Rede von
Hans
Katzer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, vorab meine Genugtuung darüber zum Ausdruck zu bringen, daß es durch zügige und intensive Ausschußberatungen ermöglicht wurde, das Dritte Neuordnungsgesetz heute in zweiter und dritter Lesung zu beraten. Damit haben Sie mitgeholfen, das Wort zu erfüllen, das die Bundesregierung den Kriegsopfern gegeben hat. Das Parlament hat damit weiterhin zum Ausdruck gebracht, daß es die Kriegsopferversorgung als vorrangige soziale Aufgabe betrachtet und als einen Schwerpunkt behandelt wissen will.
Schon bei der Einbringung des Gesetzentwurfs waren wir uns darüber im klaren, daß manche wünschenswerte Verbesserung angesichts der auch damals schon kritischen finanzpolitischen Situation unterbleiben mußte. Wir glauben aber andererseits, daß wir mit diesem Gesetz — das kam als Kern der Ausführungen der Sprecher aller Fraktionen zum Ausdruck — einen beachtlichen Schritt auf dem Gebiet der Kriegsopferversorgung weitergekommen sind, obwohl es uns aus finanziellen Gründen nicht gelungen ist, das Verhältnis von 60 % der Witwenrente zur Rente des erwerbsunfähigen Beschädigten völlig herzustellen. Die Tatsache jedoch, daß fast 60 % aller Mehraufwendungen dieses Gesetzes der Verbesserung der Witwenversorgung zufließen, sollte gerade auch bei den Kriegerwitwen den Eindruck festigen, daß sich Parlament und Regierung ihrer Verpflichtung besonders ihnen gegenüber bewußt sind.
Ganz besonders freue ich mich, daß Sie das neue Anrechnungssystem gebilligt haben. Verehrter Herr Kollege Dr. Rutschke, man kann selbstverständlich über den § 56 diskutieren, aber man darf dabei nicht übersehen, daß die Neuregelung der Anrechnungsbestimmungen diesem Gesetz strukturell einen ganz besonderen Akzent gegeben hat, der sich auch über die Jahre 1969/70 hinaus auswirken wird.
Mit dem Anrechnungssystem haben wir ein großes Ärgernis speziell unter den Rentenbeziehern beseitigen können. Sicherlich werden sich noch da oder dort, wie das immer bei derartigen Umstellungen zu sein pflegt, gewisse Schwierigkeiten nicht vermeiden lassen. Soweit wir sie voraussehen konnten, haben wir bereits in den Übergangsvorschriften dieses Gesetzes Vorsorge getroffen, um irgendwelche nichtgewollten unbilligen Härten zu beseitigen.
Wir werden seitens der Bundesregierung alles tun, um das Dritte Neuordnungsgesetz alsbald zur
Wirkung zu bringen. Soweit es in unseren Möglichkeiten liegt, werden wir die notwendigen Durchführungsverordnungen verabschieden, damit keine Störung bei der Durchführung des Gesetzes eintritt.
Sie haben in den Beratungen des federführenden Ausschusses für Kriegs- und Verfolgungsschäden manche Anregung für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes gegeben. Besonders lag Ihnen dabei die Ausgestaltung der orthopädischen Versorgung am Herzen. Ich werde diesem Problem ebenfalls meine Aufmerksamkeit widmen, weil ich der Auffassung bin, daß man hier wirklich alles tun muß, um körperliche Behinderungen zu mildern.
Wir haben in der ersten Lesung in diesem Hause sehr eingehend die grundsätzlichen Fragen der Kriegsopferversorgung diskutiert, und ich kann daher hier auf eine Wiederholung verzichten, zumal der Ausschuß bei seinen Beratungen im wesentlichen der Grundkonzeption der Regierungsvorlage gefolgt ist.
Lassen Sie mich nur kurz wiederholen, was ich dazu in diesem Hause bei der ersten Lesung gesagt habe, gerade auch angesichts dieser oder jener Kritik, die in der Öffentlichkeit geäußert worden ist. Ich meine, man kann 20 Jahre nach Kriegsende nicht so tun, als gingen uns die Folgen dieses Krieges nichts mehr an.
Ich möchte hinzufügen: wir haben diesen Krieg gemeinsam verloren, wir müssen auch gemeinsam die Lasten tragen, die er mit sich brachte.
Schließlich sind in diesen 20 Jahren die gesundheitlichen Leiden und Beschwerden der Beschädigten nicht leichter geworden, und auch diese Jahre konnten die Hinterbliebenen den Verlust ihres Ernährers nicht vergessen lassen.
Manchem von uns mag ein wachsender Wohlstand unseres Volkes die schlimmen Jahre des Kriedes in Vergessenheit geraten lassen. Die Menschen aber, für die wir dieses Gesetz geschaffen haben, werden — das sollte niemand übersehen — täglich an ihr Schicksal, ihre Behinderung, ihre mangelnde Gesundheit oder das Fehlen des Ernährers erinnert.
Ich habe Verständnis dafür, wenn, wie das in der Diskussion zum Ausdruck kam, die von der Bundesregierung vorgeschlagene Fassung des § 56 nicht Ihren ungeteilten Beifall gefunden hat. Aber, Herr Kollege Reichmann, zu Ihrem Änderungsantrag möchte ich sagen: der Gesetzentwurf ist, auch was die Anpassungen anlangt, von der alten Bundesregierung so verabschiedet worden, wie er jetzt vorliegt. Sie, Herr Kollege Mende, der Sie der alten Bundesregierung angehört haben, werden mir das gern bestätigen. Wir standen doch vor der Frage: Wollen wir die Anrechnungsbestimmungen mit den finanziellen Auswirkungen für die Zukunft jetzt nicht einbauen, oder wollen wir den Zeitpunkt vorverlegen? Wir haben uns zu letzterem entschieden und, ich glaube, mit Recht dazu entschieden, denn die strukturelle Verbesserung des Gesetzes war —
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 81. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1966 3693
Bundesminister Katzer
und ich meine, das ist auch heute noch richtig — wichtiger. Ich bitte, dabei nicht zuletzt auch zu bedenken, daß die Bundesregierung bei ihrem Vorschlag die jährliche Angleichung der Freibeträge der Ausgleichs- und Elternrenten an die Entwicklung der allgemeinen Bemessungsgrundlage und die damit verbundenen zukünftigen Auswirkungen auf den Haushalt berücksichtigt hat.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich die Gelegenheit benutzen, besonders dem Vorsitzenden und den Damen und Herren des Ausschusses für Kriegs- und Verfolgungsschäden für die ausgezeichnete Arbeit, die sie in so kurzer Zeit geleistet haben, zu danken.
Ich füge hinzu: Ich möchte mich ebenfalls sehr herzlich bedanken bei dem Vorsitzenden und den Mitgliedern des Haushaltsausschusses, die trotz größter Belastung auch zeitlich die Beratungen so haben legen können, daß wir heute die dritte Lesung dieses Gesetzes durchführen können und daß wir damit das einhalten können, was die alte Bundesregierung und die neue Bundesregierung versprochen haben, nämlich dieses Dritte Gesetz zum 1. Januar 1967 in Kraft treten zu lassen.