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    Deutscher Bundestag 143. Sitzung Bonn, den 13. Dezember 1967 Inhalt: Nachrufe auf die Abg. Hussong und Merten 7361 A, 7361 C Amtliche Mitteilungen . . . . . . . 7362 A Zur Tagesordnung Frehsee (SPD) . . . . . . . . . 7367 D Fragestunde (Drucksache V/2371) Fragen des Abg. Matthöfer: Abmeldung eines Fernsehgeräts — Fernseh-Rundfunkgenehmigung Bornemann, Staatssekretär . . . . 7363 A Matthöfer (SPD) . . . . . . . . 7363 B Fragen des Abg. Dr. Ritz: Eigenheime im Eigentum einer natürlichen Person mit nicht mehr als zwei Wohnungen Dr. Schornstein, Staatssekretär . . . 7364 A Dr. Ritz (CDU/CSU) . . . . . . . 7364 B Frage des Abg. Strohmayr: Errichtung einer Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Hochschule in Augsburg Dr. von Heppe, Staatssekretär . . 7364 C Strohmayr (SPD) 7365 A Moersch (FDP) 7365 B Wagner (CDU/CSU) . . . . . 7365 C Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . . 7365 D Dr. Müller (München) (SPD) . . . 7366 B Ertl (FDP) 7366 D Fragen des Abg. Schmidhuber: Darlehen an private Unternehmer zur Finanzierung von Einzelprojekten der Luft- und Wasserreinigung . . . . . 7367 A Frage des Abg. Geldner: Mißtrauen in Ost- und Südosteuropa gegenüber der Bundesrepublik Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 7367 A Geldner (FDP) . . . . . . . . 7367 C Vogt (CDU/CSU) . . . . . . . . 7367 C . Genscher (FDP) . . . . . . . . 7367 D Ertl (FDP) . . . . . . . . . . 7368 B Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 7368 C Fragen des Abg. Vogt: Errichtung eines Europäischen Jugendwerks — Einladung an die Mitgliedstaaten der Sechsergemeinschaft und des Europarates nach Bonn Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 7369 A Vogt (CDU/CSU) 7369 A Liehr (SPD) 7369 B Moersch (FDP) 7369 C II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 143. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1967 Fragen des Abo. Dorn: Bericht über den Prozeß gegen die aus Deutschland entführten Süd-Koreaner — Schritte der Bundesregierung zu ihrer Rückführung Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 7369 D, 7371 C Dorn (FDP) 7369 D, 7371 D Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 7370 A, 7372 B, 7373 A Genscher (FDP) . . . 7370 B, 7373 C Busse (Herford) (FDP) . . 7370 D, 7373 B Dr: Staratzke (FDP) . . . . . . . 7371 A Moersch (FDP) . . . . . . . . 7371 B Dr. Müller (München) (SPD) . . . . 7372 C Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (SPD) . 7372 D, 7373 B Fragen des Abg. Dr. Müller (München) : Verbot des Gebrauchs der deutschen Sprache durch einen örtlichen amerikanischen Kommandeur Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . 7373 D Dr. Müller (München) (SPD) 7374 A Frage des Abg. Geldner: Etwaige Bemühungen um Öffnung des Grenzübergangs Höll im Lkr. Waldmünchen Benda, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 7374 B Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 7374 C Frage des Abg. Dr. Kempfler: Zuerkennung der deutschen Staatsangehörigkeit an ausländische, in der Bundesrepublik approbierte Ärzte auf deren Antrag zwecks Behebung des Ärztemangels 7374 D Fragen des Abg. Büttner: „Schwarzbuch der deutschen Kripo" — Wirtschaftsstraftäter Benda, Parlamentarischer Staatssekretär 7375 A, B Büttner (SPD) 7375 D Zur Geschäftsordnung Genscher (FDP) 7376 A Scheel, Vizepräsident 7376 A Aktuelle Stunde Notwendigkeit einer Rückführung der aus der Bundesrepublik entführten SüdKoreaner Dorn (FDP) 7376 B Dr. Kopf (CDU/CSU) . . . . . 7386 D Busse (Herford) (FDP) . . . . . 7377 B Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . 7377 D, 7379 A Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 7378 C Dr. Müller (München) (SPD) . . . 7379 D Wagner (CDU/CSU) . . . . . . 7380 B Dr. Klepsch (CDU/CSU) . 7381 A, 7383 A Porzner (SPD) . . . . . . . . . 7381 D Genscher (FDP) . . . . 7382 B, 7383 A Dr. Klepsch (CDU/CSU), Erklärung nach § 36 GO . . . . . . . . 7383 A Genscher (FDP), Erklärung nach § 36 GO . . . . . . . . 7383 A Dr. Wörner {CDU/CSU) . . . . . 7383 B Ollesch (FDP) . . . . . . . . . 7383 D D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . . . 7384 C, 7387 C, 7388 D Hirsch (SPD) . . . . . . . . 7384 C Dr. Becher (Pullach) (CDU/CSU) . . 7385 B Neumann (Berlin) (SPD) . . . . . 7386 A Mischnick (FDP) . . . . . . . . 7386 C Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär, nach Art. 43 GG . . 7387 D, 7389 D Zoglmann (FDP), nach § 48 Abs. 1 GO 7389 A Zur Geschäftsordnung Rasner (CDU/CSU) 7390 A Genscher (FDP) . . . . . . . 7390 B D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . . 7390 C Antrag betr. Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (Abg. Dr. Wörner, Dr. Häfele, Baron von Wrangel, Dichgans, Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Dr. Stark [Nürtingen] u. Gen. und Fraktion der CDU/CSU) (Drucksache V/2343) Dr. Wörner (CDU/CSU) 7390 D Moersch (FDP) 7391 D Baron von Wrangel (CDU/CSU) . 7394 D Dr. Luda (CDU/CSU) 7395 B D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . 7395 C, D Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 143. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1967 III Mündlicher Bericht des Petitionsausschusses über seine Tätigkeit gem. § 113 Abs. 1 GO, in Verbindung mit Sammelübersicht 25 des Petitionsausschusses über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen (Drucksache V/2364) Frau Wessel (SPD) . . . . . . . 7396 A Fritsch (Deggendorf) (SPD) . . . 7398 C Folger (SPD) 7399 B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 7399 B D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . . 7399 C Entwurf eines Arbeitsförderungsgesetzes (Drucksache V/2291) — Erste Beratung — Katzer, Bundesminister 7400 A Müller (Remscheid) (CDU/CSU) . 7405 B Folger (SPD) 7408 B Schmidt (Kempten) (FDP) 7410 B Diebäcker (CDU/CSU) 7414 A Frau Freyh (SPD) . . . . . . 7415 C Moersch (FDP) . . . . . . . 7416 D Müller (Berlin) (CDU/CSU) . . . 7417 C Porten (CDU/CSU) 7418 B Jaschke (SPD) 7419 A Frau Blohm (CDU/CSU) 7419 D Behrendt (SPD) . . . . . . . 7420 A Horstmeier (CDU/CSU) 7421 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes (CDU/CSU) (Drucksache V/2234) Ziegler (CDU/CSU) 7422 C Seidl (SPD) 74 24 C Schmidt (Kempten) (FDP) 7425 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 15. Dezember 1960 gegen Diskriminierung im Unterrichtswesen und zu dem Protokoll vom 18. Dezember 1962 über die Errichtung einer Schlichtungs- und Vermittlungskommission (Drucksache V/1583); Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses (Drucksache V/2336) — Zweite und dritte Beratung — 7426 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Assoziierungsabkommen vom 16. Juli 1966 zwischen der EWG und der Republik Nigeria sowie dem Internen Durchführungsabkommen (Drucksache V/1610); Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 GO (Drucksache V/2352), Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses (Drucksache V/2531) — Zweite und dritte Beratung — 7427 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 22. September 1966 mit dem Königreich der Niederlande über die Regelung der Grenzübergänge der Eisenbahnen (Drucksache V/2189); Schriftlicher Bericht .des Verkehrsausschusses (Drucksache V/2355) — Zweite und dritte Beratung — 7427 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Abg. Kühn [Hildesheim], Meis, Prinz von Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Dr. von Nordenskjöld u. Gen.) (Drucksache V/2243) — Erste Beratung — . . . . . . . . . 7427 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Abzahlungsgesetzes (SPD) (Drucksache V/2309) — Erste Beratung — Dr. Reischl (SPD) . . . . . . . 7427 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 17. November 1965 zur Änderung des Art. 4 des Abkommens vom 22. November 1928 über Internationale Ausstellungen in der Fassung des Änderungsprotokolls vom 10. Mai 1948 (Drucksache V/2354) — Erste Beratung — . . . . . 7429 A Entwurf eines Gesetzes über eine Statistik der Einkommen- und Körperschaftsteuererklärungen (Drucksache V/2360) — Erste Beratung — Schulte (SPD) 7429 C Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Entwicklungshilfe über den Antrag der Fraktion der FDP zur Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Entwicklungspolitik (Umdruck 285, Drucksache V/2349 [neu]) 7429 D Schriftlicher Bericht des Innenausschusses über den von den Abg. Schoettle, Windelen, Dr. Emde u. Gen. eingebrachten Antrag betr. Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung über den von den Abg. Gscheidle, Brück (Köln), Dorn u. Gen. eingebrachten Antrag betr. Verwaltungsvereinfachung durch Datenverarbeitung (Drucksachen V/1655, V/1933, V/2381) . . 7429 D Mündlicher Bericht des Rechtsausschusses über die Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht: Antrag des Bundes der Deutschen auf Feststellung, daß die §§ 18, 19, 20, 34, 35, 36 und 39 des Gesetzes über die politischen Parteien vom 24. Juli 1967 verfassungswidrig seien (Drucksache V/2339) 7430 A IV Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 143. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1967 Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der EWG für eine Richtlinie des Rats über Zusatzstoffe in der Tierernährung (Drucksachen V/2011, V/2358) 7430 A Schriftlicher Bericht des Gesundheitsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Richtlinie des Rats für die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Werbung für Arzneispezialitäten und über die Packungsbeilage (Drucksachen V/1894, V/2363) 7430 B Antrag der Fraktion der SPD betr. Bericht Bundeskriminalamt (Drucksache V/2350) Hübner (SPD) . . . . . . . . . 7430 C Antrag betr. Rückführung deutscher Wissenschaftler (Abg. Dr. Martin, Dr. Huys, Dichgans, Frau Geisendörfer u. Gen.) (Drucksache V/2179 [neu]) 7431 C Antrag betr. Verkehrsausbau in den Gemeinden (Abg. Lemmrich, Rawe u. Gen.) (Drucksache V/2203) 7431 D Antrag betr. Richtlinien für Bundeszuwendungen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden (Abg. Dr. Hammans, Rösing, Porten, Müser, Baier u. Gen. und Fraktion der CDU/CSU) (Drucksache V/2282) 7431 D Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche des ehem. Flugplatzes Köln-Ostheim (Drucksache V/2311) 7432 Nächste Sitzung 7432 Anlagen 7433 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 143. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1967 7361 143. Sitzung Bonn, den 13. Dezember 1967 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Berichtigung. Es ist zu lesen: 141. Sitzung, Seite 7200 D, dritte Zeite von unten statt Millionen: Milliarden. 141. Sitzung, Seite 7226 D, Zeile 4 statt Versuchsbeschluß: Versuchsbeschuß. 142. Sitzung, Seite 7318 B, Zeile 4 statt jeweils; insgesamt. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Achenbach 15. 12. Frau Albertz 15. 12. Arendt (Wattenscheid) 13. 12. Bading * 13. 12. Baier 15. 12. Bals 15. 12. Bauer (Würzburg) ** 14. 12. Berlin 15. 12. Dr. Besold 13. 12. Blachstein 15.12. Börner 14. 12. Cramer 17.12. Dr. Dittrich * 15. 12. Draeger ** 13. 12. Frau Dr. Elsner 15. 12. Fläming ** 13. 12. Gerlach * 15. 12. Gewandt 15. 12. Gibbert 16. 12. Dr. h. c. Güde 15. 12. Haage (München) 15. 12. Frau Herklotz ** 13. 12. Hilbert ** 13. 12. Hölzle 16.12. Illerhaus * 13. 12. Jahn (Marburg) 13. 12. Kahn-Ackermann ** 13. 12. Frau Klee 13. 12. Klinker * 13. 12. Frau Korspeter 23. 12. Kriedemann * 13. 12. Dr. Kübler 31. 12. Kühn (Hildesheim) 15. 12. Kunze 31. 12. Lenz (Brühl) 31. 12. Dr. Lindenberg 15. 12. Lücker (München) * 13. 12. Mauk * 13. 12. Missbach 15. 12. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 15. 12. Müller (Aachen-Land) * 15. 12. Paul 31. 12. Raffert 16. 12. Ramms 13. 12. Riegel (Göppingen) 16. 12. Rollmann 15. 12. Prinz zu Sayn-Wittgenstein- Hohenstein 20.12. Frau Schanzenbach 20. 12. Schwabe 13. 12. Dr. Schwörer 13. 12. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Beratenden Versammlung des Europarats Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Spitzmüller 15. 12. Dr. Starke (Franken) 15. 12. Steinhoff 31. 12. Tallert 21. 1. 1968 Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell ** 12. 12. Dr. Wahl 16. 12. Weimer 15. 12. b) Urlaubsanträge Hörmann (Freiburg) 20. 12. Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Freiherr von Gemmingen (FDP) zu Punkt 15 der Tagesordnung. Die FDP begrüßt die Äußerungen der Bundesregierung und der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, die Entwicklungshilfe auch in Zukunft nach entwicklungspolitischen und wirtschaftlichen, nicht nach außenpolitischen Gesichtspunkten auszurichten. Wir Freien Demokraten möchten nochmals darauf hinweisen, wie wichtig eine kontinuierlich durchgeführte Entwicklungshilfe ist. Es ist erforderlich, daß die Entwicklungshilfe aus den Wechselfällen der Außenpolitik herausgehalten wird. Damit soll allerdings nicht gesagt sein, daß die Entwicklungshilfe nicht als Mittel dazu dienen kann, Freunde für die Bundesrepublik im Ausland zu gewinnen. Zu Punkt 2 des Antrages der FDP-Fraktion möchte ich bemerken, daß der Ausschuß über die von uns gewählte Formulierung noch hinausgegangen ist. Die FDP hat den Antrag zu diesem Punkt gestellt, um der Bundesregierung im Falle von Verhandlungen über die Bildung eines 3. Europäischen Entwicklungsfonds einen entsprechenden politischen Rückhalt zu geben. Die FDP ist nämlich der Ansicht, daß die Wirtschaft der Bundesrepublik an den zu vergebenden Aufträgen nicht in dem Verhältnis zur Höhe des deutschen Finanzanteils beteiligt gewesen sei. Erfreulicherweise hat sich der Ausschuß dafür ausgesprochen, auch auf eine Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen bei Ausschreibungen im Rahmen des laufenden 2. Europäischen Entwicklungsfonds hinzuwirken. Auf Grund der veränderten Konjunkturlage ist der Hinweis auf die für die Bundesrepublik ungünstigen Wettbewerbsbedingungen zu begrüßen und mit der Hoffnung verbunden, daß seitens der Bundesregierung eine baldige Abhilfe geschaffen wird. Zu Punkt 3 ist zu sagen, daß die FDP die fehlende Übersicht über die deutsche Personalplanung für den Einsatz in internationalen Organisationen bemängelt. Eine Straffung der Personalpolitik in diesem Bereich ist dringend erforderlich. Das Verhältnis der deutschen personellen Beteiligung liegt 7434 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 143. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1967 bei den meisten Organisationen unter dem Prozentsatz, den die Bundesregierung auf Grund ihrer Beitragsleistungen von jährlich rund 1/2 Milliarde DM für rund 130 internationale Organisationen beanspruchen könnte. Um die Zersplitterung der Planung zu überwinden, eine schnellere Vakanzbekanntgebung zu erreichen, die Personalfluktuation und die erforderliche Personalreserve zu übersehen, ist die Errichtung einer zentralen Koordinierungsstelle notwendig. Eine derartige Stelle kann wiederum nur dann mit Aussicht auf Erfolg arbeiten, wenn sich auch Länder und Gemeinden zur Mitarbeit zusammenfinden und insbesondere die Betreuung und Eingliederung zurückkehrender Beamter in die Hände nehmen. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Lauritzen vom 7. Dezember 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dröscher (Drucksache V/2333 Frage 3) : Hält es die Bundesregierung für zulässig, daß im Rahmen eines vom Bund unterstützten Demonstrativbauprogramms in Bad Kreuznach ein gemeinnütziges Wohnungsbauunternehmen (Heimstätte) mit 12 Bauherrn die Kaufeigenheim- und Bewerberverträge bei Vertragsabschluß im Jahre 1965, als einige der Häuser bereits weitgehend fertiggestellt waren und demnach ein Überblick über die Baukosten bestand, eine Kaufsumme von 86 000 DM vereinbart hatte und am 4. Oktober 1967 auf Grund einer vorläufigen Abrechnung, wobei kein Einzelnachweis über die Kosten geführt wird, 99 253 DM als Übernahmepreis verlangt? Gerade bei Eigentumsmaßnahmen müssen nach meiner Meinung die Baukosten vorsichtig kalkuliert werden, damit die Bewerber nicht durch unvorhergesehene Kostenüberschreitungen vor Belastungen gestellt werden, die für sie nicht mehr tragbar sind. Diese Feststellung gilt ganz allgemein, besonders aber auch für Demonstrativbauvorhaben, die ebenso wie andere Bauvorhaben unter der Verantwortung des Landes durchgeführt werden. Nach meinen Feststellungen hat in dem von Ihnen genannten Fall bei Kaufvertragsabschluß nur eine Vorkalkulation von voraussichtlich 86 000,- DM zugrunde gelegen. In dem Bewerbervertrag soll ausdrücklich darauf hingewiesen worden sein, daß sich die Kalkulation ändern könne. Die Vorkalkulation wurde 1963 aufgestellt, das Bauvorhaben im Frühjahr 1964 ausgeschrieben und das Haus, auf das die in der Frage angegebenen Zahlen zutreffen, im Februar 1966 bezogen. Der Bauträger hat im einzelnen dargelegt, worauf die Mehrkosten von rund 13 000,— DM beruhen: 1. Das an sich schon sehr große Grundstück wurde infolge von Grenzkorrekturen bei der amtlichen Vermessung um 120 qm vergrößert, wodurch sich die Grundstücks- und Erschließungskosten um insgesamt 6917,83 DM erhöhten. 2. Die Baunebenkosten haben sich um 3556,89 DM verteuert, darunter die Finanzierungskosten um 2828,15 DM, die Betreuungsgebühren um 431,17 DM und die Kosten für Behördenleistungen um 282,18 DM. Die Erhöhung der Finanzierungskosten beruhte im wesentlichen darauf, daß der Bewerber erst 1 Jahr nach Baugebinn den Vertrag abschloß und somit vorher eine Zwischenfinanzierung notwendig war. 3. Die reinen Baukosten erhöhten sich ebenfalls um 3665,63 DM. Ursache hierfür waren nicht voraussehbare Tieferfundierungen, aber auch kleinere Wertverbesserungen, z. B. an der Heizung und Antenne. Die endgültigen reinen Baukosten sind dennoch mit 539,36 DM pro qm Wohnfläche sehr günstig. Den Kostenerhöhungen von über 14 000,— DM stehen Kostenminderungen von über 880,— DM gegenüber, so daß sich für diesen einmaligen Fall im Demonstrativvorhaben Bad Kreuznach eine effektive Erhöhung von 13 253,17 DM ergibt. Der Übernahmepreis vom 4. 10. 1967 basiert im Gegensatz zu Ihrer Information nicht auf einer vorläufigen Abrechnung ohne Einzelnachweis der Kosten, sondern auf der endgültigen Schlußabrechnung, die detailliert im August 1967 aufgestellt und der zuständigen Landestreuhandstelle zur Prüfung vorgelegt worden ist. Da keine Beanstandungen erfolgten, wurden die Schlußraten der Landes- und Bundesmittel ausgezahlt. Nach Angaben des Bauträgers hat die Schlußabrechnung den Kaufanwärtern zur Einsichtnahme zur Verfügung gestanden. Sollten Sie noch weitere Einzelheiten wünschen, bin ich gerne bereit, weitere Erhebungen anstellen zu lassen. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 6. Dezember 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dröscher (Drucksache. zu V/2333 Frage 77) : Hält es die Bundesregierung für richtig, daß das Land Rheinland-Pfalz beabsichtigt, unter Verwendung von Bundesmitteln im Raum Nahbollenbach (Nahe) neben zwei bereits bestehenden Aussiedlungen eine dritte zu errichten, obwohl die beiden dort bereits ansässigen Siedler der Überzeugung sind, daß das dort vorhandene und einer Siedlungsgesellschaft gehörende Land dringend zur Aufstockung ihres eigenen Bedarfs benötigt wird? Die Siedlungsmaßnahmen werden von den Ländern in eigener Verantwortung durchgeführt. Es ist deshalb nicht möglich, daß der Bund darüber entscheidet, in welcher Weise anfallendes Siedlungsland im Einzelfall zu verwerten ist. Eine solche Entscheidung kann nur von den im Land zuständigen Stellen auf Grund eingehender Prüfung getroffen werden. Dabei sind vor allem zu berücksichtigen die für eine ausreichende Existenz notwendige Betriebsgröße, der tatsächliche Umfang der für eine Aufstockung geeigneten Flächen, die Zahl der für ein solches Aufstockungsland in Frage kommenden Bewerber und deren Wirtschafts- und Kreditfähigkeit. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 143. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1967 7435 Im übrigen darf ich bemerken, daß es sich nach der von mir bei dem Ministerium für Landwirtschaft, Weinbau und Forsten des Landes RheinlandPfalz eingeholten Auskunft um 2 im Jahre 1958 errichtete Neusiedlerstellen handelt, von denen die eine heute bereits 30 ha Eigenland und 8 ha Zupachtland, insgesamt 38 ha, umfaßt, während die andere 29,77 ha Eigenland und 4,65 ha Zupachtland = 34,42 ha ausweist. Darüber hinaus werden die beiden Stellen voraussichtlich in absehbarer Zeit im Zuge eines beschleunigten Zusammenlegungsverfahrens auf je 40 bis 45 ha Wirtschaftsfläche vergrößert werden. Die Siedlungsgesellschaft (Landsiedlung Rheinland-Pfalz GmbH) verfügt noch über einen Landvorrat von 35 ha, der von ,der Gemeinde Nahbollenbach an ,die Landsiedlung verkauft worden ist. Auf dieser Fläche soll eine Neusiedlerstelle für einen Heimatvertriebenen errichtet werden, der schon seit vielen Jahren sich um eine ausreichende Siedlerstelle beworben hat und jetzt einen Betrieb von 10 ha bewirtschaftet und über entsprechendes Eigenkapital (60 000 DM) verfügt.
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    Rede von Hans Katzer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag hat mit Beschluß vom 29. Juni 1966 die Bundesregierung aufgefordert, den Entwurf einer Novelle zum Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vorzulegen und damit das Gesetz an den technischen Fortschritt und die wirtschaftliche Entwicklung anzupassen. Ich habe mich jedoch bald nach meinem Amtsantritt davon überzeugt, daß eine bloße Novelle zum Gesetz nicht mehr ,den Anforderungen genügen würde, die heute an eine moderne Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik gestellt werden, ganz abgesehen von der Tatsache, daß das Gesetz von 1957 bis heute bereits achtmal novelliert wurde. Notwendig wurde jetzt, so glaube ich, eine Reform. Auch der Bundestagsausschuß für Arbeit stellte ausdrücklich fest, daß die Zeit reif dafür sei.
    Anpassung an den technischen Fortschritt und an die wirtschaftliche Entwicklung — in diesem Auftrag liegt die ganze Fülle der Probleme beschlossen, die wir mit der Neufassung in Angriff nehmen mußten. Wer mit dieser Blickrichtung an die bisherige Gesetzesmaterie heranging, konnte nicht auf halbem Wege bei einzelnen Änderungen des alten Gesetzes stehenbleiben; er mußte die Zielsetzung des Gesetzes neu durchdenken, ,die Systematik überarbeiten und Konsequenzen in ,den Methoden und Maßnahmen bis ins einzelne hinein ziehen. Nicht zuletzt aus diesem Grunde hat ja auch die Bundestagsfraktion der SPD den Initiativentwurf eines Arbeitsmarktanpassungsgesetzes eingebracht.
    Welcher Art sind nun die Gründe für ein neues Gesetz, das nach dem Vorschlag ,der Bundesregierung „Arbeitsförderungsgesetz" heißen soll und das Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung ablöst? Lassen Sie mich in kurzen Zügen hierauf eine Antwort geben.
    Das geltende Gesetz hat eine lange Tradition. Die letzte bedeutende Neufassung stammt aus den Jahren 1955/56, einer Zeit also, in der die Wirtschaft der Bundesrepublik noch mitten in einem steilen und gradlinigen Aufschwung stand. Wir hatten eine Entwicklung zur Vollbeschäftigung, die schon bald in eine anhaltende Überbeschäftigung und Anspannung des Arbeitsmarktes überging. Seitdem sind zwölf Jahre vergangen, in denen wir viele neue wirtschaftliche und soziale Erfahrungen gesammelt haben; und wir sammeln sie noch täglich; das Jahr 1967 hat dies, so glaube ich, zur Genüge bewiesen. Erfahrungen, die wir sammelten, erlauben es uns aber auch, unsere gesellschaftspolitischen Ziele und Aufgaben besser zu sehen und zu formulieren und die Instrumente und Wege zur Lösung der Probleme treffender zu gestalten. Das gilt nicht zuletzt auch für den Bereich der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik.
    Lassen Sie mich in wenigen Punkten das geltende AVAVG und den Entwurf des Arbeitsförderungsgesetzes gegenüberstellen.
    Schon die bisherige Bezeichnung des Gesetzes AVAVG, zeigt, wie damals der Gesetzgeber die Schwerpunkte legte. Es waren die Vermittlung von Arbeitskräften, der jeweilige Ausgleich auf dem Arbeitsmarkt einschließlich der Berufsberatung einerseits und die Arbeitslosenversicherung mit ihrem Beitrags- und Leistungsrecht nach versicherungsrechtlichen Vorstellungen andererseits. Wenn man sich die Systematik des Gesetzes genauer ansieht, so wird einem rasch klar, daß das tragende Gerüst die Konstruktion der Arbeitslosenversicherung war, auf der alle wichtigen Leistungen und die Organisation der Bundesanstalt bis hin zur Anlagepolitik aufbauten.
    Das Gesetz entsprach den damals gültigen Auffassungen im wirtschaftlichen und sozialen Leben und den damals anstehenden Problemen. Es ließ aber auch der Selbstverwaltung und der Praxis der Bundesanstalt einen gewissen Spielraum für eine flexible Politik, und ich freue mich, hier feststellen zu können, daß dieser Spielraum in den letzten Jahren in Zusammenarbeit mit meinem Hause zunehmend genutzt werden konnte.
    Aber gerade dabei haben wir — wenn ich sage „wir", dann meine ich die Selbstverwaltung der Bundesanstalt, die Sozialpartner und die Bundesregierung — immer wieder die Grenzen der Gestaltungsmöglichkeiten erfahren müssen. Ich glaube sogar, daß diese oder jene Regelung, die erforderlich wurde, etwas hart an der Grenze des gesetzlich gezogenen Rahmens herankam, zum mindesten nicht mehr mit den ursprünglichen Intentionen des Gesetzes ganz in Übereinstimmung stand. Sie mögen daraus ersehen: Trotz mancher wohlgemeinter Bemühungen läuft die soziale, technische und wirtschaftliche Entwicklung der Gesetzgebung davon: Das ist der eigentliche Grund dafür, daß wir mit einem neuen Entwurf den Rahmen für eine aktive Beschäftigungspolitik, die mit vielen Instrumenten arbeiten muß, neu und erweitert spannen müssen.
    Lassen Sie mich nun zur Zielsetzung des Arbeitsförderungsgesetzes einige Bemerkungen machen.
    Lassen Sie mich zunächst auf die Ziele und auf die Gliederung des vorliegenden Entwurfs eingehen. Die Aufgaben der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik sind, so glaube ich, nicht isoliert zu sehen. Sie stehen mit drei anderen großen gesellschaftspolitischen Zielsetzungen in einem engen sachbezogenen Zusammenhang: erstens mit einer aktiven Konjunkturpolitik, die auf einen hohen Beschäftigungsgrad ausgerichtet ist, zweitens mit einer Strukturpolitik, die wirtschaftlichen Wandlungen gerecht zu werden versucht und Anpassungen erleichtern will, drittens mit einer modernen Bildungspolitik,
    Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 143. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1967 7401
    Bundesminister Katzer
    die allen Schichten neue Chancen im gesellschaftlichen Status und Fortkommen erschließen will.
    Lassen Sie mich zur ersten Zielsetzung, Ergänzung der Konjunkturpolitik, eine Bemerkung hinzufügen. Die Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik kann und will selbstverständlich keine Konjunkturpolitik ersetzen. Sie kann und will sie aber sinnvoll ergänzen. In der Vergangenheit gab es kein oder nur ein sehr unzureichendes konjunkturpolitisches Instrumentarium. Man wußte sehr wenig über die richtige, der jeweiligen Konjunkturlage angemessene Verhaltensweise der öffentlichen Haushalte. So ist es zu verstehen, daß die Versicherungsträger der Arbeitslosenversicherung sich gleichsam durch hohe finanzielle Polster selbst gegen das Risiko großer Arbeitslosigkeit zu schützen suchten oder sich sogar der fehlenden konjunkturpolitischen Absicherung wegen schützen mußten. Heute sind wir bereit und imstande, eine wirksame Konjunkturpolitik zu betreiben. Niemand von uns wird dabei auf den Gedanken kommen, zu behaupten, daß wir damit die Gefahr einer größeren Arbeitslosigkeit endgültig und für alle Zeiten gebannt hätten. Aber sicher ist, daß im Falle einer stärkeren Rezession die verantwortlichen Stellen mit allen Kräften der Gefahr einer Massenarbeitslosigkeit entgegenwirken werden.
    Damit bekommt aber die Ansammlung von Mitteln der Arbeitslosenversicherung eine besondere Funktion. Das Risiko der Massenarbeitslosigkeit ist durch eine Versicherung nicht abdeckbar. Darin sind sich, soweit ich sehe, die Wissenschaftler längst einig. Das Rücklagevermögen kann in einer solchen Situation nicht helfen. Darum kann der Beitrag zu den Aufgaben der Bundesanstalt stärker den jeweiligen konjunkturpolitischen Erfordernissen angepaßt werden und vor allem das Vermögen der Bundesanstalt in größerem Maße als bisher beschäftigungs- und strukturpolitischen Zwecken dienen.
    Dabei ist es ganz selbstverständlich — lassen Sie mich das unterstreichen, meine Damen und Herren —, daß die Zahlung des Arbeitslosengeldes nicht gefährdet werden darf. Wie sich Arbeitsmarkt und Konjunkturpolitik sinnvoll ergänzen können, hat sich im übrigen in den letzten Monaten gezeigt. Die erreichte Zahlung des Kurzarbeitergeldes hat manche unnötige Freisetzung von Arbeitnehmern verhindern können. Damit haben wir auch noch nachträglich eine Rechtfertigung für die damals nicht ganz unumstrittene Maßnahme.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Lassen Sie mich noch etwas zur Strukturpolitik sagen. Der Zusammenhang zwischen den Aufgaben der Strukturpolitik und der Arbeitsmarktpolitik und Beschäftigungspolitik scheint mir hier noch enger zu sein. Hier liegt der entscheidende Wandel in der Zielsetzung des Entwurfs, der bei allen Maßnahmen bis in die letzten Einzelheiten deutlich wird. Es geht nicht mehr nur darum, sich für den Fall der Arbeitslosigkeit finanziell zu wappnen, sondern darum, Arbeitslosigkeit soweit wie möglich rechtzeitig zu verhüten. Jede Mark, die wir hier einsetzen, ist viel sinnvoller aufgewendet, als wenn wir sie später
    in Form von Arbeitslosengeld an die Betroffenen zahlen müßten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Lassen Sie mich nur eine Zahl in diesem Zusammenhang nennen. 10 000 Arbeitslose kosten die Bundesanstalt rund 60 Millionen DM im Jahr. Wenn es uns gelingt, diese 10 000 Arbeitslosen in Beschäftigung zu bringen, dann verdienen sie 100 Millionen DM und zahlen davon naturgemäß ihre Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, zur Rentenversicherung, zur Krankenversicherung sowie Steuern etc. Aus diesem Beispiel wird sichtbar, was gemeint ist und wo unsere Aufgabe liegt.
    Wirtschaftlich und technisch bedingte Strukturwandlungen — das wissen in diesem Hohen Hause alle — prägen mehr und mehr das Bild der modernen Industriegesellschaft. Sie sind zu einem großen Teil unvermeidbar und gehören, ob man das will oder nicht, zum wirtschaftlichen Fortschritt. Gerade wenn wir ein angemessenes und dauerhaftes Wachstum der Wirtschaft wollen, müssen wir auch strukturelle Änderungen hinnehmen. Sie stellen aber — das darf nicht verkannt werden — hohe und harte Anforderungen an die Berufstätigen. Die Arbeitnehmer müssen in wachsendem Maße beruflich und geistig beweglich und damit anpassungsfähig im Wirtschaftsleben sein. Eine hohe Mobilität der Arbeitnehmer wird auch wie schon in früheren Jahren in dem neuen Jahresgutachten des volkswirtschaftlichen Sachverständigenrates gefordert. Die wachsende Wirtschaft, so sagen die Sachverständigen, kann den Arbeitnehmern hierbei helfen. Die Förderung der Mobilität der Arbeitnehmer ist aber auch die Kernaufgabe, die sich der Entwurf des Arbeitsförderungsgesetzes stellt. Sie könnte geradezu die Überschrift dieses Gesetzes sein. Diese Überschrift könnte heißen: Mobilität der Arbeitskräfte. Strukturwandlungen in einer wachsenden Wirtschaft, eine flexible Berufswahl und Grundausbildung, ständige berufliche Anpassung im Arbeitsleben und Wechsel des Arbeitsplatzes oder auch des Berufs, an diesen wirtschaftlichen und sozialen Erfordernissen hat sich der vorliegende Gesetzentwurf orientiert. Hierauf sind Arbeitsvermittlung, Berufs- und Arbeitsberatung, Statistik und Vorausschau sowie die Förderung der beruflichen Bildung auszurichten. Deshalb heißt es in § 3 des Entwurfs, daß die Bundesanstalt .insbesondere dazu beiträgt, daß die berufliche Beweglichkeit der Erwerbspersonen gesichert und verbessert wird.
    Lassen Sie mich zum dritten sagen: Mobilität durch berufliche Bildung. Berufliche Mobilität ist nicht zu trennen von beruflicher Bildung. Diese schafft erst die Grundlage für das Anpassungs- und Umstellungsvermögen der Arbeitnehmer. Darum steht im Mittelpunkt des Gesetzentwurfs ein System der Förderung der beruflichen Bildung. Diese Förderungsmaßnahmen sollen dem beruflichen Bildungswesen, der Ausbildung, der Fortbildung und der Umschulung den Platz geben, der der Berufsbildung im Rahmen unseres Gesamtbildungswesens zukommt. Ich sage: zukommt, und füge hinzu, daß ich die Sorge habe, daß das noch nicht überall richtig erkannt isst. Ich glaube, wir alle freuen uns, daß der
    7402 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 143. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1967
    Bundesminister Katzer
    Bildungspolitik eine immer größere Bedeutung beigemessen wird. Aber mit etwas Sorge verfolge ich den Tatbestand, daß man in der Bundesrepublik Deutschland unter Bildungspolitik überwiegend höhere Schulen, Hochschulen, Technische Hochschulen und nicht den ganzen Bereich der beruflichen Bildung versteht.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Deshalb glaube ich, daß wir unseren Beitrag, diese Gesamtschau zu fördern, auch von dieser Debatte aus leisten können und leisten müssen. Wir müssen dafür Sorge tragen, daß mehr davon Notiz genommen wird, daß der weitaus größte Teil der Jugendlichen nach dem Abschluß der Volksschule oder einer Realschule unmittelbar in das Berufs- und Wirtschaftsleben eintritt und sich damit auf diesem Felde die Aufgabe der Weiter- und Aufstiegsbildung stellt. Ich glaube, daß mit dem Arbeitsförderungsgesetz hier andere Akzente gesetzt werden und vor allem auch wirksame Instrumente mit dem nötigen finanziellen Rückhalt zur Bildungsförderung geschaffen werden.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich im zweiten Teil nun einige Schwerpunkte der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Reform ansprechen.
    Zunächst eine Bemerkung zur Förderung der beruflichen Bildung. Eine Erhebung des Statistischen Bundesamtes zeigt, daß 1964 fast ein Drittel aller Erwerbstätigen nicht mehr im erlernten Beruf beschäftigt war. Eine neuere Untersuchung, die fast 7 Millionen Erwerbspersonen erfaßte, zeigt, daß jetzt fast 50% nicht mehr unmittelbar im erlernten Beruf beschäftigt sind. Das heißt — und hier scheint mir ein Umdenkungsprozeß für die Zukunft notwendig —, 50 Jahre Arbeitsleben bedeuten für die Zukunft nicht nur drei Jahre Lehrzeit und dann eine Einbahnstraße auf das 65. Lebensjahr hin, sondern sie bedeuten, daß man sich auf 47 Jahre beruflicher Fortbildung, beruflicher Anpassung, Berufswechsel und Umschulung einrichten muß und sich schon innerlich, geistig — anders als früher — damit abfinden muß, daß man nicht einen Beruf erlernt, um ihn im ganzen Leben zu erfüllen, sondern sich darauf einstellt, daß man ihn erlernt, um dadurch in die Lage versetzt zu sein, ihn im Leben einmal und vielleicht auch mehrmals wechseln zu müssen. Deshalb steht im Mittelpunkt dieses Entwurfs des Arbeitsförderungsgesetzes ein Programm zur systematischen Förderung dieses lebenslangen Lernprozesses. Die wichtigste Bestimmung ist dabei die Gewährung eines Unterhaltsgeldes in Höhe von 120'0/o des in Frage kommenden Arbeitslosengeldes, und zwar in der Regel für einen Zeitraum bis zu zwei Jahren. Jedem, der an einem weiterbildenden Lehrgang oder an einer Umschulung teilnimmt, ist damit sein Unterhalt und der Unterhalt seiner Familie gesichert. Für einen Teil haben wir dies, wie Sie wissen, bereits in der 7. Novelle vorweggenommen.
    Lassen Sie mich noch darauf hinweisen, meine Damen und Herren, daß die Bundesanstalt die Lehrgangskosten, die Kosten für Lernmittel, Fahrkosten,
    Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie die Kranken- und Unfallversicherung mit trägt.
    Zur Größenordnung kann ich sagen, daß bereits auf Grund der 7. Novelle und der damit gegebenen Möglichkeiten die Umschulungsmaßnahmen wesentlich zugenommen haben. So haben wir vorgestern in Düsseldorf eine Arbeitsmarktkonferenz gehabt, auf der bekanntgegeben wurde, daß wir allein im Bereich des Landesarbeitsamts Nordrhein-Westfalen im Zeitraum vom 1. Januar 1966 bis zum Oktober 1966 1000 Personen in Umschulungsmaßnahmen hatten, für den gleichen Zeitraum im Jahre 1967 mittlerweile mehr als 4280 Personen.
    Das gleiche gilt für den Bereich der Leistungsförderung. Wir haben das Leistungsförderungsgesetz in der letzten Legislaturperiode im Schatzausschuß gemeinsam initiativ gestaltet. Obwohl wir aus finanziellen Gründen den Fonds aus dem VW-Vermögen leider nicht mehr beibehalten konnten und eine Verlagerung auf die Bundesanstalt in Nürnberg vornehmen mußten, ergeben sich für die Leistungsförderung folgende Zahlen. — Herr Kollege Lange, Sie waren damals an diesen Dingen beteiligt. — Von Januar bis Oktober 1966 hatten wir nach dem Leistungsförderungsgesetz 1206 Bewilligungen mit einer Summe von 814 000 DM, im gleichen Zeitraum des Jahres 1967 2764 Bewilligungen mit einer Summe von 1,7 Millionen DM.
    Ich möchte die Gelegenheit benutzen, um gerade auch an dieser Stelle der Selbstverwaltung der Bundesanstalt, dem Präsidenten und allen seinen Mitarbeitern in sehr herzliches Wort des Dankes für die Arbeit zu sagen, die sie hier geleistet haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch darauf hinweisen, daß all diese Maßnahmen der Umschulung, .der Fortbildung und insbesondere des Leistungsförderungsprogramms mit dem up-to-dateProgramm wesentliche Voraussetzung für eine verstärkte Bildungsarbeit unserer Frauen sind. Wir ziehen damit auch zum erstenmal eine Konsequenz aus der Frauenenquete, die wir dem Hohen Hause im vergangenen Jahr vorgelegt haben. Was war denn, in einem Globalsatz zusammengefaßt, das Ergebnis dieser Frauenenquete? Im wesentlichen die Feststellung, daß hier der größte Nachholbedarf liegt, wenn ich das einmal so nennen darf, und daß wir für eine bessere Ausbildung unserer Frauen sorgen müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Weil das nicht der Fall gewesen ist, sind die schlimmsten Schädigungen entstanden. Deswegen freue ich mich, daß das Leistungsförderungsprogramm gerade für unsere Frauen Möglichkeiten gibt, und zwar nicht nur für eine Frauenerwerbstätigkeit im allgemeinen Sinne, sondern gerade für die qualifizierte Mitarbeit der Frau, gerade auch für die Frauen, die in der dritten Phase sind, die eine Berufsausbildung hinter sich haben, einen qualifizierten Beruf ergriffen und dort wirklich tüchtige Arbeit geleistet haben und dann ,geheiratet und ihre Kinder großgezogen haben, aber noch jung genug sind, um — nicht etwa nur aus materiellen
    Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 143. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1967 7403
    Bundesminister Katzer
    Gründen, sondern sehr wohl aus ideellen Gründen, weil sie Freude am Schaffen, an der Leistungsmöglichkeit haben — noch einen Beruf zu ergreifen. Ihnen müssen wir die Chance geben, die Kenntnisse wieder aufzufrischen, die sie im Lauf ihrer Hausfrauentätigkeit verlernt haben, und Kenntnisse neu zu erwerben, die die technische Entwicklung heute verlangt. Ich glaube, das ist ein wesentlicher Punkt, und wir werden diese Möglichkeiten — davon bin ich überzeugt — auch in den Ausschußberatungen noch mehr in den Vordergrund rücken können.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ein weiteres Problem ansprechen. Ich glaube, wir müssen in Zukunft mehr als bisher davon ausgehen, daß niemand — und da spielt ja Selbständig- und Unselbständigsein keine große Rolle — von dem wirtschaftlichen Wandlungsprozeß, von dem Wandel in der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungsstruktur unberührt bleibt. Deshalb beschränkt das Arbeitsförderungsgesetz die Förderung der Fortbildung und Umschulung nicht auf Bezieher von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe. Voraussetzung ist im allgemeinen nur, daß die Fortsetzung oder Aufnahme einer Arbeitnehmertätigkeit angestrebt wird.
    Auch diejenigen, die selbständig tätig sind und diese Tätigkeit beibehalten, sich aber weiterbilden wollen, können in Zukunft gefördert werden, wenn sie früher eine angemessene Zeit als Arbeitnehmer Beiträge an die Bundesanstalt entrichtet haben.
    Die berufliche Anpassung des einzelnen kann, so glaube ich, dabei um so reibungsloser vollzogen werden, je mehr Maßnahmen der beruflichen Fortbildung und Umschulung auf einer möglichst breiten beruflichen Grundausbildung aufbauen. Im Bundestagsausschuß für Arbeit liegen noch die Entwürfe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und der FDP-Bundestagsfraktion aus der letzten Regierung für ein Berufsausbildungsgesetz. Daraus ergibt sich schon naturgemäß ein Sachzusammenhang mit der parlamentarischen Beratung des Arbeitsförderungsgesetzes. Damit ist, glaube ich, auch sichergestellt, daß der notwendige Zusammenhang aller Fragen der beruflichen Bildung gesehen wird.
    Lassen Sie mich zu dem Punkt, der heute hier nicht zur Erörterung steht, nur so viel sagen: Grundausbildung, anschließende Fortbildung und daraus unter Umständen wieder in einer dritten Phase eine neue Grundausbildung sind so eng miteinander verbunden, daß wir sie nicht trennen können. Auch wenn wir getrennte Gesetzgebungsvorgänge haben, sollten wir sie einheitlich als Ganzes sehen.
    Die Durchführung eines solchen umfassenden Programms beruflicher Bildung und Fortbildung erfordert unter Umständen auch neue Einrichtungen, vor allem als Zentren in Gebieten, die in besonderer Weise durch strukturelle Wandlungsprozesse betroffen sind. So sollen vor allem bestehende Bildungsstätten erneuert und modernisiert werden, so soll auch die Möglichkeit gegeben werden, überbetriebliche Lehrlingswerkstätten zu fördern, vor allem Institutionen, die Lehrprogramme entwickeln oder nach neuen pädagogischen, psychologischen und arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen Ausbilder für alle Zweige eines modernen beruflichen Bildungswesens ausbilden. In all diesen Fällen kann die Bundesanstalt Zuschüsse und Darlehen mit langer Laufzeit gewähren.
    Lassen Sie mich dabei aber folgendes ausdrücklich betonen. Es geht nicht darum, daß die Bundesanstalt etwa den Ehrgeiz entwickelte, hier in eigener Regie möglichst zahlreiche Bildungseinrichtungen selbst zu schaffen und zu unterhalten. Sie sollte vielmehr den Ehrgeiz darin sehen, den Organisationen der Wirtschaft, der Sozialpartner, den Gebietskörperschaften, den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege, die solche Einrichtungen haben, wirksame Unterstützung zuteil werden zu lassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Lassen Sie mich damit einen dritten Punkt ansprechen: die Arbeitsmarkt- und Berufsförderung. Mit der Aufgabe einer systematischen Förderung der beruflichen Mobilität ergibt sich für die Bundesanstalt eine Erweiterung der Grundlagen ihrer Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik. Die Bundesanstalt soll in Zukunft regelmäßig statistische Erhebungen über die Beschäftigten durchführen und die Arbeitsmarkt- und Berufsforschung ausbauen, um zu längerfristigen Voraussagen zu kommen, Denn gerade auch derjenige, der schon länger im Berufsleben steht, soll die Möglichkeit haben, sich in Zukunft laufend Rat zu holen.
    Unter dem Stichwort „Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen" sind eine Anzahl wichtiger Verbesserungen, die dieses Gesetz bringt, zusammengefaßt:
    1. Das Kurzarbeitergeld soll in Zukunft nicht nur bei Auftragsmangel, sondern auch zur Überbrückung einer strukturellen Anpassung dier Betriebe oder auch bei der vorübergehenden Stilllegung gewährt werden. Der Bemessung soll in Zukunft das volle Arbeitsentgelt zugrunde gelegt werden.
    2. Die in dem Gesetzentwurf vorgesehene Neuregelung des Schlechtwettergeldes sah einen Zuschlag in Höhe von 5 % des Eckstundenlohns für Maurer vor. Diese Regelung wurde durch einen Beschluß des Hohen Hauses vorgezogen und tritt nunmehr bereits am 1. Januar 1968 in Kraft.
    3. Eine entscheidende Neuerung wird in der produktiven Winterbauförderung eingeführt. Da sich die Gewährung von Zuschüssen an die Bauherren bisher nicht bewährt hat, sollen sie durch Zuschüsse an die Unternehmen des Baugewerbes ersetzt werden. Dabei gehen wir davon aus, daß die Baustelle so geschützt wird, daß die Bauarbeiten bei Winterwetter ohne Unterbrechung fortgeführt werden können. Ich habe die Hoffnung und die Zuversicht, daß wir damit dem Ziel einer ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft einen erheblichen Schritt näherkommen.
    4. Die Voraussetzungen zur Eingliederung schwer zu vermittelnder Personen, insbesondere älterer Arbeitnehmer, in dien Arbeitsprozeß werden wesentlich verbessert. Die vom AVAVG gezogenen Rah-
    7404 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 143. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1967
    Bundesminister Katzer
    men der „Wertschaffenden Arbeitslosenhilfe" ermöglichten nur noch in geringem Umfang die Arbeitsbeschaffung für ältere Arbeitslose. Erweiterte Vorschriften sollen nunmehr die Möglichkeiten einer wirkungsvolleren Hilfe geben.
    Auch in Zukunft werden Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe ihre wichtigen Funktionen behalten. Nach Vorwegnahme der Leistungsverbesserung am 1. April dieses Jahres soll jetzt die materielle Voraussetzung verbessert und die Leistungsbemessungsgrenze jährlich an die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung angepaßt werden.
    Lassen Sie mich schließlich noch eine Bemerkung zur Anlagepolitik und zur Liquidität der Bundesanstalt machen. Nur in geringem Maße war es bisher möglich, die Rücklagen der Bundesanstalt für Maßnahmen einer produktiven Beschäftigungspolitik einzusetzen. Es bestand die Gefahr, daß die Liquidität bei zu starker Bindung der Mittel im Falle größerer Arbeitslosigkeit nicht genügend gesichert erschien. Die Finanzierungs- und Anlagepolitik soll nunmehr auf eine neue Grundlage gestellt werden. In Zukunft soll zwischen einer Schwankungsreserve, die eine sehr hohe Liquidität der Anstalt sichern soll, und einer Rücklage, die für längerfristige strukturpolitische Aufgaben eingesetzt werden kann, unterschieden werden.
    Die Schwankungsreserve soll kurzfristig angelegt werden, und zwar zu zwei Drittel im Einvernehmen mit der Deutschen Bundesbank in Geldmarktpapieren. Diese Art der konjunkturneutralen Anlage macht es möglich, im Falle einer größeren Arbeitslosigkeit auf die Rücklage zurückzugreifen, ohne damit die wirtschaftliche Rezession zu verschärfen. Die Schwankungsreserve soll im allgemeinen mindestens 2 % der Arbeitsentgelte betragen, von denen im letzten Kalenderjahr Beiträge erhoben wurden. Das sind zur Zeit rund 3,3 Milliarden DM. Sollte die Schwankungsreserve nicht ausreichen, so soll der Bund mit Darlehen bis zur Höhe der gesamten Rücklage einspringen. Darüber hinaus muß der Bund Zuschüsse nach Art. 120 des Grundgesetzes gewähren.
    Diese Regelung ist in enger Verbindung mit der Bundesbank erarbeitet worden. In ihrem soeben herausgekommenen neuesten Monatsbericht hat die Bundesbank die Schwankungsreserve ausdrücklich begrüßt und als eine Lösung bezeichnet, die sich mit stabilisierender Wirkung in die derzeitige Konjunkturpolitik einfügt. Auf diese Weise wird Raum geschaffen für langfristige Investitionskredite an Wirtschaft und Gemeinden, und zwar zur Schaffung neuer Arbeitsplätze und zur Verbesserung der Infrastruktur. Diese strukturpolitisch wichtigen Finanzierungsaufgaben können auf diese Weise unabhängig von Konjunktur- und Liquiditätsbedürfnissen durchgeführt werden. In dieser Woche haben wir auf der Arbeitsmarktkonferenz in Düsseldorf für den Bereich des Landes Nordrhein-Westfalen diesen Problemkreis eingehend erörtert. Alle Beteiligten, der Ministerpräsident des Landes und die beteiligten Herren der Wirtschaft und der Gewerkschaften, hoffen, daß wir auf diesem Wege einen Beitrag leisten können
    zur Meisterung der Strukturprobleme an Rhein und Ruhr.
    Zusammenfassend darf ich feststellen: Durch diese neue kombinierte Anlagepolitik können die Mittel der Beitragszahler zu einem erheblichen Umfang produktiv in der Wirtschaft eingesetzt werden und arbeiten, ohne daß es zu einer Einschränkung der Liquidität der Bundesanstalt kommt; im Gegenteil, sie wird gegenüber dem geltenden Recht sogar erheblich verbessert.
    Zum Schluß lassen Sie mich noch auf einen Einwand eingehen, der in der bisherigen Diskussion, die mehr als ein Jahr in der Öffentlichkeit geführt wird, immer wieder gegen die ausschließliche Finanzierung der neuen Aufgaben der Bundesanstalt aus Beiträgen der Arbeitgeber und der Versicherten erhoben wird. Es wird gesagt, Arbeitsvermittlung, Berufsberatung, Förderung der beruflichen Bildung seien Aufgaben der Allgemeinheit, die aus Steuermitteln und nicht aus Beitragsgeldern zu finanzieren seien. Nun, ich bin sicherlich der letzte, der bestreitet, daß diese Betrachtungsweise eine Berechtigung hat. Aber ich möchte jenen, die so argumentieren, zu bedenken geben: das Arbeitsförderungsgesetz ermöglicht die Lösung zahlreicher Aufgaben, deren Dringlichkeit angesichts des Strukturwandels an Rhein, Ruhr und Saar wohl von niemandem mehr bestritten werden kann. Hier stellt sich für uns einfach zwingend und gebieterisch die Frage: Wollen wir diese Aufgaben, die wir als dringend ansehen, anpacken, oder verzichten wir so lange darauf, bis der Bundeshaushalt eine Finanzierung aus öffentlichen Mitteln gestattet, nur weil uns die jetzige Finanzierung nicht befriedigt? Das ist die Fragestellung, vor der wir stehen, und deshalb habe ich mich für diese Art der Finanzierung ausgesprochen.
    Dennoch nimmt die Bundesregierung die Einwendungen, die erhoben werden, nicht leicht. In § 233 ist vorgesehen, daß die Bundesregierung bis zum Ende des Jahres 1974 einen Erfahrungsbericht über die Förderung der beruflichen Bildung erstattet und gegebenenfalls Vorschläge für die Neuregelung der Finanzierung vorlegt. Bis dahin wird sich übersehen lassen, ob die Zahl der Personen, die nicht zu dem beitragspflichtigen Personenkreis gehören, so groß ist, daß eine andere Finanzierung, also eine Finanzierung durch die öffentliche Hand, notwendig ist.
    Lassen Sie mich aber hier mit allem Freimut sagen: ich habe die sehr große Sorge, daß wir ein Instrumentarium schaffen, das für diejenigen, an die wir uns wenden, eine so große Herausforderung bedeutet, daß wir alle mit dazu beitragen müssen, die Menschen dazu zu bringen, von den Möglichkeiten, die wir ihnen schaffen, Gebrauch zu machen. Die Finanzsorgen sollten uns erst in zweiter Linie bedrücken.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Mit diesem Entwurf legt die Bundesregierung das Konzept einer Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik vor, die auf lange Sicht den Folgen des wirtschaftlichen Strukturwandels für unsere Menschen begegnen und einen Beitrag leisten will zur Anpassung unserer gesellschaftlichen Struktur an die Erfordernisse des technischen Fortschritts.
    Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 143. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1967 7405
    Bundesminister Katzer
    Von diesem Gesetzentwurf — ich wiederhole das nachdrücklich — sind keine Wunderdinge auf dem Verordnungswege zu erwarten. Er erzwingt und reglementiert keinen Fortschritt. Er bietet jedoch einen breiten Fächer von neuen Möglichkeiten für alle Leistungswilligen, Aufstiegswilligen, für alle privaten und öffentlichen Einrichtungen, die mitarbeiten an der Aufgabe, dafür zu sorgen, daß der technische Fortschritt in jeder Phase auch ein Fortschritt für unsere Gesellschaft, ein Fortschritt für den Menschen ist.
    Somit ist dieser Gesetzentwurf der Entwurf eines praktischen Stücks Gemeinschaftswerk, das Anregungen und Mittel bereithält für die gemeinsame Lösung großer Aufgaben der Gesellschaft. Davon ist in den letzten Jahren viel gesprochen worden. Ich meine, hier liegt ein guter Ansatz und vielleicht ein Modell für gleichartige Bemühungen auf anderen Gebieten vor.
    Lassen Sie mich schließen mit der sehr herzlichen Bitte, den Entwurf in den Ausschüssen zügig zu beraten. Denn die Aufgaben werden dringender. Wir brauchen ein höheres Maß an Mobilität, wir brauchen Produktivität und Wirtschaftswachstum, wir brauchen Hilfsmittel, um auf diesem Gebiete weiterzukommen, Hilfsmittel, um den arbeitenden Menschen zu dienen. Dazu dient dieser Gesetzentwurf der Bundesregierung.

    (Beifall bei .den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Müller (Remscheid).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Adolf Müller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich möchte mit dem Beschluß dieses Hohen Hauses beginnen, der im Juni 1966 gefaßt worden ist und der die Bundesregierung ersucht, eine Novelle zum AVAVG vorzulegen. Aber ich möchte in meinen Ausführungen noch einige Monate weiter zurückgehen. Ich möchte daran erinnern, daß diesem Beschluß des Hohen Hauses ein Antrag meiner Fraktion zugrunde lag, der die leicht einprägsame Drucksachennummer 222 hatte. Dieser Antrag Drucksache V/222 war von Abgeordneten initiiert, die insbesondere in der Arbeitsmarktpolitik zu Hause sind. Er wurde von der Gesamtfraktion übernommen. Er hatte zum Inhalt, die Bundesregierung zu ersuchen, eine Novelle zum AVAVG mit dem Ziel zuzuleiten, die Vorschriften des Gesetzes an den technischen Fortschritt und die wirtschaftliche Entwicklung anzupassen. Das Instrumentarium der Maßnahmen sollte so ausgestaltet werden, daß unerwünschte soziale Folgen, die sich aus dem technischen Fortschritt und den Strukturveränderungen ergeben könnten, durch eine gezielte Beschäftigungs- und Berufspolitik verhindert würden. Ferner wurde die Bundesregierung ersucht, die Berufsforschung zu fördern.
    Als wir diesen Antrag stellten, haben wir sicher alle nicht geglaubt, daß als Ergebnis dem Hohen Hause ein solch dicker Gesetzentwurf vorgelegt würde. Das zeigt aber auch, wie groß die Problematik ist, die wir mit dem damaligen Antrag angeschnitten haben. Wir haben Verständnis dafür, daß eine Novellierung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung nicht aus reichte, sondern daß es zu diesem neuen Gesetzentwurf kommen mußte.
    Der wesentliche Unterschied ist: bisher lag der Schwerpunkt des AVAVG in der Beseitigung der Arbeitslosigkeit und in den Leistungen an Arbeitslose. Das Arbeitsförderungsgesetz legt nun die Betonung auf die Verhütung der Arbeitslosigkeit, ohne die bisherigen Leistungen etwa zu vernachlässigen. Das Arbeitsförderungsgesetz will also an Bewährtem festhalten, aber neue Wirkmöglichkeiten der Arbeitsmarktpolitik, einer aktiven Arbeitsmarktpolitik schaffen.
    Ich habe die Aufgabe, als Sprecher der CDU/CSU-Fraktion einige Schwerpunkte aufzuzeigen. Weitere Einzelabschnitte sollen in kurzen Beiträgen von Fraktionskolleginnen und -kollegen noch behandelt werden. Lassen Sie mich aber zuvor ein sehr herzliches Wort des Dankes und der Anerkennung an die Bundesregierung und vor allem an Herrn Bundesarbeitsminister Katzer sagen,

    (Beifall bei den Regierungsparteien)

    der es verstanden hat, die Problematik des Gesetzes nicht nur hier so anschaulich zu schildern, sondern auch in diesem Gesetzentwurf zum Ausdruck zu bringen. Dieser Entwurf läßt die enorme Arbeit und die vielfältigen Bemühungen des Ministeriums erkennen. Wir alle wissen, wie viele Einzelgespräche, wie viele Verhandlungen mit den Sozialpartnern und der Selbstverwaltung der Bundesanstalt vorausgegangen sind, bis dieser Entwurf auf dem Tisch lag.
    Unser Antrag vom Januar 1966 hatte drei Schwerpunkte: die Verbesserung der materiellen Leistungen, die Verbesserung der Wirkmöglichkeiten in der Arbeitsmarktpolitik und als Voraussetzung dazu Berufs- und Arbeitsmarktforschung.
    Zu den materiellen Leistungen darf ich vielleicht kurz auf die siebte Novelle verweisen, die am 1. April dieses Jahres in Kraft getreten ist. Hiermit haben wir — ebenfalls auf Anregung des Herrn Bundesarbeitsministers — die Leistungen angehoben, nachdem im vergangenen Winter die Arbeitslosenzahlen angestiegen waren. Wir haben damals den Hauptbetrag des Arbeitslosengeldes angehoben, ebenso der Arbeitslosenhilfe; der Familienzuschlag ist verbessert worden, ebenso das Kurzarbeitergeld, das Schlechtwettergeld und die Stillegungsvergütung.
    Der Herr Bundesarbeitsminister hat schon davon gesprochen — ich möchte das hier noch einmal unterstreichen —, daß wir mit der Neueinfügung der materiellen Leistungen des Unterhaltsgeldes für Umschüler und der Eingliederungsbeihilfe einen Vorgriff auf dieses Arbeitsförderungsgesetz getan haben. Damit haben wir erreicht, daß die in der Umschulung begriffenen Arbeitslosen 120% des Arbeitslosengeldes erhalten. Diejenigen, die auf dem Arbeitsmarkt schwer zu vermitteln sind, be-
    7406 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 143. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1967
    Müller (Remscheid)

    kommen den Tariflohn, ihr Arbeitgeber kann eine
    solche Eingliederungsbeihilfe in Anspruch nehmen.
    Das zweite war die Anpassung an den technischen Fortschritt und die schnelle Wandlung der Berufe und des Arbeitsmarktes. Hier liegt der neue Schwerpunkt des Gesetzes: eine aktive Arbeitsmarktpolitik sowohl in der Arbeitsvermittlung wie der Berufsberatung und der Gesamtförderung der beruflichen Bildung, ob das jetzt die berufliche Erstausbildung, die berufliche Fortbildung oder die Umschulung ist, aber nicht zu vergessen auch die Rehabilitation.
    In der Arbeitsvermittlung, so sagt dieser Gesetzentwurf, sollen die bewährten Grundsätze beibehalten werden. Sie sollen nur durch den Begriff der Arbeitsberatung vervollständigt werden, d. h. also einer Beratung bei Wahl oder Besetzung von Arbeitsplätzen und möglicher beruflicher Bildung.
    Einen ganz besonderen Schwerpunkt dieses Abschnitts sehe ich in der Berufsberatung. Lassen Sie mich das einmal etwas einfach ausdrücken, indem ich sage, es geht hier nicht um die Beratung und Vermittlung in eine, sondern in die Lehrstelle, die der Eignung und der Leistungsmöglichkeit des Jugendlichen entspricht. Sehen Sie, wie schnell sich die Zeiten wandeln! Noch vor einigen Jahren hat in der Sendung „Soll und Haben" des Westdeutschen Rundfunks Herr Wesemann davon gesprochen, wir hätten soviel freie Lehrplätze, was wollte eigentlich die Arbeitsverwaltung noch mit der Berufsberatung; die Lehrlinge sollten sich irgendwie eine Lehrstelle suchen, und wenn sie nach einer gewissen Zeit festgestellt hätten, daß der Beruf nichts für sie sei, könnten sie in einem neuen Beruf anfangen. Wie schnell eine solche liberalistische Auffassung von der Berufsfindung überholt ist, das zeigt doch wohl die heutige Zeit. Es kommt doch heute darauf an, nicht nur einen Beruf zu finden, der heute vielleicht eben noch gefragt ist, sondern in einen Beruf zu vermitteln, der auch morgen noch Zukunft hat. Dazu ist eben die Berufsforschung notwendig. Die Bundesanstalt hat ja bekanntlich in Erlangen, an die Bundesanstalt angeschlossen, ein Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung gegründet. Ich meine aber, daß es nicht ausreicht, wenn die Berufsforschung nur an diesem Institut in Erlangen betrieben wird. Ich glaube, daß es eine sehr vornehme Aufgabe der deutschen Hochschulen wäre, auch hier Berufsforschung zu betreiben.
    Mitten im Ruhrgebiet in Bochum steht die sogenannte Ruhruniversität, und ich weiß, daß dort keine Berufsforschung betrieben wird. Man sollte also eigentlich dem Lande Nordrhein-Westfalen und auch der Hochschule in Bochum einmal dieses besondere Anliegen vorhalten.
    Die Förderung der beruflichen Bildung ist also das Kernstück des Gesetzes. Die Bundesanstalt hat auch bisher schon sowohl 'die individuelle wie die institutionelle Förderung der Berufsausbildung betrieben. Diese Aufgaben sollen nunmehr erweitert werden. Erweitert werden soll aber auch der zu fördernde Personenkreis.
    Damit ist das Stichwort .der beruflichen Mobilität gegeben, das auch der Herr Bundesarbeitsminister in seinen Ausführungen sehr eingehend dargestellt hat. Ich habe den Eindruck, daß in der öffentlichen Diskussion dieses Wort der beruflichen Mobilität fast schon zu einem Schlagwort geworden ist. Ich möchte die Frage aufwerfen: Berufliche Mobilität — Schlagwort oder Notwendigkeit? Ich möchte mich ganz nachdrücklich für das Letztere entscheiden. Nicht nur die berufliche, sondern auch die regionale Mobilität sind eine dringende Notwendigkeit. Das setzt schon in der beruflichen Erstausbildung ein. Hier soll durch Zuschüsse und Darlehen gefördert werden. Das setzt sich nun in der beruflichen Fortbildung fort, um höhergesteckte Berufsziele zu erreichen, weil berufliche Leistung Voraussetzung gesellschaftlichen Aufstiegs und persönlicher Daseinserfüllung ist.
    Umschulung ist aber ebenfalls dringend notwendig, um ,der schnellen Wandlung der Technik und der Änderung der Wirtschaftsstruktur zu begegnen. Ich will nicht alles wiederholen, was der Bundesarbeitsminister bei der Einführung des Gesetzes gesagt hat; aber vielleicht kann man das noch unterstreichen: diese Umschulung und .die Förderung der Umschulung nicht nur als Maßnahme zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit, sondern rechtzeitige Umschulung, um Arbeitslosigkeit zu verhindern.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Neben den Arbeitnehmern sollen nun auch Selbständige einen Anspruch auf die ,Förderung ihrer beruflichen Fortbildung und Umschulung haben, wenn sie in ihrem früheren Erwerbsleben eine angemessene Zeit als Arbeitnehmer tätig waren oder künftig als Arbeiter oder Angestellte tätig werden sollen. Ingesamt soll .dieses Gesetz den anspruchsberechtigten Personen Rechtsansprüche auf die genannten Leistungen geben.
    Nun lassen Sie mich in .diesem Zusammenhang ein Problem behandeln, das in der öffentlichen Diskussion und auch im Bundesrat angesprochen worden ist und zu Meinungsverschiedenheiten geführt hat. Der Bundesrat hat zum Ausdruck gebracht, daß Arbeitsvermittlung, Berufsberatung, Berufsausbildung, Fortbildung und Umschulung öffentliche Dienstleistungen sind, die ja nicht nur den Versicherten 2u gewähren sind; für solche öffentlichen Dienstleistungen dürften die Beiträge der Bundesanstalt nicht verwandt werden; es sollten aber auch keine Gebühren erhoben werden. Auch der Bundesrat ist sich über die Dringlichkeit dieser Aufgabe und des Ausbaus dieser Leistungen durchaus im klaren. Da gibt es keinen Zweifel.
    Ich möchte die Meinung meiner Fraktion dahingehend zum Ausdruck bringen, daß wir die Vordringlichkeit der Aufgabe sehen und damit der Aufgabe den Vorrang geben; denn wir können nicht auf die Gesundung der Staatsfinanzen warten. Damit ist weder der Wirtschaft noch den Arbeitnehmern geholfen. Ich meine, wir sollen in das Gesetz einen Merkposten einfügen, vielleicht auch einen deutlichen Hinweis darauf, daß diese Aufgaben Aufgaben der Gemeinschaft sind. Auch ich möchte betonen, daß Ausbildungsförderung nicht

    Müller (Remscheid)

    einseitig in bezug auf Hochschulen und Akademien zu sehen ist. Der Grundsatz der Gerechtigkeit verlangt einfach eine gleiche Förderung auch bei der Berufsausbildung. Jetzt aber, meine Damen und Herren, muß schnell und umfassend gehandelt werden, um berufliche Mobilität als Voraussetzung gesunder Sozial- und Wirtschaftspolitik zu gewährleisten.
    Eine zweite Bemerkung zu diesem Abschnitt, um damit auch die Auffassung des Herrn Bundesarbeitsministers zu unterstreichen, daß dieses Arbeitsförderungsgesetz und .das Berufsausbildungsgesetz miteinander verzahnt werden müssen. Es sind zwei Gesetze mit verwandter Problematik. Es sind zwei Schwerpunktgesetze, die wir auch zeitlich aufeinander abstimmen müssen. Wir stellen uns zwar auf den Standpunkt, daß das Arbeitsförderungsgesetz auf Grund der gesamten Situation Vorrang hat, aber ich möchte hier nachdrücklich zum Ausdruck bringen, daß meine Freunde und ich .der Meinung sind, daß wir uns alle zu bemühen haben, um möglichst gleichzeitig mit dem Arbeitsförderungsgesetz in der Frage des einheitlichen Berufsausbildungsgesetzes weiterzukommen. Die Sachverständigenanhörung zu diesem Problemkreis im Juni dieses Jahres hat uns in dieser Auffassung bestätigt.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Zur materiellen Seite dies Arbeitsförderungsgesetzes! Wir begrüßen die Verbesserungen bezüglich der Erleichterung des Bezugs von Kurzarbeitergeld und des Zuschlags zum Schlechtwettergeld, den wir ja auch schon für diesen Winter in der vergangenen Woche hier im Deutschen Bundestag beschlossen haben. Wie meinen aber auch, daß es richtig ist, die produktive Winterbauförderung einzubeziehen. Die sozialpolitische Seite des Bauens im Winter ist durch die Schlechtwettergeldregelung vorzüglich gelöst. Was nicht gelöst ist, ist die volkswirtschaftliche Seite des Problems des Bauens im Winter. Hier setzt nun der Gesetzentwurf ein, der bestimmt, daß die Bauunternehmer, die in den Monaten Januar und Februar bauen, einen Zuschuß bekommen. Ich glaube, in diesem Zusammenhang muß man ebenfalls darauf hinweisen, daß die Sozialpartner in der Bauwirtschaft in einer anerkennenswerten Weise in Verhandlungen eingetreten sind, um auch von sich aus das Bauen im Winter produktiv zu fördern.
    Wir begrüßten auch die Hilfe für die schwer zu vermittelnden Arbeitnehmer. Wir wissen, daß es sogenannte Kummerecken des Arbeitsmarkts gibt. Dabei sind insbesondere die älteren Arbeitnehmer zu nennen.
    Noch einige Bemerkungen zum Thema Arbeitslosenversicherung. Auch da möchte ich noch einmal den Bundesrat zitieren. Der Bundesrat möchte in dem Namen sowohl des Gesetzes als auch der Bundesanstalt den Begriff der Arbeitslosenversicherung verankert haben, also nicht: „Bundesanstalt für Arbeit", sondern „Bundesanstalt für Arbeit und Arbeitslosenversicherung". Wir geben den Namen „Bundesanstalt für Arbeit" und „Arbeitsförderungsgesetz" den Vorzug, ohne etwa die materiellen Leistungen zu verniedlichen. Aber die Bundesanstalt ist eben keine Versicherungsanstalt schlechthin, sondern ein sozialer Versicherungsträger. Auch ich möchte hier zum Ausdruck bringen, daß Arbeitslosigkeit im letzten doch nicht versicherbar ist.
    Vielleicht darf ich das mit zwei, drei Zahlen deutlich machen. Bei einem gleichbleibenden monatlichen Bruttoarbeitsentgeld von 800 DM zahlen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zusammen monatlich 10,40 DM an Beiträgen, also je 5,20 DM. Arbeitnehmer und Arbeitgeber bringen in einem Jahr also insgesamt 124,80 DM an Arbeitslosenversicherungsbeiträgen auf. Eine versicherungspflichtige Beschäftigung von 52 Wochen führt zu einem Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer von 26 Wochen. Das für diese Zeit von 26 Wochen zu zahlende Arbeitslosengeld beläuft sich für ein Ehepaar ohne Kinder, also mit einem Familienzuschlag, auf 2574 DM. Um diesen Betrag aus Beitragseinnahmen zu decken, müßten der Versicherte und sein Arbeitgeber bei einem gleichbleibenden Arbeitsentgelt von 800 DM und bei einem gleichbleibenden Beitragssatz 201/2 Jahre lang Beiträge entrichten. Ich möchte eine zweite Zahl nennen. Wenn das Bruttoarbeitsentgelt monatlich 1300 DM beträgt, dann sind es rund 19 Jahre, die dazu notwendig sind.
    Wenn man diese Zahlen sieht, muß man, glaube ich, erkennen, daß Arbeitslosigkeit als zu versichernder Tatbestand Beiträge zur Folge hätte, die mit den heutigen einfach nicht verglichen werden können. Sie kennen die Entwicklung der Beiträge: von 6,5 % vor einigen Jahren eine laufende Reduzierung auf jetzt 1,3%, und trotzdem bis zum Jahre 1966 stets steigende Rücklagen infolge der ausgezeichneten Beschäftigungssituation in der Bundesrepublik.
    Damit bin ich bei dem letzten Punkt, den ich anschneiden wollte, dem gezielten Einsatz der Rücklagen als Teil einer aktiven Arbeitsmarktpolitik: einmal als echte Rücklage für die materiellen Leistungen — das ist dringend notwendig, wir haben es ja in den vergangenen Monaten gesehen — und zum anderen als Mittel der Strukturförderung, um arbeitsmarktpolitisch bedeutsame Vorhaben zu unterstützen.
    Ich glaube, an dieser Stelle ist es auch von den Parlamentariern her notwendig, einmal anzuerkennen, was die Bundesanstalt schon bisher für die Struktur- und Wirtschaftsförderung getan hat. Ich nenne als Beispiele die Länder Bayern und Schleswig-Holstein. Aber nunmehr ist eine strukturelle Hilfe für das Land Nordrhein-Westfalen dringend notwendig. Auch hier zur Illustration einige wenige Zahlen, um das deutlich zu machen.
    Die Zahl der Arbeitslosen im Bundesgebiet ist im November um etwas über 34 000 auf 395 000 gestiegen. Der Prozentsatz der Arbeitslosigkeit stieg von 1,7 auf 1,8. Aber die Beschäftigungslage ist in der Bundesrepublik sehr unterschiedlich. Das Land Baden-Württemberg hat eine Arbeitslosenquote von 0,6 % und eine effektive Zahl von 18 687, während Nordrhein-Westfalen 2,1% und eine Zahl von 129 216 hat. An der Spitze liegt — Datum: 30. November — nach wie vor der Arbeitsamtsbezirk Gel-
    7408 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 143. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1967
    Müller (Remscheid)

    senkirchen mit 5,5 %, und 11 835 Arbeitslosen; es folgt der Arbeitsamtsbezirk Bochum mit 4,7 % und 11 460 Arbeitslosen. Ich muß also feststellen, daß zwei Arbeitsamtsbezirke in Nordrhein-Westfalen zusammen eine höhere Arbeitslosenzahl haben als das gesamte Land Baden-Württemberg.
    Hier wird deutlich, daß zur Schaffung neuer Arbeitsplätze dringend etwas getan werden muß. Ich sehe daher auch die Strukturförderung und den Einsatz der Rücklagen für die Schaffung neuer Arbeitsplätze als vordringliche Aufgabe, wobei man sich über die Finanzierung bzw. die Sicherung, die im Gesetz eingebaut worden ist — und die ich für ausreichend halte —, sicherlich noch unterhalten kann.
    Die Arbeitsmarktpolitik muß sich an sozialen und wirtschaftlichen Notwendigkeiten ausrichten. Bei allen Maßnahmen muß man diese Doppelfunktion der Bundesanstalt für den Menschen und für die Wirtschaft sehen. Bisherige gesetzliche Regelungen, die sich in der Vergangenheit durchaus bewährt haben, reichen eben beim schnellen Wandel der Technik und der Wirtschaftsstruktur nicht mehr aus. Arbeitsmarktpolitik in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist auch nicht mehr in erster Linie Zahlung von Arbeitslosengeld oder Notstandsarbeit mit Spitzhacke und Schaufel, sondern sinnvoller Einsatz aller notwendigen und möglichen finanziellen und organisatorischen Mittel, um Arbeitslosigkeit nach Möglichkeit zu vermeiden oder zu beseitigen. Das Arbeitsförderungsgesetz ist ein mutiger Schritt zur modernen Gestaltung der Arbeitsmarktpolitik und damit der gesamten Arbeitswelt.
    Die Fraktion der CDU/CSU, insbesondere die Kollegen im Ausschuß für Arbeit, werden ihre ganze Kraft zur schnellen Verwirklichung dieses Gesetzes einsetzen. Wir beantragen die Überweisung an den Ausschuß für Arbeit — federführend —, zur Mitberatung an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen — dabei sollte man überlegen, ob sich nicht der Ausschuß für Familien- und Jugendfragen gutachtlich dazu äußern sollte —, außerdem an den Haushaltsausschuß nach § 96 der Geschäftsordnung.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)