Rede von
Dr.
Horst
Ehmke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich nicht auf das Fachgebiet meiner Kollegin Strobel begehen, aber ich wundere mich, wenn in dieser Debatte — jedenfalls was die Wirtschafts- und Finanzlage betrifft — von Siechtum gesprochen wird. Denn die Wahrheit ist doch die: daß wir überhaupt in der Diskussion sind, die Kreditaufnahme etwas zu kürzen, liegt daran, daß die Wirtschaft entgegen Ihren Voraussagen wieder auf dem Aufwärtswege ist und wir aus diesem Grunde der Meinung sind, wir sollten nicht nur den Eventualhaushalt fortlassen, sondern auch sonst noch etwas kürzer treten. Und daß der Kollege Strauß uns in diesen Tagen so fehlt, liegt ja wohl daran, daß sich alle seine Voraussagen in der ersten Lesung des Haushalts über Stagflation, Rezession und Wirtschaftskrise als barer Unsinn entpuppt haben.
Damals hat er ja so geredet, als ob er seinen Doktor in Innsbruck schon gemacht hätte. Heute fehlt er nun hier, was wir sehr bedauern; denn er würde uns dann auch bestätigen, wie falsch seine Prognosen sind, und daß, gerade weil wir wegen der guten Wirtschaftspolitik von Karl Schiller nicht in eine — —
— Meine Damen und Herren von der Opposition, das können Sie doch nicht bestreiten. Sie reden von den Leuten draußen im Lande. Die haben nicht vergessen, daß Sie 1966/67 eine Wirtschaftskrise verursacht haben mit Hunderttausenden von Arbeitslosen in diesem Lande.
Dies haben wir zu verhindern gewußt, und daß wir jetzt über den Haushalt reden, ist die Folgeerscheinung einer sehr guten Sache, nämlich der, daß es wirtschaftlich besser steht, als Sie alle gedacht haben.
Das sollte man doch beim Stichwort „Siechtum" nicht vergessen, statt hier wieder das zu zerreden, was für die deutsche Wirtschaft in den letzten Monaten erreicht worden ist.
Wenn man in dieser Debatte von „Siechtum" reden
kann, dann doch wohl nur von dem der Opposition,
die ihren Kanzlerkandidaten eben nicht durchbekommen hat. Er ist ja seit der Enthaltsamkeitskur bei den Ostverträgen sicher nicht gesünder geworden.
Was wir jetzt hier erleben, ist, daß Sie auf der
einen Seite Neuwahlen nicht wollen und nun den
Wahlkampf außerhalb von Neuwahlen im falschen Saale stattfinden lassen. Das ist es doch, was wir heute von Ihnen erleben.
Damit wird der Sache nicht gedient und damit wird auch der deutschen Wirtschaft nicht gedient. Wir können diese Haushaltskorrekturen ohne große Schwierigkeiten machen, und wir sollten den wirtschaftlichen Erfolg der letzten Monate, den die arbeitenden Menschen draußen miterarbeitet haben, nicht zerreden.