Rede von
Dr.
Richard
Jaeger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Schultz.
Schultz (FDP) : Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist mir eine besondere Freude, Ihnen, Herr Kollege Dr. Bußmann, zu Ihrer Jungfernrede meine Glückwünsche aussprechen zu können.
Es freut mich besonders, daß wir nun in Zukunft nicht gegeneinander die Klingen zu kreuzen haben, sondern miteinander fechten können. Vielleicht hat das Haus gemerkt — ich kenne Sie ja schon aus Ihrer vorhergehenden Arbeit verhältnismäßig gut —, daß Sie ein ernstzunehmender Mann sind, der in den Bundestag gekommen ist, worüber wir uns alle nur freuen können.
Mit besonderer Freude habe ich natürlich Ihr Wort von der „Arbeitsteilung" aufgenommen. Ich denke aber an die Arbeitsteilung innerhalb des Bündnisses bezüglich der atomaren und konventionellen Komponente. Sie wissen, daß hier noch gewisse Divergenzen zwischen den beiden Koalitionspartnern vorhanden sind. Ich hoffe, daß wir noch die Gelegenheit haben werden, Sie von unserer richtigen Meinung zu überzeugen. — Das nur nebenbei, möchte ich sagen, zwischen uns beiden.
Auch ich möchte mich mit den Argumenten und Argumentationen des Kollegen Birrenbach auseinandersetzen. Ich bin fast unglücklich, daß ein Teil dessen, was ich mir aufgeschrieben hatte, Kollege Bußmann schon vorweggenommen hat. Herr Kollege Birrenbach hat im Duktus seiner Rede den NV-Vertrag als eine Sache dargestellt, die die Sowjetunion zur Knebelung der Bundesrepublik Deutschland erfunden habe. Mein Kollege Rutschke und soeben auch Herr Dr. Bußmann haben auf den Hergang hingewiesen, wie es zu diesem Vertrag gekommen ist; ich brauche das nicht zu wiederholen.
Ich möchte etwas anderes hinzufügen. Unter Punkt 5 der Großen Anfrage der CDU/CSU-Fraktion wird gefragt, welchen universalen Charakter dieser Vertrag habe, wenn die Bundesrepublik ihm nicht beitrete. Damit wird doch schon gesagt, daß auch von Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU/ CSU-Fraktion, der universale Charakter dieses Vertrages anerkannnt wird. Folglich kann er kein Instrument mehr zur Knebelung der Bundesrepublik durch die Sowjetunion sein.
Ich bin auch sehr froh, daß Kollege Bußmann auf die Frage der Abrüstung, die mit diesem Vertrag
verbunden ist, eingegangen ist. Wir wissen alle aus der Erfahrung langer Zeiten, daß man zur Abrüstung nur in kleinen Schritten kommen kann. Es muß aber unterstrichen werden, daß der Vertrag deswegen bejaht werden muß, weil er für diejenigen, die keine nuklearen Waffen besitzen, einen gewissen Hebel bedeutet, um auch in der Frage der Abrüstung auf dem Gebiet der Nuklearwaffen weiterzukommen. Insbesondere ist die Möglichkeit der Überprüfung nach einer bestimmten Zeit, ob dieser Vertrag seinen Zweck erreicht hat, hier von besonderer Bedeutung.
Der Kollege Birrenbach hat von der Sowjetunion in einer ganzen Reihe von Punkten bindende Erklärungen vor Unterzeichnung des Vertrages gefordert, durch die die Nichtdiskriminierung der Bundesrepublik Deutschland klargestellt werden soll. Meine Frage, die ich dazu stellen möchte, ist: Hat nicht die Sowjetunion im Februar 1969 gegenüber der damaligen Bundesregierung erklärt, daß die Bundesrepublik Deutschland mit der Übernahme der Pflichten des Vertrages auch in die vollen Rechte des Vertrages gleichberechtigt eintrete? Diese Frage ist, soviel ich weiß, im Auswärtigen Ausschuß, dem ich nicht angehörte und angehöre und der ein vertraulicher Ausschuß ist, erörtert worden. Frage: Reicht das nicht aus, oder was muß noch mehr getan werden? Wenn mehr getan werden muß, dann frage ich mich: Warum hat die Regierung der Großen Koalition die Zeit seit Februar nicht genutzt, um die von Herrn Birrenbach heute gewünschten weiteren bindenden Erklärungen zu bekommen?