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    Deutscher Bundestag 99. Sitzung Bonn, den 16. März 1967 Inhalt: Abg. Kern und Abg. Ernesti treten in den Bundestag ein 4529 A Erweiterung der Tagesordnung 4529 B Fragestunde (Drucksachen V/1537, V/1555) Frage des Abg. Fellermaier: Durch Abgabehinterziehungen bei der Ein- und Ausfuhr von Waren entstandener Schaden Grund, Staatssekretär 4530 A Fellermaier (SPD) 4530 C Dr. Rinderspacher (SPD) 4530 D Schulte (SPD) 4531 A Brück (Holz) (SPD) 4531 A Reichmann (FDP) 4531 B Moersch (FDP) 4531 C Frage des Abg. Fellermaier: Zahl 'der Bußgeld- und Strafverfahren wegen der Abgabehinterziehungen Grund, Staatssekretär 4531 D Fellermaier (SPD) 4532 A Reichmann (FDP) 4532 B Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) 4532 C Müller (Worms) (SPD) . . . . 4532 D Dr. Rinderspacher (SPD) . . . . 4533 A Dr. Effertz (FDP) 4533 B Schulte (SPD) . . . . . . . . . 4533 D Moersch (FDP) . . . . . . . . 4533 D Brück (Holz) (SPD) . . . . . . 4534 A Frage des Abg. Fellermaier: Notwendigkeit einer Überprüfung der Überwachungsrichtlinien Grund, Staatssekretär 4534 C Fellermaier (SPD) 4534 D Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) 4535 B Reichmann (FDP) 4535 B Fragen des Abg. Reichmann: Schiebungen beim Im- und Export von Futtermitteln bei Lindau Grund, Staatssekretär 4535 C Reichmann (FDP) 4536 A Fellermaier (SPD) 4536 C Frage des Abg. Marquardt: Deutsche Exportgeschäfte in Reis und Mais Höcherl, Bundesminister 4536 C Marquardt (SPD) 4536 D Frage des Abg. Marquardt: Dem Ansehen von Regierung und Bundestag durch solche Geschäfte entstehender Schaden Höcherl, Bundesminister 4537 A Marquardt (SPD) 4537 A II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 99. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. März 1967 Frage des Abg. Marquardt: Einrichtung einer zentralen Überwachungsstelle der EWG und verbesserte Amtshilfe der EWG-Staaten im Falle strafbarer Handlungen Höcherl, Bundesminister 4537 C Marquardt (SPD) 4537 C Dr. Müller (München) (SPD) . . 4537 C Fellermaier (SPD) 4537 D Reichmann (FDP) 4538 A Schulte (SPD) 4538 B Fragen der Abg. Stooß, Josten und Wagner: Auswirkungen der Sturmschäden in den Wäldern auf die Holzwirtschaft Höcherl, Bundesminister 4539 A Berberich (CDU/CSU) 4539 B Josten (CDU/CSU) 4539 C Röhner (CDU/CSU) 4540 A Könen (Düsseldorf) (SPD) . . . 4540 B Fritsch (Deggendorf) (SPD) . . . 4540 C Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 454,1 A Dr. Müller (München) (SPD) . . 4541 B Fellermaier (SPD) 4541 C Frage des Abg. Dr. Schmidt (Gellersen) : Gründe für die Einführung begrenzter Jagdzeiten für Schwarzwild und Wildkaninchen Höcherl, Bundesminister 4541 D Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD)* . . 4542 A Dr. Effertz (FDP) 4542 B Frage des Abg. Dr. Siemer: Abnehmende Zuführung von Fleisch aus Schlachtungen außerhalb öffentlicher Schlachthöfe Höcherl, Bundesminister 4542 B Dr. Siemer (CDU/CSU) 4542 C Frage des Abg. Dr. Siemer: Novellierung der Gesetzesvorlage als Folge der erhöhten Ausgleichsabgabe auf dem Fleischmarkt Höcherl, Bundesminister 4542 D Dr. Siemer (CDU/CSU) 4543 A Frage des Abg. Dr. Siemer: Stand der Untersuchung der Frischfleischversorgung durch die Versandschlachtereien Höcherl, Bundesminister 4543 C Dr. Siemer (CDU/CSU) 4543 C Frage des Abg. Dr. Effertz: Förderung 'der Traberzucht Höcherl, Bundesminister . . . . . 4543 D Dr. Effertz (FDP) . . . . . . . 4543 D Frage der Abg. Frau Freyh: Broschüren „Käse" und „Geflügel" des Bundesausschusses für volkswirtschaftliche Aufklärung Höcherl, Bundesminister . . . . . 4544 A Frau Freyh (SPD) . . . . . . . 4544 A Frau Stommel (CDU/CSU) . . . . 4544 C Josten (CDU/CSU) . . . . . . . 4544 D Aussprache über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen V/1400, zu V/1400) in Verbindung mit Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über die Festsetzung der Abschöpfungsbeträge gegenüber dritten Ländern für Schweine, Schweinefleisch und Schweinefleisch enthaltende Erzeugnisse für Einfuhren im zweiten Vierteljahr 1967 (Drucksachen V/1511, V/1550), mit Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine VerOrdnung des Rats über die zeitliche Verschiebung der Anwendung der durch die Verordnung Nr. 160/66/ EWG des Rats vom 27. Oktober 1966 eingeführten Handelsregelung und über die Aufhebung von Art. 2 der Verordnung Nr. 167/64/EWG des Rats vom 30. Oktober 1964 (Drucksachen V/1524, V/1551), mit Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats zur Abänderung der Verordnung Nr. 14/64/EWG betr. die von dem Großherzogtum Luxemburg gewährte Beihilfe auf dem Rindfleischsektor (Drucksachen V/1523, V/1561), mit Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über Maßnahmen auf dem Gebiet der Orientierungspreise für Rindfleisch für das Wirtschaftsjahr 1967/68 sowie den Entwurf einer Entschließung zu den Interventionspreisen für ausge- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 99. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. März 1967 III wachsene Rinder für das Wirtschaftsjahr 1967/68 (Drucksachen V/1508, V/1560), mit Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Richtlinie des Rats über die erste, während der dritten Stufe durchzuführende Senkung der Zollsätze zwischen den Mitgliedstaaten für bestimmte, in Anhang II des Vertrages aufgeführte Erzeugnisse (Drucksachen V/1509, V/1562), mit Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über die Festsetzung der Höhe der Beihilfen für die private Lagerhaltung von Butter (Drucksachen V/1510, V/1566), mit Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über Maßnahmen bei den Preisen für Milch und Milcherzeugnisse im Milchwirtschaftsjahr 1967/1968 und zur Änderung der Verordnung Nr. 215/66/ EWG (Drucksachen V/1403, V/1477), mit Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des. Rats über die gemeinsame Marktorganisation für Schweinefleisch (Drucksachen V/1280, V/1499), mit Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über die Vorschläge der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über die gemeinsame Marktorganisation für Geflügelfleisch eine Verordnung des Rats über die gemeinsame Marktorganisation für Eier (Drucksachen V/1352, V/1563), mit Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Richtlinie des Rats über das Recht der Landwirte, die Angehörige eines Mitgliedstaates und in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind, auf Zugang zu den verschiedenen Arten von Beihilfen (Drucksachen V/1288, V/1529), mit Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kornmission der EWG für eine Verordnung des Rats über die gemeinsame Marktorganisation für Getreide (Drucksachen V/1282, V/1530), mit Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats betr. Übergangsmaßnahmen im Hinblick auf die Anwendung der gemeinsamen Preise für Getreide (Drucksachen V/1283, V/1533), mit Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Entscheidung des Rats betr. die von den Mitgliedstaaten im innergemeinschaftlichen Warenverkehr geforderten Formalitäten (Drucksachen V/1255, V/1534), mit Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Antrag betr. Rinderorientierungspreis 1967/68 (Abg. Wächter, Logemann, Sander, Ertl, Peters [Poppenbüll], Reichmann u. Gen.) (Drucksachen V/1197, V/1532) und mit Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der landwirtschaftlichen Erzeugung an die Erfordernisse des Marktes (Marktstrukturgesetz) (Drucksache V/1544) Bauknecht (CDU/CSU) 4546 C Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . 4552 D Logemann (FDP) 4559 A Ehnes (CDU/CSU) 4566 D Marquardt (SPD) 4570 C Ertl (FDP) 4571 D Frehsee (SPD) 4577 D Berberich (CDU/CSU) 4582 B Reichmann (FDP) 4584 C Bewerunge (CDU/CSU) . . . . 4585 D Dr. Effertz (FDP) 4588 C Dr. Reinhard (CDU/CSU) . . . 4591 A Frau Griesinger (CDU/CSU) . . 4593 D Dr. Ritz (CDU/CSU) 4597 B Frau Kalinke (CDU/CSU) . . 4598 C Dr. Mommer, Vizepräsident . . 4602 B Dr. Stark (Nürtingen) (CDU/CSU) 4602 B Höcherl, Bundesminister 4603 B Frau Dr. Probst, Vizepräsident . 4614 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Verordnung über das Erbbaurecht (Abg. Dr. Stecker, Varelmann, Dr. Ritz, Diebäcker, Burgemeister u. Gen.) (Drucksache V/1337) — Erste Beratung — Dr. Stecker (CDU/CSU) 4612 B Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . 4613 B IV Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 99. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. März 1967 Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Personalgutachterausschuß-Gesetzes (Drucksache V/1473) — Erste Beratung — 4614 A Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung der Verordnung Nr. 17 des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (Drucksache V/1518) — Erste Beratung — . . . 4614 A Antrag betr. Einsetzung eines Untersuchungsausschusses (FDP) (Drucksache V/1468) Moersch (FDP) . . . . . . . . 4614 B Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche der ehemaligen Infanterie-Kaserne in Nürnberg-Schweinau (Drucksache V/1451) . . 4614 C Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung erlassenen Sechsundsiebzigste und Siebenundsiebzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Drucksachen V/1388, V/1389, V/1466) 4614 C Schriftliche Berichte des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung beschlossenen Vierundneunzigste, Fünfundneunzigste, Achtundneunzigste, Einhundertste und Einhundertunderste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Drucksachen V/1500, V/1547; V/1501, V/1548; V/1502, V/1549; V/1526, V/1552; V/1539, V/1553) 4614 D Mündlicher Bericht des Innenausschusses über den Vorschlag der Euratom-Kommission für eine Verordnung des Rats zur Änderung der Regelung der Bezüge und der sozialen Sicherheit der Atomanlagen-Bediensteten der Gemeinsamen Kernforschungsstelle, die in den Niederden dienstlich verwendet werden Drucksachen V/1522, V/1554) 4615 C Nächste Sitzung 4615 D Anlagen 4617 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 99. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. März 1967 4529 99. Sitzung Bonn, den 16. März 1967 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 99. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. März 1967 4617 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Dr. Achenbach * 17. 3. Adams 17. 3. Dr. Aigner * 17. 3. Frau Albertz _ 10. 4. Dr. Apel * 17. 3. Arendt (Wattenscheid) * 17. 3. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 17. 3. Dr. Artzinger * 17. 3. Bading * 17. 3. Dr.-Ing. Dr. h. c. Balke 31. 3. Bals 5. 4. Bazille 17. 3. Behrendt * 17. 3. Bergmann * 17. 3. Blumenfeld ** 16. 3. Borm 17. 3. Frau Brauksiepe 16. 3. Damm 5. 4. Deringer * 17. 3. Dichgans * 17. 3. Dr. Dittrich * 17. 3. Draeger 5. 4. Dröscher * 17. 3. Dr. Eckhardt 17. 3. Eisenmann 21.4. Frau Dr. Elsner * 17. 3. Faller * 17. 3. Felder 5. 4. Folger 16. 3. Dr. Furler * 17. 3. Frau Geisendörfer 17. 3. Genscher , 5. 4. Gerlach * 17. 3. Gscheidle 16. 3. Haage (München) 17. 3. Haar (Stuttgart) 17.3. Haase (Kellinghusen) 18. 3. Hahn (Bielefeld) *. 17. 3. Hansing 17. 3. Dr. Hellige 16. 3. Höhne 4. 4. Hösl ** 17. 3. Illerhaus * 17. 3. Iven 5. 4. Dr. Jaeger 4. 4. Jaschke 18. 4. Klinker * 17. 3. Kriedemann * 17. 3. Kulawig * 17. 3. Kurlbaum 17. 3. Frau Kurlbaum-Beyer 17. 3. Lemmer 31. 3. Lemmrich 17. 3. Lenz (Brüht) * 17. 3. Lenz (Trossingen) 23. 5. Leukert 17. 3. Lücker (München) * 17. 3. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Marx (München) 17. 3. Mauk * 17. 3. Neemann 4. 4. Mengelkamp 20. 3. Merten * 17. 3. Metzger * 17. 3. Missbach 17. 3. Müller (Aachen-Land) * 17. 3. 011esch 5. 4. Peters (Poppenbüll) 21. 4. Petersen 5. 4. Frau Pitz-Savelsberg 18. 3. Richarts * 17. 3. Richter 5. 4. Riedel (Frankfurt) * 17. 3. Rommerskirchen 5. 4. Rösing 17. 3. Scheel 17. 3. Seifriz * 17. 3. Seuffert * 17. 3. Springorum * 17. 3. Dr. Starke (Franken) * 17. 3. Stein (Honrath) 17.3. Stooß 17. 3. Struve 31.3. Dr. Tamblé 17. 3. Unertl 17. 3. Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell 31. 3. Dr. Wahl 17. 3. Wiefel 17. 3. Wischnewski 19. 3. * Für die Teilnahme an einer Tagung des Europäischen Parlaments *4 Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Beratenden Versammlung des Europarats Anlage 2 Umdruck 136 Entschließungsantrag *) der Abgeordneten Dr. Müller-Hermann, Schmidhuber, Dr. Stecker und Genossen zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964 — Drucksachen V/886, V/1432 —. Der Bundestag wolle beschließen: Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird die am 1. Mai 1960 für eine befristete Zeit eingeführte Heizölsteuer zum zweiten Male verlängert und außerdem die gesetzlich zum 1. Juni 1967 vorgesehene Halbierung der Steuersätze wieder beseitigt. Diese Maßnahme wird mit dem Hinweis auf die Situation im deutschen Steinkohlenbergbau begründet. Um den Willen der Bundesregierung zu unterstreichen, die Laufzeit der Heizölsteuer zu beschränken und aus ihr keine Fiskalsteuer werden zu lassen, wird diese ersucht, im Bericht über die Situation des Steinkohlenbergbaues 'im Zusammenhang mit den *) Siehe 98. Sitzung, Seite 4503 C 4618 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 99. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. März 1967 Auswirkungen des Kohleverstromungsgesetzes, der dem Bundestag zum 1. Juli 1968 zu erstatten ist, die Frage zu prüfen, ob nicht eine Degression der Heizölsteuer auf 20 DM/t bei schwerem Heizöl zum 1. Januar 1960 geboten erscheint. Bonn, den 15. März 1967 Dr. Müller-Hermann Schmidhuber Dr. Stecker Bauer (Wasserburg) Dr. Besold Prinz von Bayern Franke (Osnabrück) Dr. Geißler Gierenstein Freiherr von und zu Guttenberg Dr. Häefele Dr. Kempler Krammig Krug Niederalt Dr. Pohle Röhner Schlager Schlee Dr. Schmid-Burgk Stücklen Wagner Wieninger Mertes angenommen in der 98. Plenarsitzung am 15. März 1967 Anlage 3 Umdruck 137 Entschließungsantrag der Fraktion der FDP zur Aussprache über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes — Drucksachen V/1400, zu V/1400 —. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. entsprechend dem Antrag des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 8. März 1967 — Drucksache V/1530 — alle Anstrengungen zu unternehmen, den gesamten Agrarmarkt so zu entwickeln, daß für alle Partner die gleichen Wettbewerbsbedingungen erreicht werden. Die den Mitgliedstaaten eingeräumten Ausnahmen und Sonderregelungen sollten Zug um Zug abgebaut werden; 2. sich darum zu bemühen, daß nun auch die Harmonisierung der übrigen Bereiche der Wirtschaftspolitik in der EWG beschleunigt wird, da der gemeinsame Agrarmarkt nur in einer harmonisierten Gesamtwirtschaft funktionsfähig sein kann. Bonn, den 16. März 1967 Freiherr von Kühlmann-Stumm und Fraktion Anlage 4 Umdruck 138 Entschließungsantrag der Fraktion der FDP zur Aussprache über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes — Drucksachen V/ 1400, zu V/1440 —. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, dem Bundestag einen umfassenden Bericht über den Stand der Verwirklichung des gemeinsamen Mark- tes gemäß dem Gesetz zu den Verträgen vom 25. März 1957 zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft vorzulegen mit dem Inhalt: 1. Übersicht über alle, seit Bestehen des Römischen Vertrages über die EWG im Ministerrat gefaßten Beschlüsse zur Herstellung des gemeinsamen Agrarmarktes, aus der u. a. auch zu ersehen ist, a) inwieweit dadurch Gesetze der Bundesrepublik berührt werden, b) insbesondere die Kompetenzen der Legislative in bezug auf die von ihr verabschiedeten Gesetze, darunter besonders das noch gültige Landwirtschaftsgesetz, eingeengt werden. 2. Aufzählung aller Verordnungen, die sich aus den Ministerratsbeschlüssen ergeben haben. 3. Gegenüberstellung noch bestehender und neu geschaffener Wettbewerbsunterschiede der sechs Partnerländer. 4. Übersicht über die auf Grund der Ministerratsbeschlüsse entstandenen wirtschaftlichen Nachteile für die deutsche Landwirtschaft. 5. Überblick auf die jetzigen und künftigen finanziellen Verpflichtungen der Bundesrepublik aus dem gemeinsamen Agrarmarkt. 6. Überblick über den derzeitigen Stand der Integration in den verschiedenen Bereichen der Wirtschafts-, Sozial-, Verkehrspolitik und andere, soweit sie nach dem EWG-Vertrag harmonisiert werden müssen. 7. Überblick über Vor- und Nachteile, die sich aus dem bisherigen Stand der EWG-Politik für die deutsche Landwirtschaft und die übrige Wirtschaft ergeben. Bonn, den 16. März 1967 Freiherr von Kühlmann-Stumm und Fraktion Anlage 5 Umdruck 139 Entschließungsantrag der Fraktion der FDP zur Aussprache über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes — Drucksachen V/1400, zu V/1400 —. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, ihren Beschluß vom 15. März 1967 bezüglich eines Rinderorientierungspreises von DM 259,— noch einmal zu überprüfen und unter Berücksichtigung der objektiven Feststellungen des Ernährungsausschusses wie auch des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten so festzusetzen, daß die Relation von Milchpreis und Rinderorientierungspreis 1 : 7 beträgt. Bonn, den 16. März 1967 Freiherr von Kühlmann-Stumm und Fraktion Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 99. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. März 1967 4619 Anlage 6 Umdruck 140 Entschließungsantrag der Fraktion der FDP zur Aussprache über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes — Drucksachen V/1400, zu V/1400 —. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, den Vorlagetermin für den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft in § 4 des Landwirtschaftsgesetzes vom 9. September 1955 auf den 1. 12. jeden Jahres vorzuziehen, damit dieses Dokument bei den Haushaltsberatungen ausgewertet werden kann. Bonn, ,den 16. März 1967 Freiherr von Kühlmann-Stumm und Fraktion Anlage 7 Umdruck 141 Entschließungsantrag der Fraktion der FDP zur Aussprache über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes — Drucksache V/1400, zu V/1400 —. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. sich im Ministerrat in Brüssel dafür einzusetzen, daß der gemeinsame Getreidepreis im Vergleich zu den inzwischen gestiegenen Produktionskosten einer Revision unterzogen wird, zumal die Notwendigkeit einer erneuten Überprüfung bereits bei der Einigung auf den gemeinsamen Preis im Jahre 1964 von den Partnerländern vorgesehen war, 2. sich bei dieser Überprüfung dafür einzusetzen, daß der gemeinsame Futtergetreidepreis in einer angemessenen Relation zum Brotgetreidepreis angehoben wird. Bonn, den 16. März 1967 Freiherr von Kühlmann-Stumm und Fraktion Anlage 8 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Moersch (FDP) zu Punkt 30 der Tagesordnung. Die Bundestagsfraktion der Freien Demokraten unterbreitet Ihnen heute den Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Dieser Ausschuß soll die Aufgabe haben, die Umstände zu klären, die bei der Beschaffung des Schützenpanzers HS 30 in der öffentlichen Diskussion als undurchsichtig gelten. Vor fast genau zehn Jahren hat der damalige Bundesminister der Verteidigung einen Vertrag mit der Firma Hispano Suiza unterzeichnet. Die als Herstellerin von Waffen renommierte Schweizer Firma hat mit diesem Vertrag ihr Produktionsprogramm verbreitert; denn bis dato war die Firma nicht mit dem Bau von Schützenpanzerwagen befaßt gewesen. Schon diese Tatsache, nämlich die mangelnde Erfahrung der beauftragten Firma im Bau von Kampffahrzeugen ist bemerkenswert, wenngleich nicht unbedingt außergewöhnlich. Außergewöhnlich dagegen war das Vertrauen, das in die Leistungsfähigkeit einer partiell unerfahrenen Firma vom Bundesministerium der Verteidigung und von einer Mehrheit des Unterausschusses Beschaffungswesen im Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages gesetzt wurde. Schließlich begann die Beschaffung selbst mit der Vorführung eines Holzmodelles auf dem Flughafen Hangelar bei Bonn. Der langfristige Vertrag wurde unterzeichnet, ehe Prototypen erprobt oder eine Null-Serie gebaut gewesen wäre. Vieles spricht dafür, daß diese außergewöhnliche Art der Beschaffung zu einem außergewöhnlichen Aufwand an öffentlichen Mitteln geführt hat. Sich über diesen Umstand Klarheit zu verschaffen ist eines der Motive, die unserem Antrag zugrunde liegen. Der Deutsche Bundestag und die gesamte Öffentlichkeit haben ein Recht auf genaue Kenntnis der Zusammenhänge bei einem derart großen finanziellen Engagement. Es solle dabei ohne Ansehen der Personen festgestellt werden, ob die kontrollierende Tätigkeit des Bundesrechnungshofes in dem notwendigen Umfang ausgeübt worden und zur Kenntnis genommen worden ist, oder ob es — wie in der Öffentlichkeit vermutet — Behinderungen des Bundesrechnungshofes gegeben hat. Falls es solche Behinderungen gab, muß geklärt werden, wer dafür verantwortlich ist. Ein anderer wichtiger Punkt, auf den sich die Untersuchungen erstrecken sollten, ist die Einschaltung oder Nichteinschaltung des ehemaligen Gesandten, späteren Botschafters in Bern, Dr. Friedrich Holzapfel, der vor seiner Übernahme in den diplomatischen Dienst als Mitbegründer und stellvertretender Vorsitzender der CDU hervorgetreten war. Wieweit sich die von Dr. Holzapfel in seinen Berichten an das Auswärtige Amt geäußerten Warnungen vor gewissen Geschäftspartnern auf die Beschaffung des HS 30 oder auf andere zeitlich früher liegende Waffenkäufe und Beschaffungsaufträge beziehen, ist erst in zweiter Linie von Belang. Aufgeklärt werden muß nach Meinung der Antragsteller, warum der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland in der Schweiz in der von ihm behaupteten massiven Weise von Vorgesetzten aufgefordert worden ist, auch nach seiner Zurruhesetzung strengstes Stillschweigen zu bewahren und sich nicht um Hintergründe bei Beschaffungsaufträgen zu kümmern. Ein weiterer wesentlicher Komplex der beantragten Untersuchungen betrifft das Verhältnis Regierung — Parlament. Ein Vergleich regierungsamtlicher und persönlicher Erklärungen, die zu der Beschaffung des HS 30 und damit zusammenhängender Fragen in den vergangenen zehn Jahren abgegeben worden sind, läßt in einigen Fällen Widersprüche erkennen. Es wird notwendig sein, die Verfasser dieser Erklärungen und die Verantwortlichen für diese Erklärungen zu einer exakten Aufklärung dieser Widersprüchlichkeiten zu veranlassen. Der Bun- 4620 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 99. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. März 1967 destag ist es sich selbst schuldig, dabei auf äußerster Korrektheit zu bestehen. Es mag sein, daß es in der ganzen Angelegenheit strafrechtliche Tatbestände gibt, sei es aktive oder passive Bestechung, sei es Begünstigung im Amt. Die Verfolgung solcher Straftaten, das möchte ich ausdrücklich betonen, gehört nicht zu den Aufgaben des Parlaments oder eines Untersuchungsausschusses. Hierfür sind die Justizbehörden zuständig, die ihrerseits — wenn ich recht unterrichtet bin — in der Sache HS 30 ermitteln. Solche Ermittlungen brauchen und sollten keine Rücksicht nehmen auf die Untersuchungen, die wir von einem Ausschuß des Bundestages wünschen. Sie sind unabhängig von dem, was das Parlament zu prüfen hat, wenn auch nicht ohne Bezug zu unserem Untersuchungsthema. Die Justiz hat sich um die Verletzung der Gesetze zu kümmern. Der Bundestag hat, wenn er Untersuchungen beginnt, eine andere Pflicht, eine, wenn Sie wollen, weiterreichende Aufgabe. Er muß deutlich machen, daß es neben den geschriebenen Gesetzen im demokratischen Rechtsstaat ungeschriebene, aber nichtsdestoweniger verbindliche Regeln gibt. Sonst läuft der demokratische Rechtsstaat Gefahr, zu einer Bananenrepublik herabzusinken, um mit Bernt Engelmann zu sprechen, der sich im „Deutschen Panorama" ebenso wie Peter Miska in der „Frankfurter Rundschau" und Rudolf Augstein 'im „Spiegel" des Themas HS 30 publizistisch angenommen hat. Es wäre unerträglich, wollten sich die Verantwortlichen in den Zweifelsfällen auf den formalen Standpunkt zurückziehen. Insofern war es — ich will mich vorsichtig ausdrücken — verwunderlich oder wenig klug, daß der damalige Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung in der Fragestunde des Deutschen Bundestages von sich aus, d. h. ohne direkten Zusammenhang mit der gestellten Frage, eine Art Rechtsauskunft glaubte geben zu müssen, in der er auf die Nichtstrafbarkeit von Spenden an Abgeordnete oder Parteien hinwies. Damit hat der Staatssekretär nicht nur dem Bundestag einen schlechten Dienst 'in der Öffentlichkeit erwiesen, sondern auch den gewiß unzutreffenden Eindruck erweckt, als seien Dreiecks-Koppelungsgeschäfte nicht nur legal, sondern möglicherweise auch selbstverständlich. Der Bundestag hat allen Anlaß, für eine Interpretation zu sorgen, die unmißverständlich klarmacht, daß weder direkte noch indirekte Koppelungsgeschäfte der Parteienfinanzierung dienen dürfen. Dabei wäre es auch nützlich, wenn andere Besonderheiten im Beschaffungswesen der öffentlichen Hand vom Bundestag geklärt werden könnten. Ich denke etwa an einen Umstand, der den meisten Staatsbürgern befremdlich erscheinen muß, wenngleich formal-juristisch keine Einwände zu erheben sind, den Umstand nämlich, daß Mitglieder dieses Hohen Hauses in Beschaffungsfragen als Kontrahenten ,der Bundesregierung auftreten oder aufgetreten sind, wenn es um die Regelung materieller Probleme, d. h. um Forderungen gegen die Bundesregierung aus Rüstungsgeschäften, geht. Ich weiß nicht, ob sich die Betroffenen darüber im klaren sind, daß bei Bekanntwerden solcher Zusammenhänge viele engagierte Demokraten zu Zweiflern an unserer Staatsform werden. Aus solchen und ähnlichen Gründen ist vor Jahren schon einmal über eine Ehrenordnung für dieses Hohe Haus diskutiert worden. Ich will bekennen, daß eine Kodifizierung des Ehrenhaften unter Umständen einem selbst ausgestellten Armutszeugnis des Bundestages gleichkäme, weil nun einmal ehrenhaftes Verhalten zu den Selbstverständlichkeiten eines Parlaments und eines Parlamentariers gehört. Um so dringlicher ist es, gerade durch einen Untersuchungsausschuß ganz exakt festzustellen, wer sich wo und wann inkorrekt verhalten hat. Nur die Feststellung des Einzeltatbestandes bewahrt ganze Institutionen, sei es die Regierung, sei es ein Ministerium, sei es das Parlament, vor allgemeinen Verdächtigungen. Wir sind es den vielen korrekten Beamten und Offizieren schuldig, daß wir aufklären, ob sich einzelne inkorrekt verhalten haben. Wir sind es dem Ansehen des Bundestages schuldig, daß wir die Untersuchungen mit einem Höchstmaß an Objektivität führen. Seit Jahren schon beschäftigen sich angesehene Journalisten immer wieder mit der Affäre Schützenpanzer HS 30. Schon einmal hat ein Untersuchungsausschuß dieses Hohen Hauses versucht, Zwielichtiges zu erhellen. Das ist leider damals nicht in dem notwendigen Umfang gelungen, so daß erneut Gerüchte und Verdächtigungen entstehen konnten. Vielleicht wäre es gut gewesen, der Bundestag hätte sich schon vor Jahren dieser Sache erneut und gründlich angenommen. Vielleicht wäre manchen Verdächtigungen auch der Boden entzogen gewesen, wenn nicht vor Jahren irgendein Pragmatiker den seltsamen Einfall gehabt hätte, Korruptionsfragen im Bundesministerium der Verteidigung zunächst durch ein hauseigenes und damit weisungsgebundenes Referat statt durch die unabhängigen Justizbehörden untersuchen zu lassen. Jetzt ist uns die Aufgabe gestellt, zu einem späten Zeitpunkt einen verwickelten Tatbestand erneut zu durchleuchten. Die Antragsteller machen sich keine Illusionen über die Möglichkeiten, die ein Untersuchungsausschuß für die Wahrheitsfindung hat. Dennoch glauben sie, daß es Pflicht des ganzen Hohen Hauses ist, das Mögliche zu versuchen und die Öffentlichkeit an den Kenntnissen teilhaben zu lassen, die durch ein Befragen der Beteiligten und der Wissenden gewonnen werden können. Ich lasse den Einwand nicht gelten, man ' liefere mit derartigen Erhebungen den Feinden der Demokratie kostenlos Munition gegen unseren Staat und betätige sich damit, um ein ministeriell beliebtes Wort zu gebrauchen, nicht staatserhaltend. Es ist an uns, zu zeigen, daß es nicht eine Schwäche der Demokratie ist, solche Affären öffentlich zu behandeln, sondern ihre Stärke. Je bereitwilliger alle Fraktionen und Mitglieder dieses Hohen Hauses mitarbeiten, desto besser für unseren Staat. Wir wollen die Verantwortlichkeit einzelner feststellen, damit künftig an den Institutionen kein Verdacht mehr haftet. Klarheit und Offenheit allein sind staatserhaltend, weil sie der Wahrheit dienen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Josef Ertl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sicherlich ist es keine Wonne, hier nun zu diskutieren. Im Hause herrscht gähnende Leere; nur die Pressebank ist ein klein wenig besetzt.
    Der Mann, der die Agrarpolitik vertritt, hat heute viel Ermunterung aus seinen Reihen bekommen. Offensichtlich haben die Koalitionsparteien, die die Regierung tragen, Kenntnis davon, daß er Unterstützung aus dem Parlament braucht. Die großen



    Ertl
    „deficit-brothers" Strauß-Schiller lassen ihn heute allein; sie nehmen ihn wohl nur beim deficit-spending im Kabinett in die Mangel und versuchen, ihn auszuwringen. Der Kollege Bauknecht muß dann ein Wehlied über ein Minus von 1240 Millionen DM anstimmen.
    Dabei meine ich, wäre es gerade jetzt dringend notwendig, daß einmal, da die Getreidepreissenkung eine wichtige Weichenstellung für uns darstellt, darüber diskutiert wird, welche Position, welchen Rang und welche Stellung die Agrarpolitik im Zusammenhang mit unserer Außenpolitik und den vielfältigen Verpflichtungen — sei es europäischer Art, sei es neuerdings .auf dem Ostsektor — einnehmen soll. Notwendig wäre es aber auch, Stellung zu nehmen und sich zu fragen, wie es mit der Wirtschaftspolitik ausschaut, welche Stellung die Landwirtschaft im Rahmen unserer Volkswirtschaft, auch im Rahmen unserer gesellschaftspolitischen Vorstellungen über die richtige Gliederung in unserem Volk, haben soll. Wir sehen aber, daß man, wenn nicht Wahlkämpfe vor der Tür stehen, allein diskutieren muß. Deshalb muß ich mich dieser mühsamen Aufgabe unterziehen.
    Es gibt nun verschiedene Formen und Möglichkeiten der Diskussion. — Herr Kollege Bauer, wollen Sie etwas sagen? Ich bin gern bereit, mit Ihnen zu diskutieren.

    (Abg. Bauer [Wasserburg] : Das ist eine Unterschätzung der anwesenden Kollegen!)

    — Ich bedanke mich, daß sie da sind. Ich bedanke mich vor allem dafür, daß die nicht da sind, die heute schon geredet haben. Ich würde mich auch freuen, wenn wenigstens sie zuhören würden, wenn die anderen reden. Aber das ist wohl so üblich. Ich will jedoch kein Klagelied anstimmen.

    (Abg. Schmitt-Vockenhausen: Da muß jeder vor seiner eigenen Tür kehren!)

    — Ja, ja, natürlich. Aber ich bemühe mich, Herr Schmitt-Vockenhausen, soweit wie irgend möglich immer hier zu sein, — was sehr viel Zeit am Abend kostet, so daß man seine Post um Mitternacht erledigen muß.
    Aber ich habe vor mir noch eine andere Tribüne der Agrarpolitik und der Politik, das sind die Informationsdienste. Ich lese z. B. im VVD vom Freitag, 10. März: „Spekulationen um eine Ablösung Höcherls". Ich war entsetzt, daß meinem Landsmann Höcherl aus der CDU offensichtlich Widerstände erwachsen. Auch wenn er die Regierung vertritt, freue ich mich als Oppositionsmann natürlich, wenn ein Landsmann tätig ist. Aber offensichtlich ist die CDU nicht ganz der Meinung, — oder sie wurde heute revidiert durch das hohe Lob, das er bekommen hat von Pilot und Kopilot, Bauknecht und Schmidt. Ich wollte nur einmal danach fragen. Es wäre vielleicht interessant, das zu klären.
    Der Kollege Schmidt war ja heute großartig,

    (Zuruf von der SPD: Das ist er immer!)

    er hatte einen glänzenden Tag: so ganz ruhig und
    sicher, staatsmännisch, so souverän, staatserhaltend
    und nun die neuen Wege weisend. Aber da sieht
    man, wie schnell sich die Zeiten ändern. Herr Kollege Schmidt, ich habe mir auch hier wieder den VVD aufgenommen: „Dr. Schmidt kritisiert die Konzeptionslosigkeit der Agrarpolitik". So war es noch im September; da war er noch ein klein wenig in der Opposition. Und dann, am 12. Dezember, bedauerte er nurmehr die Haushaltskürzungen. Ja, so ändern sich die Zeiten. Der Wandel vollzieht sich oft schnell.

    (Abg. Schmidt-Vockenhausen: Jetzt haben Sie es leichter! — Heiterkeit bei der SPD.)

    — Wir sind im Rahmen der Koalition wenigstens bei unserer Meinung geblieben, was wir eigentlich immer gewollt haben.

    (Lachen bei der SPD. — Abg. SchmittVockenhausen: Bei welcher Meinung denn? — Weiterer Zuruf: Was haben Sie denn gewollt? — Heiterkeit und weitere Zurufe von der SPD.)

    Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, ich will Ihnen sagen: in puncto Landwirtschaft die Meinung, daß die Landwirtschaft ein hohes Anrecht hat, gleichberechtigt im Rahmen unserer gesamten Wirtschaft behandelt zu werden.

    (Abg. Schmitt-Vockenhausen: Da sind wir sogar alle einig!)

    — Da bin ich nicht ganz sicher. Darüber könnte ich mit Ihnen den Dialog fortsetzen.
    Ich habe mir gedacht, als die neue Regierung zustande kam, wie das nun sein wird, mit Schmidt (Gellersen) und Höcherl, und ich habe mir als Landwirt vorgestellt: der Schmidt wird der Hecht sein, und der Höcherl wird der Karpfen sein,

    (Heiterkeit)

    und die FDP wird zwischendurch angeln. Aber ich muß feststellen: der Hecht ist nur ein Weißfisch geblieben. Aber vielleicht entwickelt er sich im Laufe der Zeit, wenn wir zu den nächsten Wahlen kommen, zu einem Bürstling. Aber das wollen wir ihm überlassen. Ich kann nur sagen: das ist alles sehr interessant, und man ist sich sogar einig, obwohl man ganz verschiedenartig spricht. Der eine spricht über das, was man in der EWG machen soll, und der andere spricht über ein innenpolitisches Schwerpunktprogramm. Trotzdem ist man sich einig. Warum soll es bei Ihnen besser sein als bei uns.

    (Lachen bei der SPD.) Wir werden die Dinge ja verfolgen.

    Dann habe ich hier nochmals einen Informationsdienst; man muß das ja immer verfolgen. Vor kurzem habe ich bei uns im Bayerischen Rundfunk eine Nachricht gehört, da kritisierte ein Sprecher, daß vor allem Vizepräsidenten des Bauernverbandes die Eigentümlichkeit hätten, bei Bauernverbandsversammlungen immer anders zu reden als in der Fraktion oder im Parlament. Hier lese ich, welche großen Forderungen seitens der CDU aufgestellt werden: da muß der Trinkmilchpreis um 6 Pf angehoben werden, der Rinderorientierungspreis auf 2,65 DM usw. usf., — alles sehr, sehr interessant. Aber es stellt sich doch die Frage: welchen Rahmen



    Ertl
    steckt diese neue Regierung für die Landwirtschaft ab? Ich komme da auf die berühmte konzertierte Aktion zurück. Auch der Herr Bundesminister hat mit seiner Einleitungsrede bereits konzertiert. Ich würde sagen, ich habe das Gefühl, daß in der neuen Regierung im Rahmen der konzertierten Aktion bei der Landwirtschaft zunächst einmal subtrahiert wird, vielleicht auch mit dem Ziel, sie zu minimieren, das weiß ich nicht. Man hat aber zum mindesten das Gefühl, es ist ein Bukett, das heute in Form des neuen Grünen Plans angeboten. wird. Wir kennen ihn übrigens auch noch nicht alle hundertprozentig. Man sagt zwar, es wird wieder regiert, aber das geschieht zeitlich verzögert. Noch nie war die Debatte über den Grünen Plan so spät. Ich bin neugierig, wann diesmal die Landwirtschaftsämter die Richtlinien bekommen, wahrscheinlich wenn dieses Haushaltsjahr zu Ende geht. Aber es wird wieder regiert, heißt es, und zwar kraftvoll.

    (Zuruf des Abgeordneten Bauer [Wasserburg].)

    — Ja, sie werden aber wieder geändert; denn Sie können doch keine Richtlinien herausgeben, Herr Kollege Bauer, wenn einmal gestrichen wird, dann die Streichung aufgehoben wird, dann wieder neu gestrichen wird. Sie wissen doch, wie es war. Oder sind Sie klüger als Ihr Minister? Das kann ich nicht feststellen. — Fest steht auf jeden Fall: das Bukett, das angeboten wird, ist ein kleines Sträußchen, und bunt schillern tut es auch nicht. Insoweit muß sich eben die Landwirtschaft mit den Feldblumen zufrieden geben. Die goldenen Zeiten sind vorbei. Und hier muß ich einmal eins sagen: Die Landwirtschaft wird sich noch an einen Finanzminister Starke und einen Finanzminister Dahlgrün erinnern.

    (Lachen bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der SPD: Die Rechnung kam hinterher!)

    — Lesen Sie die Zahlen nach, dann werden Sie feststellen, wie es um die Förderungsmaßnahmen im Jahre 1961 ausschaute und wie es weiterging bis zum großen Bruch. Da müssen Sie erst beweisen, daß Sie ebensoviel durchsetzen. Ich weiß, das ist gar nicht so leicht. Ich dachte, diesmal wäre es besonders leicht, weil das ja eine konzertierte Aktion zwischen zwei Bayern — ich meine den Finanzminister und den Landwirtschaftsminister — sein könnte. Aber hier ist eben die Brotherhood der Deficit-Spender Schiller/Strauß wohl stärker als die Bruderliebe zum Landwirtschaftsminister aus Bayern.
    Wie dem auch sei, wir stehen vor einer Situation, die sich ungefähr so darstellt, daß unsere Landwirtschaft mit erheblichen Preissenkungen rechnen muß. Gleichlaufend kommen erhebliche neue Belastungen sowohl bei den Betriebsmitteln wie auch bei zusätzlichen Lasten — ich denke hier an Lasten, die sich aus der Sozialpolitik ergeben, Erhöhung der Altershilfe, Erhöhung der Beiträge zur Berufsgenossenschaft —, vielleicht auch noch Veränderungen bei den Einheitswerten auf die Landwirtschaft zu. Diese Landwirtschaft muß nun in den nächsten Jahren mit den Landwirtschaften in den Partnerländern in Konkurrenz treten. Dort gelten allerdings ganz andere Maximen. Die französische Landwirtschaft kann mit Preiserhöhungen von im Schnitt 4 bis 5 % rechnen. Die italienische Landwirtschaft kann damit rechnen, daß sie dort, wo sie hohe Preise hat, diese Preise behalten darf und daß die Preise dort, wo sie niedrig sind, erhöht werden, nicht zuletzt aus Mitteln des EWG-Garantiefonds. Ein Beispiel: der Olivenpreis wird mit einer Steuerbeihilfe von 140 DM gestützt, und er wird so gestützt, daß er sogar über dem Weltmarktpreis liegt. Eine großartige Angelegenheit! Ich glaube, mit Recht feststellen zu dürfen: Wenn wir das alles bilanzieren, dann haben unsere Partnerstaaten günstigere Voraussetzungen und haben bessere Einkommenschancen, während unsere Landwirtschaft höhere Kosten in Kauf nehmen und damit rechnen muß, daß ihre Einkommens-und ihre Preisverhältnisse noch nicht einmal in vollem Umfange gehalten werden. Wenn ich diesen Tatbestand annehme, dann ergibt sich zwangsläufig die Frage: Wie soll es geschehen? Wir begrüßen es, daß der Herr Minister in seiner wirklich sehr ausführlichen Arbeit, die er gestern vorgelegt hat, den Versuch macht, die Förderungsmaßnahmen zu konzentrieren und zu verstärken. Ich werde darauf noch eingehen. Diese Grüner-Plan-Debatte hat ja den wesentlichen Sinn und die Aufgabe, daß wir die Probleme der Landwirtschaft einmal nüchtern betrachten und nüchtern die Verhältnisse diskutieren.
    Der Herr Minister hat beispielsweise beklagt, daß das EWG-Anpassungsgesetz ihm einen zu engen gesetzlichen Rahmen gebe. Ich kann nur sagen, die Freien Demokraten wollten diesen besseren Rahmen, diese stärkere Verpflichtung. Aber wir konnten uns damals gegen die Mehrheit in diesem Parlament nicht durchsetzen.

    (Abg. Dr. Reinhard: Das sagt ihr immer!)

    — Nein, das sind Fakten, Herr Kollege Reinhard. Sie können unseren Antrag nachlesen, und Sie wissen aus Koalitionsgesprächen, daß Sie gesagt haben, das könnten Sie nicht mitmachen.

    (Abg. Fellermaier: Es scheint das Los der FDP zu sein, sich nie durchsetzen zu können!)

    — Herr Kollege Fellermaier, weil Sie schon so klug sind, will ich Ihnen einmal etwas über das Los der FDP sagen. Wir sind ja bekanntlich die Minderheit, und da hat die FDP das große Glück, daß sie zwar nicht einen Schiller, aber als ihren Verbündeten Goethe hat. Ich will Ihnen einmal sagen, was Goethe zu Schiller sagt:
    Ich finde immer mehr, daß man es mit der Minorität, die stets die Gescheitere ist, halten muß.
    Ich würde Ihnen das für die Zukunft sehr empfehlen.

    (Beifall bei der FDP. — Zurufe von der SPD.)

    — Ich würde sagen, den Dialog mit Goethe können Sie später einmal für sich fortsetzen. Auf jeden Fall bin ich sehr froh, daß es so ist. Ich hätte es nicht gesagt, aber Sie haben mir dieses freundliche Angebot gemacht.
    Lassen Sie mich auf das zurückkommen, was wir wollen: ein stärkeres EWG-Anpassungsgesetz. Wir



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    glauben, daß es ebenso wichtig gewesen wäre, das Landwirtschaftsgesetz in der Form zu gestalten, wie es ehemals die Freien Demokraten beantragt haben. Aber ich möchte diese Fragen, weil sie sehr vergangenheitsorientiert sind, nicht in aller Form ausweiten und ausnutzen.
    Ich möchte folgendes feststellen. Wenn wir die heutige Presse lesen, heißt es: Höcherl für verstärkte Strukturförderung. Er wird dabei unsere Unterstützung haben. Ich möchte aber vor einer großen Illusion warnen, vor der Illusion nämlich, daß die Strukturpolitik allein das Problem der Landwirtschaft löst. Es gibt nur eine Lösung: Preispolitik und Strukturpolitik. Hier gilt das Sowohl-als-auch. Ich werde darauf noch zurückkommen.
    Rückschauend darf ich noch eine Bemerkung zur Investitionshilfe machen. Bereits im Jahre 1958 haben die Freien Demokraten den Entwurf eines Investitionshilfegesetzes eingebracht. Auch hier hat nur die Minderheit von der geistigen Fähigkeit Gebrauch machen können. Was die Mehrheiten anlangt, so hat Herr Kollege Ehnes ja heute gesagt, wie das ist. Er sagte: Wenn wir es hier auch nicht richtig machen, Hauptsache ist, die Bauern wählen uns. Vielleicht hat er sogar recht. Ich kann das aus Bayern nur bestätigen.
    Die Förderung der Landwirtschaft ergibt sich letzten Endes aus der Verpflichtung des Landwirtschaftsgesetzes, aber nicht nur aus dieser Verpflichtung, sondern auch aus der politischen Tatsache, daß man in der vergangenen Zeit der Landwirtschaft weitgehend aus politischen Gründen ganz andere Einkommensverhältnisse zugemutet hat, als es vielleicht oft notwendig gewesen wäre.
    Herr Kollege Schmidt hat mit Recht kritisiert, daß es Leute gibt, die immer von den Milliarden für die Landwirtschaft sprechen. Auch in der Rede des Herrn Bundesministers ist die Zahl 25 Milliarden DM genannt worden. Das gibt natürlich immer die berühmten Reaktionen ab. Es heißt dann, diese Leute seien ja nie zufrieden. Ich will die Zahl nicht in Einzelheiten nachprüfen, aber wenn man die Milchprämie, die eine Verbrauchersubvention ist, und die Treibstoffrückvergütungen abzieht, wird man vielleicht nur noch auf eine Summe von 12 Milliarden DM kommen. Darauf will ich mich gar nicht einlassen. Ich halte es nicht für nützlich, die Diskussion immer vom Globalen her zu führen. Letzten Endes muß eben wie auch in anderen Bereichen alles versucht werden, um der Landwirtschaft die Chance zu geben, den modernen Erfordernissen zu entsprechen und gleichberechtigt im Rahmen des entstehenden europäischen Marktes zu produzieren.
    Leider muß ich sagen: auch dieser Grüne Plan zeigt wieder, daß unsere Landwirtschaft eine permanente Disparität zu beklagen hat. Oft glaubt man dann, das sei ein reines Betriebsgrößenproblem. Die Buchführungsergebnisse — auch ich kenne sie — zeigen, daß es nicht ausschließlich ein Betriebsgrößenproblem, sondern vielmehr ein Kosten-Betriebsleiter-Problem, nicht zuletzt ein Strukturproblem und ein Infrastrukturproblem ist.
    Hier drängt sich zwangsläufig ein Gedanke auf, der bei der Betrachtung des neuen Grünen Plans berücksichtigt werden sollte. Wir Freien Demokraten beantragen beispielsweise, die Mittel für den Wirtschaftswegebau nochmals aufzustocken. Man kann doch die unterentwickelten Gebiete am Zonenrand und im Bergbauerngebiet überhaupt nicht fördern, wenn man sie nicht wegemäßig erschließt. Ich muß sagen: was hier gestrichen worden ist, das geht weit über das normale Maß hinaus.
    Bei den Futterbaubetrieben geht es für weite Gebiete unseres Landes um ein lebenswichtiges Problem. Was kann man tun? Man kann doch nur diesen Betrieben die Absatzverhältnisse erleichtern. Da spielt natürlich das Frachtproblem eine entscheidende Rolle. Im letzten Jahr haben wir beantragt, die Möglichkeit zu prüfen, in diesen Gebieten besondere Frachtmöglichkeiten zu eröffnen. Da wurde uns gesagt: Das geht im Rahmen der EWG nicht. Ja, wenn hier nichts geschehen kann, wie will man dann an den Markt kommen, wie will man dann die Disparität ausgleichen, die sich aus den besonderen Frachtbelastungen, auch beim Bezug der Betriebsmittel ergibt? Da geht es doch gar nicht um ein rein landwirtschaftliches Problem, sondern um ein Problem unserer gesamten Infrastruktur. Warum ist es so schwierig, Industriebetriebe in den marktfernen Gebieten anzusiedeln? Weil sie ebenfalls die Frachtbelastung fürchten, weil sie sich sagen: Dann habe ich einen Nachteil. Hier scheint mir zu wenig geprüft worden zu sein, was zu tun ist.
    Ein weiteres sehr wichtiges Kapitel. Es ist schon sehr viel von den zusätzlichen Erwerbsmöglichkeiten gesprochen worden. Wir wissen, daß in den .Mittelgebirgslagen und im Alpengebiet der Fremdenverkehr eine wertvolle Möglichkeit bietet. Aber durch die neue Einheitsbewertung, durch die besondere Bewertung der Wohnhäuser kommen umgekehrt neue Lasten auf diese Betriebe zu. Ich unterstütze den Gedanken, zusätzliche Erwerbsmöglichkeiten für die kleineren Betriebe zu schaffen. Aber ich muß sagen, dann muß man gegebenenfalls auch bei der Wohnhausförderung einen anderen Standpunkt einnehmen, als das bei den bisherigen Richtlinien der Fall ist; dann muß man sogar anregend wirken und sagen, hier gibt es noch Einkommensreserven zusätzlicher Art. Es sollte wirklich einmal ernsthaft die Frage geprüft werden, was man noch tun kann. Ich könnte von mir aus manche Anregung .bringen.
    Der Herr Minister hat ein Schwerpunktprogramm verkündet. Aus unserer Sicht kann ich nur sagen, auch hier treffen wir manchen alten Bekannten, und auch wir von der Opposition freuen uns, daß wir hier Wiedersehen feiern können. Wir werden alles unterstützen, was wir für nützlich halten. Am Anfang aber des Schwerpunktprogramms — der Herr Minister hat es selbst beklagt — steht eine wesentliche Kürzung, eine Kürzung gerade zu dem Zeitpunkt, zu dem man erst recht fördern müßte. Ich verstehe nur nicht, wie das alles gemacht werden soll. Ich habe schon auf den Wirtschaftswegebau hingewiesen. Auch die Mittel für die benachteiligten Gebiete sind gekürzt worden. Dazu kommt der berühmte Eventualhaushalt, der Leihhaushalt. Bis



    Ertl
    heute wissen wir noch nicht, in welcher Form diese Mittel zur Verfügung stehen werden. Sie werden nur für einige Gebiete, für einige Vorhaben hergegeben. Es ist alles noch ein klein wenig verschleiert. Das hat mich heute veranlaßt, zu fragen, ob der Herr Bundesminister gezwungen sei, Salome zu spielen, den Schleiertanz aufzuführen. Vielleicht kann nun die Opposition hier ein bißchen mithelfen und etwas für Klarheit sorgen, mithelfen zu entschleiern.
    Dieser neue Grüne Plan ist mit zwei starken Hypotheken belastet. Er hat zwei starke Hypotheken.

    (Zuruf des Abg. Bauer [Wasserburg].)

    — Ja, um so leichter kann er tanzen, wenn er durch die Mangel durchgetrieben ist. Das wollte ich nur hinzufügen, Herr Kollege Bauer. Die eine Hypothek sind die finanziellen Verpflichtungen aus dem Preisbruch. So wurde es wenigstens begründet. Wir müssen hierfür mindestens 500 Millionen DM vorsehen. In diesem Zusammenhang gleich eine klare Frage: Ich habe vor kurzem auch wiederum in Informationsdiensten gelesen, daß der Herr Bundesminister für 1968 die Revision fordert. Erfreulicherweise kann aus der Presse entnommen werden, daß der Herr Bundesfinanzminister diese Revision für 1968 befürwortet. Dann müßte sie eigentlich klappen! Wir bitten darum und wir werden Sie unterstützen. Ich kann überhaupt grundsätzlich sagen: wenn es um die aktive Preispolitik geht, werden Sie immer die Unterstützung der Opposition haben, vielleicht sogar mehr als aus dem eigenen Koalitionslager. Das soll aber nicht unsere Sorge sein. Wir auf jeden Fall sind der Meinung, daß die Frage klar beantwortet werden muß: Wird die Bundesregierung das prüfen? Wenn ja, wenn es zu einer Revision kommt, dann muß man sich natürlich schon ernsthaft fragen: ist das die 500 Millionen DM wert? Dann war es der kostspieligste Preisbruch, den es jemals in der Geschichte irgendwo gegeben hat. Wir zahlen jetzt 500 Millionen, um den Preisbruch zu finanzieren, und werden im nächsten Jahr revisionieren. Das ist eine kaum vorstellbare Situation.
    Ein Weiteres, was diesen Haushalt natürlich sehr belastet — und dafür sind wir alle mitverantwortlich —, sind die Vorbelastungen der Haushaltsreste nach § 6 des Haushaltsgesetzes mit 340 Millionen DM. Wir sind der Meinung, wir sollten im Parlament mithelfen, vielleicht eine tragbare Lösung zu finden. Denn mit dieser Belastung entsteht eine echte Unwahrheit im Haushalt, obwohl eines der obersten Ziele die Haushaltswahrheit sein soll.
    Ich komme zurück zu einigen Aufgaben dieses Schwerpunktprogramms. Wir haben wiederholt die These vertreten, daß es sinnvoll wäre, wenn die Strukturmaßnahmen langfristig gestaltet würden. Wir hoffen, daß Sie, Herr Minister, Erfolg haben werden, wenn Sie im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung Zwei- bis Dreijahrespläne für die Strukturverbesserung durchbringen, sei es in der Flurbereinigung, sei es in der Aufstockung und Aussiedlung. Dann hört auch endlich die ständige Unruhe auf, ob es im nächsten Jahre Mittel gibt, in welchem Umfang und unter welchen Bedingungen.
    Ich betone noch einmal — ich könnte es mir beinahe sparen, denn Sie können es in allen Protokollen nachlesen —, wir haben immer den Gedanken der Investitionshilfe mittelfristiger Art begrüßt. In diesem Zusammenhang aber etwas sehr, sehr Wichtiges: das ist die Frage Investitionshilfe und Zinsverbilligung. Hier muß die Koppelung erfolgen — das hat, glaube ich, auch das erste Jahr erwiesen —, sonst wird die Investitionshilfe nicht im richtigen Umfang wirksam. Nur durch eine Zinsverbilligung zusammen mit der Investitionshilfe wird vielleicht das Ziel erreicht, daß die schwächeren Betriebe in der Lage sind, die Modernisierungs-und Rationalisierungsmaßnahmen durchzuführen, die notwendig sind.
    Ein Wort zur Marktwirtschaft. Wir freuen uns, daß auch dieser Punkt für die zukünftige Agrarpolitik wesentlich sein soll. Ich habe hier unseren Entwurf für das EWG-Anpassungsgesetz. Wir haben darin damals drei Schwerpunkte herausgestellt: Verbesserung der Agrarstruktur, Verbesserung der Betriebsstruktur, Verbesserung der Marktstruktur. Insoweit freuen wir uns, daß auch diese unsere Gedanken hier immer mehr realisiert werden. Wir wünschen Ihnen dabei viel Erfolg.
    Aber hier drängt sich eine Frage auf: Warum müssen wir so stark in den Export? Die FDP ist von jeher der Auffassung gewesen, daß Chancen für den Export genutzt werden sollten. Müssen wir nicht vielleicht auch deshalb sehr stark in den Export gehen, weil unser heimischer Markt von unseren Partnern erobert wird, so daß wir zwangsweise einen Verdrängungsexport machen müssen? Ich meine, hier muß nach wie vor gelten, daß der heimische Markt unserer Landwirtschaft ebenso vorbehalten bleibt wie unseren Partnern.
    Ich habe bezüglich des Systems der Marktordnungen manche Befürchtungen. Ich meine, diese Frage muß im Rahmen eines Gemeinsamen Marktes geklärt werden. Es kann nicht so sein, daß ein Partner allein eine Vielzahl von Verpflichtungen zu tragen hat.
    In diesem Zusammenhang doch noch ein Wort zu der Haushaltsfrage! Es wurde heute morgen so ungefähr gesagt, die Freien Demokraten hätten ja letzten Endes bei diesen Schwierigkeiten mit in der Regierung gesessen. Wir wollen das gar nicht bestreiten. Aber eines steht fest — und Herr Kollege Schmidt hat die Rede vom 10. Dezember 1964 zitiert —, während der Großen Anfrage wurde von dem Sprecher der Freien Demokraten erklärt: Die Mittel, die erstens für die EWG-Finanzierung und zweitens für die Realisierung der Zusagen des Kanzlers gebraucht werden, können gar nicht gegeben werden, wenn nicht bewußt eine übergroße Ausweitung des Haushalts vorgenommen werden soll.
    Ich möchte auch für die Fraktion der FDP in Anspruch nehmen: In einem Fraktionsgespräch wurde mit dem früheren Bundeskanzler ganz eindeutig erklärt, daß es sich hier um politische Maßnahmen handelt und daß es unmöglich die Aufgabe eines Finanzministers sein sollte und sein darf, diese Frage allein zu verantworten, sondern — so wurde



    Ertl
    damals stolz behauptet — daß dafür der Kanzler die Verantwortung trage. Der Kollege Logemann hat ja heute mit Recht die Frage aufgeworfen: Was gilt das Kanzlerwort gegenüber der Öffentlichkeit und gegenüber dem Parlament? In diesem Zusammenhang gilt auch das Wort der Opposition, denn ich kann mich noch sehr wohl erinnern, Herr Kollege Schmidt, wie Sie gesagt haben, auch Sie würden die Verpflichtungen übernehmen, weil Sie der Meinung sind — und wir waren uns alle einig —, daß nicht ein Berufsstand allein das Opfer der Preissenkungen politischer Art, die sich aus der EWG ergeben, sein darf. Ich will aber hier nicht ins einzelne gehen.
    Bezüglich der Kleinbauernfrage ist, meine ich, ein bewundernswerter Zug der Ernüchterung eingetreten. Uns Freien Demokraten sind viele Vorwürfe gemacht worden, insbesondere dem Herrn Staatssekretär Hüttebräuker. Aber ich muß sagen, ich sehe heute in der Frage der Kleinbauern keine Gegensätze mehr zwischen dem Staatssekretär und dem Minister. Aber wir haben jetzt auch keinen Wahlkampf in Bayern; darum braucht es auch keine Gegensätze zu geben. Ich würde sagen, der Minister hat recht, wenn er hier feststellt, es geht darum, den Kleinbauern entweder die Vollerwerbsmöglichkeit durch innere Aufstockung und äußere Aufstockung oder die Zusatzerwerbsmöglichkeit zu geben. Ich muß allerdings fragen, wie lange wir uns das gegenseitig noch bestätigen wollen; denn ich stelle immer noch fest, daß im Rahmen der Regionalplanung und Raumordnung nur ganz bescheidene Fortschritte erzielt worden sind. Vielleicht liegt es an dem Problem, das gestern in der Fragestunde aufkam, daß die Koordinierung zwischen Bund und Ländern nicht in dem nötigen Umfang vorhanden ist. Aber ich will das gar nicht untersuchen. Herr Kollege Ehnes hat natürlich den Herrn Ministerpräsidenten aus Bayern verteidigen müssen, der gesagt hat: Wer Bauer bleiben will, kann Bauer bleiben.

    (Abg. Ehnes: Das habe ich freiwillig gemacht!)

    — Ich bitte um Entschuldigung! Ich weiß, die Einsatzbereitschaft des Kollegen Ehnes ist uns über alle Maßen hinaus bekannt. Nur kann sich natürlich für solche Reden niemand etwas kaufen. Das muß einmal in aller Deutlichkeit festgestellt werden. Hier ist vielmehr viel wichtiger, daß eine Staatsregierung einen entsprechenden Raumordnungsplan festlegt und sagt: Diese Möglichkeiten werden geboten, entweder für Zuerwerb oder für die Aufstokkung oder in ähnlicher Form. Aber damit, daß man sagt: Laßt die Dinge nur laufen, der liebe Gott oder auch jemand anders macht das schon, läßt sich nichts lösen.
    Herr Minister, Sie haben die Kleinbauernberatung angesprochen und Sie wollen einen eigenen Lehrstuhl dafür schaffen. Das ist ein begrüßenswertes Vorhaben. Aber ich meine, die Beratung allein oder als zusätzliches Mittel ist doch ein sehr kleiner Beitrag. Hier gibt es immer nur eine einzige Aufgabe: Verbesserung der Infrastruktur, allerdings mit dem Ziel, eine möglichst große Zahl von bäuerlichen
    Landeigentümern für die Zukunft zu erhalten. Dieses Ziel müssen wir uns gesellschaftspolitisch stellen.
    Nun ein Wort zur Ausbildung. Im Mittelpunkt einer Agrarpolitik muß immer der Mensch stehen. Ich freue mich, daß Sie hier so aktiv mitwirken wollen, die Ausbildung zu verbessern. Ich meine allerdings, daß man dann schon bei der Volksschule anfangen muß, und wohl das erste wird es sein müssen, aus einklassigen Zwergschulen ausgebaute Volksschulen zu machen. Sie werden mit Recht sagen, das ist Ländersache. Aber die gesamte Bildung fängt eben auch unten an. Wir freuen uns über die Versuche, die unternommen werden sollen, das Ausbildungswesen zu modernisieren und zu vereinheitlichen. Dabei haben Sie angekündigt, daß vom Jahre 1970 an nur noch derjenige gefördert werden kann und darf, der über die Ausbildung verfügt, allerdings mit Ausnahmeklauseln.
    Im Grundsatz läßt sich hier viel tun. Vielleicht ist es sehr nützlich. Aber einen Zwang kann man — so glaube ich — hier weiß Gott nicht ausüben. Das würde sich auch nicht mit unserer Gesetzeswirklichkeit vertragen. Vor allem stellt sich die Frage, was dann mit jenen jungen Menschen geschieht, die wirklich als Arbeitskräfte gebraucht werden. Da müssen wir eben zunächst auch für Aushilfsarbeitskräfte sorgen; das ist ein Betriebshelferproblem, ein Dorfhelferinnenproblem. Aber einen Zwang auszuüben oder eine Bedingung daraus zu machen, das kann man nach meiner Auffassung nicht verantworten, so sehr es unser Ziel sein müßte, daß jeder zukünftige Bauer die Landwirtschaftsschule besucht hat. Lassen Sie mich dazu eine Bemerkung machen. Sie haben bei Antritt Ihrer Rede — wir zwei vertragen uns ja sehr gut, und daher darf ich noch eine scherzhafte Bemerkung hinzusetzen — gesagt, Sie fühlten sich als Lehrling. Wenn Sie natürlich Ihr Prinzip durchsetzen wollten, müßten Sie zuvor die Gehilfenprüfung machen, und zwar auch in der Praxis. Das wäre vielleicht ein nettes Unterfangen.
    Über die soziale Lage will ich nicht sehr viel ausführen, weil mein Kollege Reichmann einige Ausführungen dazu machen wird.
    Aber zum Dieselkraftstoff möchte ich noch etwas sagen. Hier wurde bemerkt, es sei gestern ein großer Tag gewesen. Nun würde mich interessieren: wie schaut die Lösung aus? Die Freien Demokraten haben einen Antrag eingebracht. Und wenn Sie den Antrag annehmen, dann haben Sie ein gutes Werk vollbracht, dann haben Sie klare Verhältnisse geschaffen. Das sollte vielleicht das Ergebnis unserer heutigen Beratung sein.
    Zum Trinkmilchpreis: ich betone noch einmal, daß wir Freien Demokraten uns immer für eine kostenorientierte Preispolitik und für eine aktive Preispolitik ausgesprochen haben, weil wir der Meinung sind, daß sich nur so bei der dynamischen Volkswirtschaft die Landwirtschaft gleichberechtigt behandeln läßt, allerdings im Gleichklang mit einer sinnvollen und zielstrebigen ,Strukturpolitik. Wie wird es aber mit diesem Milchpreis sein? Werden wir ihn in der EWG halten können? Werden wir nicht eines Tages vor dem Problem stehen, daß die Kosten für den Trinkmilchmarkt 2,6 Milliarden DM



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    auf EWG-Basis betragen, oder wird es dann zum großen Preissturz nach unten kommen? Diese Frage ist doch sehr wesentlich. In diesem Falle ist es auch die Frage: War es wirklich notwendig, die Einzugs-und Absatzgebiete im Rahmen der neuen Milchmarktordnung aufzugeben und damit unser bewährtes System vermutlich zum Zusammenbruch zu bringen, verbunden mit gefährlichen Möglichkeiten, besonders wenn es darum geht, den Milchmarkt zu konsolidieren und stabil zu halten? Das ist eine sehr wesentliche Frage.
    Nun mag vielleicht einer sagen, die FDP treibe gern die Agrarpreise hoch. Ein grundsätzliches Wort dazu. Es ist doch längst bekannt, daß die Erzeugerpreise und die Verbraucherpreise nicht mehr wie früher eng miteinander gekoppelt sind. Heute wurde die Hoffnung ausgesprochen, die Getreidepreissenkung müßte bei dem Verbraucher durchschlagen. Dazu frage ich den Herrn Minister, um welchen Bruchteil eines Pfennigs müßte sie wirklich durchschlagen, wo der Anteil des Brotgetreides an den Getreideprodukten in der Zwischenzeit, wie ich glaube, unter 30 % liegt? Da kann nicht mehr sehr viel durchschlagen. Mit Recht wurde darauf hingewiesen, daß eine Erhöhung des Milchpreises um 2 Pfennig im Jahr 1,90 DM pro Kopf ergibt. Ich meine, man sollte sich hier offen und mutig hinstellen. So sehr wir eine gerechte Lohnpolitik und auch eine dynamische Lohnpolitik im Grundsatz befürworten, und zwar das ganze Haus, von links nach rechts, so sehr, glaube ich, kann und muß man auch in dieser Frage einmütig sein. Ich möchte zu dieser Frage sagen: Nicht immer mit Pfennigen rechnen!
    Dasselbe gilt für den Rinderorientierungspreis. Hier scheint der Bundesernährungsminister dem Wirtschaftsminister unterlegen zu sein. Wir haben einen Antrag eingebracht. Wir sind der Meinung, es wäre vielleicht richtiger gewesen, auf 2,65 DM zu gehen. Aber wir kennen auch die Schwierigkeiten, die sich ergeben. Es wäre ein eigenes Kapitel, wollte man darüber sprechen. Vor allem ergeben sich auch Probleme handelspolitischer Art.
    Aber die Zeit schreitet fort, und ich möchte zum Schluß kommen und nur einige Bemerkungen zu den Problemen auf dem Forstsektor machen. Die Forstwirtschaft leidet seit Jahren unter unserer Außenhandelspolitik. In den letzten Wochen gab es nun durch die Stürme neue Schäden. Wir sind der Meinung, daß jetzt wirklich gehandelt werden muß. Hier kann die Regierung beweisen, daß sie wirklich regiert, indem sie nämlich schnell handelt. Um das Handeln zu erleichtern, haben wir einen Antrag eingebracht, der wohl in diesen Tagen, vielleicht auch heute noch, ausgedruckt wird. Wir haben darin die Bundesregierung aufgefordert zu überprüfen, inwieweit man Importe von Holz und Holzprodukten stoppen kann. Die Bundesregierung wurde von uns aufgefordert, Vorsorge zu treffen, daß die Verfrachtung ermöglicht wird, daß für die Aufarbeitung gegebenenfalls zinsverbilligte Kredite zur Verfügung gestellt werden, daß die Schädlingsbekämpfung erleichtert wird und nicht zuletzt daß die Bundesregierung auch mithilft, daß Arbeitskräfte zur Aufarbeitung zur Verfügung stehen.
    Ich darf zusammenfassen. Es geht darum — und hier teile ich die Auffassung des Kollegen Schmidt —, daß jetzt, nachdem schon der Sprung zur gemeinsamen Agrarmarktharmonisierung unternommen wurde, auch die übrige Wirtschaft harmonisiert wird, damit das Experiment nicht einseitig zu Lasten der Landwirtschaft ausgeht.

    (Beifall bei der FDP.)

    Zur Förderung der Landwirtschaft müssen Schwerpunkte gebildet werden, die sich in vier wesentliche Sektoren gliedern, nämlich Struktur, Investitionen, Markt und Soziales. Wir sind uns in dieser Frage wohl weitgehend einig.
    Letzten Endes können solche Beschlüsse nur ge- faßt werden, kann eine solche Politik nur betrieben werden, wenn man sich darüber -im klaren ist, welche Aufgabe unsere Landwirtschaft in der Industriegesellschaft erfüllen soll. Wenn das Problem nur ökonomisch gelöst werden soll und nur aus ökonomischer Sicht betrachtet wird, wird man bezüglich der Betriebsgrößen sehr schnell zu großen Differenzen kommen. Wir sind der Meinung, daß es möglich sein muß, die bäuerliche Familienwirtschaft im Industriestaat zu sichern. Das wird nur möglich sein, wenn sie gleichberechtigt im Rahmen unserer Wirtschaftspolitik behandelt wird. Hinzu kommt eine vielfältige Zahl von Landbewohnern, die als Zu- und Nebenerwerbslandwirte, eben als Bewohner des Landes, der Gesellschaft erhalten werden sollen.
    Daher noch eine Feststellung von Röpke, der gesagt hat, er habe sich in jungen Jahren oft geirrt, aber er habe erkannt: Die Demokratie bedarf zur Untermauerung und zur Sicherung der inneren Freiheit nicht zuletzt eines viel gegliederten freien Bauerntums.

    (Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CDU/CSU.)



Rede von Erwin Schoettle
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Frehsee.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Heinz Frehsee


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der sozialpolitische Teil des Grünen Berichts stellt unter Beweis, daß der landwirtschaftlichen Sozialpolitik in immer zunehmendem Maße die Bedeutung eingeräumt wird, die ihr gebührt. Die Zeiten, in denen alles Soziale in der Landwirtschaft tabu war, gehören immer mehr der Vergangenheit an. Wir sollten uns alle miteinander darüber freuen.
    Als besonders segensreich nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Volkswirtschaft und für den Steuerzahler hat sich das landwirtschaftliche Altershilfegesetz erwiesen. Seitdem es diese Altershilfe für Landwirte gibt, seit zehn Jahren, werden die Bauernhöfe von den Landwirten fast immer mit Vollendung des 65. Lebensjahres an den Hofnachfolger abgegeben. Das war vor dem Altershilfegesetz bei weitem nicht in diesem Ausmaß der Fall. Die Folge ist eine erfreuliche Verjüngung der landwirtschaftlichen Unternehmer. Die Zahl der unter 45 Jahren alten Landwirte beispielsweise, die 1956 in



    Frehsee
    der Bundesrepublik schon bei 300 000 lag, ist 1965 auf nahezu 400 000 angestiegen, obgleich sich die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe um 25 % vermindert hat. Im Jahre 1965 gab es dagegen nur noch 111 000 Betriebsinhaber im Alter von über 65 Jahren, während es 1956 noch 194 000, also 83 000 mehr, waren. Diese Verlagerung ist zweifellos weitgehend auf die Auswirkungen des Altershilfegesetzes zurückzuführen, das seinen agrarpolitischen Zweck damit voll erfüllt hat. Es hat auch einen volkswirtschaftlichen Zweck erfüllt. Denn es hat zur Verringerung der Gesamtzahl der in der Landwirtschaft tätigen Vollarbeitskräfte beigetragen und damit auch zur Verkleinerung des Personenkreises, auf den sich der Ertrag der Landwirtschaft verteilt.
    Man kann tatsächlich sagen, daß die landwirtschaftliche Altershilfe nicht nur zur sozialen Sicherung . der landwirtschaftlichen Altenteiler beigetragen hat, sondern daß sie auch 'einen Anteil an der Aufwärtsentwicklung der landwirtschaftlichen Einkommen hat oder aber, umgekehrt, daß ohne die landwirtschaftliche Altershilfe die Einkommensdisparität noch viel größer wäre, als sie der vorliegende Grüne Bericht ausweist.
    Die Verjüngung der landwirtschaftlichen Unternehmer, die auf das vor zehn Jahren in Kraft getretene Gesetz über die landwirtschaftliche Altershilfe zurückzuführen ist und die agrarpolitisch gewünscht und gewollt ist, hat eine Parallele bei den landwirtschaftlichen Arbeitnehmern. Sie ist dort von einem beachtlichen Rückgang des landwirtschaftlichen Arbeitskräftebesatzes begleitet. Die Zahl der Vollarbeitskräfte ist in den Lohnarbeitsbetrieben der Landwirtschaft von 1956 bis 1966 von 11,3 auf 6,4 je 100 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche zurückgegangen. Allein vom Wirtschaftsjahr 1964/65 zum Wirtschaftsjahr 1965/66 hat die Zahl der Landarbeiter in den größeren landwirtschaftlichen Betrieben um 19 000 oder 8,2 % auf 213 000 abgenommen.
    Dieser Rückgang des Arbeitskräftebestandes insgesamt, d. h. die Rationalisierung, ist es auch, die zu der Verjüngung der landwirtschaftlichen Unternehmer geführt hat. Denn die aus dem Arbeitsprozeß ausscheidenden älteren Landarbeiter werden nicht mehr ersetzt. Darauf läßt die Altersstatistik schließen. Während sich 1960 die Altersgruppe zwischen 25 und 45 Jahren bei den Arbeitnehmern mit 41% und die zwischen 45 und 65 Jahren mit 43% noch ungefähr die Waage hielten, war der Anteil der jüngeren Landarbeiter 1964 bereits auf 50% angestiegen und der 45- bis 65jährigen auf 36 % gesunken. Die Tatsache, daß ausscheidende Landarbeiter nicht mehr ersetzt werden, führt jedoch zu einer erheblichen Mehrbelastung der in den Betrieben verbleibenden Arbeitskräfte. Die laufende Steigerung der Erzeugungsleistungen wird von immer weniger, aber immer höher qualifizierten Arbeitskräften erbracht. Diese Produktivitätssteigerung muß natürlich auch ihre Berücksichtigung in der Höhe der Tariflöhne finden. Jedenfalls wird das bei den zur Zeit laufenden Tarifverhandlungen zwischen den Sozialpartnern eine Rolle spielen. Die Summe, die die Arbeitgeber für die Entlohnung ihrer Arbeitskräfte ausgeben mußten, hat sich im Wirtschaftsjahr 1965/66 nur um ganze 33 Millionen DM oder 1,8% erhöht. Der Löwenanteil der Lohnerhöhung, die damals aber 91/2 % betrug, konnte durch diesen erheblichen Abbau bei den Lohnarbeitskräften aufgefangen werden.
    Aus all dem wird auch deutlich, wie richtig die Förderung der fachlichen Qualifizierung der landwirtschaftlichen Arbeitnehmer ist, die Förderung der landwirtschaftlichen Facharbeiterausbildung, die wir aus dem Grünen Plan finanziell unterstützen. Es ist zweifellos nicht allein die größere durchschnittliche landwirtschaftliche Betriebseinheit, Herr Minister, die Sie gestern zu der Feststellung veranlaßt hat, daß der Leistungsstand der Landwirtschaft von Niedersachsen und Schleswig-Holstein um nichts mehr hinter dem Leistungsstand der Landwirtschaft von Holland oder Belgien zurücksteht, während Sie das gestern für die übrigen Bundesländer nicht haben sagen können — ich stimme Ihnen zu, man kann es für die übrigen Bundesländer auch nicht sagen —; es ist für meine Begriffe auch darauf zurückzuführen, daß diese beiden Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein — Nordrhein-Westfalen zieht gerade noch mit, Herr Kollege Bewerunge —

    (Abg. Bewerunge: Ich habe mich nicht gemeldet!)

    von diesen Landarbeiterförderungsprogrammen des Grünen Planes in besonders großem Umfange Gebrauch gemacht haben. Das bezieht sich sowohl auf den Landarbeiterwohnungsbau als auch auf die landwirtschaftliche Facharbeiterausbildung.
    Ich habe mir in den vergangenen Jahren wiederholt den Zorn süddeutscher Länder zugezogen, wenn ich dies so konstatiert habe. Aber dieser Tatbestand ist einfach nicht zu leugnen. Die landwirtschaftliche Facharbeiterausbildung sollte deshalb auch unter gar keinen Umständen dem Rotstift zum Opfer fallen, auch nicht dem Rotstift, der demnächst bei der Finanzverfassungsreform angesetzt werden wird. Wir wären gut beraten und Sie — die Regierung — wären auch gut beraten, wenn die landwirtschaftliche Facharbeiterausbildung auch zu den Gemeinschaftsaufgaben gezählt würde, wie sie das TroegerGutachten und, wie zu hören ist, auch die ersten Entwürfe der Bundesregierung vorsehen, Gemeinschaftsaufgaben, die von Bund und Ländern gemeinsam getragen werden.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Zum Landarbeiterwohnungsbau habe ich nur eine kurze Bemerkung zu machen. Diese Förderungsmaßnahme des Grünen Planes wird zur Zeit so unbefriedigend betrieben, daß selbst die Betroffenen mehr und mehr verlangen, sie abzuschaffen. Die Förderungsbeträge sind so gering und den gegenwärtigen Baukosten so wenig angepaßt, daß nur besonders gut bezahlte landwirtschaftliche Arbeitnehmer, vornehmlich die Gruppe der Meister und vielleicht auch noch die Kinderreichen, davon Gebrauch machen können. Aber der Sinn dieser Maßnahme war einmal die Umwandlung der Landarbeitsverfassung von der Gesindearbeitsverfassung zur Lohnarbeitsverfassung. Jetzt ist dieser Titel



    Frehsee
    nichts anderes als ein Töpfchen geworden, aus dem auch eine Substanzverbesserung der landwirtschaftlichen Unternehmen ermöglicht wird, nämlich durch Bau und Modernisierung von Werkwohnungen, die in vielen Fällen an außerhalb der Landwirtschaft Stehende zu den üblichen und nicht gerade geringen Mieten vermietet werden und — na ja — auch noch zur Bezuschussung kinderreicher landwirtschaftlicher Arbeitnehmer. Ursprünglich sollten aber, wie es auch der Titel dieser Maßnahme ausdrücklich postuliert, Landarbeiter seßhaft gemacht werden. Junge ledige Landarbeiter sollten mit der Eigenkapitalbeihilfe, die es aus diesem Titel gibt, in den Stand gesetzt werden, sich zu verheiraten und ein Eigenheim zu bauen, also sich seßhaft zu machen. Das ist jetzt nicht mehr möglich, weil die laufende monatliche Zins- und Tilgungslast häufig 50% des Monatslohnes eines jungen Landarbeiters erreicht. Daher ist ernsthaft zu erwägen, ob dieser Titel nicht gestrichen und der Landarbeiterwohnungsbau aus der Investitionshilfe gefördert werden sollte, dies zu den gleichen Bedingungen, zu denen andere bauliche Maßnahmen der Landwirtschaft aus dieser Investitionshilfe gefördert werden, nämlich mit 15% der nachgewiesenen Baukosten.
    Aber zurück zur landwirtschaftlichen Altershilfe. Im Zusammenhang mit dem Fiasko der Bundesfinanzen im Jahre 1966 und den Haushaltsschwierigkeiten in diesem und in den kommenden Jahren ist die landwirtschaftliche Altershilfe ebenso wie die Unfallversicherung unzweifelhaft immer noch und auch in Zukunft noch Gefahren ausgesetzt. Bei der Verabschiedung des Finanzhilfegesetzes im Dezember vergangenen Jahres ist es zwar noch einmal gelungen, die beabsichtigte Beseitigung der Defizithaftung des Bundes zu verhindern. Aber das war nur auf Grund der übereinstimmenden Aussage aller Sachverständigen möglich. Viele Mitglieder des Hohen Hauses haben sich hier an diesem Pult damals geradezu dafür verbürgt, daß die 535 Millionen DM Bundeszuschuß im Jahre 1967 ausreichen werden. Durch die Bereitschaft der Landwirtschaft, eine 25%ige Erhöhung des Alterskassenbeitrages auf sich zu nehmen— übrigens ist in einem Zeitraum von 12 Monaten der Alterskassenbeitrag um 662/3%, nämlich von 12 auf 20 DM, erhöht worden —, ist das sichergestellt. Diese Leistung der Landwirtschaft sollte von allen Seiten anerkannt werden.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Ähnliche Sorgen wird es bei der landwirtschaftlichen Unfallversicherung geben, die die Umlage um 72% hätte erhöhen müssen, wenn die Regierungsvorlage im Dezember unverändert das Parlament passiert hätte. Eine solche Erhöhung hätte von der Landwirtschaft nicht verkraftet werden können. Deshalb hätten Leistungssenkungen vorgenommen werden müssen. Es hätte selbst die Unfallrente, die bei 100%iger Erwerbsminderung bekanntlich nur 250 DM im Monat beträgt, unter Umständen nicht ausgenommen werden können; denn die Erhöhung auf diese 250 DM ist nur durch den Bundeszuschuß über den Grünen Plan möglich geworden. Er hat eine Heraufsetzung der durchschnittlichen Jahresarbeitsverdienste der landwirtschaftlichen Unternehmer,
    ihrer Ehegatten und der mitarbeitenden Familienangehörigen als Bemessungsgrundlage für die landwirtschaftliche Unfallrente um 1500 DM auf durchschnittlich 4500 DM ermöglicht. Die Erhöhung der durchschnittlichen Jahresarbeitsverdienste war bei Bewilligung des Bundeszuschusses im Rahmen des Grünen Plans geradezu Voraussetzung für seine Inanspruchnahme. Es hätte auch der Wegfall der Wartezeit für Geldleistungen in den ersten 13 Wochen ins Auge gefaßt werden müssen, der vor kurzem von den Organen der Unfallversicherung beschlossen worden ist. Auch der Betriebshelfereinsatz wäre ernsthaft in Frage gestellt worden. Die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften wären gehalten gewesen, besondere Unterstützungen im Rahmen des § 563 RVO entweder überhaupt nicht oder nur mit geringen Geldbeträgen zu gewähren. Die wirtschaftlichen Härtefälle, die bisher mit diesen Mitteln behoben worden sind, hätten nicht mehr berücksichtigt werden können. Jegliche Abfindungen hätten gestoppt werden müssen. Sogar das berufsgenossenschaftliche Ärzteabkommen hätte unter Umständen gekürzt werden müssen. Damit wären spezifische Heilverfahren, die zu den modernsten der Welt gehören, für die landwirtschaftliche Bevölkerung ernsthaft gefährdet gewesen. Das gleiche gilt für die Unfallverhütung, die, wie wir hier konstatiert haben, gerade im landwirtschaftlichen Bereich anerkennenswerterweise in den letzten Jahren sehr stark forciert worden ist.
    Ich führe in dieser Grünen Debatte noch einmal an, was gewesen wäre, wenn das Finanzhilfegesetz nicht Ende vergangenen Jahres im Bundestag geändert worden wäre. Das Damoklesschwert hängt immer noch über der landwirtschaftlichen Unfallversicherung. Deshalb sind diese Hinweise nicht überholt. Die genannten Kürzungen können jederzeit wieder drohen, wenn die landwirtschaftliche Unfallversicherung nicht mehr bezuschußt werden sollte.
    Trotz aller Aufregung, die unsere Finanzsituation uns in der landwirtschaftlichen Sozialpolitik in den vergangenen Monaten beschert hat, kann ich aber doch mit Genugtuung konstatieren, daß alles in allem ein großer Teil des landwirtschaftlichen Sozialplans meiner Partei vom 9. Februar 1963 realisiert worden ist. Von einer Anzahl nicht vorrangiger Forderungen dieses Sozialplans abgesehen, bleibt das Wichtigste in dem Gebäude der sozialen Sicherheit der Selbständigen und Mithelfenden in der Landwirtschaft noch fehlende Teilstück der Krankheitsschutz. Meine politischen Freunde sind, wie Sie wissen, seit langem davon überzeugt, daß die Einführung der Krankenversicherungspflicht weder den Gegebenheiten noch den Erfordernissen entsprechen würde und daß es ohne die Pflichtkrankenversicherung einfach nicht geht.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wenngleich ich wegen dieser Überzeugung immer wieder — mehr oder weniger heftig; zuletzt in der Zeitschrift „Der deutsche Arzt" in charmanter Weise — kritisiert worden bin, muß ich doch darauf verweisen, daß auch die neulich hier ausführlich behandelte Frauenenquete — und dort besonders der Fünfte Teil, der sich mit der Lage der Frau in der Land-



    Frehsee
    wirtschaft befaßt — eine solche Schlußfolgerung geradezu zwingend erscheinen läßt. Der erschrekkend schlechte Gesundheitszustand der Bäuerinnen, von dem dort berichtet wird, und die unzureichende ärztliche Betreuung auf dem Lande sind ganz zweifellos auch auf den unzureichenden Krankenversicherungsschutz der in der Landwirtschaft tätigen Selbständigen zurückzuführen. Man komme bitte nicht mit dem Hinweis, daß die Einführung einer gesetzlichen Pflichtkrankenversicherung zu einer noch schlechteren ärtzlichen Versorgung des flachen Landes führen müßte, als wir sie zur Zeit haben. Leider kommt man sehr häufig mit diesem Einwand; ich hoffe, daß das hier nicht in diesem Hause geschieht.
    Wir sind durch die ersten Ergebnisse des von Herrn Bundesminister Höcherl in Auftrag gegebenen Forschungsauftrags in unserer ausschließlich auf der praktischen Erfahrung, Frau Kollegin Kalinke, und der Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse beruhenden Auffassung bestärkt. Die sehr differenzierenden Ergebnisse der soeben genannten Untersuchung der Agrarsozialen Gesellschaft lassen sich wie folgt zusammenfassen.
    Erstens: Der Anteil der Unversicherten ist mit etwa 13% relativ gering, mit 31% der Altersgeldempfänger schon bedenklich. Hinzu kommen die großen regionalen Unterschiede mit bis zu 37 % unversicherten Unternehmern und bis zu 66 % unversicherten Altenteilern.
    Zweitens: Ein relativ großer Anteil der Privatversicherten — 30 % der landwirtschaftlichen Unternehmer und 43 % der landwirtschaftlichen Altenteiler — zahlen weniger Beiträge als der jeweilige Durchschnitt der bei den gesetzlichen Krankenkassen Versicherten. Ihr Versicherungsschutz ist daher mit Sicherheit schlechter. Sie sind also unterversichert, nicht un-, aber unterversichert. Da Landwirte mit kleinen Betrieben und großen Familien — häufig fällt das genau zusammen, wie wir doch wissen — vielfach diese niedrigen Beiträge zur privaten Krankenversicherung zahlen, wird sie im Krankheitsfall die Aufbringung der unvermeidlichen Eigenleistung mit Sicherheit stark belasten und einem Notstand aussetzen.
    Drittens: Die meisten landwirtschaftlichen Unternehmer, fast 60% aller Unternehmer und 67% der versicherten Unternehmer, haben sich einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung angeschlossen und damit dieser Form der gesetzlichen Krankenversicherung schon eindeutig den Vorzug gegeben. Sie haben durch ihr Verhalten dokumentiert, daß sie die gesetzliche Krankenversicherung haben wollen. Auch die von den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung gewährten Leistungen entsprechen aber den speziellen Bedürfnissen der bäuerlichen Familie nicht oder nicht ganz oder nicht in vollem Umfang. Es ist bekannt, daß in einer großen Zahl von Betrieben, wenn es nicht heute schon die meisten sind, die Bäuerin und der Bauer die einzigen Arbeitskräfte sind. Die Stellung von Ersatzkräften im Krankheitsfalle ist eine für die bäuerliche Pflichtkrankenversicherung ganz besonders wichtige Regelleistung. Die Stellung von Ersatzkräften im Krankheitsfall muß daher künftig zu den typischen Leistungen einer bäuerlichen Krankenversicherung gehören. Ich darf noch einmal daran erinnern: das im landwirtschaftlichen Sozialplan der SPD geforderte landwirtschaftliche Sozialwerk soll Träger eines umfassenden Systems der sozialen Sicherung der in der Landwirtschaft tätigen Selbständigen und Mithelfenden sein, das auf die Eigenart und die Selbständigkeit bäuerlichen Wirtschaftens abgestellt ist.
    Nun höre ich schon im voraus die Frage, wie eine bäuerliche Pflichtkrankenversicherung angesichts der Finanzlage des Bundes und der soeben erst ausgewiesenen bedrückenden Einkommenslage in der Landwirtschaft finanziert werden soll. Um die Antwort gleich ungeschminkt und ganz schonungslos zu geben: es sollte nach unserer Auffassung, auch nachdem dieser landwirtschaftliche Sozialplan der SPD vier Jahre besteht, bei dem dort vorgesehenen Beteiligungsverhältnis von Bund und Eigenleistung bleiben, nämlich bei dem Verhältnis von 49 : 51. Das würde durchaus dem Regierungskonzept entsprechen, Herr Bundesminister, wonach das Defizitdeckungsverfahren nicht durch eine andere Regelung ersetzt werden soll. Sie haben diesen Satz aus Ihrem Manuskript gestrichen, wie ich zu meiner Freude konstatiert habe, sehr verehrter Herr Minister. Das würde diesem Konzept durchaus entsprechen, — wenn mir bei dieser Gelegenheit diese Bemerkung erlaubt ist. Sie sind schon gestern gleich nach Ihrer Rede durch die Presseerklärung meiner Fraktion für Ihre gestrige Rede — entgegen früherer Übung — sehr gelobt worden. Sie sind auch heute sehr gelobt worden, und Sie sind von dem Sprecher der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei sehr gelobt worden. Das kommt nicht nur daher, daß wir jetzt die Große Koalition haben.

    (Lachen bei der FDP. — Abg. Ertl: Woher denn?)

    — Das ist darauf zurückzuführen, Herr Kollege Ertl, daß wir eine Fülle von eigenen agrarpolitischen Vorstellungen in den Ausführungen des Bundeslandwirtschaftsministers wiedergefunden haben. Darüber haben wir uns natürlich sehr gefreut, und deswegen haben wir ihn gelobt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Es ist z. B. unsere alte Forderung, Herr Minister — beispielsweise, Herr Kollege Ertl, Sie erinnern sich —, daß man auch aus agrarpolitischen und agrarstrukturellen Gründen die Inhaber der Kümmerbetriebe, die noch in sehr hohem Alter auf ihren 20 Morgen oder 15 Tagwerk, auch wenn sie 75 Jahre alt sind, weiter wirtschaften müssen, weil für sie die 150 DM Altersgeld nicht ausreichen würden, nun mit einem zusätzlichen Altersgeld — zu diesen 150 DM — ausstattet, um sie zu veranlassen — das ist der agrarpolitische und agrarstrukturelle Gesichtspunkt —, den Kümmerbetrieb abzugeben, so daß man das Land benutzen kann, um damit andere landwirtschaftliche Betriebe aufzustocken. Das ist unsere alte Idee, eine von denen, die nun bei Ihnen Aufnahme gefunden hat. Wir freuen uns darüber.



    Frehsee
    Ansonsten Ist der sozialpolitische Teil in Ihrer Rede, Herr Minister, noch ein bißchen kurz ausgefallen, mir besonders, naturgemäß, dem agrarsozialpolitischen Sprecher der Bundestagsfraktion der SPD. Die Rede insgesamt war sehr ausführlich und sehr konstruktiv. Ich bin ganz sicher, Herr Minister, auch das wird sich Zug um Zug ändern, und Sie werden in jedem Jahr der landwirtschaftlichen Sozialpolitik einen größeren Raum einräumen müssen, wenn auch nur im Hinblick auf die Konkurrenz der Franzosen, die doch auf diesem Gebiet am größten ist. Ich habe sehr viele Zahlen da. Ich will Sie nicht lange damit aufhalten. In Deutschland werden für die soziale Sicherheit der Selbständigen und der Mithelfenden in der Landwirtschaft 1967 1370 Millionen DM ausgegeben, und zwar für Kindergeld 375 Millionen DM, für Altersgeld 685 Millionen DM und für Unfallversicherungsleistungen 310 Millionen DM. In Frankreich sind es 4535 Millionen DM. Dabei ist es nicht etwa so, daß in Frankreich viermal soviel Menschen in der Landwirtschaft tätig wären als bei uns; es sind tatsächlich nur 30 % mehr. In Frankreich wird also viel mehr für die soziale Sicherheit aufgewendet als hier in der Bundesrepublik.
    Das Landwirtschaftliche Sozialwerk, der Zusammenschluß aller bisherigen Träger der verschiedenen Einrichtungen der sozialen Sicherheit der in der Landwirtschaft tätigen Selbständigen und des für die Sicherung im Krankheitsfalle neu zu Schaffenden, wird Gesamtaufwendungen von 1,6 bis 1,7 Milliarden DM im Jahr erfordern. Davon werden zur Zeit 745 Millionen DM vom Staat, vom Bund aufgebracht. 49 % : 51% ist unsere Zauberzahl. 49% von 1,6 Milliarden DM sind 784 Millionen DM. Der Bundeszuschuß, Herr Minister, müßte also für diesen Zweck um 40 Millionen DM oder um 5% erhöht werden. Die Landwirtschaft selber hat nach dem Grünen Bericht im Jahre 1966 330,2 Millionen DM aufgebracht. Es kann aber davon ausgegangen werden, daß 486,3 Millionen DM Beiträge zur gesetzlichen und privaten Krankenversicherung hinzuzurechnen wären, wobei die Pflichtbeiträge der 170 000 Nebenerwerbsbetriebe, die auch alterskassenbeitragspflichtig sind, in diesem Betrag noch gar nicht enthalten sind. Diese Zahlen — wir haben hier die sozialpolitischen Experten des Bundestages vor uns, und deswegen muß ich sie nennen; auch Frau Kollegin Kalinke schaut mir ganz erwartungsvoll entgegen — setzen sich folgendermaßen zusammen.

    (Zuruf .von der CDU/CSU.)

    — Das ist alles präventiv, Herr Kollege Riegel. Ich weiß ja, was mir blüht. Es wäre ja nicht das erste Mal. — Das sind Zahlen, meine Damen und Herren, die aus der Hochrechnung der bisherigen Ergebnisse des Forschungsauftrages der Agrarsozialen Gesellschaft entstanden sind. Hochrechnung ist ja heutzutage sehr modern. Manchmal stimmt sie auch, wie bei den bayerischen Landtagswahlen erwiesen. Mindestens bei dem einen Institut stimmte sie damals.
    — Die Pflichtversicherten — das sind Alterskassenbeitragspflichtige, die auch noch zur gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, weil sie nebenbei Arbeitnehmer sind — bringen 61,8 Millionen DM im Jahr auf. Die freiwillig Versicherten
    — das sind 282 360 — bringen 143,2 Millionen DM auf. Die Privatversicherten — das sind 220 300; nun haben wir die Zahl, nach der wir so lange gesucht haben — bringen 166,3 Millionen DM auf. Die Rentner — das sind 39 000 — bringen 19,2 Millionen DM auf. An Nichtversicherten haben wir bei einem Ansatz von 3,5 Personen je Familie 90 060; wenn wir 500 DM pro Familie nehmen, dann sind das 49,5 Millionen DM. Insgesamt kommt dabei der Betrag von 486,3 Millionen DM heraus, den ich vorhin genannt habe. Zusammen mit den 330,2 Millionen DM für die Altershilfe und die Unfallversicherung, die die Landwirtschaft 1966 aufgebracht hat, ergibt das einen Betrag von 816,5 Millionen DM. Ich habe mich auch gewundert, daß ausgerechnet diese Zahl herauskam. Das sind die 51 % von den 1,6 Milliarden DM!
    Das Ergebnis dieser Berechnungen ist, daß für die Einführung des Landwirtschaftlichen Sozialwerks und die Einführung der bäuerlichen Pflichtkrankenversicherung bei einem prozentualen Beteiligungsverhältnis von 49 % Bund und 51 % Landwirtschaft der Bund 40 Millionen DM mehr zahlen muß und die Landwirtschaft alles in allem nicht mehr zu zahlen braucht. Aber da es da Ungleichheiten und Differenzierungen gibt, auf die ich hinzuweisen versucht habe, und da diese Differenzierungen, die sozialpolitisch unerwünscht sind, ausgeglichen werden müssen, müßte doch an dem Vorschlag des landwirtschaftlichen Sozialplans der SPD festgehalten werden, einen allgemeinen und gleichen Sockelbeitrag für alle alterskassenbeitragspflichtigen landwirtschaftlichen Betriebe einzuführen und die dann verbleibende Differenz bis zu 51 % durch einen nach dem Einheitswert gestaffelten Zusatzbeitrag zu erheben. Das entspräche durchaus den Prinzipien der gesetzlichen sozialen Krankenversicherung, die bekanntlich bis zu einer bestimmten Beitragsgrenze einen prozentualen Beitrag erhebt, 10 oder 11% des Bruttolohns oder -gehalts. Ähnlich müßte man mit dieser bäuerlichen Pflichtkrankenversicherung verfahren, wobei man durchaus zunächst einmal einen gleichen Sockelbeitrag erheben könnte, aber das, was dann noch fehlt, von den anderen aufbringen lassen sollte.
    Insgesamt würde jedenfalls die Landwirtschaft eine Entlastung erfahren. Das ist sehr interessant, Herr Minister. Ich war selber sehr erstaunt über dieses Ergebnis. Da sehen Sie, wie wertvoll es ist, sich auch solcher wissenschaftlicher Gesellschaften wie der Agrarsozialen Gesellschaft zu bedienen, die das endlich einmal gründlich erarbeitet hat. Wir reden seit sechs Jahren immer wieder über diese Geschichte und tasten mit der Stange im Nebel herum und wissen nichts Genaues. Jetzt haben wir die ersten Ergebnisse und mindestens haben wir schon die Möglichkeit dieser Hochrechnung und wissen nun schon etwas mehr, woran wir mit unseren Plänen und unseren Konzeptionen sind. Mit Sicherheit würde es also eine Entlastung im Sinne Ihres Kleinbauernförderungsprogramms geben, Herr Minister Höcherl und Herr Ministerialdirektor Non-hoff, der Sie als Beamter für diesen Punkt zuständig sind. Das Ganze könnte zur Entlastung einer großen Zahl der alterskassen-beitragspflichtigen Betriebe



    Frehsee
    und zu einer etwas stärkeren Belastung der Privatversicherten führen, das gebe ich zu, es ist ganz klar, es ist ja nicht zu leugnen. Aber dieser zusätzliche Beitrag wäre von den großbäuerlichen Betrieben, den landwirtschaftlichen Großbetrieben aufzubringen. Ohne daß ich verallgemeinern wollte: ich gebe zu, daß auch deren Lage nach dem Grünen Bericht 1967 nicht rosig ist. Aber ich glaube, man kann sagen, daß auf der Grundlage des Tabellenwerks dieses Grünen Berichts diese Betriebe wohl am ehesten zu einer zusätzlichen Solidarleistung — und darum handelt es sich — in der Lage wären.
    Ich möchte überhaupt zu bedenken geben, ob nicht gerade dieser Zeitpunkt für einen solchen Schritt, einen solchen für viele von Ihnen vielleicht mutigen Schritt, ja, vielleicht sogar für die Flucht nach vorn, die man in der landwirtschaftlichen Sozialpolitik antreten würde, besonders geeignet ist. Der Gesetzentwurf ist weitgehend fertiggestellt und könnte in kürzester Zeit gemeinsam eingebracht werden; ich biete an, meine Damen und Herren. Er könnte zum 1. Januar 1968 in Kraft treten, ein halbes Jahr nach Beginn der gemeinsamen Agrarpolitik, ein halbes Jahr vor der Vollendung des Gemeinsamen Marktes für die Landwirtschaft.
    Ich möchte nach den glänzenden Erfahrungen mit der landwirtschaftlichen Altershilfe, die hier seinerzeit gegen heftigste Widerstände durchgesetzt worden ist, so vermessen sein, zu meinen, daß dieser Schritt einen beachtlichen Beitrag zur Wettbewerbsbefähigung der deutschen Landwirtschaft in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zu leisten geeignet wäre.

    (Beifall bei, den Regierungsparteien.)