwegnehmen — soll dieses „Konzept", nämlich die Wiedereinführung der Kinderfreibeträge und die Abschaffung der Gewerbesteuer, mit einer Anhebung der Mehrwertsteuer finanziert werden. Herr Ministerpräsident Späth, für die Tarifreform und zur Finanzierung sozial- und familienpolitischer Maßnahmen kann nach Ihrer Meinung die Mehrwertsteuererhöhung nicht eingesetzt werden, für eine massive steuerpolitische Umschichtung bei den Kinderfreibeträgen zugunsten der Großverdiener und zugunsten der Unternehmer durch die Abschaffung der Gewerbesteuer soll jedoch die Mehrwertsteuererhöhung herhalten. Eine solche Politik ist unsozial und ein Unrecht gegenüber den Arbeitnehmern und Rentnern in unserem Land.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Stark [Nürtingen] : Jetzt spricht der Genosse und nicht mehr der Badener! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Das ist nicht mehr so gut wie am Anfang!)

    Sie haben vorhin gesagt, daß Sie bei dieser Finanzpolitik, bei diesem Paket, das in Wahrheit ein Steuer-, Sozial- und Innovationspaket darstellt, ein Konzept vermissen. Ich möchte Ihnen ein paar Punkte in die Erinnerung zurückrufen, wie wichtig dieses Paket gerade auch für ein Bundesland wie Baden-Württemberg ist, welches wie kein anderes Bundesland vom Export abhängig ist. Zum Konzept: Da ist zum ersten die Ausführung der Beschlüsse des Weltwirtschaftsgipfels zur Abwehr der weltweiten Störung des wirtschaftlichen Gleichgewichts. Dies ist wichtig für jedes Bundesland, besonders für Baden-Württemberg. Sie werden doch nicht die Berechtigung der Bundesregierung bestreiten, hier schnell und entschlossen zu handeln. Die Bundesrepublik setzt als erster Staat die Beschlüsse des Weltwirtschaftsgipfels vom 16. und 17. Juli 1978 in konkrete Maßnahmen um. Das Entlastungsvolumen beträgt über 12 Milliarden DM, d. h. wie beim Weltwirtschaftsgipfel vereinbart, etwa 1 % des Bruttosozialprodukts.
    Zweitens enthält das Konzept mehr Steuergerechtigkeit durch Verbesserung des Steuersystems und mehr soziale Sicherheit durch Erweiterung des Mutterschutzes bei voller Arbeitsplatzgarantie, Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze und Erhöhung des Kindergeldes. In einer wirtschaftlich schwierigen Zeit erfolgt somit nicht ein Abbau, sondern ein



    Parl. Staatssekretär Dr. Böhme
    weiterer Ausbau unseres Sozialstaates. Alle diese Maßnahmen haben auch arbeitsmarktpolitische Auswirkungen. Dies gilt besonders für die schrittweise Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze:
    Drittens. Die steuerlichen Maßnahmen führen zu einer Senkung der Steuerquote. Damit wird dem Pauschalurteil von der Überbesteuerung wirksam entgegengetreten, denn mit den Steuerentlastungen zum 1. Januar 1979 sinkt die Steuerquote im Jahre 1979 voraussichtlich auf 24 °/o. Wird das Kindergeld mit rund 1 % eingerechnet, so wird die Steuerquote 1979 auf dem Niveau der 50er und 60er Jahre liegen. Damit nimmt die Bundesrepublik bei der Steuerquote auch international einen Mittelplatz ein. Es besteht überhaupt kein Grund, die Steuerdebatte unter dem polemischen Stichwort „Überbesteuerung" heißlaufen zu lassen.
    Ich habe hier die letzte Übersicht eines internationalen Vergleichs der Steuer- und Abgabenquote im Jahre 1976. Damals betrugen in der Bundesrepublik ,Deutschland Steuern und Abgaben 23,8 °/o, in Belgien 26,2 °/o, in Frankreich 24,3 °/o, in Großbritannien 29,0 °/o, in Osterreich etwa wie in der Bundesrepublik 23,6 %. Dies zeigt, was die Steuerquote angeht, daß die Bundesrepublik mit entsprechenden vergleichbaren Staaten gleichauf liegt, eine mittlere Position einnimmt, ja, sogar eine Position am unteren Ende.
    Viertens. Durch die steuerlichen Maßnahmen wird zugleich die Struktur des Steuersystems verbessert. Trotz der konstant gebliebenen Steuerquote hat sich nämlich die Struktur unseres Steuersystems deutlich verändert. Das Verhältnis der direkten zu den indirekten Steuern hat sich von einer PariSituation Anfang der 50er Jahre auf ein Verhältnis von 60 % direkten zu 40 % indirekten Steuern im Jahre 1978 verändert. Dieser Anstieg der direkten Steuern ist besonders auf die Entwicklung des Lohn-und Einkommensteueraufkommens zurückzuführen. Durch die Anhebung der Mehrwertsteuer bei gleichzeitiger Senkung der Lohn- und Einkommensteuer wird diese Entwicklung gebremst und das Verhältnis für die nächste Zukunft konstant gehalten. Gleichzeitig wird durch die Anhebung der Mehrwertsteuer das gesamte Steuer-, Sozial- und Innovationspaket im Haushalt finanziert.
    Es ist nicht richtig, wenn die Umsatzsteuererhöhung mit einer Einzelmaßnahme verrechnet wird. Die Umsatzsteuererhöhung ist zur Finanzierung des ganzen Paketes notwendig, begrenzt dadurch das Haushaltsdefizit und trägt damit zur Entlastung des. Kapitalmarkts bei. Wer keine zusätzlichen Schulden machen will oder kann und gleichwohl Steuerentlastungen reklamiert, muß sagen, woher er das Geld nehmen will. Nur das ist eine verantwortliche Finanzpolitik, die wir der Öffentlichkeit und dem Bürger schuldig sind.

    (Beifall bei der SPD)

    Gegenüber diesem Konzept der Bundesregierung kann die CDU/CSU hier im Bundestag keine glaubwürdige Alternative auf den Tisch legen. Wie schon so oft in den letzten Jahren bietet die Opposition im Bundestag ein diffuses Bild. Sie fordert für jeden
    etwas und betreibt damit ein Verwirrspiel in der Öffentlichkeit.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Was soll man denn anderes zu einer Opposition sagen, die trotz wochenlanger Debatte über die Steuern in der Öffentlichkeit bis heute nicht weiß, was sie will und wo es längs geht?

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Das müssen Sie sagen! — Zuruf von der CDU/CSU: Bei der Lohnsummensteuer!)

    Die „klassische" Steuerentlastungspartei, die Helmut Kohl gestern in Berlin gesinnungstüchtig proklamiert hat, ist wieder einmal in Verzug. Ich kann nur sagen: eine schöne Klassik!
    Aber diese Situation ist nicht neu; denn die „klassische" Steuerentlastungspartei hat sich in Wahrheit in der Vergangenheit um konkrete Steuerentlastungen für den Bürger gar nicht bemüht, sondern machte die Steuerpolitik zum Vehikel der Machtauseinandersetzung in unserem Staat. Frau Funcke hat weit in die Vergangenheit hinein ausgeholt. Ich möchte bei der jüngeren Vergangenheit bleiben und daran erinnern, daß die CDU/CSU in diesem Hohen Hause den gezielten Steuerentlastungsmaßnahmen, die letztes Jahr, also 1977, im Bundestag beschlossen worden sind, ihre Zustimmung versagt hat. Die CDU/CSU-Opposition hat 1977 in diesem Hause in dritter Lesung u. a. der Vervierfachung des Weihnachtsfreibetrages, der Erhöhung der Sonderausgabenhöchstbeträge, der Erhöhung des Grundfreibetrages,

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Hört! Hört!)

    der Verbesserung der degressiven AfA für die
    Wirtschaft, der Erleichterung bei der Gewerbesteuer
    und bei der Lohnsummensteuer nicht zugestimmt

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Hört! Hört!)

    und eine Kraftprobe im Vermittlungsausschuß gesucht. Immer, meine Damen und Herren, wenn es um mögliche Steuernachlässe für den Bürger, ging, hat sich die Opposition in diesem Parlament versagt. Ihre Worte entsprechen nicht den Taten. Wenn es zur Sache kam, blieben Sie immer bei Ihrem sterilen Nein.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Nun haben die unionsregierten Länder — Herr Ministerpräsident Späth hat dies hier deutlich gemacht — ausgeführt, daß sie ein eigenes Steuerpaket vorlegen wollen. So heißt es und ist hier ausgeführt worden, daß es um eine Steuerreform gehe, die auch Sache der Länder sei. Dies wird natürlich nicht bestritten. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang jedoch, daß eine einheitliche Haltung der CDU/CSU-Opposition im Bundestag bis heute nicht besteht und daß auch Kernforderungen des Bundesrates, Herr Ministerpräsident, in Ihren eigenen Reihen umstritten sind. So hat sich z. B. der CDU-Oberbürgermeister Rommel von Stuttgart vehement gegen die von Ihnen geforderte Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer gewandt.

    (Zurufe von der CDU/CSU)




    Parl. Staatssekretär Dr. Böhme
    — Das sind die Tatsachen. Ebenso hat sich Herr Kollege Vogt von den Sozialausschüssen der CDU laut gegen die Wiedereinführung von Kinderfreibeträgen gewandt. Man kann gespannt sein — ich sage dies gar nicht ironisch —, ob Herr Vogt demnächst ebenso wie sein Kollege Blüm öffentlich Selbstkritik üben muß und damit wieder einmal beweist, was die Sozialausschüsse bei der CDU/CSU wert sind.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Sehr gut! — Zurufe von der CDU/CSU)

    Läßt man jedoch diese uneinheitlichen Positionen der CDU/CSU außer acht und betrachtet isoliert die Vorschläge der unionsregierten Länder im Bundesrat, so wird das Bild nicht besser; denn diese Vorschläge sind deprimierend.
    Zusammengefaßt muß man urteilen, daß diese Vorschläge verteilungspolitisch ungerecht, sozialpolitisch ein Rückschritt und im Hinblick auf die beabsichtigte Abschaffung der Gewerbesteuer ein Schlag gegen die Selbstverwaltung der Gemeinden sind.

    (Beifall bei der SPD)

    Diese Steuerpolitik des Bundesrats ist wahrhaft eine Konzentration nach rückwärts.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD]: Sehr gut!)

    Im einzelnen sehen die Vorschläge — Herr Ministerpräsident Späth hat dies vorgetragen — wie folgt aus: Wiedereinführung der Kinderfreibeträge mit einem Ausfall von sage und schreibe 4,5 Milliarden DM, Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer mit einem Steuerausfall von rund 2 Milliarden DM netto, Verzicht auf die Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen beim Gewerbeertrag mit einem Steuerausfall von rund 1,8 Milliarden DM.
    Vorhin habe ich bereits einige Worte zur Wiedereinführung der Kinderfreibeträge gesagt. Die besondere Ungerechtigkeit der Wiedereinführung der Kinderfreibeträge wird deutlich, wenn für Steuerpflichtige in der Proportionalzone eine gleiche Entlastung, wie sie jetzt durch Kindergeld gegeben ist, durch Kinderfreibeträge ausgerechnet wird. Wir haben dies — hypothetisch — unternommen. Für einen Steuerpflichtigen . in der Proportionalzone müßten die Kinderfreibeträge pro Jahr folgende Höhe haben, wenn sie das von der Bundesregierung vorgesehene und angebotene Kindergeld erreichen sollen: für das erste Kind 2 727 DM, für das zweite Kind 5 494 DM, für das dritte und jedes weitere Kind 10 636 DM. Bei drei Kindern, meine Damen und Herren, müßte somit jährlich ein Kinderfreibetrag von insgesamt knapp 19 000 DM eingeräumt werden, um zu der monatlichen Entlastung, die heute dem normalen Arbeitnehmer gewährt ist, von 345 DM zu gelangen. Kinderfreibeträge in dieser Höhe brächten jedoch für den Großverdiener eine überhaupt nicht zu vertretende Entlastung.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    — Da gibt es gar keinen Zwischenruf! Das sind die Zahlen, das sind die Fakten.

    (Beifall bei der SPD — Lachen bei der CDU/ CSU)

    Diese Zahlen zeigen, daß die Wiedereinführung von Kinderfreibeträgen ein Weg in die falsche Richtung ist. Hierzu gibt es nur ein glattes Nein.

    (Erneuter Beifall bei der SPD)

    Diese klare Aussage gilt auch gegenüber der weiteren Forderung der unionsregierten Länder des Bundesrates nach einer zusätzlichen — ich betone: zusätzlichen — Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer bei gleichzeitiger Einschränkung der Zurechnung von Dauerschuldzinsen bei der Gewerbeertragsteuer.
    Ich bin sehr dafür — Frau Kollegin Funcke hat das bereits angesprochen —, daß über das System der Gemeindefinanzen einmal grundsätzlich nachgedacht wird. Bei der Beurteilung, wie der Ausgleich für die beabsichtigte Abschaffung der Lohnsummensteuer geschaffen werden soll, haben wir die beste Gelegenheit dazu. Doch darum geht es im Moment nicht. Vielmehr geht es darum, daß durch eine isolierte Entscheidung, wie sie hier gefordert wird, der Realsteuercharakter der Gewerbe-
    , steuer praktisch beseitigt würde. Übrig bliebe eine zweite Steuer auf den gewerblichen Gewinn, die neben der Einkommen- und Körperschaftsteuer schwer zu rechtfertigen wäre. Da die Gewerbesteuer die wichtigste selbständige Einnahmequelle der Gemeinden darstellt, wäre damit die Finanzautonomie der Gemeinden weitgehend beseitigt.
    Außerdem — das muß man hinzufügen — würde bei einem Wegfall der Gewerbekapitalsteuer die Konjunkturabhängigkeit des Gewerbesteueraufkommens erheblich zunehmen. Die Gemeinden sind aber auf eine möglichst konjunkturunempfindliche Steuerquelle angewiesen, .um ihren Aufgaben, vor allem auf dem Gebiet der öffentlichen Investitionen, gerecht zu werden. Die Gemeinden sind der größte öffentliche Investor. In seiner Gemeinde erlebt der Bürger den Staat und nimmt täglich an der demokratischen Auseinandersetzung über die Gestaltung seiner Umwelt teil. Eine Abschaffung der Gewerbesteuer insgesamt, die Beseitigung des eigenen Einnahmerechts und damit das Ende der Finanzautonomie wären somit ein Schlag gegen die Selbstverwaltung an sich und nach der deutschen Tradition freier Selbstverwaltung der Gemeinden auch in ihrem Kern undemokratisch.
    Nun versucht die Union im Bundesrat, die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer als eine Maßnahme zur steuerlichen Entlastung der Kleinbetriebe und des Mittelstandes darzustellen. Wie sehen aber die tatsächlichen Verhältnisse aus? Das Aufkommen aus der Gewerbekapitalsteuer beträgt im Rechnungsjahr 1978 rund 4 Milliarden DM. Belastet sind dadurch rund 500 000 Betriebe, das sind ein Drittel aller Unternehmungen in der Bundesrepublik. Rund 3,7 Milliarden DM davon werden von nur 120 000 Betrieben erbracht, d. h. — diese Zahl ist entscheidend —, rund 8 °/o der Betriebe erbringen rund 93 % des gesamten Aufkommens an der Gewerbekapitalsteuer.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Diese Zahlen belegen, daß die Gewerbekapitalsteuer nicht vom Mittelstand, sondern zur Haupt-



    Parl. Staatssekretär Dr. Böhme
    sache von den großen Betrieben erbracht wird. Diese Tatsache kann auch nicht überraschen, da die Kapitalintensität mit der Größe eines Unternehmens bekanntlich zunimmt. Mit diesen Zahlen wird aber auch deutlich, daß die Gewerbekapitalsteuer gerade von den Wirtschaftsbetrieben gezahlt wird, die die gemeindliche Infrastruktur am stärksten belasten und für die wegen ihrer Betriebsgröße von den Kommunen häufig gezielte Sondermaßnahmen getroffen werden müssen.

    (Dr. Czaja [CDU/CSU] : Das stimmt doch nicht!)

    und zwar unabhängig davon, ob ein Großbetrieb in einem Jahr einen hohen, einen niedrigen oder auch einmal gar keinen Gewinn erwirtschaftet.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Oder Verluste, Herr Kollege!)

    Das ist das Prinzip der Äquivalenz.
    Der letzte und ein wesentlicher Punkt der Anträge der unionsregierten Länder aus dem Bundesrat betrifft den Finanzausgleich. Hier sollen die Anteile aus der Umsatzsteuer, die 1978 32,5 % für die Länder betragen, wie folgt zu Lasten des Bundes erhöht werden: im Jahre 1979 um 2 v. H., im Jahre 1980 um 4 v. H. und in den Jahren 1981 und 1982 jeweils um 5 v. H. Diese Forderung muß vom Bund zurückgewiesen werden. Für die Neuregelung der Umsatzsteuerverteilung können nicht die Auswirkungen und Belastungsverschiebungen eines einzelnen Gesetzes maßgeblich sein, sondern hier gelten die Grundsätze der Verfassung in Art. 106 des Grundgesetzes, wonach von der Gesamtentwicklung aller laufenden Einnahmen und aller Ausgaben der Gebietskörperschaften auszugehen ist.
    Diese Aussage ist kein Widerspruch gegen den vom Bund befürworteten Ausgleich für die betroffenen Gemeinden durch die beabsichtigte Abschaffung der Lohnsummensteuer. Hierzu hat die Bundesregierung ausgeführt, daß vor der Abschaffung der Lohnsummensteuer in Beratung mit den Bundesländern und mit den kommunalen Spitzenverbänden vorher übereinstimmende Lösungen für die finanzwirtschaftlichen Probleme gesucht werden, die sich für die betroffenen Gebietskörperschaften ergeben. Die Bundesregierung geht hier davon aus, die Abschaffung der Lohnsummensteuer nur so vorzunehmen, daß die gesamte Neuregelung mit der Ausgleichsregelung am 1. Januar 1980 in Kraft treten kann.
    Hierauf richtet sich auch nicht der Antrag des Bundesrates, sondern dieser Antrag und auch die zusätzlichen Punkte gehen weit darüber hinaus und machen deutlich, daß es den unionsregierten Ländern und natürlich der CDU/CSU-Opposition im Bundestag im Grunde darum geht, den Bund finanziell handlungsunfähig zu machen. Die sozialliberale Koalition in Bonn soll finanziell so an die Wand gedrückt werden, daß ihr kein Spielraum mehr bleibt. Dies ist der politische Kern der Anträge aus dem Bundesrat, die einerseits zusätzlich Steuerverzicht fordern, andererseits dem Bund Steuermehreinnahmen nicht nur verweigern, sondern über die Umsatzsteuerverteilung Finanzmasse wegnehmen. Damit soll erreicht werden, daß der Bund zu Ausgabenkürzungen gezwungen wird, weil die Kreditfinanzierung natürlich — das wurde hier mehrfach er; wähnt — nicht überzogen werden darf. Ausgabenkürzungen bedeuten jedoch, daß die im Haushalt ausgewiesenen Leistungen und öffentlichen Investitionen gemindert werden müssen, z. B. die Ausgaben für Forschung und 'Entwicklung, die Hilfen bei der Gründung kleiner und mittlerer Unternehmen und der weite Bereich der Sozialleistungen; denn das Aufkommen an Steuern und Sozialabgaben bleibt nicht beim Staat.
    Von 100 DM werden z. B. etwa 46 DM als sogenannte Transferleistungen an die Bürger weitergeleitet. Aus diesen Beträgen werden z. B. Renten gezahlt. Aus Steuermitteln werden Forschungsvorhaben finanziert oder wird Kindergeld gewährt. Zirka 50 DM von jedem Hundertmarkschein nimmt der Staat für sich in Anspruch, um Straßen, Schulen oder Krankenhäuser zu finanzieren, Verteidigungsmaterial zu beschaffen oder Arzneimittelrechnungen der Versicherten oder seiner Bediensteten zu bezahlen. Dies bedeutet aber, daß der Staat auch finanziell handlungsfähig bleiben muß, um seine Aufgaben zu erfüllen, insbesondere die sozialen Sicherungen zu finanzieren. Wer eine Diktatur der leeren Kassen fordert, wie dies immer von finanzpolitischen Sprechern der CDU/CSU verlangt wird, führt in Wahrheit einen Schlag gegen unseren Sozialstaat.

    (Beifall bei der SPD)

    Diese im Grunde poujadistische Haltung wird von Ihnen als mehr Freiheit für den einzelnen verbrämt, ist aber in Wahrheit eine Strangulation des Sozialstaates und eine Aushöhlung der finanziellen Handlungsfähigkeit unseres Gemeinwesens, die zur Sicherung der Vollbeschäftigung und des Arbeitsfriedens in unserem Lande erhalten bleiben muß.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Herr Bundesminister Dr. Ehrenberg.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Herbert Ehrenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der notwendigen Klarstellung einer Reihe von Punkten aus der Intervention des Herrn Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg durch meinen Kollegen Böhme scheint es mir an der Zeit zu sein, darauf aufmerksam zu machen, daß die vorliegenden Gesetzentwürfe und der Bundeshaushaltsentwurf 1979 sehr viel mehr als nur steuerpolitische Beschlüsse enthalten.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Was dem Hohen Haus hier vorliegt, ist das Ergebnis einer nahtlos ineinandergefügten Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik.

    (Beifall bei der SPD)

    Diese nahtlos ineinandergefügte Finanz-, Wirtschafts-und Sozialpolitik ist weithin von den Ergebnissen des Weltwirtschaftsgipfels in Bonn geprägt. Dieser Weltwirtschaftsgipfel hat in der ganzen Welt Anerkennung, ja, sogar Bewunderung — das ist nicht zuviel gesagt; wenn man ausländische Zeitungen



    Bundesminister Dr. Ehrenberg
    liest, findet man das bestätigt — ausgelöst, und zwar wegen der Art und Weise, in der es in der Bundesrepublik gelungen ist, mit den schwierigen Folgen der weltwirtschaftlichen Veränderungen fertig zu werden und gleichzeitig bei uns den Geldwert zu stabilisieren, die Arbeitslosenquote bei langsam, für unsere Begriffe immer noch zu langsam, aber doch deutlich sinkendem Trend unter dem Niveau fast aller vergleichbaren Industrienationen zu halten und die Bedingungen für einen sich selbst tragenden Wirtschaftsaufschwung zu verbessern.
    Selbst die ja doch immer — von ihrem Auftrag her zu Recht — sehr vorsichtig und sehr behutsam urteilende Deutsche Bundesbank hat in ihrem jüngsten Monatsbericht gezeigt, daß die Stagnationstendenzen, die Anfang des Jahres vorherrschten, überwunden sind und wir gute Chancen haben, dem Wachstumsziel doch näherzukommen.
    Vor diesem Hintergrund verdient festgehalten zu werden, daß die Bundesregierung und die sie tragende sozialliberale Koalition die Folgen der weltweiten Rezession bewältigt haben, ohne die Grenzen des Sozialstaats zu beschwören und ohne Krisenbewältigung zu Lasten der Ärmsten und der Einkommensschwachen zu treiben.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Aber zu Lasten der jungen Generation!)

    Hier ist auch bewiesen worden, daß der soziale
    Rechtsstaat keine Schönwettereinrichtung ist, son-
    dern sich gerade in schwierigen Zeiten bewährt hat.

    (Beifall bei der SPD)

    Das Sozialstaatsprinzip ist in der Bundesrepublik glaubwürdig geblieben, und zwar auch deshalb, weil die Bundesregierung in ihrer Politik gezeigt und in den gerade jetzt beschlossenen Maßnahmen nochmals dokumentiert hat, daß, wenn der politische Wille vorhanden ist, auch unter ökonomisch schwierigen Rahmenbedingungen sozialer Fortschritt möglich ist.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Eines, so glaube ich, muß hier auch festgehalten werden. In unserer Demokratie ist soziale Gerechtigkeit eine der wichtigsten Rahmenbedingungen für wirtschaftliche Stabilität und Prosperität, denn der soziale Rechtsstaat gründet auf der Solidarität aller Bürger.
    Wir haben in den letzten schwierigen Jahren in jener ineinandergefügten Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik gleichzeitig eine Reihe von schwierigen Aufgaben bewältigen müssen. Wir hatten für eine verstetigte positive Entwicklung der volkswirtschaftlichen Gesamtnachfrage zu sorgen. Wir hatten in der Forschungs-, der Struktur- und der Steuerpolitik die mittelfristigen . Wachstumsbedingungen zu verbessern. Wir hatten das Sozialleistungssystem den veränderten Rahmenbedingungen anzupassen, aber gleichzeitig schöpferisch weiterzuentwickeln und bei der Einnahmen- und Ausgabenentwicklung auf die finanzwirtschaftlichen Notwendigkeiten und die Entwicklung des Kapitalmarkts Rücksicht zu nehmen.

    (Franke [CDU/CSU] : Herr Ehrenberg, schöpferisch aus den Taschen der Rentner!)

    — Verehrter Kollege Franke, schauen Sie sich die vorliegenden Gesetzentwürfe zur flexiblen Altersgrenze, zum Mutterschutz und zum Kindergeld an, und sagen Sie mir, ob das keine schöpferische Weiterentwicklung ist!

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Franke [CDU/CSU]: Abgeschrieben habt ihr!)

    Allerdings: Den Kinderfreibetrag, den Herr Späth hier so deklariert hat, werden wir nicht übernehmen, weil das genau das ist, was wir nicht unter schöpferisch für die Menge der Bürger verstehen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Kolb [CDU/CSU] : Sie nehmen es erst, dann geben Sie es aus! Das nennen Sie schöpferisch! — Zuruf von der CDU/CSU: Schröpferisch!)

    — Sie wissen sehr genau, daß unter den so veränderten ökonomischen Rahmenbedingungen schon die Erhaltung des Vorhandenen eine große Leistung wäre. Und wir machen mit den vorliegenden Gesetzentwürfen mehr!

    (Kolb [CDU/CSU]: Mehr Schulden!)

    Sie müssen diese vier Schwerpunkte als Einheit begreifen und in ihren Wechselbeziehungen richtig verstehen. Nur dann kann man zu einem abgewogenen Urteil und zu sachgerechten Entscheidungen kommen. Da Sie diese Einheit der Wirtschafts-, der Sozial- und der Finanzpolitik weder sehen können noch wollen, kommt es bei den Sprechern der Opposition zu so vielen Ungereimtheiten, z. B. daß sie mehr Steuererleichterungen und weniger Defizite fordern oder weniger Defizite und mehr öffentliche Investitionen,

    (Zuruf des Abg. Haase [Kassel] [CDU/CSU])

    und daß sie gleichzeitig ein Zuviel an Sozialstaat beklagen, aber durch den Mund anderer Sprecher ein teueres, in seinen Wirkungen noch gar nicht durchdachtes Erziehungsgeld verlangen, und daß sie gleichzeitig die Sozialabgaben zu hoch finden, sich aber Konsolidierungsmaßnahmen verweigern, oder daß sie gleichzeitig fordern, die Sozialpolitik müsse familienfreundlicher werden, und die Wiedereinführung der regressiv wirkenden steuerlichen Kinderfreibeträge verlangen.
    Verehrter Herr Ministerpräsident Späth, sosehr sich über manche Schwierigkeiten mit bestimmten Einkommensgrenzen, vor allem bei BAföG, diskutieren läßt, muß wohl eines deutlich festgehalten werden: Die Wiedereinführung der Kinderfreibeträge würde bedeuten, daß der, der zu arm ist, Steuern zu zahlen, hieraus nichts und der Spitzenverdiener pro 100 DM 56 DM bekommt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Wehner [SPD]: So soll es sein!)

    — So soll es vielleicht bei der baden-württembergischen Mehrheit sein — aber bei der Mehrheit in der Bundesrepublik nicht.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Wieviel Mehrheit habt ihr denn?)




    Bundesminister Dr. Ehrenberg
    — Wir haben eine gute 'und ausreichende Mehrheit, Herr Haase, und wir werden eine bessere bekommen!

    (Zuruf von der CDU/CSU: Im Himmel! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Sie wären ja glücklich, wenn Sie eine solche Mehrheit hätten. Sie haben sie nicht. Entschuldigen Sie!

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Warten wir ab!)

    — Ja, warten wir! Sie warten schon lange darauf, eine zu kriegen. Sie ist in weiter Ferne, verehrter Kollege Haase. Sie ist in Ihrem Heimatland ferner, als Sie je gedacht hätten.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Gucken Sie mal in die Zeitung!)

    — Ich gucke nicht in die Zeitung

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    sondern auf das nächste Wahlergebnis. Da wird nachgezählt.

    (Wehner [SPD] : Er hat eine Spritze von der Noelle-Neumann gekriegt und glaubt das! — Heiterkeit bei der SPD — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : So unrecht hatte die nicht, Herr Wehner!)

    — Das ist ja die große Frage.

    (Wehner [SPD] : Das ist natürlich für solche Leute gemacht, die es brauchen! — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Es ist Ihnen in die Knochen gefahren!)

    — Herr Haase, wir werden uns bei Frau Noelle-Neumann für das letzte Stückchen Mobilisierung, das sie der SPD damit gegeben hat, sehr herzlich bedanken.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich will die lange Liste der Widersprüche in der CDU/CSU-Argumentation hier nicht fortsetzen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Aber ich möchte gern noch einmal sehr deutlich sagen, worum es wirtschafts-, finanz- und sozialpolitisch jetzt geht: Es geht erstens darum, zu verhindern, daß wirtschaftliche Probleme auf dem Rücken der wirtschaftlich und sozial Schwächeren ausgetragen werden.

    (V o r s i tz : Vizepräsident Dr. SchmittVockenhausen)

    und es geht zweitens darum, die gesamtwirtschaftliche und soziale Ausgleichsfunktion der Transferleistungen zu gewährleisten und den Familienlastenausgleich zu verbessern.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Es geht drittens darum, dafür zu sorgen, daß die Sozialversicherungssysteme auch bei langsamer wachsenden Einnahmen finanziell stabil bleiben, ohne die Sozialabgabenbelastung zu verschärfen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Viertens geht es gleichzeitig aber auch darum, die Zukunftsaufgaben der Sozialpolitik anzufassen,
    ohne dabei die enger 'gewordenen finanziellen Bedingungen außer acht zulassen.
    Wir haben nach diesen Grundsätzen gehandelt, und weil wir das getan haben, ist der Etat des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung mit mehr als 47 Milliarden DM auch 1979 wieder der mit Abstand größte Einzelhaushalt des Bundeshaushalts.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die in diesem Haushalt enthaltene Steigerung von 9,7 0/0 liegt über der durchschnittlichen Steigerungsrate und zeigt die Bedeutung, die wir diesem Bereich zumessen. Wenn wir die sozialpolitisch wichtigen Leistungen, die in anderen Etats zusammengefaßt sind, hinzuzählen — wie Kindergeld, Vermögensbildung, landwirtschaftliche Sozialpolitik —, so ergibt sich daraus, daß mehr als ein Drittel des Bundeshaushalts mit sozialer Zielrichtung ausgegeben wird.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Regierungsparteien haben allen Anlaß, auf diese soziale Ausrichtung des Haushalts stolz zu sein.
    Es ist einleitend schon gesagt worden, aber ich will es für die Zweifler gern noch einmal wiederholen: Durch die Erhöhung des Kindergelds ab 1. Januar 1979 um 45 DM für das dritte und jedes weitere Kind auf 195 DM und des Zweitkindergelds ab 1. Januar 1980 auf 100 DM werden Familien mit zwei und mehr Kindern gezielt entlastet. Damit bekommt ab 1. Januar 1980 eine Familie mit vier Kindern ein Kindergeld von 540 DM im Monat. Das ist gegenüber der Zeit von vor 1975, gegenüber der Zeit, als die Kinderfreibeträge die Entlastung nach der Einkommenshöhe staffelten, eine Verbesserung um mehr als 50 %.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Das ist alles relativ!)

    Diese Anhebung kommt eben allen Familien gleichermaßen zugute und nicht denen, die mehr verdienen, in höherem Maße als denen, die wenig .verdienen.

    (Hasinger [CDU/CSU] : Haben Sie die Mehrwertsteuer eingerechnet? — Kolb [CDU/ CSU] : Wieviel Familien haben wir denn mit vier Kindern?)

    — Sie können noch so laut schreien; von solchen Rufen werde ich mich nicht beirren lassen.
    Zu den Ausführungen des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg muß folgendes gesagt werden. Er hat in der Diskussion und in der Begründung vermißt, wo denn nun die wachstumspolitische, die nachfragestärkende Komponente liegt. Genau hier, verehrter Herr Ministerpräsident, liegt eine der ganz wesentlichen nachfragestärkenden Komponenten; denn Familien mit mehr Kindern haben nun einmal eine kleinere Sparquote als Familien mit wenig Kindern,

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    und von dem gleichermaßen ausgezahlten Kinder-
    geld geht sehr viel mehr in den Konsum, als von



    Bundesminister Dr. Ehrenberg
    den Kinderfreibeträgen bei den Spitzenverdienern als Nachfrage entfaltet würde.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Hieran schließt sich in Ergänzung der bisherigen Mutterschutzregelung, die eine Freistellung von acht Wochen nach der Geburt vorsah, ein von der Bundesregierung beschlossener zusätzlicher Mütterurlaub von vier Monaten an, in denen den Müttern aus Bundesmitteln eine Beihilfe bis zur Höhe von 750 DM netto gezahlt wird. Damit sollen die Mütter die Chance haben, über die acht Wochen hinaus bei ihrem Kind zu verbleiben, ohne ihre berufliche Tätigkeit aufgeben oder um das Fortkommen und den Arbeitsplatz fürchten zu müssen.
    Ich weiß, daß es um diese Regelung eine Reihe von Diskussionen gibt. Es gibt kaum Stimmen — das wagt in unserem Staat glücklicherweise doch schon niemand mehr —, die voll dagegen sind. Das kann man sagen, auch wenn in manchen Zeitungen so warnend stand: Hier fängt das mit den sozialen Wohltaten wieder an. Für uns sind das keine sozialen Wohltaten, sondern das ist eine sozialpolitisch, familienpolitisch und gesundheitspolitisch notwendige Konsequenz aus veränderten Arbeits- und Lebensbedingungen.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU)

    Natürlich kann gesagt werden: Diese Regelung ist zu eng, es müßte weitergehen, ein halbes Jahr ist zuwenig. Wir haben uns hier im Rahmen des finanziell Möglichen zu halten. Wir haben in der Familienpolitik einen wesentlichen Schritt vorwärts getan, einen Schritt, der nichts für künftige weiterreichende Regelungen präjudiziert und der auch die Frage eines künftigen Elternurlaubs nicht präjudiziert. Diese Sechs-Monats-Regelung ist eine eindeutige Regelung im Rahmen des bestehenden Mutterschutzgesetzes.

    (Wehner [SPD] : Die nicht vorher zerredet werden sollte!)

    — Es wäre sehr gut, wenn diese Mahnung des Fraktionsvorsitzenden der SPD befolgt werden könnte; denn dieses Thema ist zu gewichtig und zu bedeutsam.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wenn es der Fraktionsvorsitzende zu Ihnen sagt, glauben wir es schon!)

    Meine Damen und Herren, diese Regelung wird zusätzlich Arbeitsmarktentlastungen bringen. Die Arbeitsplatzgarantie für die Zeit sechs Wochen vor der Geburt und sechs Monate nach der Geburt wird in einer Reihe von Fällen das Einstellen von ersatzweisen Kräften notwendig machen und damit das heute so knappe Arbeitsplatzangebot für teilzeitarbeitsuchende Frauen und für befristete Arbeit suchende Frauen erheblich erweitern, ein sehr positiver Nebeneffekt dieses familienpolitischen Programms.
    Hieran schließt sich — ebenfalls mit über den humanitären Aspekt hinausgehenden beachtlichen arbeitsmarktpolitischen Konsequenzen — die Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze für Behinderte — auch für berufs- und erwerbsunfähige Versicherte — auf das 61. Lebensjahr ab 1. Januar 1979 und auf das 60. Lebensjahr ab 1. Januar 1980 an. Schon mit der Einführung der flexiblen Altersgrenze im Jahre 1972 haben wir den Arbeitnehmern, die nach einem Iangen und harten Arbeitsleben an die Grenze ihrer Leistungskraft gekommen waren, die Möglichkeit gegeben, nach ihren individuellen Gegebenheiten darüber zu • entscheiden, von welchem Lebensjahr ab sie in den wohlverdienten Ruhestand gehen wollen.
    Wir haben mit dieser Maßnahme, wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung nachgerechnet hat, zwischen 1973 und 1977 den Arbeitsmarkt um mindestens 160 000 Personen entlastet. Wenn wir jetzt dieses abgewogene und stabilitätspolitisch vertretbare Programm — denn für die Geltungsdauer des Einundzwanzigsten Rentenanpassungsgesetzes werden die hierdurch anfallenden Mehrkosten aus dem Bundeshaushalt bezahlt — durchführen, haben wir zwei wesentliche Schritte getan, um gerade jenem besonders unter den Belastungen des modernen Produktionsprozesses leidenden Personenkreis eine neue, verbesserte Chance zum Aufhören mit der aktiven Arbeit zu geben. Es sind rund 70 000 schwerbehinderte Arbeitnehmer, die in den nächsten Jahren diese Möglichkeit bekommen werden. Damit besteht die große Chance — wenn diejenigen, die Arbeitsplätze anzubieten haben, die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen —, daß die 48 000 behinderten Arbeitnehmer, die heute vergeblich einen Arbeitsplatz suchen, endlich in einen Arbeitsplatz vermittelt werden können.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir werden darum auch nicht den vielen Forderungen nach einer Herabsetzung der Pflichtquote im Schwerbehindertengesetz nachgeben, jedenfalls so lange nicht, wie behinderte Arbeitnehmer noch arbeitslos sind. Wir werden — das ist mit der Ausgleichsabgabenordnung gerade neu geregelt worden — die aus der Ausgleichsabgabe fließenden Mittel gezielt einsetzen, um Schwerstbehinderten einen angemessenen Arbeitspaltz schaffen zu können. Durch die beiden Sonderprogramme von 1976 haberl wir jeweils mit dem Einsatz vqn rund 100 Millionen DM für 8 000 bis 10 000 schwerstbehinderte Arbeitnehmer einen vernünftigen Arbeitspaltz geschaffen.
    Ich würde bei dieser Gelegenheit gerne an öffentliche und an private Arbeitgeber den Appell richten, sich dieser Beschäftigungspflicht nicht zu entziehen und sich nicht mit 100 DM Ausgleichsabgabe freizukaufen, sondern diesem Personenkreis gegenüber das zu tun, was in der selbstverständlichen Verantwortung jedes Betriebsleiters zu liegen hat.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Kolb [CDU/CSU] : Wie stark ist der Anteil in Ihrem Ministerium?)

    — Das Arbeitsministerium hat, wenn es Sie interessiert, eine Quote von 12 %. Ich glaube, damit können wir uns sehen lassen.

    (Kolb [CDU/CSU] : Das ist aber eine Ausnahme!)




    Bundesminister Dr. Ehrenberg
    — Nein, das ist keine Ausnahme. Die Bundesregierung hat in allen ihren Einrichtungen die Quote übererfüllt.

    (Dr. George [CDU/CSU]: Nein!)

    — Ich kann es Ihnen nachweisen, verehrter Herr George. Ich schicke es Ihnen zu.

    (Dr. George [CDU/CSU] : Seit einem Jahr!)

    — Ja, dann erkennen Sie doch an, daß wir es seit einem Jahr haben. Ich bin stolz darauf, daß wir es haben!

    (Zustimmung bei der SPD — Zuruf von der CDU/CSU: Und Nordrhein-Westfalen?)

    Meine Damen und Herren, in Anbetracht der immer noch schwierigen Lage der Behinderten haben wir gleichzeitig einen Gesetzentwurf vorgelegt, um die kostenlose Beförderung für alle Behinderten sicherzustellen. Dieser Gesetzentwurf wird Ihnen demnächst zugehen, und ich hoffe sehr — ich nehme die Anwesenheit der Bundesratsvertreter gerne zum Anlaß, an sie zu appellieren —, daß dieser Gesetzentwurf nicht wieder wie der von 1974 im Bundesrat hängenbleibt, sondern in beiden Häusern als ein Gesetzentwurf, der bei der Personenbeförderung die völlige Gleichstellung der verschiedenen Gruppen von Behinderten bringt, zügig verabschiedet wird.

    (Zustimmung bei der SPD — Zuruf von der CDU/CSU: Die Kosten tragen die Länder!)

    — Die Kosten tragen für einen Teil die Länder, für den anderen nach einer sehr klaren Trennung der Bund. Ich glaube, es ist das Interesse beider Körperschaften, des Bundestages und des Bundesrates, daß wir Mischfinanzierungen dort, wo sie nicht dringend notwendig sind, vermeiden und bei der klaren Aufgabentrennung bleiben.
    Meine Damen und Herren, die Versuchung wäre groß, bei dieser Gelegenheit etwas mehr über die Sozialpolitik zu sagen, etwa über die von Ihnen bezweifelte, inzwischen gelungene und jetzt auch von Ihnen nicht mehr diskutierte Rentenkonsolidierung.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Für wie lange?)

    Aber ich will den nachfolgenden Rednern nicht allzu viel Zeit wegnehmen. Ein paar Worte zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen muß ich hier allerdings 'noch sagen, auch wegen der Anwesenheit der Vertreter des Bundesrates.

    (Zuruf von der SPD: Herr Späth ist doch gar nicht da!)

    — Ich hoffe, der Herr Ministerpräsident kommt wieder.

    (Wehner [SPD] : Er hat sein Ei gelegt und konnte gehen! — Dr. George [CDU/CSU] : Das hat doch gar nichts damit zu tun!)

    — Doch, verehrter Herr George, mit dem, was ich jetzt sagen will, haben die Ministerpräsidenten der Länder sehr viel zu tun, weil es an ihnen liegen wird, ob die so dringliche Neuregelung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes durchgesetzt wird oder nicht. Und das hat mit dem heutigen Tag sehr viel zu tun, weil das ein wesentlicher Bestandteil
    meines Etats im Entwurf des Bundeshaushalts 1979 ist.

    (Zustimmung bei der SPD und der FDP — Hasinger [CDU/CSU] : Über dieses Gesetz wird gesondert debattiert!)

    — Wir haben eine verbundene Debatte über den Bundeshaushalt und die Gesetzesvorlagen!

    (Hasinger [CDU/CSU] : Nein, das Krankenhausfinanzierungsgesetz liegt überhaupt noch nicht vor! — Franke [CDU/CSU] : Wo ist denn der Entwurf?)

    — Der Entwurf wird Ihnen zugeleitet. (Lachen bei der CDU/CSU)

    Den hat die Bundesregierung vor der Sommerpause verabschiedet, und ich hoffe, Herr Franke, daß Ihre Frage danach der Beweis dafür ist, daß Sie ihn zügig und schnell bearbeiten werden.

    (Zustimmung des Abg. Wehner [SPD] — Franke [CDU/CSU] : Hören Sie einmal, Sie haben ihn dem Hause ja noch gar nicht vorgelegt!)

    — Aber 'er kommt,

    (Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    und da die dafür notwendigen Beträge im Bundeshaushaltsentwurf 1979 stehen, ist es ja wohl legitim, daß Ihnen zu den Erfolgen in der Krankenversicherung — —

    (Westphal [SPD] : Er ist längst überwiesen!)

    — Er ist längst überwiesen, aber der Ausschuß konnte ja noch nicht zusammentreten. Das können die Kollegen doch nicht wissen, Herr Westphal!
    Vor allem von Ihnen, Herr Franke, wurden seinerzeit die Erfolge der Kostendämpfung bei der ambulanten Versorgung sehr stark bezweifelt. Diese Erfolge sind inzwischen für jedermann greifbar. Viele Arbeitnehmer konnten seit Jahren zum erstenmal Beitragssenkungen statt Beitragssteigerungen erfahren. Diese Beitragssenkungen sind möglich geworden, ohne das erreichte hohe medizinische Leistungsniveau in der Bundesrepublik zu gefährden oder zu beeinträchtigen.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Wir haben allen Anlaß, bei dem ebenfalls kostenträchtigen Teil, der stationären Versorgung, den wir im letzten Jahr nicht regeln konnten, in diesem Hause gemeinsam eine ebensogute Regelung zu finden. Ich bitte dem Arbeits- und Sozialminister nachzusehen, daß er die Gelegenheit des Bundeshaushalts 1979 wahrnimmt, an diese wichtige Aufgabe zu erinnern.

    (Zustimmung bei der SPD und der FDP)

    Lassen Sie mich auf einen letzten Komplex eingehen. Nach wie vor bleibt, trotz der sich allmählich verbessernden Arbeitsmarkttendenzen und trotz der günstiger gewordenen Konjunkturaussichten, die Wiederherstellung der Vollbeschäftigung die politische und moralische Aufgabe Nummer eins in diesem Lande.

    (Zustimmung bei der SPD)




    Bundesminister Dr. Ehrenberg
    L) Aber diese Aufgabe kann nicht allein von der Bundesregierung gelöst werden. Hier haben sich Bundesbehörden, Landesbehörden, öffentliche und private Arbeitgeber mit gleichem Ernst und gleicher Verantwortung dieser Aufgabe anzunehmen. Die Schlüsselrolle bei der Lösung dieser Aufgabe kann nur die Wachstumspolitik spielen, weil die Beseitigung des globalen Arbeitsplatzdefizits die notwendigste Aufgabe ist. Aber wir werden darüber hinaus mit gezielter Arbeitsmarktpolitik eine Reihe von Verbesserungen erreichen können, vor allen Dingen bei den Problemgruppen des Arbeitsmarkts. Es bietet sich ja heute das differenzierte Bild, daß Facharbeiter schon wieder in einigen Branchen dringend gesucht werden und daß daneben ungelernte Arbeitskräfte, ältere Angestellte und ein Teil Jugendliche — aber auch diese wieder als ungelernte Arbeitskräfte — vergeblich einen Arbeitsplatz suchen.

    (Kolb [CDU/CSU] : Die Bauwirtschaft sucht ungelernte Kräfte und findet keine!)

    — In der Bauwirtschaft werden 20 000 Auszubildende gesucht. Ich weiß das, verehrter Herr Kollege. Nur: weder Sie noch ich werden einen Ausbildungszwang zu einem bestimmten Beruf verordnen wollen. Also können wir nur gemeinsam daran arbeiten, die Information zu verbessern, die Ausbildungskapazitäten zu verbessern und deutlich zu machen, wo die Zukunftsaussichten der jungen Generation liegen. Sie liegen in weiten Teilen im Bereich der qualifizierten Facharbeiter.
    Wir werden gemeinsam, hoffe ich, verehrter Kol- lege, beispielsweise auch dazu beitragen, daß es immer mehr möglich wird, Schulabgängerinnen in traditionelle Männerberufe zu vermitteln. Denn in vielen Arbeitsamtsbezirken haben wir, während z. B. die Bauwirtschaft Auszubildende sucht, zugleich viele junge Mädchen mit gutem Realschulabschluß, die keinen Ausbildungsplatz finden. Dort sieht es — aus Tradition und anderen Gründen — immer noch so aus, als könnten Mädchen nicht in technisch anspruchsvollen oder in traditionellen Männerberufen ausgebildet werden. Einzelfälle bestätigen, daß es geht. Wir haben allen Anlaß, das zu verbreitern.
    Darum wird auch das Fünfte Arbeitsförderungsgesetz, das Ihnen in Kürze zugehen wird, den Schwerpunkt der Veränderung darauf legen, daß wir die Ausbildungsmöglichkeiten, die Ausbildungskapazitäten verbessern, daß wir die Bundesanstalt für Arbeit in die Lage versetzen, sehr viel mehr als bisher mit Qualifikationslehrgängen, aber auch mit kurzzeitigen Motivationslehrgängen, die der Feststellung der beruflichen Eignung und der beruflichen Ausrichtung dienen sollen, helfend einzugreifen, um Stück für Stück in schwieriger, aber notwendiger Detailarbeit die arbeitsmarktpolitischen Möglichkeiten zu verbessern.
    Dazu wird auch gehören, daß wir die im letzten Jahr vorgenommene personelle Verstärkung der Arbeitsverwaltung um rund 1 000 Vermittler und 600 Berufsberater auch im Jahre 1979 in einer vernünftigen Größenordnung noch einmal wiederholen, weil sich herausgestellt hat, daß die von mir im vergangenen Jahr eingeleitete Arbeitsmarktoffensive trotz der nach der üblichen Einschätzung schwierigen strukturellen Lage dann Erfolg hat, wenn gut ausgebildete Fachkräfte zur Verfügung stehen, wenn der einzelne Vermittler die Zeit hat, sich intensiv um den einzelnen Arbeitsuchenden zu kümmern und sich auch vor Ort, in den Betrieben über die Bedingungen und Arbeitsplätze zu informieren. Dann kann er sehr viel größere Vermittlungserfolge aufweisen.

    (Beifall bei der SPD)

    Überhaupt scheint es mir notwendig zu sein, mit zwei gängigen Vorurteilen aufzuräumen. Wir haben auf Grund einer breit angelegten Informationsstudie des Infas-Instituts, nach einer Befragung von Vermittlern, Arbeitgebern und Arbeitnehmern feststellen können, daß das gängige Vorurteil, eine große Anzahl von Arbeitsuchenden sei arbeitsunwillig, eine bösartige Verleumdung ist und nicht mit den Fakten übereinstimmt. Im Gegenteil: Die überwiegende Zahl der Arbeitsuchenden ist zu einer Vielzahl von Anstrengungen bereit, auch zur Weiterbildung, zur Weiterqualifizierung, zum Ortswechsel, zum Berufswechsel. Wir müssen die Arbeitsverwaltung nur entsprechend ausbauen, um die Vermittlungschancen zu verbessern. Das wird der Schwerpunkt der 5. Novelle zum Arbeitsförderungsgesetz sein, und auch der Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit 1979 wird diese Konturen beinhalten. Wir werden diese neuen Aufgaben auch 1979 bei stabilen Beiträgen in der Arbeitslosenversicherung leisten.
    Es wäre reizvoll, in diesem Zusammenhang noch auf einiges mehr einzugehen, beispielsweise auch auf das, was der verehrte Kollege Biedenkopf am letzten Wochenende in seinem Interview, abgedruckt im „Handelsblatt", zu einer Reihe der hier behandelten Themen gesagt hat. Ich nehme an, Sie alle haben die Ausführungen Ihres wirtschaftspolitischen Sprechers gelesen. Ich kann mich nur auf einen Punkt beschränken; ich habe mir sehr viel mehr angestrichen, aber ich will darauf um der Kürze der Zeit willen verzichten. Aber eine Frage an Herrn Biedenkopf muß gerade vor dem Hintergrund des Gipfels und vor dem Hintergrund des Bundeshaushalts 1979 erlaubt sein.
    Wenn Sie, Herr Professor Biedenkopf, das Motto aufstellen, wir müßten staatliche Aufgaben streichen, wenn Sie darüber hinaus von einer Reduzierung, wenn nicht Abschaffung der gezielten staatlichen Forschungsförderung sprechen — wie in dem Interview mit dem „Handelsblatt" geschehen —, dann möchte ich doch gerne wissen, wie das mit den notwendigen Umstrukturierungen unserer Wirtschaft in Einklang gebracht werden soll.

    (Dr. Biedenkopf [CDU/CSU] : Das sage ich Ihnen!)

    Mich würde auch interessieren, Herr Biedenkopf, was der ehemalige Atomminister Strauß dazu sagen würde. Wo wäre unsere Kernenergie ohne gezielte staatliche Forschungsförderung? Sie wäre gar nicht vorhanden.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Biedenkopf [CDU/CSU] : Ihre eigene Partei will sie ja gar nicht!)




    Bundesminister Dr. Ehrenberg
    Es gibt eine ganze Reihe von weiteren Aussagen, auf die ich gern eingegangen wäre. Aber ohne auf mehr Einzelheiten einzugehen, läßt sich zusammenfassend feststellen: Viele Äußerungen der Opposition, aber auch Zeitungs- und Verbandskommentare zu dem Gesamtpaket der nach dem Weltwirtschaftsgipfel beschlossenen Maßnahmen lassen die Tendenz erkennen, daß Verbesserungen im sozialpolitischen Bereich, vor allem wenn sie Geld kosten, als für die wirtschaftliche Entwicklung schädlich oder unwesentlich angesehen werden.
    Diese Kritiker des Gesamtpakets irren. Zwar ist der Beitrag sozialpolitischer Maßnahmen zur wirtschaftlichen Entwicklung oft nur schwer meßbar; an seiner Bedeutung kann trotzdem nicht gezweifelt werden. Ich meine damit nicht nur die konjunkturstabilisierende Wirkung aller sozialpolitischen Geldleistungen, sondern vor allen Dingen auch den Zusammenhang zwischen dem erreichten Maß an sozialer Gerechtigkeit und dem gesellschaftlichen Bewußtsein. Die Leistungsfähigkeit unserer Volkswirtschaft und die qualifizierte Arbeit der deutschen Facharbeiter beruhen auch auf dem verwirklichten Maß an sozialer Gerechtigkeit. Sie machen möglich, daß trotz ständiger Kursverbesserungen der Deutschen Mark unsere Exportquote nicht sinkt, sondern noch steigt und daß die internationale Wettbewerbsfähigkeit ungebrochen ist.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die ständige, die ökonomischen Rahmenbedingungen beachtende Weiterentwicklung unseres Sozialleistungssystems trägt dazu bei, daß es so bleibt.
    Wir reden nicht von den „Grenzen des Sozialstaates", und wir schrecken die Arbeitnehmer nicht mit Formeln von der „Reprivatisierung sozialer Risiken", sondern wir sorgen dafür, daß die sozialen Leistungen gerecht verteilt werden und daß die Zukunftsaufgaben der Sozialpolitik in der Familienpolitik, der Arbeitsmarktpolitik und der Gesundheitspolitik angefaßt werden, ohne die Beitrags-und Steuerzahler zu überlasten. Das Ihnen vorliegende Gesamtpaket ist Ausdruck dieser ineinandergefügten Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik, und es wird dazu beitragen, die gegenwärtige Entwicklung positiv fortzusetzen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)