Rede von
Dr.
Erich
Mende
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir scheint, daß durch einen formellen Antrag dieses Hohen Hauses, die Redezeit auf 15 Minuten zu begrenzen, ein gefährlicher Weg zur Beschränkung der parlamentarischen Opposition beschritten wird.
Lassen Sie mich als einen derjenigen, die die Ehre haben, seit 1949 hier im Hause zu sitzen, Ihnen, Herr Kollege Wörner, folgendes sagen: Wo lagen die Gründe für die ersten Redezeitbeschränkungen des 1. Deutschen Bundestages? — In den Besorgnissen, daß zwei radikale Gruppierungen, die Kommunistische Partei mit ihren 16 Abgeordneten und die Deutsche Reichspartei — die ihren Namen mehrfach wechselte — mit ihren 5 Abgeordneten dieses Hohe Haus durch eine Vielzahl von Wortmeldungen und ein Überziehen der Redezeiten bewußt in Schwierig-
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 140. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Dezember 1967 7115
Dr. Mende
keiten bringen wollten. Daraufhin ist seinerzeit — ich war damals Parlamentarischer Geschäftsführer — der erste Versuch der Redezeitbeschränkung gemacht worden, aus der Notwendigkeit, den Mißbrauch der Redemöglichkeit im Deutschen Bundestag durch radikale Kräfte zu verhindern. Im zweiten, dritten und vierten Deutschen Bundestag hat es sich als nicht notwendig erwiesen, Redezeitbeschränkungen vorzunehmen. Im März 1958 hat es hier fünf Tage lang eine erbitterte geistige Auseinandersetzung um die Grundlagen der deutschen Verteidigungs- und Bündnispolitik gegeben, bis tief in das Wochenende hinein, und niemand dachte daran, weder bei der absoluten Mehrheit der CDU/CSU noch bei der damaligen sozialdemokratischen Opposition oder bei der freidemokratischen Opposition, eine Redezeitbegrenzung vorzunehmen.
Ich glaube, der Weg, den der Kollege Schmitt-Vockenhausen vorschlug, ist der bessere, nämlich durch den Präsidenten gelegentlich zu einer gewissen Selbstdisziplin mahnen und an eine Themenpflicht der Redner erinnern zu lassen sowie die Abgeordneten anzuhalten, in freier Rede zu sprechen. Hier scheint mir das beste Erziehungsmittel gegen unnötige Vielrederei zu liegen.
Aber eine schematische Begrenzung auf 15 Minuten muß die Freie Demokratische Partei als eine Beschränkung ihrer Oppositionsmöglichkeit im Deutschen Bundestag zurückweisen.