Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Es ist heute schon einige Male darauf hingewiesen worden, und ich möchte es meinerseits auch noch einmal tun, daß Sie in der Tat über ein Gesetzesvorhaben zu entscheiden haben, das wie selten ein anderes das Interesse der Öffentlichkeit gefunden hat. Dies ist mit Recht so, denn diese Reform wird tief in den Kernbereich des menschlichen Lebens, in die Familie, eingreifen. Der Bundesrat und insbesondere die bayerische Staatsregierung haben von Anfang an besonderen Anteil an dem Vorhaben genommen. Auch bei den Beratungen des Entwurfs im Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages haben wir uns in einer außergewöhnlichen Weise engagiert. Daß wir dabei konstruktive Beiträge haben leisten können, wird, so glaube ich, vom ganzen Hohen Hause anerkannt.
Erlauben Sie mir deshalb, als Mitglied des Bundesrates auf einige wenige Grundfragen einzugehen. Ich hätte mir dies, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Koalitionsparteien, vielleicht ersparen können, wenn ich heute morgen eine etwas deutlichere Resonanz auf die grundsätzlichen Ausführungen des Herrn Kollegen Professor Mikat und insbesondere auf die sehr instruktiven Beispiele des Herrn Dr. Lenz hätte registrieren können.
Nachdem dies nicht der Fall war und wohl auch nicht sein wird, möchte ich noch einige Bemerkungen dazu machen. Ich möchte dies auch tun, weil wir uns — damit sage ich wohl nichts Neues — aller Voraussicht nach im Vermittlungsausschuß doch noch mit Änderungsvorschlägen des Bundesrates zu befassen haben werden.
Ich möchte einige Worte nur zur Ersetzung des Schuldprinzips durch das Zerrüttungsprinzip sagen. Über diese Ersetzung besteht im Grundsatz kein Streit. Wenn ich trotzdem darauf eingehe, so deshalb, weil über die Bedeutung und die Auswirkung dieses Schrittes, wie mir scheint, noch vielfach falsche Vorstellungen bestehen. Es kann wohl kaum davon gesprochen werden, daß es sich hierbei um eine grundlegende Neuerung für das deutsche Recht handle. Ich beziehe mich hierbei nicht so sehr auf das Ehegesetz, das die Scheidung grundsätzlich nur zuläßt, wenn schuldhafte Eheverfehlungen zur Zerrüttung der Ehe geführt haben, und das auch den Scheidungsgrund der objektiven Zerrüttung in seinem § 48 bereits kennt. Ich beziehe mich vielmehr auf die sogenannten Konventionalscheidungen, deren Anteil an der Gesamtzahl der Scheidungen bekanntlich auf mehr als 90 % geschätzt wird. Für diesen Bereich gilt das reine Zerrüttungsprinzip praktisch heute schon. Insoweit kann das neue Recht nur die bisherige Praxis festschreiben, sie verfahrensrechtlich in eine geordnete Bahn lenken und die Folgerung daraus ziehen, daß der Schuldspruch bei den Konventionalscheidungen — wenn auch keineswegs immer — von den Parteien manipuliert sein kann.
Grundlegende Änderungen wird die Einführung des Zerrüttungsprinzips dagegen auf dem Gebiet der streitigen Scheidung mit sich bringen. Wenn man berücksichtigt, daß die Zerrüttung einer Ehe einseitig von einem Ehepartner herbeigeführt werden kann, so kann man — ich sage dies jetzt insbesondere mit dem Blick auf den Beitrag, den eben die verehrte Frau Funcke geleistet hat — überspitzt auch sagen, die Einführung des reinen Zerrüttungsprinzips bedeute, daß die Scheidungsklage allein dadurch begründet wird, daß sie erhoben wird, mit anderen Worten: daß die Abweisung einer ernsthaft verfolgten Scheidungsklage nicht mehr möglich ist. Dies ist doch die Konsequenz aus den von Ihnen im Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages beschlossenen Formulierungen. Ich meine, es sollte auf der Hand liegen, daß die strenge Durch-
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Staatsminister Dr. Hillermeier
führung eines derartigen Prinzips den Lebensverhältnissen eben nicht gerecht werden kann. Das Zerrüttungsprinzip — dies ist heute morgen schon einmal erwähnt worden — wird zutreffend als „wertblind" bezeichnet, denn es nimmt keine Rücksicht darauf, aus welchen Gründen ein Partner einseitig aus der Ehe ausbricht und wie sich die erzwungene Auflösung der Ehe auf den anderen Partner auswirkt. Wird es nicht durch Schutzklauseln eingedämmt, die natürlich eine Abwendung vom reinen Prinzip bedeuten, so ermöglicht es jeglichen Rechtsmißbrauch ebenso wie unzumutbare Härten für den anderen Ehegatten und insbesondere auch für die Kinder.
Daraus ergibt sich, daß das reine Zerrüttungsprinzip geradezu als unsozial angesehen werden muß. Wird es so rigoros durchgeführt, wie es den Beschlüssen des Rechtsausschusses dieses Hohen Hauses entspricht, so kann man wohl heute schon sagen, daß die an das neue Recht geknüpften hohen Erwartungen einer Vielzahl von Menschen bitter enttäuscht werden.
Unser Volk erwartet vom Gesetzgeber in diesem Bereich nichts anderes als die Verwirklichung von Gerechtigkeit. Ich glaube, die Feststellung, die Herr Professor Dr. Mikat heute morgen hier getroffen hat, war sehr richtig, daß es hier nämlich im wesentlichen auf die Einzelfallgerechtigkeit ankommt. Wenn diese Erwartung mit einem Gesetz beantwortet wird, das Rechtsmißbrauch und soziale Härten ermöglicht, so wird ein solches Gesetz niemals einen Erfolg für den Gesetzgeber und, wie ich meine, auch nicht für die Koalitionsfraktionen bedeuten.
Heute morgen haben Herr Bundesminister Dr. Vogel und Frau Kollegin Dr. Lepsius die Auffassung vertreten, daß man mit Stolz auf diese Art von Reform wird blicken können. Wir sollten erst einmal — das möchte ich ganz deutlich sagen — abwarten, welche Reaktionen sich in den Einzelbeispielen, die Herr Dr. Lenz heute morgen dargestellt hat, ergeben, und sollten erst dann ein gültiges Urteil über diese Reform fällen.
Die Befürworter eines uneingeschränkten Zerrüttungsprinzips streben insbesondere das Ziel an, im Scheidungsprozeß nicht in die Intimsphäre der Ehegatten eindringen zu müssen. Dieses Ziel wird sich jedoch durch die Einführung des reinen Zerrüttungsprinzips nicht erreichen lassen, auch wenn dies unser Wunsch ist und so unerfreulich es selbstverständlich ist, in die Intimsphäre anderer Menschen eindringen zu müssen.
Es ist immer wieder zu hören, daß eine Prüfung der Zerrüttung der Ehe überhaupt nur möglich ist, wenn die Intimsphäre der Ehegatten eingehend durchleuchtet wird. Vor allem aber wird viel zu wenig bedacht, daß es fast keine Eheverfehlung bisherigen Verständnisses gibt, die sich nicht in irgendeiner Form auf die Kinder auswirken könnte; ich möchte dies hier nicht noch einmal an Einzelbeispielen beleuchten. Spätestens bei der Entscheidung über die Zuordnung der Kinder muß also all das erörtert, d. h. nachvollzogen werden, was man als schuldhafte Eheverfehlung aus dem Scheidungsprozeß verbannt glaubte.
Meine Damen und Herren, ich möchte mich mit diesen Ausführungen nicht gegen die Einführung des Zerrüttungsprinzips an sich wenden, sondern noch einmal verdeutlichen, daß die Wunschvorstellung, das Scheidungsverfahren ohne Eindringen in die Intimsphäre durchzuführen, auch im neuen Recht kaum in Erfüllung gehen wird.
Es wird auch nicht möglich sein, ein reines Zerrüttungsprinzip ohne Ausnahmen durchzuführen. Das erkennen auch der Regierungsentwurf und die Beschlüsse des Rechtsausschusses an, denn auch sie sehen Ausnahmen vom Zerrüttungsprinzip vor. Ich meine damit weniger die Härteklausel des § 1568 BGB, die durch ihre enge Fassung praktisch keinen Anwendungsbereich hat; ich beziehe mich vielmehr auf die Vermutungen des § 1566 BGB, die keineswegs zum Zerrüttungsprinzip gehören, sondern in einem gewissen Widerspruch zu ihm stehen, in einem Widerspruch, der um so deutlicher wird, je mehr Gewicht diesen Vermutungen beigemessen wird. Wenn sie, wie vom Rechtsausschuß vorgeschlagen, unwiderlegbar sein sollen, heißt das ja, daß die Zerrüttung einer Ehe kraft Gesetzes auch dann angenommen werden muß, wenn sie in Wahrheit noch nicht eingetreten ist. Auch wenn es nicht gern gehört wird, muß ich, meine sehr verehrten Damen und Herren, doch noch einmal in aller Klarheit feststellen, daß unwiderlegbare Vermutungen der Ehezerrüttung vom Zerrüttungsprinzip weg und eben hin. zum Kündigungsprinzip führen.
Dieses Ergebnis wird auch nicht dadurch erträglicher, daß im Verfahrensrecht eine Aussetzungsmöglichkeit vorgesehen wurde, wenn nach Überzeugung des Gerichts noch Aussicht auf Fortsetzung der Ehe besteht. Dadurch wird an der unglückseligen Fiktion des § 1566 Abs. 2 BGB nichts, aber auch rein gar nichts geändert. — Ich trete deshalb für die Widerlegbarkeit von Vermutungen ein, die für eine Zerrüttung der Ehe sprechen.
Noch wichtiger erscheint mir allerdings, daß in folgenden Fallgruppen Ausnahmen vom Zerrüttungsprinzip vorgesehen werden:
Erstens. Es muß ausgeschlossen werden, daß die Scheidung der Ehe rechtsmißbräuchlich durch Berufung auf eigenes Unrecht erzwungen werden kann. Der Bundesrat hat hierzu bereits im ersten Durchgang der Gesetzesberatung eine Formulierung vorgeschlagen. Daß dieser Vorschlag im Rechtsausschuß abgelehnt wurde, ist zu bedauern.
Überrascht hat die Begründung, die dafür gegeben wurde: Durch die vorgeschlagene Prüfung würden alle Nachteile des geltenden Rechts — gemeint ist wohl das Eindringen in die Intimsphäre der Ehegatten — in das neue Recht übertragen. Ich glaube, diese Begründung ist falsch. Der Vorschlag des Bundesrates hätte sogar zur Folge, daß ein Eindringen in die Intimsphäre der Ehegatten weitergehend vermieden würde, weil dem Scheidungskläger verwehrt würde, sein eigenes ehewidriges Verhalten darzulegen.
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) Ganz unabhängig davon darf aber nach meiner Überzeugung der Gesichtspunkt, daß ein Eindringen in die Intimsphäre der Ehegatten möglichst vermieden werden soll, nicht der entscheidende sein. Wichtiger, glaube ich, ist es, daß dem elementaren Gebot der Gerechtigkeit entsprochen wird, mit dem es nicht vereinbar ist, wenn unter Berufung auf eigenes Unrecht ein Rechtsvorteil erlangt werden kann. Und um jedes Mißverständnis zu beseitigen, möchte ich betonen, daß die Formulierung des Bundesrates kein zeitlich befristetes Widerspruchsrecht, sondern nur die Verhinderung von Rechtsmißbrauch bezweckt.
Zweitens. Der Entwurf nimmt keine Rücksicht auf die Interessen der Kinder, die durch das Zerbrechen der Ehe ihrer Eltern am meisten betroffen sind. Hier hat mich auch die Argumentation von Frau Funcke soeben nicht überzeugen können. Es ist richtig, daß in vielen Fällen die Aufrechterhaltung der Ehe der Eltern, wenn sie zerrüttet ist, den Kindern nichts nützt. Es kann aber nicht von Gesetzes wegen — das ist doch das Entscheidende — dekretiert werden, daß dies immer und ausnahmslos so ist und so sein muß. Vielmehr wissen wir doch, daß es durchaus Fälle gibt und auch in Zukunft geben wird, in denen es sinnvoll ist, die Scheidung der Ehe mit Rücksicht auf die Kindesinteressen so lange zu verweigern, wie diese Interessen noch den Vorrang vor dem Interesse des Scheidungsklägers an der Scheidung verdienen.
Dem ist auch im Scheidungsrecht anderer Staaten entsprechend Rechnung getragen worden, und soviel ich weiß, hat man damit gar keine schlechten Erfahrungen in anderen Staaten gemacht.
— Wir haben genügend Vorschläge in dieser Richtung gemacht,
die aber bisher im Rechtsausschuß nicht berücksichtigt worden sind.
Drittens. Ich habe schon gesagt, daß es nach meiner Meinung unsozial ist, die wirtschaftlichen Interessen des ehetreuen Ehegatten selbst dann nicht zu berücksichtigen, wenn die Scheidung der Ehe zur Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz führt. Hier hört man meistens den Einwand, den wirtschaftlichen Interessen würde durch das neue Scheidungsfolgenrecht Rechnung getragen. Im übrigen, heißt es, stehe die Ehe so hoch, daß sie nicht nur mit Rücksicht auf wirtschaftliche Interessen aufrechterhalten werden dürfe.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies ist doch eine sehr anzuzweifelnde Begründung und Meinung; denn wir wissen doch, daß das beste Unterhaltsrecht — ich möchte gar nicht darauf eingehen, ob die Vorschläge des Entwurfs hierzu wirklich optimal sind — einfach versagt und versagen
muß, wenn keine Geldmittel vorhanden sind, um an sich gegebene Unterhaltsansprüche zu befriedigen. Dann nützt auch, Herr Kollege Engelhard, wie Sie es heute morgen ausgeführt haben, alle Sorgfalt bei der Einzelregelung nichts, wenn diese grundlegenden Voraussetzungen nicht vorliegen.
Niemand sollte die Augen davor verschließen, daß ein geschiedener Ehegatte, der Unterhaltsansprüche gegen den anderen, inzwischen wieder verheirateten Ehegatten durchsetzen muß, in aller Regel sehr viel schlechter daran sein wird, als wenn die Ehe noch bestünde. Der ins Gesetz geschriebene Vorrang für die Unterhaltsansprüche der geschiedenen Frau wird sich gegenüber den Realitäten des Lebens oft als unwirksam erweisen. Wer auf das neue Unterhaltsrecht verweist, ohne dies zu sagen, der erweckt eben falsche Hoffnungen. Im übrigen sollte man den ehetreuen Ehegatten, der ohne sein Zutun aus der Ehe gedrängt wird und damit auch seine wirtschaftliche Existenz verliert, nicht damit trösten, auf diese Weise werde das Institut der Ehe hochgehalten.
Was soll man schließlich von einem Gesetz halten, das ausdrücklich ausspricht, nach dreijähriger Heimtrennung der Ehegatten müsse die Ehe auch dann geschieden werden, wenn der ehetreue Partner — dies ist die wörtliche Formulierung — „außergewöhnliche Umstände geltend macht, nach denen die Scheidung für ihn eine so schwere Härte darstellen würde, daß die Aufrechterhaltung der Ehe auch unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers geboten erscheint, obwohl sie gescheitert ist". Hier sind Feststellungen getroffen worden, aus denen aber keine Konsequenz für die jetzt gefundene Formulierung gezogen worden ist.
Der Entwurf enthält in seiner jetzigen Fassung als erste Bestimmung des sachlichen Rechts den Satz: „Die Ehe wird auf Lebenszeit geschlossen." Ich meine auch hier sagen zu müssen, daß dieser Satz in Widerspruch zum Inhalt des Entwurfs steht, der in seinen Bestimmungen zum Scheidungsrecht darauf abgestellt ist, fast ausschließlich die Interessen des scheidungswilligen Ehegatten durchzusetzen und die Scheidung — allenfalls nach einem kurzen Aufschub — praktisch in jedem Fall zu gewähren. Wenn die Ausschußbeschlüsse Gesetz werden, dann ist am Grundsatz der Ehe auf Lebenszeit nur noch für diejenigen Fälle festgehalten, in denen auf Lebenszeit beider Ehegatten ein Konsens über die Fortsetzung der Ehe besteht. Dagegen kann der eine Ehegatte nicht mehr darauf vertrauen, daß das Eheversprechen des anderen von der Rechtsordnung garantiert wird. Er muß jederzeit damit rechnen, daß es ohne sein Zutun zur Auflösung der Ehe kommt. Wenn er gut beraten ist, muß er sich deshalb schon während des ungestörten Bestandes der Ehe darauf einrichten, daß es zur Scheidung der Ehe auch dann kommen kann, wenn dadurch seine Existenz vernichtet würde. Das bedeutet, daß die Ehegatten — entgegen vielfältiger Beteuerung und auch entgegen dem Wortlaut des neuen § 1356 BGB — in der Entscheidung eben nicht frei sind, in welcher Form sie ihre Ehe führen wollen.
Das viel geschmähte und auch heute mehrmals zitierte bisherige gesetzliche Leitbild der „Haus-
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frauenehe" wird keineswegs von einer gesetzlichen Regelung abgelöst, die von der freien Entscheidung der Ehegatten ausgeht; vielmehr entwirft das neue Gesetz ein Ehebild, wonach jeder Ehegatte mehr oder weniger in Furcht vor einseitiger Auflösung der Ehe erwerbstätig sein muß, um mit dem etwaigen Zerbrechen der Ehe nicht auch seine Existenzgrundlage zu verlieren.
Das düstere Bild, das die neuen Scheidungsregelungen vor uns aufsteigen lassen, meine Damen und Herren, wird auch nicht dadurch aufgehellt, daß insbesondere im Verfahrensrecht und auch im Grundgedanken des Versorgungsausgleichs Verbesserungen gegenüber dem jetzigen Rechtszustand zu finden sind. Sicherlich ist es eine begrüßenswerte Reform — der wichtigste Teil dieser Eherechtsreform überhaupt —, daß in einer Art Gesamtkonkurs zusammen mit der Scheidung auch deren wichtigste Folgen geregelt werden. Ich meine es aber für verfehlt halten zu müssen, Ehescheidungen mit Rücksicht darauf zu erleichtern, daß ihre Folgen in einem verbesserten Verfahren als bisher geregelt werden können.
Lassen Sie mich noch ein kurzes Wort zum Versorgungsausgleich sagen, dessen Grundgedanke, wie erwähnt, durchaus begrüßenswert ist. Als Landesjustizminister macht es mir wie auch allen anderen Kollegen erhebliche Sorgen, wie dieses komplizierte Rechtsinstitut verwirklicht werden kann. Sie alle wissen, daß es bei der derzeitigen Lage der öffentlichen Haushalte nicht möglich sein wird, die Familiengerichte, die ja nach dem Entwurf den Versorgungsausgleich in jedem Einzelfall durchzuführen haben, großzügig mit Planstellen für Richter, Rechtspfleger, Geschäftsstellenbeamte, Protokollführer und Wachtmeister sowie mit Sitzungssälen auszustatten; die neue Aufgabe der Familiengerichte wird mit den vorhandenen Kräften — dies ist nun ein- mal ein Faktum, das einkalkuliert werden muß — bewältigt werden müssen. Gerade die komplizierte Ausgestaltung des Versorgungsausgleichs läßt uns befürchten, daß sie eine so erhebliche zusätzliche Arbeitsbelastung für die Gerichte mit sich bringen wird, daß Rückstände auflaufen und damit die Bearbeitung von Familiensachen erhebliche Verzögerungen erfahren wird. Auch von daher müssen wir der möglichst qualifizierten Besetzung der Familiengerichte unsere besondere Aufmerksamkeit zuwenden.
Lassen Sie mich abschließend noch auf meine Bemerkung vom Anfang zurückkommen: Dieses Reformwerk wird den persönlichen Lebensbereich unserer Mitbürger tiefgreifend und mehr verändern als die meisten anderen Gesetzesreformen dieser Jahre. Die große Verantwortung, die von daher auf allen mit diesem Gesetzgebungswerk Befaßten ruht, wäre in der Tat leichter zu tragen, wenn es gelänge, Übereinstimmung aller hieran mitwirkenden politischen Kräfte wenigstens in den Grundsatzfragen herbeizuführen. Noch ist es hierfür, meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht zu spät. Der Berichterstatter Herr Kollege Dr. Emmerlich hat heute früh vorgetragen, daß wir uns in den Grundsätzen eigentlich auf einer Linie bewegen, daß eine Art Grundübereinstimmung vorhanden sei. Wenn diese
Meinung wirklich aufrechterhalten bleiben soll, so wohl nur dann, wenn die Änderungsanträge der Opposition zu einigen grundlegenden Bestimmungen Berücksichtigung finden. Wie gesagt: noch ist es hierfür nicht zu spät.