Rede:
ID0802611700

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 8026

  • date_rangeDatum: 12. Mai 1977

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    Plenarprotokoll 8/26 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 26. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 12. Mai 1977 Inhalt: Eintritt der Abg. Frau Dr. Riede (Oeffingen) und des Abg. Thüsing in den Deutschen Bundestag 1817 A Abwicklung der Tagesordnung . . . . 1817 B Absetzung der Punkte 6, 7 und 8 von der Tagesordnung 1817 B Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 1817 C Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . . 1817 D Begrüßung des Präsidenten der Kommission der Europäischen Gemeinschaften . . . . 1819 A Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zu den Londoner Gipfeltreffen Schmidt, Bundeskanzler . . . . . . . 1819 A Strauß CDU/CSU . . . . . . . . . 1825 A Wehner SPD 1832 C Dr. Graf Lambsdorff FDP . . . . . . 1838 C Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Zwanzigsten Rentenanpassung und zur Verbesserung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (Zwanzigstes Rentenanpassungsgesetz) — Drucksache 8/165 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/351 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 8/337 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Dämpfung der Ausgabenentwicklung und zur Strukturverbesserung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz) — Drucksachen 8/166, 8/173 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/352 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 8/338 — in Verbindung mit Zweite und Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Neunten Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Neuntes Anpassungsgesetz KOV) — Drucksache 8/167 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/353 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 8/339 — Franke CDU/CSU 1842 C, 1864 D Egert SPD 1853 C Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . . 1862 A Schmidt (Kempten) FDP . . . . . . . 1865 B, 1912C, 1919 D Dr. Blüm CDU/CSU 1873 A Glombig SPD 1876 A Cronenberg FDP 1880 C, 1905 A Schedl CDU/CSU 1884 D Urbaniak SPD 1887 D Hölscher FDP 1890 A, 1896 C Frau Dr. Neumeister CDU/CSU 1891 D Kratz SPD - 1894 C Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU . . . 1899 B Kuhlwein SPD 1902 B Höpfinger CDU/CSU 1907 B Jaunich SPD 1909 D Burger CDU/CSU 1914 D Gansel SPD 1917 C Nächste Sitzung 1920 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 1921* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. Mai 1977 1817 26. Sitzung Bonn, den 12. Mai 1977 Beginn: 9.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 13. 5. Dr. van Aerssen * 13. 5. Dr. Aigner * 13. 5. Alber * 13. 5. Bahr 12. 5. Dr. Bangemann * 13. 5. Dr. Bayerl * 13. 5. Frau Benedix 12. 5. Blumenfeld * 13. 5. Dr. Dregger 13. 5. Fellermaier * 13. 5. Flämig * 13. 5. Dr. Früh* 13. 5. Dr. Fuchs * 13. 5. Haase (Fürth) * 13. 5. Haberl 13. 5. Hoffmann (Saarbrücken) * 13. 5. Dr. Jahn (Braunschweig) * 13. 5. Katzer 13. 5. Dr. Klepsch * 13. 5. Dr. h. c. Kiesinger 13. 5. Klinker ' 13. 5. Kunz (Berlin) * 13. 5. *) für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Prof. Dr. Laermann 12. 5. Dr. Graf Lambsdorff 13.5. Lange * 13.5. Dr. Lenz (Bergstraße) 13.5. Lücker * 13. 5. Müller (Mülheim) * 13.5. Müller (Wadern) * 13. 5. Dr. Müller-Hermann * 13. 5. Pieroth 13. 5. Prof. Dr. Pinger 13. 5. Schmidt (München) * 13. 5. Schreiber * 13. 5. Schwabe * 13. 5. Dr. Schwörer * 13.5. Seefeld * 13. 5. Sieglerschmidt a 13. 5. Spitzmüller 12. 5. Dr. Starke (Franken) * 13. 5. Dr. Staudt 27. 5. Frau Steinhauer 27. 5. Frau Tübler 27. 5. Dr. Wallmann 12.5. Frau Dr. Walz * 13.5. Wawrzik * 13. 5. Frau Will-Feld 27. 5. Dr. Wörner 12. 5. von .Wrangel 13. 5. Würtz * 13. 5. Zeyer * 13. 5. Zywietz * 13. 5.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Becker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ehe ich zu meinen Ausführungen komme, möchte ich Ihnen, Herr Kratz, noch ein Wort zu den guten und schlechten Risiken sagen. Die Betroffenen wissen sehr genau, wer zu dem guten und wer zu dem schlechten Risiko gehört. Die Anfragen bei der privaten Krankenversicherung beweisen es. Wenn Sie glauben, der Abwanderung junger Menschen einen Riegel vorgeschoben zu haben, dann müssen Sie immer damit rechnen, daß die Leute nicht in jungen Jahren daran denken, sondern erst, wenn sie schon älter geworden sind. Zum anderen hoffen sie, daß Änderungen dieser Gesetze stattfinden. Wir müssen davon ausgehen, daß wir selbst oft diese Änderungen schaffen. Wenn ich nur daran denke, wie die Ausfallzeiten und Ersatzzeiten während der letzten acht Jahre viermal geändert worden sind, dann muß ich fast glauben, daß diese Menschen recht haben.
    An Ihre Adresse, Herr Hölscher, einige Worte zu dem Instrumentarium des Einzelregresses. Wenn Sie das so praktizieren wollen, Herr Hölscher, dann müssen Sie damit rechnen, daß etwa 3 000 bis 4 000 Einzelprüfungen vorgenommen werden, die auch Gerichtsentscheidungen nach sich ziehen können. Dieses Verfahren wird kaum praktikabel sein.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das „dämpft" die Kosten!)

    Eine Bemerkung zu dem „Autobahn-Effekt". Herr Muhr und auch Herr Sewering haben in der Anhörung nie vom Überholen gesprochen, sondern nur vom Schnellerfahren. Das Überholen machen Sie dazu, und das stimmt mit der Wahrheit nicht überein.
    Die Einbeziehung der Krankenhausfachärzte in die ambulante Versorgung der Bevölkerung bedingt nachher eine Abwanderung der Fachärzte aus dem unmittelbaren Bereich um das Krankenhaus. Im übrigen möchte ich Sie fragen, wer dann die Besuche bei den betreffenden Patienten macht, die vom Krankenhausfacharzt betreut werden. Hier wird die Schwierigkeit für den Patienten offenbar. All diese Dinge sind unpraktikabel. Deshalb haben wir andere Vorstellungen.
    Über die Notwendigkeit der Kostendämpfung im Gesundheitswesen sind sich alle Beteiligten einig. Strittig ist nur — wie Herr Egert heute morgen ebenfalls sagte — der Weg, wie man das Ziel erreichen kann. Wer aber eine echte Kostendämpfung will, der muß sich über die Ursachen der Kostensteigerungen im klaren sein. Bis in die neueste Zeit — das klang auch heute morgen noch an — wurde die Diskussion vorwiegend so geführt, als seien hauptsächlich Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser und die Pharmaindustrie an dieser Kostenausweitung schuld. Dazu benutzte man obendrein einen uralten politischen Trick, die Erzeugung des Neidkomplexes, um die Erbringer von Gesundheitsleistungen in eine Ecke zu drängen. Dabei lief noch das eine oder das andere schwarze Schaf über den Weg. Aber wo gibt es die nicht? Ich komme aus Hessen und weiß ein Lied davon zu singen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Diese schwarzen Schafe und die andere Situation
    gaben dann die Gelegenheit ab, den Boden für eine



    Dr. Becker (Frankfurt)

    fein subtil und vorsichtig scheibchenweise vorbereitete Strukturveränderung des ganzen Systems zu bereiten.
    Die wirklichen Ursachen der Kostensteigerung, meine Damen und Herren, sind aber andere. Da wäre erstens der ständige Ausbau von Leistungen und des Leistungsangebotes in der gesetzlichen Krankenversicherung zu nennen, der durch den Gesetzgeber herbeigeführt worden ist. In dieser Frage hat der Gesetzgeber — angefangen von den Vorsorgeuntersuchungen bis zu den flankierenden Maßnahmen zum § 218 — den Krankenkassen einen ganzen Katalog von Leistungen aufgebürdet, ohne sich viele Gewissensbisse darüber zu machen, wer das zu bezahlen hat.

    (Zuruf von der SPD: Wie war das mit den Vorsorgeuntersuchungen?)

    Aber auch die Rechtsprechung hat durch die Ausweitung des Krankheitsbegriffes das Ihre zur Kostensteigerung beigetragen.
    So wurden z. B. die Folgen des Alkoholismus den Krankenkassen aufgebürdet. Dabei kassiert der Staat in diesem Jahr über 5 Milliarden DM aus den Alkoholsteuern und über 10 Milliarden DM aus der Tabaksteuer. Die Folgen des übermäßigen Konsums muß dann die Krankenkasse tragen. Hier muß man in Zukunft einmal den Zusammenhang dieser Dinge durchdenken. Es ist die Frage, ob es so weitergehen kann, daß der Staat kassiert und die anderen bezahlen.
    Auch die Verpflichtung zur Übernahme des Zahnersatzes durch die Krankenkassen sei hier genannt. Als Folge des Bundessozialgerichtsurteils stiegen die Ausgaben für Zahnersatz von 2 Milliarden DM im Jahr 1974 auf fast 7 Milliarden DM im Jahr 1976. Das entspricht den Einnahmen aus den Mitgliedsbeiträgen des Jahres 1976 aller Ortskrankenkassen der Länder Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein.
    Auch die schnell wachsenden Fortschritte der Medizin haben über die damit zusammenhängende Zunahme der Behandlungsfälle und der Leistungen ebenso zu der Kostensteigerung beigetragen wie die Gewährung von freiwilligen Leistungen durch die Krankenkassen selbst.
    Die Zunahme des Personals wie auch die Arbeitszeitverkürzungen in den Krankenhäusern sind hier zu nennen. So machte die Arbeitszeitverkürzung 1974 von 42 auf 40 Stunden im Bereich des Krankenhauses eine Zunahme der Kosten um über 7 % aus.
    Auch die Zunahme der Krankheiten durch ungesunde Lebensführung - ich nenne hier nur Drogen-, Alkohol- und Tabakmißbrauch, Übergewicht, mangelnde Bewegung — gehört zu diesem Katalog der Ursachen der Kostensteigerungen im Gesundheitswesen, wie noch vieles andere mehr, das zu nennen mir die Zeit nicht erlaubt.
    Hier liegen die wirklichen Ursachen für das Anwachsen der Kosten, an dem alle teilhaben: Ärzte, Politiker, Industrie, Gewerkschaften und der Bürger selbst. Nur ist man nicht aufrichtig genug, dem Bürger diese Gründe auch deutlich zu nennen. Man ist nicht aufrichtig genug, ihm als Zweites zu sagen: daß das, was in der Medizin machbar ist, in Zukunft auf die Dauer nicht finanziert werden kann, daß deshalb alle, ob Anbieter oder Anforderer von Gesundheitsleistungen, ob Ärzte, Krankenhäuser oder der Bürger selbst, ihre Ansprüche in den Grenzen halten müssen, die durch den Finanzierungsrahmen gesteckt werden. Man kann nicht allen alles versprechen und dann so tun, als ob ein anderer dafür bezahlt. Dies ist die vornehmliche Aufgabe des Gesetzgebers: hier hat er allen deutlich zu sagen, was geht und was nicht geht. Hier liegt seine besondere Verantwortung.
    Wie hält es aber nun die Regierung mit ihrer Verantwortung? Man hat bei weiten Teilen dieses Gesetzentwurfs den Eindruck, als entzöge sie sich dieser Verantwortung. Das geht so weit, daß sie sogar die Bundesgarantie für die Ortskrankenkassen aus dem gesamten Reichsversicherungsordnungswerk streicht. Hier hat sie zunächst einmal geschickt verstanden, die Diskussion über weite Strecken von dem viel schwerwiegenderen Problem der Beseitigung der lange verharmlosten Rentenschwierigkeiten abzulenken. Mit einem schlauen Trick verlagerte sie die Probleme in die Krankenversicherung und schob dann die Verantwortung anderen zu. Indem sie Ärzte, Zahnärzte und Krankenhäuser jetzt unter Druck setzt, gibt sie diesen den Schwarzen Peter oder, wie Herr Franke heute morgen sagte, den Rotstift weiter. Es wird den Ärzten überlassen, sich mit den Patienten über die Frage auseinanderzusetzen, was diese für ihre Gesundheit anfordern können. Sie projiziert damit den Konflikt auf eine Ebene, die nicht primär dazu da ist, die Finanzprobleme der Krankenkassen und darüber hinaus die dorthin verlagerten Probleme der Rentenversicherung zu lösen, sondern die dazu da ist, zu helfen und zu heilen. Damit zerstört sie das für den Heilvorgang überaus notwendige Vertrauen zwischen Arzt und Patient.
    Dabei fiel mir ein Brief ein, den der Herr Bundeskanzler am 15. September. des vergangenen Jahres mir wie allen Ärzten geschickt hatte. In diesem Brief steht ein Satz, den ich mit Genehmigung der Frau Präsidentin zitieren möchte:
    Die Lösungen, die von uns im Herbst verlangt werden, finden wir nur gemeinsam und nicht gegen die legitimen Interessen der Ärzte.
    Was wir von solchen Reden und Schreiben halten können, wissen wir nicht erst seit dem 3. Oktober.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Gar nichts!)

    Man spricht von der Stärkung der Selbstverwaltung und engt die Grenzen ihres Handelns vorher aber so ein, daß der Spielraum nur noch gering ist und alles nur in eine Richtung, auf eine Struktur- und Systemänderung mit vielen, vielen Gleichmachereitendenzen hinsteuert — bis hin zu einem gravierenden Einbruch in die Freiberuflichkeit der Ärzte. Frau Dr. Neumeister hat dies schon dargelegt, und der Kollege Höpfinger wird dies, wie ich glaube, im Blick auf den Krankenhausbereich ebenfalls noch deutlich zeigen.
    Meine Damen und Herren, in diesen Tagen gedenken wir des Professors Ludwig Erhard, des Schöp-



    Dr. Becker (Frankfurt)

    fers der Sozialen Marktwirtschaft. Die Soziale Marktwirtschaft ist in dem Vertrauen zu dem Menschen, zu seiner Leistungsbereitschaft und zu seiner Verantwortung begründet. Leistungswille und Schöpfungskraft entfalten sich aber nur dann voll, wenn sie von staatlicher Bevormundung, von Reglementierung und Zwang befreit sind. Daher sind wir der Auffassung, daß der Gesetzgeber seiner Verantwortung für das gegliederte System der sozialen Krankenversicherung dann am ehesten gerecht wird, wenn er die Lösung. in einem freiheitlichen Rahmen sucht, weil er dabei die günstigsten Wirkungen erzielt. Mit Investitionslenkung und -planung im Gesundheitswesen ist viel weniger zu erreichen, wie die Beispiele in den sozialistischen Staaten ja zu zeigen vermögen. Wer am schlechtesten dabei wegkommt, ist der Patient.
    Die CDU/CSU-Fraktion ist aus ordnungspolitischen Gründen davon überzeugt, daß die bessere Lösung im Hinblick auf die Dämpfung der Kosten nicht durch dirigistische Maßnahmen, sondern durch ein Zusammenwirken aller Beteiligten erreicht wird.

    (Vorsitz: Präsident Carstens)

    Hier sollen unter Berücksichtigung der bedarfsgerechten und dem Stand der medizinischen Entwicklung entsprechenden Versorgung der Bevölkerung bei ausgewogener Verteilung der Lasten die Orientierungsdaten und die Rahmendaten für die Leistungsbewertungen und die Leistungsentgelte gefunden werden. Hier sollen auch Vorschläge über die bessere und wirtschaftlichere Anwendung der begrenzten Mittel und die Erhöhung der Wirksamkeit im Gesundheitswesen entwickelt und miteinander abgestimmt werden. Wenn Sie, Herr Hölscher, nun davon ausgehen, daß dann, wenn die Länder mit beteiligt sind, der Staatskommissar bereits mit im Spiele sei, so sehen Sie nicht, daß es sich um eine freiheitliche Vereinbarung handeln soll. Es soll nicht etwa so sein, daß der Deckel gewissermaßen mit dem Hammer aufgesetzt und nur soviel Spielraum gegeben wird, wie der Deckel übrigläßt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, diese Aktion steht unseres Erachtens auch unter einem Erfolgszwang, denn die Bundesregierung soll nach zwei Jahren berichten, ob und wie es geklappt hat. Gelingt es aber — entgegen unserer Annahme — nicht, die Kosten im Gesundheitswesen in eine vernünftige Relation zu den vorhandenen Mitteln zu bringen, dann erst hält die CDU/CSU die Zeit für gesetzliche Maßnahmen in einem entsprechenden Rahmen für gekommen. Wir sind für die konzertierte Aktion, weil wir die freiheitliche Lösung als die stärkere ansehen und von ihr eine stärkere Wirkung erwarten. Wir fühlen uns um so mehr in unseren Erwartungen bestärkt, als die Ergebnisse der freiwilligen Vereinbarungen zwischen Ärzten und Krankenkassen aus dem Jahre 1975 bereits im Jahre 1976 eine erhebliche Reduzierung des Kostenzuwachses nicht nur im ärztlichen Bereich, wo die Vereinbarungen getroffen wurden, sondern darüber hinaus auch in allen anderen Sparten des Gesundheitswesens zur Folge hatten. Diese Senkung setzt sich in diesem Jahr fort, so daß mit weiteren Erfolgen zu rechnen ist. Wenn Sie, Herr Egert, heute vormittag davon sprachen, daß das in den Betriebskrankenkassen Rhein-Ruhr anscheinend nicht so läuft, kann ich Ihnen umgekehrt aus dem Bereich der AOK Frankfurt sagen, daß diese im ersten Vierteljahr im Bereich der Arzneimittel deutliche Senkungen zu verzeichnen hat. Dort ist der Kostenanstieg im Arzneimittelsektor im Vergleich 1977 zu 1976 von 11,2 % auf 3,76 % heruntergegangen. Deutlichere Senkungen kann man wirklich nicht vorführen.
    Hier hat die Ärzteschaft auch ihre Bereitschaft mitgeteilt, über den 1. Januar 1978 hinaus die Kostendämpfung zu vereinbaren. In diesen Tagen wurde die Honorarerklärung zwischen dem Verband der Ersatzkrankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bekannt, nach der die Partner auch im Jahre 1978, also erst im nächsten Jahr, ebenso wie im Jahre 1976 keine Erhöhung der Honorare vornehmen wollen, was praktisch ein Nullwachstum bedeutet.

    (Zuruf des Abg. Egert [SPD])

    Dies wäre weder 1976 noch 1978 mit den Vorstellungen und Vorlagen der Regierung zu bewirken gewesen bzw. zu bewirken.
    Man hat von Koalitionsseite immer wieder eingewendet, daß die freiwilligen Vereinbarungen unsicher seien.

    (Egert [SPD]: Richtig!)

    Herr Egert sprach heute morgen davon, es seien sich widersprechende Aussagen vorhanden. Weiter wird davon gesprochen, die alte Regelung sei bisher noch nicht von allen Landesverbänden unterzeichnet worden. Meine Damen und Herren, ich bin dem nachgegangen. Die Ursache, warum das noch nicht unterzeichnet ist, hat nichts mit der Vereinbarung zu tun, aber auch gar nichts. Vielmehr hängt dies mit einer Abklärung zusammen, ob die Abmachung — Steigerungsrate höchstens bis zu 8 % — für die Gesamtheit der Mitglieder und Rentner oder nur für Mitglieder oder für Rentner gilt. Darüber hinaus ist nichts anderes im Spiel. Jede andere Deutung wäre böswillig.
    Die CDU/CSU-Fraktion erwartet von der konzertierten Aktion aber auch, daß sie bei der Erarbeitung ihrer Lösungen die vielfältige Verzahnung des Gesundheitswesens viel eher berücksichtigen kann, so daß die höchstwahrscheinlichen negativen Folgen der dirigistischen Maßnahmen nicht eintreten werden. Bei der Verkettung des gesamten Gesundheitssystems untereinander drohen Nachteile bis .hin zu Arbeitsplatzverlusten in vielen Sparten, wie wir ebenfalls im Hearing von den Sachverständigen hören konnten.

    (Zuruf des Abg. Egert [SPD])

    Wenn ich die freiwilligen Vereinbarungen mit ihren positiven Ergebnissen mit den dirigistischen Vorschriften dieses Strukturveränderungs- und Beitragserhöhungsgesetzes — wie es Herr Franke heute vormittag bezeichnete — und seinen zu befürchtenden Folgen vergleiche, fällt mir die Präambel des Gesundheitsprogramms der FDP ein, die mit den Worten beginnt: „Die Gesundheitspolitik der FDP



    Dr. Becker (Frankfurt)

    wird durch den Grundwert der Freiheit bestimmt". Frau Neumeister hat schon die These 12 in Ihrem Programm angeschnitten, die besagt: „Die freiheitlichen Strukturen des gegliederten Systems und seiner Selbstverwaltung sind auszubauen".

    (Zuruf des Abg. Egert [SPD])

    Sie, Herr Kollege Schmidt, haben dieses gesundheitspolitische Programm vor noch nicht einmal einem halben Jahr, am 20. November 1976, in Frankfurt auf Ihrem 27. Bundesparteitag vorgestellt und dabei folgende Worte gebraucht — ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten —:
    Die Selbstverwaltung der Pflichtkassen, der Ersatzkassen und der Kassenärzte hat mit ihren 1975 und 1976 geschlossenen Abkommen zur Begrenzung des Honorarzuwachses bestätigt, daß sie aus eigener Verantwortung die notwendigen Konsequenzen aus der Kostenentwicklung zieht. Wir treten dafür ein, diese Politik der Kostendämpfung im staatsfreien Raum fortzusetzen.

    (Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Hört! Hört!)

    Einheitliche Honorarforderungen und einheitliche Gebührenordnungen sind mit dem gegliederten System, wie wir es verstehen, nicht vereinbar.
    Wenn man diese Worte hört und das Gesetz liest, an dem Sie mitgewirkt haben, versteht man ein halbes Jahr danach die FDP nicht mehr. Da kann man nur sagen: Wohin bist du gegangen!

    (Beifall bei der CDU/CSU — Prinz zu SaynWittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Das sind die Sonntagsreden bei den Versammlungen der Ärzte!)

    Es ist Ihr Problem, meine Damen und Herren der FDP, wie Sie Ihren Wählern das klarmachen können.
    Die CDU/CSU-Fraktion lehnt aus den genannten prinzipiellen und auch durch die Erfolge bereits vorbestätigten Gründen die Änderungen der §§ 368 f und 368 i RVO ab und fordert die konzertierte Aktion aller Beteiligten zur Lösung der Probleme zum Nutzen der Kranken und der Betroffenen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat nunmehr Herr Abgeordneter Kuhlwein.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Eckart Kuhlwein


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf mich zunächst mit einigen Ausführungen des Kollegen Dr. Becker auseinandersetzen. Mir fiel auf, daß er die im Ausschuß gefundene Regelung kritisiert hat, nunmehr den Einzelregreß zu verstärken. Ich habe mich darüber gewundert, weil ich in den Diskussionen der letzten Monate erfahren habe, daß gerade der Verdacht, Ärzte könnten kollektiv für ihre Arzneimittelverschreibung zur Rechenschaft gezogen werden, eines der Hauptargumente Ihrer Kollegen, Herr Dr. Bekker, draußen gewesen ist. Nun machen wir einen
    Einzelregreß, um die schwarzen Schafe, von denen Sie sicherlich auch wissen und deren Vorhandensein mir von vielen Ihrer Kollegen draußen bestätigt worden ist, an den Kanthaken zu kriegen, und nun ist Ihnen das auch wieder nicht recht.

    (Dr. Becker [Frankfurt] [CDU/CSU] : Es dreht sich um die Praktikabilität!)

    — Sicher, Sie müssen immer ein praktikables Verfahren finden. Da sind wir uns einig. Aber Sie können doch nicht sagen, Kostendämpfung sei nötig, aber die eine Lösung sei kollektiv, die andere sei nicht praktikabel, selber aber keine Gegenvorschläge machen.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Zu der Frage der Ursachen der Kostensteigerung haben wir von Herrn Dr. Becker einiges gehört, was sicherlich diskutierenswert ist. Bloß sollte man nicht die Frage nach der ständig notwendigen Erhöhung des Haushaltsgeldes damit beantworten, daß die Streichhölzer teurer geworden seien. — Was ich damit sagen will, ist, daß Sie sich damit geschickt um die Tatsache herumgemogelt haben, daß die entscheidenden Ausgabenpositionen der gesetzlichen Krankenversicherung natürlich die Arzneimittelkosten sind und daß bei den niedergelassenen Ärzten die zunehmende Anwendung von Apparatemedizin zu einer erheblichen Ausweitung der Kosten geführt hat. Das wollen wir doch nicht bestreiten; denn sonst würden wir den Blick darauf vernebeln, worum es wirklich geht. Die anderen Punkte, die Sie angeführt haben, diskutieren wir gerne mit. Aber auch Sie kennen die Statistiken der Krankenkassen, nach denen diese Punkte nur einen minimalen Bruchteil des Gesamtzuwachses der Kosten ausmachen.
    Lassen Sie mich einen dritten Punkt ansprechen, den Sie hier vorgebracht haben. Ich fand es eigentlich ziemlich leichtfertig, daß Sie hier das Wort in den Raum gestellt haben, mit Planung sei im Gesundheitswesen nichts zu lösen. Nun frage ich Sie: Warum haben Ihre befreundeten Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg im vorletzten Jahr im Bundesrat Anträge eingebracht, Bedarfspläne für die Kassenarztsitze zu entwickeln? Warum gibt es auch in von Ihren Freunden regierten Ländern Krankenhausbedarfspläne und gelegentlich sogar Bedarfspläne für flankierende Maßnahmen? Wenn das nicht Planung ist! Es mag ja sein, daß sie sich nicht nach Kriterien vernünftiger Planung verhalten; sie erwecken aber auf jeden Fall nach außen hin den Eindruck. Man sollte es sich also nicht so einfach machen, die Planung im Gesundheitswesen, wo es bei der gesetzlichen Krankenversicherung immerhin um Beträge von mehr als 60 Milliarden DM geht, so von der Hand zu weisen und zu sagen, da könne man im freien Spiel der Kräfte so weiterwurschteln wie bisher.
    Ein Wort zum Kollegen Hölscher. Er ist, glaube ich, nicht mehr im Saal. Er hat einen Vergleich zwischen Albanien und den niedergelassenen Ärzten gezogen. Dieser Vergleich trifft natürlich nicht ganz, denn in Albanien pflegen die Präsidenten sicher zu sitzen.



    Kuhlwein
    Meine Damen und Herren, die Debatte, wie sie bisher von der CDU geführt worden ist, ist einem ideologischen Rundumschlag sehr nahe gekommen. In diesem Zusammenhang tauchte dann immer, mehr oder weniger versteckt, der Vorwurf auf, Sozialdemokraten wollten einen staatlichen Gesundheitsdienst einführen. Und dann kommen die Schreckensbilder aus dem Fernsehen mit Schweden und Großbritannien. Oder es wird von Teilen der Sozialdemokraten gesprochen, wie Sie, Frau Kollegin Neumeister, das unter Bezuganhme auf Juso-Beschlüsse getan haben. Bevor Sie hier argumentieren und Grundsatzfragen stellen, sollten Sie sich über die Beschlußlage in unserer Partei informieren. Wir stehen vor einem Bundesparteitag, der sich mit einem gesundheitspolitischen Konzept, dargestellt in den „Leitsätzen", beschäftigen wird. Zentraler Punkt in diesen Leitsätzen ist ein integriertes System der medizinischen Versorgung, das in Selbstverwaltung organisiert werden soll, und davon halten wir eine ganze Menge, wobei allerdings Selbstverwaltung nach unserem Verständnis nicht heißt, eine Gruppe der Gesellschaft verwaltet sich selbst und die anderen gleich mit, sondern wir meinen, daß alle betroffenen Gruppen die Möglichkeit bekommen müssen, in einer solchen Selbstverwaltung ihre Interessen zur Geltung zu bringen. Insoweit unterscheidet sich das System, das wir anstreben, von dem heute vorhandenen. Wenn Sie das dann Systemveränderung nennen, ist Ihnen das natürlich unbenommen.
    Meine Damen und Herren, die Frau Kollegin Neumeister sieht einen Einstieg in die Einheitsversicherung in der Frage der bundeseinheitlichen Empfehlungen und in der Frage des zu entwickelnden gemeinsamen Bewertungsmaßstabes. Ich habe diese Fragen in den letzten Wochen gerade auch mit Vertretern der Ersatzkassen weidlich diskutiert und darf Ihnen in diesem Zusammenhang von einem Gespräch berichten, bei dem niedergelassene Ärzte und Ersatzkassenvertreter an einem Tisch saßen und die Vertreter der Ersatzkassen in schöner Deutlichkeit die Vorzüge der Ersatzkassen predigten und versuchten, mir unter anderem deutlich zu machen, daß es doch ein erheblicher Vorzug sei, in einer solchen Kasse versichert zu sein. Dann habe ich gefragt, wieso, ob das damit zusammenhänge, daß sie den Ärzten mehr bezahlten. Darauf habe ich keine befriedigende Antwort bekommen. Ich habe dann die anwesenden Ärzte gefragt, ob sie denn Ersatzkassenpatienten besser behandelten, weil ja die Ersatzkassen für die Patienten mehr zahlten. Sie haben den Kopf geschüttelt und das natürlich im Brustton der Überzeugung von sich gewiesen. Nun stand ich als relativer Laie etwas dazwischen: Wem soll ich nun glauben? Ist es nun nur etwas teurer, einen besonderen Geschmack zu haben und in der Ersatzkasse zu sein mit den besseren Bedingungen dort? Oder aber gibt es bei den niedergelassenen Ärzten doch noch ein Klassensystem? Sie Frau Kollegin Dr. Neumeister, werden doch sicher sagen, das gibt es nicht mehr. Dann stellt sich natürlich die Frage: Welche Vorzüge hat das eigentlich mit diesem insoweit gegliederten System, hier eine Gebührenordnung, dort eine Gebührenordnung, bei der einen kommt mehr heraus für die Ärzte, bei der anderen kommt weniger heraus für die Ärzte? Welche Vorteile hat das eigentlich für den Patienten, für den Versicherten?
    Ein Problem, das den Gegnern von „Einheitsversicherung" auch entgegengehalten werden muß, ist das, daß die meisten Ersatzkassen längst Einheitsversicherungen sind, wo die Versicherten im Bayerischen Wald denselben Beitragssatz zu zahlen haben, obwohl dort die Angebote in der Gesundheitsversorgung sehr viel schlechter sind als die in Frankfurt oder München. Von regionaler Gerechtigkeit in dieser Einheitsversicherung Ersatzkasse — DAK, BEK usw. — kann wohl nicht die Rede sein.
    Ich verstehe aber auch nicht, warum Sie, Frau Kollegin Dr. Neumeister, da Sie die E-Adgo für so besonders gut halten, die Vorzüge dieser Gebührenordnung nicht den übrigen RVO-Patienten auch zugute kommen lassen wollen; denn wenn das für den einen Patienten gut ist, muß es doch für den anderen auch gut sein. Wir alle sollten uns bemühen, daß wir in die zu erstellende Vertragsgebührenordnung die wesentlichen Elemente der E-Adgo hineinbekommen, die dazu beitragen, daß RVO- Patienten in Zukunft auch alle die Vorzüge genießen können.
    Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, noch einige Bemerkungen zur konzertierten Aktion. Wir haben ja nichts gegen Konzerte. Auch bei uns gibt es musikalische Leute.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Aber keine Harmonie! — Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Lernen Sie erst einmal singen !)

    — Ich kann wunderbar singen. Wir können nachher mal rausgehen und singen dann im Duett. Vielleicht vergehen Ihnen dann die Mißtöne, die Sie jetzt in diese Debatte bringen.

    (Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Anfangen! — Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Wenn Ihr Gesang so ist wie Ihre Rede, dann lassen Sie es lieber!)

    Wenn man sicher wäre, daß sich dieses Konzert gelegentlich auch als Streichquartett konstituieren würde, wäre gegen ein solches Konzert gar nichts zu sagen. Solange wir aber davon ausgehen müssen, daß die Kassenärztliche Bundesvereinigung wie bisher die Sologeige spielt und sich nicht an die Noten hält, solange ist eine Symphonie im Wortsinne des Zusammenklangs der Instrumente nicht zu erwarten.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Deshalb, meine Damen und Herren, wollen wir Sozialdemokraten ein Orchester haben, das nach Noten spielt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Diese Noten hat dieses Hohe Haus als Gesetzgeber dafür zu liefern. Wir halten es für den sozialen Frieden nicht für zuträglich, wenn der Anbieterseite in ihrer konzertierten Aktion in freiwilliger Selbstbeschränkung die Kostendämpfung überlassen bleibt,



    Kuhlwein
    während die Nachfrageseite, also die Patienten, ihren Beitrag zur Kostendämpfung in Leistungsbeschränkungen gesetzlich vorgeschrieben erhalten sollen. Es ist nach unserer Aufassung erforderlich, daß den Selbstverwaltungen verbindliche Grundlinien und verbindliche Orientierungsspielräume für die kostendämpfenden Maßnahmen gesetzt werden. Eine konzertierte Aktion, wie Sie sie in Ihrer Formulierung von § 405 a und 405 b der Reichsversicherungsordnung vorschlagen, muß von vornherein unverbindlich sein, wenn sie überhaupt funktionsfähig bleiben soll.

    (Franke [CDU/CSU] : Sie haben ihn nicht richtig gelesen!)

    — Herr Kollege Franke, wir sollten doch einmal fragen, wer eigentlich die Betroffenen im Gesundheitswesen in den letzten 20 Jahren davon abgehalten hat, in einer konzertierten Aktion kostendämpfende Maßnahmen zu erarbeiten, zu empfehlen und zu verwirklichen.

    (Zustimmung bei der SPD und der FDP — Dr. Blüm [CDU/CSU] : Wie lange sind Sie in der Regierung? Wie lange ist die SPD in der Regierung?)

    — Herr Kollege Blüm, wenn wir ein Kostendämpfungsgesetz früher vorgelegt hätten, hätten Sie uns noch viel früher gesagt, daß jetzt vielleicht eine konzertierte Aktion in Gang komme, die Entwicklungen, die auch Sie für verhängnisvoll halten, eindämmen könnte. Wir haben ja doch lange genug gewartet.

    (Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Ja, sehr gut! — Franke [CDU/ CSU]: Eben! Beifall bei der Opposition!)

    Es gab doch freiwillige Empfehlungsvereinbarungen, die dazu hätten führen können, daß erhebliche Kostensenkungen eintreten. Es gab doch genügend Freiraum, den die Selbstverwaltung in den vergangenen Jahren hätte ausgestalten können. Das Ergebnis war, wenn Sie an die erste Empfehlungsvereinbarung von 1975 und an die Arzthonorarsteigerungen sowie die Gesamtvergütungssteigerungen denken, die sich daraus ergeben haben — —

    (Franke [CDU/CSU] : Aber, Herr Kollege, Sie haben doch die Tatsachen geleugnet! Sie haben doch immer gesagt: Schwarzmalerei und Horrormeldungen!)

    — Wer hat denn, Herr Kollege Franke,

    (Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Herr Arendt!)

    in Fragen der gesetzlichen Krankenversicherung etwas geleugnet? Die Bundesgesundheitsministerin Focke hat sich dafür eingesetzt, daß es zur ersten bundeseinheitlichen Empfehlungsvereinbarung überhaupt gekommen ist.