Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Haase, Sie haben sicherlich in der Ihnen eigenen Manier zumindest den ersten Teil dieser Debatte bestritten. Für uns war dies sicherlich nichts Neues. Wir kennen dies. Aber vielleicht haben Sie sich dadurch dafür qualifiziert, daß Sie ernsthaft für die zukünftige Regierungsmannschaft in Erwägung gezogen werden.
Zu dem Bereich des Bundespresseamtes, den Sie angesprochen haben, will ich Ihnen nur einige Dinge nennen.
Der Bundeskanzler hat in dem bekannten Brief an den Ministerpräsidenten des Landes Rheinland-Pfalz dargestellt, daß es unbestritten ist, daß die Bundesregierung am Ende der Legislaturperiode verpflichtet ist, der Bevölkerung die Bilanz ihrer Arbeit und ihrer Leistungen in transparenter Weise darzustellen, und er hat hinzugefügt:
Ich habe aus diesem Grunde auch volles Verständnis dafür gehabt, daß die Regierung des Landes Rheinland-Pfalz ihre Ansätze für die Öffentlichkeitsarbeit in den Haushaltsjahren 1974 und 1975, in die das letzte Jahr der vergangenen Legislaturperiode des Landtags fiel, nicht gekürzt, sondern erhöht hat.
Die CDU stellt an uns Forderungen, das BPA in Wahlkampfabkommen einzubeziehen, auch erst, seit sie in Bonn auf den Oppositionsbänken sitzt. Früher dachte sie ganz anders. 1966 schrieb der damalige Bundesinnenminister Lücke an das Bundesverfassungsgericht — Zitat —:
Wenn Regierungspublikationen für die Regierung und ihre Politik werben und dies auch Regierungsparteien zugute kommt, so liegt diese Wirkung in der Natur der Sache, ist nur logisch und entspricht der Verfassungswirklichkeit. Solche Konsequenzen zugunsten von Parteien als einseitige Parteienprivilegierung oder als reine Propaganda zugunsten der Parteien zu disqualifizieren, ist sachlich und rechtlich nicht haltbar.
Dazu stehen wir.
Der langjährige Regierungssprecher Konrad Adenauers, Felix von Eckhardt, hat erst am 30. April 1976 im „Bericht aus Bonn" auf die Frage nach dem Verhalten des BPA in Wahlkampfzeiten geantwortet — Zitat —:
Das Bundespresseamt wurde von der Opposition beschimpft, weil es angeblich zuviel für die Regierung tat. Aber ein Abkommen darüber hat es nie gegeben.
Auf die weitere Frage, ob das BPA in seiner Arbeit auf den Wahlkampf Rücksicht genommen habe, sagte Felix von Eckhardt:
Es hat noch mehr gearbeitet als sonst. Es hat
natürlich im Hinblick auf die Wahlen sehr viel
die Leistungen der Regierung herausgestellt.
Sie wissen so gut wie ich, Herr Kollege Haase, daß Felix von Eckhardt wußte, wovon er sprach, denn seinerzeit gab es ja noch den unkontrollierten Reptilienfonds, aus dem die unsichtbaren Hilfstruppen finanziert wurden. Wir haben den Reptilienfonds in der Zeit der Großen Koalition offengelegt, und Sie wissen, daß er heute geprüft wird.
Die Bundesregierung hat die Pflicht, jederzeit den Bürger über Ziele, Absichten und Vorhaben zu
Esters
informieren. Die Informationsbroschüren zu einzelnen Sachbereichen können von der Opposition doch wohl nicht als Propaganda abgetan werden, z. B. „Tips für Arbeitnehmer", „Bonner Almanach", „Unser neues Mietrecht", „Jugendservice", „109 Tips für die Frau". Die Reform des Ehe- und Familienrechts muß der Bevölkerung erläutert werden, ebenso die gesetzliche Neuregelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und das Adoptionsrcht.
Anders als CDU-geführte Landesregierungen stellt die Bundesregierung in ihrer Öffentlichkeitsarbeit nur Leistungen dar, die sich nachweisen lassen und die der kritische Bürger nachprüfen kann. Mir erscheint es auch legitim, auf unzureichende Informationen — um es ganz vorsichtig auszudrükken — einzelner Landesregierungen gelegentlich einmal nüchtern und sachlich zu antworten, wenn beispielsweise die Bayerische Staatsregierung mit schöner Selbstverständlichkeit Leistungen des Bundes auf ihre Fahnen schreibt.
Schauen Sie sich doch bitte einmal die Anzeigenserien der Bayerischen Staatsregierung und der Landesregierungen des Saarlandes, Schleswig-Holsteins und von Rheinland-Pfalz an, was dort vor den Landtagswahlen als landespolitische Leistungen verkauft wurde! Es ist allerdings nicht damit zu rechnen, daß die Bundesregierung einmal so weit gehen wird wie die Regierung des Landes Schleswig-Holstein, die unter der ein wenig parteiischen Überschrift „Rote Federn, rote Märchen" eine Anzeigenantwortserie veröffentlichte, die einer politischen Partei doch wohl eher ansteht als einer Regierung, von deren Öffentlichkeitsarbeit sowohl die Haushaltsgesetze als auch das Bundesverfassungsgericht eine gewisse Zurückhaltung verlangen. Ich möchte hier nicht das Gezeter der Kollegen Schröder, Haase und Wohlrabe hören, wenn das BPA eine Anzeigenserie unter dem Titel „Schwarze Seelen — schwarze Legenden" veröffentlichte. Wie unredlich in bezug auf fremde Federn gerade der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz ist, wird aus einer Anzeigenserie deutlich. Dort heißt es:
Dieser Fortschritt ist uns nicht in den Schoß gefallen. Wir haben harte Arbeit geleistet, um in allen Landesteilen gute Lebensverhältnisse zu schaffen und damit die Chancengleichheit zu verwirklichen. Dazu gehört z. B. der auch für die Wirtschaftsentwicklung wichtige Ausbau des Verkehrsnetzes. 1960 gab es in Rheinland-Pfalz erst 150 km Autobahn bzw. vierspurige Straßen. Ende 1971 waren es bereits dreimal soviel, und 1975 werden es 730 km sein.
Das sind Leistungen dieser Bundesregierung im Autobahnbau, die von der Landesregierung als eigene Leistungen verkauft werden. Hier steckt man sich — ein eklantantes Beispiel — fremde Federn an den Hut. Man kann dies auch Propaganda nennen.
Verständlicherweise enthalten Sie sich hierbei dann aller Kommentare, greifen allerdings ständig die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung an. Ich will Ihnen dazu nur dies sagen. Hätten Sie sich in früheren Jahren an dem ausgerichtet, was Sie uns heute im Bund als Leitmotiv geben, so wären Ihnen viele Prüfungsbemerkungen des Bundesrechnungshofes erspart geblieben. Hätten Sie doch in früheren Jahren für derartige Rügen ein ähnlich offenes Ohr gehabt!
Denken Sie einmal an die Vielzahl der Prüfungsbemerkungen des Bundesrechnungshofes, die sich auf Ihre Regierungszeit bezogen. Denken Sie dabei bitte an die Finanzierung der Arbeitsgemeinschaft demokratischer Kreise und an die Mobilwerbung. Erinnern Sie sich doch bitte einmal an den mit hohem Kosten hergestellten Film über Finanzpolitik, in dem Franz Josef Strauß im Mittelpunkt stand — damals als Gegengewicht zu Karl Schiller gedacht. Das Geld für diesen Film wurde ausgegeben, aber der Film erblickte nie das Licht der Öffentlichkeit. Sollten Sie denn wirklich vergessen haben, daß der Reptilienfonds stets gut ausgestattet war, aber erst seit 1967 parlamentarisch kontrolliert wird? Wer in der Vergangenheit auf diesem Gebiet manche Fehlleistungen produziert und Steuergelder im wahrsten Sinne des Wortes verschleudert hat,
sollte eigentlich erfreut feststellen, daß die Prüfungsbemerkungen des Bundesrechnungshofes in den letzten Jahren an Zahl und Gewicht drastisch reduziert werden konnten.
Unsere Bürger wissen die sachliche und nüchterne Informationspolitik der Bundesregierung zu schätzen.
Die Koalitionsfraktionen gehen davon aus, daß diese Politik fortgesetzt wird. Wir werden die Regierung dabei voll unterstützen.
Die ständigen Auslassungen der Opposition zur Öffentlichkeitsarbeit sollten Sie dem Parteivorsitzenden der CDU zuleiten und zur Lektüre wärmstens empfehlen. Man sollte die Bitte an ihn richten, sie politisch umzusetzen. Er wird in Rheinland-Pfalz, der Drehscheibe Europas, wie er es in einer Anzeige genannt hat— mein Kollege Klaus von Dohnanyi kann Ihnen hier eine andere, eine landespolitische Rechnung aufmachen —, in den nächsten Jahren sicherlich entsprechend Zeit dafür haben.
Die Koalitionsfraktionen lehnen aus diesem Grunde den Antrag Umdruck 7/5153 ab und beantragen namentliche Abstimmung über den Einzelplan 04.