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    1. tocInhaltsverzeichnis
      Deutscher Bundestag 150. Sitzung Bonn, den 4. Dezember 1964 Inhalt: Glückwunsch zum Geburtstag der Abg. Frau Dr. Maxsein 7373 A Fragestunde (Drucksache IV/2776) Frage des Abg. Dr. Schäfer: Informationsfunkdienst des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung von Hase, Staatssekretär . . 7373 B, C, D, 7374 A, B Dr. Schäfer (SPD) . . . . . . 7373 B, C Dr. Mommer (SPD) . . . . . . . 7373 D Schwabe (SPD) . . . . . . 7374 A, B Fragen des Abg. Schultz: Korporationen für evangelische und katholische Bundeswehrangehörige von Hassel, Bundesminister . . . . 7374 C, 7375 A, B, C, D, 7376 A Schultz (FDP) 7375 A, B, C Dr. Schäfer (SPD) 7375 C Kühn (Hildesheim) (CDU/CSU) . 7375 D Dr. Mommer (SPD) . . . . . . 7375 D Frage des Abg. Schwabe: Freitod von Angehörigen der Bundeswehr von Hassel, Bundesminister 7376 A, B, C, D Schwabe (SPD) . . . . . . . 7376 B Killat (SPD) 7376 C Frage des Abg. Kaffka: Tapezieren von Kasernenstuben durch Soldaten mit eigenen Mitteln von Hassel, Bundesminister . . . 7376 D, 3333 B, C, D, 3338 A, B, C, D, 7379 A Kaffka (SPD) .. . . . . . . . 7377 B, C Dr. Schäfer (SPD) 7377 D Sänger (SPD) . . . . . 7377 D, 7378 A Wellmann (SPD) 7378 B, C Dr. Kübler (SPD) 7378 C Dr. Reinhard (CDU/CSU) 7378 D Schlüter (SPD) 7379 A Fragen des Abg. Kaffka: Sanitätsoffiziere von Hassel, Bundesminister . . . 7379 B, D, 7380 A, B, C, D, 7381 A, B Kaffka (SPD) . . . . 7379 D, 7380 A, B Dr. Tamblé (SPD) 7380 B, C Dr. Hamm (FDP) . . . . 7380 D, 7381 A Kreitmeyer (FDP) 7381 A Frage des Abg. Dr. Huys: Rückerstattung von Beiträgen von Berufssoldaten zur Rentenversicherung von Hassel, Bundesminister . . 7381 B, C Dr. Huys (CDU/CSU) 7381 C II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 150. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Dezember 1964 Frage des Abg. Flämig: Sicherung und Bewachung von Waffen- und Munitionslagern sowie Manöverplätzen von Hassel, Bundesminister 7381 D, 7382 D, 7383 A Flämig (SPD) . . . . . . . . . 7382 D Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 7383 A Frage des Abg. Dr. Schmidt (Wuppertal) : Mitwirkung der Bundeswehr bei einem Experimentier-Theater „Happening" von Hassel; Bundesminister . . . 7383 B, D Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 7383 Ç, D Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Richtlinie des Rats über die Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs auf dem Gebiet der selbständigen Berufstätigkeiten der Zweige Elektrizität, Gas, Wasser und sanitäre Dienste usw. (Drucksachen IV/2590, IV/2759) 7384 A Entwurf eines Gesetzes über die Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an den Internationalen Übereinkommen vom 25. Februar 1961 über den EisenbahnFrachtverkehr und über den EisenbahnPersonen- und -Gepäckverkehr (Drucksache (IV/2650); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen (Drucksache IV/2796) — Zweite und dritte Beratung — . . . . 7384 B Große Anfrage (SPD) betr. Wiederaussetzung der Gebührenerhöhungen bei der Deutschen Bundespost (Drucksache IV/2519) ; in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Postverwaltungsgesetzes (Abg. Dr. Besold, Strauß, Wagner, Dr. Elbrächter u. Gen.) (Drucksache IV/2707) — Erste Beratung —; und Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Postverwaltungsgesetzes (Abg. Gscheidle, Cramer, Seibert und Fraktion der SPD) (Drucksache IV/2782) — Erste Beratung —; und Schriftlicher Bericht des Auschusses für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Gebührenerhöhung bei der Deutschen Bundespost (Drucksachen IV/2492, IV/2731) Börner (SPD) 7384 D Stücklen, Bundesminister 7388 B, 7408 D Dr. Besold (CDU/CSU) 7391 A Gscheidle (SPD) 7395 C Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 7400 B Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . 7403 C Dr. Aschoff (FDP) 7405 A Cramer (SPD) 7406 B Nächste Sitzung 7411 D Berichtigung 7411 Anlagen 7413 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 150. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Dezember 1964 7373 150. Sitzung Bonn, den 4. Dezember 1964 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
    2. folderAnlagen
      Berichtigung Es ist zu lesen: 148. Sitzung Seite 7342 C Zeile 13 statt „Vollweisen": Vollwaisen. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albertz 4. 12. Dr. Atzenroth 31. 12. Bauer (Wasserburg) 4. 12. Bauer (Würzburg) * 5. 12. Bazille 15. 12. Berkhan * 5. 12. Biegler 4. 12. Dr. Bieringer 4. 12. Dr. Birrenbach 4. 12. Fürst von Bismarck * 5. 12. Blachstein 31. 12. Blöcker 4. 12. Dr. h. c. Brauer * 5. 12. Corterier * 5. 12. Dr. Dehler 4. 12. Deringer ** 4. 12. Dr. Dittrich 19. 12. Dopatka 5. 12. Dr. Dörinkel 4. 12. Dr. Dr. h. c. Dresbach 4. 12. Dr. Eckhardt 4. 12. Dr. Effertz 4. 12. Eisenmann 4. 12. Dr. Eppler 4. 12. Erler * 5. 12. Etzel 4. 12. Figgen 4. 12. Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven) * 5. 12. Dr. Franz 4. 12. Dr. Fritz 4. 12. Dr. Furler * 5. 12. Gaßmann 31. 12. Gedat 15. 12. Dr. Gossel 19. 12. Dr. Gradl 4. 12. Frau Griesinger 4. 12. Haage (München) 4. 12. Hahn (Bielefeld) 31. 12. Hammersen 30. 1. Dr. von Haniel-Niethammer 4. 12. Dr. Dr. Heinemann 4. 12. Dr. Hellige 4. 12. Herold 4. 12. Dr. Hesberg 4. 12. Höhne 4. 12. Frau Dr. Hubert * 5. 12. Dr. Imle 4. 12. Iven (Düren) 4. 12. Jacobi (Köln) 4. 12. Frau Jacobi (Marl) 4. 12. * Für die Teilnahme an einer Tagung der Versammlung der Westeuropäischen Union ** Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Jacobs * 5. 12. Dr. Jaeger * 5. 12. Dr. h. c. Jaksch 4. 12. Kahn-Ackermann * 5. 12. Frau Kalinke 4. 12. Klein (Saarbrücken) 4. 12. Dr. Kliesing (Honnef) * 5. 12. Klinker ** 4. 12. Dr. Kopf * 5. 12. Kriedemann ** 4. 12. Freiherr von Kühlmann-Stumm 15. 1. Kurtz 4. 12. Leber 4. 12. Lenze (Attendorn) * 5. 12. Dr. Lohmar 4. 12. Dr. Löhr 4. 12. Logemann 4. 12. Maier (Mannheim) 4. 12. Majonica 4. 12. Dr. Mälzig 4. 12. Mattick 4. 12. Mauk ** 4. 12. Frau Dr. Maxsein * 5. 12. Memmel * 5. 12. Dr. von Merkatz * 5. 12. Dr. Meyer (Frankfurt) * 5. 12. Freiherr von Mühlen * 5. 12. Murr 4. 12. Paul * 5. 12. Peters (Poppenbüll) 19. 12. Pöhler 4. 12. Dr. Preiß 31. 12. Priebe 4. 12. Frau Dr. Probst 4. 12. Reichhardt 11. 12. Frau Renger * 5. 12. Richarts ** 4. 12. Ritzel 4. 12. Dr. Rutschke * 5. 12. Dr. Schmid (Frankfurt) * 5. 12. Dr. Schneider (Saarbrücken) 4. 12. Frau Schroeder (Detmold) 4. 12. Dr. Seffrin * 5. 12. Seidl (München) * 5. 12. Dr. Serres * 5. 12. Seuffert 4. 12. Dr. Starke 4. 12. Dr. Stoltenberg 4. 12. Stooß 4. 12. Frau Strobel ** 13. 12. Dr. Süsterhenn * 5. 12. Dr. Wahl * 5. 12. Welke 5. 12. Frau Welter (Aachen) 4. 12. Wienand* 5. 12. Werner 4. 12. Dr. Zimmer * 5. 12. b) Urlaubsanträge Metzger 11. 12. 7414 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 150. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Dezember 1964 Anlage 2 Schriftliche Antwort des 'Bundesministers Dr. Dahlgrün vom 4. Dezember 1964 .auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Sinn (Drucksache IV/2776, Fragen VIII/8, VIII/9 und VIII/10) : Welche Stellen außerhalb der Bundesverwaltung, die in erheblichem Maße Zuwendungen aus dem Bundeshaushalt erhalten, gewähren ihren Mitarbeitern eine Zulage analog der Zulage oberster Bundesbehörden? Warum begünstigt die Bundesregierung eine sozial ungerechtfertigte Differenzierung der Zuwendungsempfänger im Hinblick auf die Zulagengewährung? Was beabsichtigt die Bundesregierung zu unternehmen, um den in Frage VIII/9 gekennzeichneten, dem Grundsatz einer gleichen Behandlung zuwiderlaufenden Zustand zu ändern? In dem großen Bereich von Zuwendungsempfängern gibt es sechs Zuwendungsempfänger, die ihren Beschäftigten eine Zulage ähnlich der Ministerialzulage gewähren, wie sie die Bediensteten der obersten Bundesbehörden erhalten. Es sind das folgende Organisationen: 1. Inter Nationes e. V., Bonn 2. Deutscher Akademischer Austauschdienst e. V., Bad Godesberg 3. Deutsches Studentenwerk e. V., Bonn 4. Geschäftsstelle des Wissenschaftsrates, Köln 5. Deutsche Forschungsgemeinschaft e. V., Bad Godesberg 6. Max-Planck-Gesellschaft e. V., Göttingen. Die Zulagen werden teils aus eigenen Mitteln der B) Zuwendungsempfänger, teils aus Zuwendungsmitteln des Bundes gedeckt. Darüber hinaus werden in 13 weiteren Fällen von Zuwendungsempfängern gewisse Zulagen gezahlt, die allerdings mit den Ministerialzulagen nicht ganz ,vergleichbar sind. Von der Gewährung der Zulagen erhält der Haushaltsausschuß durch Vorlage der Wirtschaftspläne gelegentlich der Beratung des Bundeshaushalts Kenntnis. Bei diesem Sachverhalt kann von der Begünstigung einer „sozial ungerechtfertigten Differenzierung der Zuwendungsempfänger im Hinblick auf die Zulagengewährung" durch die Bundesregierung nicht die Rede sein. Die Bundesregierung ist jedoch der Ansicht, daß eine der Ministerialzulage ähnliche Zulage für die Beschäftigten der Zuwendungsempfänger in der Riegel nicht gerechtfertigt ist. In diesem Sinne hat sich auch der Vertreter meines Hauses gegenüber dem Haushaltsausschuß in der 150. Sitzung am 12. Januar 1961 (vgl. Protokoll Seite 31) geäußert. Desgleichen hat der Bundesminister der Finanzen in der Vorlage an den Haushaltsausschuß Nr. 4/63 vom 22. Januar 1963 — II A/3 — Bu 4314 —1/63 — Bedenken hinsichtlich der Zubilligung von Zulagen an Beschäftigte von Zuwendungsempfängern geltend gemacht. Die 'Bundesregierung ist nicht der Auffassung, daß sie bisher Maßnahmen eingeleitet oder zugelassen hat, die dem Grundsatz .der Gleichbehandlung der Zuwendungsempfänger zuwiderlaufen. Entsprechend der Anregung .des Haushaltsausschusses bei der Beratung 'des Wirtschaftsplanes von Inter Nationes in der 54. Sitzung des Haushaltsausschusses am 6. Februar 1963 (vgl. Protokoll Seite 28) wird die 'Bundesregierung die Frage der Zulagen an die Beschäftigten von Zuwendungsempfängern allgemein überprüfen und .darüber berichten. Die notwendigen Ermittlungen konnten noch nicht zum Abschluß gebracht werden. Der Bericht wird dem Haushaltsausschuß in Kürze zugehen. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Dahlgrün vom 4. Dezember 1964 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Flämig (Drucksache IV/2776, Fragen VIII/11 und VIII/12) : Besteht angesichts der immer wiederkehrenden Belästigungen und Gefahren für die Bewohner der an drei Seiten unmittelbar an den Exerzierplatz Groflauheim-Wolfgang des US-Standortes Hanau angrenzenden Wohngebiete die Möglichkeit, diesen Panzer- und Pionierübungsplatz an eine besser geeignete Stelle zu verlegen? Was wurde bisher unternommen, um die Verlegung des in Frage VIII/11 genannten Exerzierplatzes in die Wege zu leiten? Zu Frage VIII/11: Die Verlegung des Panzerübungsplatzes Großauheim-Wolfgang ist in den Jahren 1962/63 seitens der Hessischen Landesregierung im Zusammenhang mit Planungen für eine Verbesserung der Verkehrsverhältnisse im Raume südöstlich von Hanau erwogen worden. Nachdem der Vorentwurf für die Südostumgehung von Hanau fertiggestellt ist und die amerikanischen Streitkräfte sich mit der Trassenführung durch den Übungsplatz grundsätzlich einverstanden erklärt haben, ist die angestrebte Verlegung entfallen. Zu Frage VIII/12: Die militärischen Anlagen im Raume Hanau, Wolfgang und Großauheim mit dem Panzerübungsgelände sind standortbedingt. Sofern die Hessischen Landesbehörden unter Berücksichtigung der Verteidigungsaufgabe der amerikanischen Streitkräfte keine eindeutig überwiegenden deutschen Interessen darlegen, sehe ich keine Möglichkeit, die gänzliche Verlegung des Übungsgeländes zu erwirken. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Dahlgrün vom 4. Dezember 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Schmidt (Kempten) (Drucksache IV/2776, Frage VIII/13) : Welche Ergebnisse haben die im Februar 1963 seitens des Staatssekretärs im Bundesfinanzministerium angekündigten Verhandlungen über eine Revision der mit zahlreichen Ländern abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen im Hinblick auf eine Eindämmung der durch diese bisher möglichen Steuerflucht erbracht? Wie Staatssekretär Grund am 6. Februar 1963 in seiner Antwort auf Ihre Frage, Herr Abgeordneter, ankündigte, hat die Bundesregierung die sachdienlichen Schritte unternommen, um zu verhindern, daß die von dem teilweise bestehenden internationalen Steuergefälle ausgehenden Anreize zur Steuerflucht durch Doppelbesteuerungsabkommen noch verstärkt werden. Die Bundesregierung hat ihre Entschlossenheit, die in Frage kommenden Abkommen zu revidieren, in ihrem Bericht über die Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 150. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Dezember 1964 7415 Wettbewerbsverzerrungen aus Sitzverlagerungen in das Ausland und aus dem internationalen Steuergefälle bekräftigt. Dabei ist allerdings zu betonen, daß die Abkommensrevisionen das Steuergefälle selbst nicht beseitigen können. Es kann lediglich erreicht werden, daß keine Verstärkung der Auswirkungen des Steuergefälles durch die Abkommensregelungen eintritt. Für eine Revision kommt nur das Abkommen mit der Schweiz in Betracht, nachdem die Abkommen mit den anderen hier in Betracht kommenden Staaten — wie Luxemburg — bereits die notwendigen Ausschlußregelungen enthalten. Im Rahmen von Verständigungsgesprächen wurden die schweizerischen Behörden eingehend von den aufgetretenen Problemen und den deutscherseits vorzutragenden Bedenken unterrichtet. Nachdem die Untersuchungen durch den Bericht der Bundesregierung über die Wettbewerbsverzerrungen aus dem internationalen Steuergefälle zu einem gewissen Abschluß gebracht worden sind, ist nunmehr eine formelle Einladung an die Schweizer Regierung zur Aufnahme von Verhandlungen über die Revision des deutschschweizerischen Doppelbesteuerungsabkommens unterwegs. Es steht zu hoffen, daß die Revisionsverhandlungen in Kürze durchgeführt werden können. Die Bundesregierung hat auch mit Erfolg ihre Bemühungen fortgesetzt, für die wesentlichen Auslandsbeteiligungen die deutsche Kapitalertragsteuer, die in den Abkommen regelmäßig auf 15 v. H. gesenkt wird, zum Normalsatz von 25 v. H. voll aufrechtzuerhalten, soweit dies notwendig ist, um möglichen Wettbewerbsverzerrungen aufgrund der Auswirkungen des gespaltenen Körperschaftsteuersatzes entgegenzuwirken. So wurde vor wenigen Tagen ein Revisionsabkommen mit Großbritannien unterzeichnet, das dem deutschen Anliegen voll Rechnung trägt. Außerdem ist es nach überaus langwierigen und schwierigen Verhandlungen gelungen, auch mit den USA zu einer befriedigenden Lösung zu gelangen. Dieser Verhandlungserfolg ist um so mehr zu begrüßen, weil es trotz mehrfacher Verhandlungen, die sich auf Jahre hin erstrecken, bis dahin nicht gelungen war, die deutschen Vorstellungen gegenüber. dem Land, das die weitaus größten Investitionen in der Bundesrepublik hat, durchzusetzen. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 4. Dezember 1964 auf die Mündliche Anfrage ides Abgeordneten Ritzel (Drucksache IV/2776, Frage XII/1): An wie vielen Verkehrsunfällen waren im Jahre 1963 in der Bundesrepublik Deutschland Lastkraftwagen beteiligt? Im Bundesgebiet einschließlich Berlin (West) waren rim Jahre 1963 beteiligt an Unfällen mit nur Sachschaden 227 332 Lkw, an Unfällen mit Personenschaden 48 845 Lkw, davon bei Unfällen mit Getöteten 2 775 Lkw, bei Unfällen mit Schwerverletzten 14 784 Lkw, bei Unfällen mit Leichtverletzten 31 286 Lkw. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 4. Dezember 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Ritzel (Drucksache IV/2776 Frage XII/2) : Wie viele Verkehrstote waren im Jahre 1963 in USA, Frankreich, England, Italien, Belgien, Holland und in der Bundesrepublik Deutschland im prozentualen Verhältnis zu den zugelassenen Kraftfahrzeugen zu verzeichnen? Es entfielen von den bei Verkehrsunfällen getöteten Verkehrsteilnehmern auf je 1000 Kraftfahrzeuge 1,5 in der Bundesrepublik Deutschland, 0,9 in Frankreich, 1,4 in Italien, 0,5 in den USA, 0,9 in Belgien, 1,9 in den Niederlanden, 0,7 in Großbritannien. Bei den Ländern Belgien, Niederlande, Großbritannien handelt es sich dabei um Zahlen aus dem Jahre 1962, im übrigen um Zahlen aus dem Jahre 1963. Diese Zahlen für die Beurteilung der Unfallsituation sind nur bedingt geeignet, und zwar deshalb, weil die Voraussetzungen, nach denen die Statistiken aufgestellt werden, verschieden sind. In unserer Statistik wird als „getötet" geführt, wer beim Unfall selbst oder innerhalb von 30 Tagen nach dem Unfall verstirbt, während die Statistiken in Belgien und Italien nur die an der Unfallstelle Verstorbenen als „getötet" ausweisen und die Statistik in Frankreich nur diejenigen, die bis zum 3. Tage nach dem Unfall sterben. Ferner ist zu bedenken, daß die richtige Bezugsgröße für die Beurteilung der Unfallsituation nicht die Zahl der Kraftfahrzeuge, sondern die Verkehrsdichte, d. h. das Produkt aus Kraftfahrzeugzahl und Kilometerleistung ist. Geht man davon aus, so ergibt sich folgendes Bild: Es entfielen z. B. auf 100 Millionen Pkw-Kilometer in der Bundesrepublik Deutschland 12,08 getötete Verkehrsteilnehmer, in Frankreich 14,6 getötete Verkehrsteilnehmer, in Großbritannien 7,35 getötete Verkehrsteilnehmer. Für die übrigen Länder liegen Angaben über die Kilometerleistung leider nicht vor. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 4. Dezember 1964 auf die Mündlichen Anfragen der Abgeordneten Frau Renger (Drucksache IV/2776, Fragen XII/3, XII/4 und XII/5) : Hat die Bundesregierung die Absicht, den Vorschlägen des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn zu folgen und die Zugverbindungen drastisch zu kürzen, so daß z. B. in Schleswig-Holstein nur noch der Personenverkehr zwischen Städten von über 20 000 Einwohnern bestehen bliebe, was bedeuten würde, daß nur noch in 14 Städten Schleswig-Holsteins Zugverbindungen vorhanden wären, wodurch praktisch der Berufsverkehr zum Erliegen kommen würde? Ist die Bundesregierung bereit zu erklären, daß sie keinen Maßnahmen zustimmen wird, die die Wirtschaft und Landwirtschaft Schleswig-Holsteins, die durch die Randlage in der EWG schon besonders ungünstigen Bedingungen unterworfen sind, durch die Einschränkung des Schienen-Güterverkehrs noch weiter benachteiligen? 7416 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 150. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Dezember 1964 Ist die Bundesregierung bereit, erneut zu erklären, daß sie den Ausbau der Schienenwege und ihre Elektrifizierung vorantreiben und besonders in den Randbezirken Hamburgs wegen des starken Berufsverkehrs den beschleunigten Ausbau der S-Bahn vornehmen wird? Globale Einschränkungen des Bundesbahnbetriebes, wie sie nach dem Bericht des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn vielfach befürchtet werden, werden von der Bundesregierung nach den gegebenen gesetzlichen Vorschriften abgelehnt. Das gilt für den Personen- wie für den Güterverkehr und gilt für alle Teile der Bundesrepublik. Einschränkungen durch Stillegung von Strecken oder von einzelnen Dienststellen erfolgen nur nach sorgfältiger Prüfung der Auswirkungen auf die Wirtschaft einschließlich der Landwirtschaft des betroffenen Gebietes. Dazu werden vorher in den einzelnen Fällen die Landesverkehrsbehörden und die örtlichen Stellen gehört. Es ist damit sichergestellt, daß die Deutsche Bundesbahn bei ihren Entscheidungen oder Vorschlägen die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt. Die Elektrifizierung und die Verdieselung wichtiger Eisenbahnstrecken wird fortgesetzt. Die Reihenfolge für die Elektrifizierung hängt allein von dem Verkehrsbedürfnis und der Wirtschaftlichkeit dieser Investition ab. Die Frage des weiteren Ausbaues von Eisenbahnstrecken für den Nahverkehr in den Ballungsräumen ist von besonderer Bedeutung; sie steht in engem Zusammenhang mit dem Bericht der Sachverständigenkommission zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden und wird mit dessen Auswertung behandelt. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Bundesministers Stücklen vom 2. Dezember 1964 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Schmidt (Offenbach) (Drucksache IV/2776, Fragen XIII/7 und XIII/8) : Aus welchen Gründen hat die Deutsche Bundespost bisher die Fernsprechteilnehmer der Stadt Mühlheim (Main) nicht wieder an den Ortsnetzbereich Frankfurt/Offenbach angeschlossen, wie dies früher der Fall war? Ist die Deutsche Bundespost bereit, die Fernsprechteilnehmer der Stadt Mühlheim (Main) wieder an den Ortsnetzberefdi Frankfurt/Offenbach anzuschließen und damit die für die Fernsprechteilnehmer entstandenen Benachteiligungen zu beseitigen? Zu Frage XIII/7: Die Stadt Mühlheim und ihr östlich gelegener, etwa 3 km von Mühlheim entfernter Ortsteil Dietesheim waren bis 1960 dem Fernsprechortsnetz Frankfurt am Main/Offenbach zugeordnet. Diese Zuordnung widersprach, da Mühlheim/Dietesheim weit außerhalb des 5-km-Kreises um die Vermittlungsstelle Offenbach liegt, den Bestimmungen der Fernsprechordnung. Eine Änderungsmöglichkeit ergab sich erst, als in Mühlheim eine neue Vermittlungsstelle eingerichtet wurde, die aus technischen Gründen notwendig geworden war und durch deren Einrichtung die zahlreichen Anträge auf neue Anschlüsse in Mühlheim erledigt werden konnten. Mit der Inbetriebnahme dieser Vermittlungsstelle am 28. Mai 1960 wurde ein neues Ortsnetz Mühlheim errichtet, dem Mühlheim/Dietesheim und der Ort Lämmerspiel angehören. Die Vermittlungsstelle Mühlheim ist eine Endvermittlungsstelle zu Frankfurt am Main. Die Teilnehmer in Mühlheim können daher die Teilnehmer in Frankfurt am Main und Offenbach zwar nicht mehr zur Ortsgesprächsgebühr, aber im Selbstwählferndienst zu der ebenfalls sehr günstigen Gebühr des Knotenamtsbereichs (eine Ortsgesprächsgebühreneinheit für je eineinhalb Minuten Sprechdauer) erreichen. Zu der Frage, aus welchen Gründen die Deutsche Bundespost die Teilnehmer von Mühlheim nicht wieder an das Ortsnetz Frankfurt am Main/Offenbach angeschlossen hat, ist festzustellen, daß es sich bei der Errichtung des Ortsnetzes Mühlheim nicht um eine vorübergehende Maßnahme, sondern um die endgültige Bereinigung der Netzeinteilung im Raum östlich von Frankfurt am Main/Offenbach handelte. Da die jetzige Einteilung den für das gesamte Bundesgebiet geltenden Richtlinien für die Abgrenzung der Ortsnetze entspricht, bestand bisher und besteht auch weiterhin keine Veranlassung, das Ortsnetz Mühlheim wieder aufzuheben und die Teilnehmer wieder an Frankfurt am Main/Offenbach anzuschließen. Zu Frage XIII/8: Die Frage, ob die Deutsche Bundespost bereit ist, die Teilnehmer der Stadt Mühlheim wieder an das Ortsnetz Frankfurt am Main/Offenbach anzuschließen, ist zu verneinen. Abgesehen davon, daß diese Maßnahme — wie zu XIII/7 schon erwähnt — mit den allgemein gültigen Vorschriften der Fernsprechordnung nicht zu vereinbaren wäre, würde eine Ausnahme zugunsten der Stadt Mühlheim eine Vielzahl berechtigter Berufungen nach sich ziehen. Im übrigen können die zu XIII/7 erwähnten Gebührenfolgen, die sich aus der Bildung des Ortsnetzes Mühlheim für die Teilnehmer ergeben haben, nicht als Benachteiligung bezeichnet werden. Es handelt sich vielmehr um die Beseitigung eines lange gewährten Gebührenvorteils, der den Teilnehmern in Anbetracht der Entfernungsverhältnisse und der von der Deutschen Bundespost zu erbringenden Leistungen nicht zustand und der daher schon aus Gründen der Gleichbehandlung aller Fernsprechteilnehmer nicht länger zu vertreten war. Der Fall, daß eine Gemeinde, obwohl sie im Einzugsbereich einer Großstadt liegt und zu dieser sehr enge wirtschaftliche, soziale und kulturelle Bindungen hat, dennoch nicht dem Großstadtortsnetz, sondern einem Nachbarortsnetz zugeordnet ist oder ein eigenes Ortsnetz bildet, steht keineswegs vereinzelt da.
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      Rede von Dr. Anton Besold


      • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
      • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

      Na eben, na eben! Das paßt ganz genau darauf. Nach dem, was Herr Erler gesagt hat, müßten Sie heute geradezu ein Loblied auf den Herrn Bundeskanzler singen.

      (Abg. Börner: Das überlassen wir dem Altbundeskanzler! — Weitere Zurufe von der SPD!)

      Eine weitere Übergangslösung steckt in dem Vorschlag der SPD auf Aussetzung jeder Gebührenerhöhung bis zur Äußerung der Sachverständigenkommission. Sie glauben doch selber nicht, daß das eine irgendwie real fundierte Lösung wäre. Sie kennen doch den ganzen Apparat der Deutschen Bundespost mit ihren 440 000 Angestellten und Arbeitern. Was würden die sagen, wenn das gemacht werden würde, wenn damit der Haushalt und alles weitere, insbesondere die Fürsorge für diese Leute, in der Luft hinge?
      Zu unserem Initiativantrag hat uns ferner die Erkenntnis veranlaßt, daß Gebührenerhöhungen allein, so wie die Dinge zur Zeit liegen, einfach keine Lö-
      7392 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 150. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Dezember 1964
      Dr. Besold
      sung auf lange Sicht sind. Das ist im übrigen auch die Ansicht des Deutschen Bundestages. In diesem Zusammenhang darf ich auf die Entschließung des Deutschen Bundestages auf Einsetzung einer Sachverständigenkommission zur Überprüfung der Deutschen Bundespost — Drucksachen IV/1700 Anlage, IV/2062 — verweisen. Dort wird ausdrücklich festgestellt, daß „eine Erhöhung der Gebühren auf die Dauer nicht ausreiche, die hierfür erforderlichen Finanzmittel sicherzustellen". Es sind also zusätzlich ernste Schritte zu einer angemessenen Ausbalancierung von Eigen- und Fremdkapital der Deutschen Bundespost unerläßlich. Dazu müssen weitere Maßnahmen der Rationalisierung und auch der Automation ergriffen werden.
      Diese Feststellungen und Erkenntnisse sind in diesem Hohen Hause, aber auch schon vorher im Postverwaltungsrat maßgebend gewesen. Nicht eine Maßnahme allein, sondern alle Maßnahmen zusammen, unterstützt durch ausreichende wirkungsvolle Entscheidungen, bringen uns einer Lösung des Postproblems näher.
      Die bisherigen Vorschläge des Herrn Bundesfinanzministers können nicht als ausreichende Maßnahmen angesehen werden, wenngleich — das möchte ich in aller Objektivität sagen — dieser Schritt bei der damaligen finanzpolitischen Lage anerkannt werden muß. Sie wissen, daß der Bundesfinanzminister den Vorschlag gemacht hat, bei 500 oder 520 Millionen die Ablieferung einfrieren zu lassen. Dann wurde für 1965 und 1966 eine Kapitalaufstockung mittels Anleihen zugesagt. Aber wir wissen alle, daß das nur eine vorübergehende und keine substantielle Unterstützung der Bundespost ist, daß das Bundesfinanzministerium mit dem Ziel einer Entlastung der Deutschen Bundespost ab 1966 die Behandlung der Ausgleichsforderungen der Deutschen Bundespost überprüfen wird und daß beabsichtigt ist, im Bundeshaushalt einen Leertitel für eine weitere Erhöhung des Eigenkapitals auszubringen, die aus Privatisierungserlösen gespeist werden soll. Aber auch diese Lösungen fassen das Problem nicht vom Grund her an.
      Aber, meine Damen und Herren, dem Schritt nach vorn durch diese Initiative, von dem ich gesprochen habe, steht — das müssen wir erkennen — einfach das Postverwaltungsgesetz in seiner gegenwärtigen Fassung entgegen. Dieses Postverwaltungsgesetz stammt vom 24. Juli 1953, aus einer Zeit — daran können wir uns erinnern —, wo das Ringen um das Gelingen des Wiederaufbaus, ob nach planwirtschaftlichen Gesichtspunkten, wie es die SPD wollte, oder in der freien Marktwirtschaft, noch voll im Gang war. Man muß sich vorstellen, in welcher Atmosphäre das Gesetz entstanden ist. Damals haben noch die maßgebenden Vertreter der SPD mit allem Ernst die Meinung vertreten, daß die freie Marktwirtschaft zurück zur Brotkarte führen würde. Es war eine Zeit, wo Bund und Länder kaum finanzielle Mittel zur Verfügung hatten, wo das Steueraufkommen gering war und wo die volle Souveränität noch nicht zurückgegeben war, wo das Ausmaß und die Schnelligkeit des wirtschaftlichen Fortschritts noch nicht einmal geahnt werden konnten, wo die Grundlagen und Voraussetzungen für
      eine Gesetzesgestaltung, die auch in die jetzige Zeit
      hineinpaßt, einfach nicht erkannt werden konnten.

      (Abg. Börner: Das sind keine neuen Argumente!)

      Dabei muß man sich klarwerden über den Aufgabenbereich und den gesetzlichen Auftrag der Bundespost und des Bundespostministers sowie des Verwaltungsrats. Sie wissen selber, dieser Aufgabenbereich, der in § 2 des Postverwaltungsgesetzes niedergelegt ist, ist von einem sehr bedeutenden Umfang. Hier heißt es:
      Der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen ist dafür verantwortlich, daß die Deutsche Bundespost nach den Grundsätzen der Politik der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere der Verkehrs-, Wirtschafts-, Finanz-und Sozialpolitik verwaltet wird.
      Was auf diesem Gebiet seit 1953 an revolutionären Umwälzungen und Vorwärtsbewegungen geschehen ist, das wissen wir. Aber damit ist auch das Maß der Arbeit und der Verantwortung der Deutschen Bundespost gewachsen. Es steht weiter in § 2:
      Die Anlagen der Deutschen Bundespost sind in gutem Zustand zu erhalten und technisch und betrieblich den Anforderungen des Verkehrs entsprechend weiterzuentwickeln und zu vervollkommnen.
      Ich glaube, das hat die Deutsche Bundespost auch getan.

      (Zuruf von der SPD: Mit Fremdkapital!)

      Das hat sie auch getan trotz dieses Postverwaltungsgesetzes; das ist nämlich das Verwunderliche dabei.

      (Lachen bei der SPD.)

      Aber jetzt, meine Damen und Herren, müssen Sie auch betrachten, in welcher Zwangsjacke und mit welchem geringen Bewegungsraum es der Deutschen Bundespost gelungen ist, diese Aufgaben bis heute zu erfüllen.
      Ich möchte, weil es sich hier um einen Gesetzentwurf zur Änderung des bisherigen Postverwaltungsgesetzes handelt, folgendes sagen: Nach § 15 Abs. 1 des Postverwaltungsgesetzes hat die Deutsche Bundespost ihren Haushalt so aufzustellen und zu führen, daß sie die zur Erfüllung. ihrer Aufgaben und Verpflichtungen notwendigen Ausgaben aus ihren Einnahmen bestreiten kann; Zuschüsse — so heißt es — aus der Bundeskasse an die Post werden nicht geleistet. — Meine Damen und Herren, wenn Sie auf den gesamten Wiederaufbau zurückblicken, werden Sie doch zugeben, daß Wirtschaftsunternehmen von dem Ausmaß der Deutschen Bundespost diese Aufgabe des Wiederaufbaus ohne Zuführung von Kapital normalerweise nicht haben leisten können. In ihrer Haushaltsführung ist daher die Post auf der Einnahmenseite im wesentlichen allein auf die Gebühreneinnahmen angewiesen, deren Höhe durch die jeweils geltende Gebührenordnung und durch die Inanspruchnahme ihrer Einrichtungen bedingt ist.
      Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 150. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Dezember 1964 7393
      Dr. Besold
      Es ist auch nicht so — das wissen die Herren vom Postverwaltungsrat ganz genau —, daß die Bundespost eine Monopolstellung hat und tun und lassen kann, was sie will. Das sehen wir bei den Erhöhungen der Paketgebühren. Auf den Umfang der Inanspruchnahme ihrer Einrichtungen hat die Post nur einen sehr begrenzten Einfluß.
      Auf der Ausgabenseite ist die Post insofern nicht frei, als sie sich der fortschreitenden Entwicklung der wirtschaftlichen und sozialen Lage anpassen muß. Und was da geschehen ist, das wissen Sie. Dies gilt in erster Linie für die Gestaltung der Löhne und Gehälter, die nahezu 60 % der gesamten Aufwendungen — in den lohnintensiven Zweigen des Postdienstes sogar rund 75% — ausmachen. Bei den anderen Kostenarten wie z. B. Betriebsführung und Unterhaltung der Anlagen liegen die Verhältnisse ähnlich.
      Ein besonderer Kostenfaktor — und darum geht es ja auch hauptsächlich — ist die gemäß § 21 Abs. 3 des Postverwaltungsgesetzes vorgeschriebene Ablieferung an den Bund in Höhe von 6 2/3 % der Bruttoeinnahmen der Post, die ohne Rücksicht auf den wirtschaftlichen Erfolg der Post abzuführen sind. Das Postverwaltungsgesetz geht in seiner Grundkonzeption davon aus, daß stets ein ausgeglichener Haushalt erreicht werden muß. Dieser Ausgleich ist aber im Augenblick — auf Grund der zwangsläufigen Aufwendungen auf der Ausgabenseite — im wesentlichen nur auf der Einnahmenseite der Post, und zwar durch Änderung der Gebührenordnung möglich. Man muß einmal ganz klar sehen, daß der Bundespost nur diese Möglichkeiten zur Verfügung stehen.

      (Öffentlichkeit besprochen wird. Der Bund erhält als auf der einen Seite unabhängig von dem wirtschaftlichen Ergebnis der Post Ablieferungen zugunsten der Bundeskasse. Wie die augenblickliche Lage der Bundespost zeigt, führen diese Ablieferungen zu Verlustabschlüssen der Post. Ein gesunder finanzieller Status der Post muß jedoch erhalten bleiben, damit sie ihren Aufgaben gerecht werden kann. Also ist es erforderlich — und davor soll man die Augen nicht verschließen —, das im Jahre 1953 unter den damals gegebenen Umständen hei fehlender Voraussicht der rasanten Gesamtentwicklung geschaffene Postverwaltungsgesetz zu ändern. Meine Damen und Herren, man mag über verschiedene Mängel „meckern", die man da und dort Jim Bereich der Bundespost verspürt: Telefonanschlüsse, Einstellung der Briefzustellungen am Wochenende — bei einem Porto von 20 Pf, das seit 15 Jahren in diesem Dienstleistungsbetrieb nicht mehr erhöht worden ist — und vielleicht noch dies und jenes. Aber man übersieht bei aller Rederei — das muß auch einmal gesagt werden, gerade nach den Debatten, die man hier mit dem Blick auf das Jahr 1965 geführt hat — und aller Schreiberei einfach die tatsächlichen Leistungen der Deutschen Bundespost, ihrer früheren Minister und dieses Ministers, ihrer Beamten und des gesamten Personals. Nur einige kennzeichnende Tatsachen! Zunächst der beispielhafte Fortschritt im Selbstwählferndienst. Die großen USA haben nur eine Bedienung im Selbstwählanschluß von 46 %, Frankreich nur von 49,5 %, die Deutsche Bundespost aber trotz der soeben geschilderten Lage und trotz ides Postverwaltungsgesetzes bereits von 92 %. In der Ausstattung der Deutschen Bundespost mit elektronischen Geräten, z. B. den Briefverteileranlagen, im Postscheckund Postsparkassendienst, hat die Deutsche Bundespost im Weltmaßstab Anerkennung gefunden. Der Postmaster General der USA hat die Deutsche Bundespost als die modernste der Welt bezeichnet. Die vielgeschmähten Postleitzahlen, derentwegen der Postminister immer wieder angegriffen worden ist, sind heute bereits von den USA übernommen; sie werden in der Schweiz eingeführt, und sie sind in anderen europäischen Ländern zur Einführung vorbereitet. Ich glaube, es ist Zeit, daß wir — bei aller Bemängelung und bei aller Kritik — dem Minister und seinen Mitarbeitern auch einmal Dank und Anerkennung aussprechen. Aus allen diesen Gründen haben sich meine politischen Freunde entschlossen, dem Hohen Hause diesen InitiativGesetzentwurf Drucksache IV/2707 als Gruppenantrag vorzulegen. Wir gehen dabei nicht zuletzt auch davon aus, daß es die vornehmste Aufgabe des Parlaments ist und bleiben muß, aus sich selbst heraus initiativ zur Lösung auch schwieriger Aufgaben beizutragen. Wir sind immer mehr gezwungen, die Beurteilung Sachverständigen zu überlassen, und wir danken den Sachverständigen, die diese Arbeit übernehmen. Man sollte aber dabei nicht dieses Initiativrecht des Parlaments vergessen. Der Initiativantrag soll nicht als Vorgriff auf die schwierigen Aufgaben des zu erstellenden umfas senden Berichts der Sachverständigenkommission bewertet werden. Wir haben auch nicht die Absicht wie ein Mitglied der Sachverständigenkommission mir gegenüber meinte —, dieser für ihre saure Arbeit das Brot wegzunehmen; im Gegenteil! Wir wollen mit diesem Entwurf zur Brotvermehrung beitragen. Wir betrachten 'diesen Initiativentwurf als einen konstruktiven Diskussionsbeitrag, der in Ergänzung zu anderen Beiträgen, insbesondere zu dem zu erwartenden Kommissionsbericht, eine umfassende Sanierung der Bundespost auf lange Sicht ermöglichen soll. Lassen Sie mich nun noch kurz auf den wesentlichen Inhalt dieses Initiativentwurfs zur Änderung 7394 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 150. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Dezember 1964 Dr. Besold des Postverwaltungsgesetzes eingehen. Sein Sinn und Zweck ist — das möchte ich hier zusammenfassend vorausschicken —, die Bundespost aus dem Verlust herauszuführen und sie bei einer möglichst kostendeckenden Gebührenpolitik in Verbindung mit einer sachgemäßen und den finanziellen Verhältnissen der Deutschen Bundespost angepaßten Investitionsund Rationalisierungspolitik auf lange Sicht einer Selbstgesundung zuzuführen, und zwar unter Aufrechterhaltung der Eigenverantwortung der Postverwaltung. Wie notwendig es ist, die Eigenverantwortung der Bundespost aufrechtzuerhalten, das haben wir in diesen Debatten gesehen. Gestern ist in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ein Artikel über „Die Post und das Parlament" erschienen, den ich mit Interesse gelesen habe. Es heißt dort: Es ist sicherlich kein Zufall, daß Großbritannien vor kurzem — Post Office Act von 1961 — die Post aus dem allgemeinen Staatshaushalt herausgelöst hat und zum „deutschen System" übergegangen ist, zu dem System, daß ein Bundesvermögen, das nach wirtschaftlichen und kaufmännischen Gesichtspunkten zu führen ist, möglichst aus der parteipolitischen Auseinandersetzung herausgehalten wird. Mit den Fragen der Kapitalausstattung befaßt sich der Entwurf nicht, diese Fragen können nach meiner Ansicht erst angegriffen werden, wenn der Sachverständigenbericht vorliegt. Nun komme ich zu den Einzelheiten. Wir haben angeregt, den § 13, in dem das Vetorecht verankert ist, zu überprüfen und ihn zu verbessern. Das soll nicht eine Kritik an dem Herrn Bundespostminister sein. Wir werfen hier einen Blick in die Zukunft. Wir hatten bisher — während der langen Dauer des Bestehens des Postverwaltungsrechtes — noch keinen Fall eines Vetorechts. Es ist eigentlich der erste bedeutende Fall eines Vetorechtes. Dabei haben wir auch festgestellt, daß die Fassung bezüglich des Vetorechts im bisherigen Postverwaltungsgesetz völlig ungenügend ist und zu Mißverständnissen Anlaß geben kann. Bei der Neufassung des § 13 habe ich daran gedacht, daß bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Bund und Ländern der Vermittlungsausschuß eingeschaltet ist, der die Meinungsverschiedenheiten sehr oft ausgemerzt hat. Das war segensreich. Wir haben zwar kein neues Gremium vorgesehen, aber wir wollen die Einlegung des Vetos etwas erschweren. Wir halten bei der Einlegung eines Vetos eine Rückäußerung an den Verwaltungsrat mit einer Begründung des Vetos durch die Bundesregierung und gegebenenfalls eine Zurückverweisung an den Postverwaltungsrat für notwendig. Das soll bedeuten, daß es in einem wirtschaftlichen Unternehmen wie der Bundespost möglich sein soll, wenn tatsächlich einmal Meinungsverschiedenheiten über einen Beschluß auftauchen — das ist doch möglich —, diese Meinungsverschiedenheiten im eigenen Raum zur Aufrechterhaltung des Vertrauens zwischen Postverwaltungsrat, Bundespostminister und Bundesregierung beizulegen. Die Post soll bei der Ausgleichung von Meinungsverschiedenheiten in Zukunft von derartigen Debatten, die zu nichts geführt haben, verschont bleiben. Ich glaube, das ist eine gute Bestimmung. Wir streben weiterhin eine grundlegende Änderung des bisherigen § 15 an. Der § 15, der die Haushaltsführung betrifft, besagt, daß ein in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichener Haushalt aufgestellt werden muß. Aber es steht auch ein Satz darin, den ich schon bei meinen vorausgehenden Ausführungen aufgegriffen habe: „Zuschüsse aus der Bundeskasse werden nicht geleistet". Wir wollen mit unserem Entwurf diesen Grundsatz nicht beseitigen, er soll bestehenbleiben. Aber es müssen Ausnahmen von diesem Grundsatz verankert werden. Wir haben nur zwei Ausnahmefälle vorgesehen, in denen Zuschüsse gewährt werden können. Nach unserem § 15 a soll eine Ausgleichspflicht des Bundes in Zukunft dann eintreten, wenn der Bund zum Beispiel aus politischen Gründen oder aus Gründen des allgemeinen Wohls eine Gebührenerhöhung einfach nicht durchführen will. Sagen wir einmal als plastisches Beispiel: Der Zeitungsdienst ist defizitär. Sämtliche Parteien sträuben sich gegen eine Erhöhung dieser Gebühren aus allgemeinpolitischen Gründen. Wenn in diesem Fall der Bundestag oder die Bundesregierung eine kostendeckende Gebührenerhöhung aus diesen allgemeinpolitischen oder erzieherischen Gründen nicht will, muß er auch die dadurch im Haushalt ausfallenden Einnahmen ausgleichen. Ein Spiegelbild dazu ist § 15 Abs. 1 Satz 2. Hiernach soll eine Ausgleichspflicht bestehen, wenn eine Gebühren senkung herbeigelführt wird, die der Postverwaltungsrat nicht will, weil er eine Entscheidung für kostendeckende Gebühren gefällt hat. Das klassische Beispiel ist die Senkung der Telefongebühren jetzt. Das wird jetzt auch tatsächlich vom Bund übernommen. Hier kann auch nichts passieren. Denn durch die weiteren Bestimmungen sollen letzten Endes auch die Bundesregierung und ein unabhängiges Sachverständigengremium bei der Gestaltung dieses Ausgleichs eingeschaltet werden. Außerdem sollen von dem globalen Grundsatz, daß keine Zuschüsse aus der Bundeskasse geleistet werden, die politischen Lasten ausgenommen werden, die für eine kaufmännische und wirtschaftliche Führung der Bundespost eine Verzerrung bedeuten. Das ist eine Bestimmung, die auf die Vergangenheit hinzielt. Sie wissen, was mit den politischen Lasten gemeint ist. Ich glaube, daß auch diese Bestimmung richtig ist. Nun kommt § 20, der zunächst eine Erhöhung der Rücklagen von bisher 100 auf 500 Millionen DM vorsieht, und zwar deshalb, weil das Volumen der Bundespost zugenommen hat. Ob der Betrag 500 Millionen DM sein muß, mögen die Ausschußberatungen ergeben. Aber wesentlich ist, daß die Ablieferungspflicht der Bundespost nun nicht mehr an den Umsatz geknüpft ist, sondern die Ablieferung an den Bund soll 50 % des nach der Bildung der Rücklagen verbleibenden Gewinnes betragen. Ich weiß, daß das große Diskussionen gibt, daß das Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 150. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Dezember 1964 7395 Dr. Besold Meinungsverschiedenheiten herbeiführen wird. Ich weiß, daß viele Kollegen die Ablieferungspflicht an den Umsatz gebunden wissen wollen. Man hört immer und immer wieder: Wenn die Ablieferungspflicht an den Gewinn gebunden ist, so entsteht dadurch ein Nachteil, daß die Bundespost die Möglichkeit hat, den Gewinn zu manipulieren. Das mag bei privatwirtschaftlichen Unternehmungen vielleicht so sein. Aber ich glaube, daß es bei der Bundespost nicht der Fall ist. Hier gibt es keine Möglichkeit der unkontrollierten Gewinnmanipulation. Bei der Änderung der Abschreibungssätze der Bundespost sind das Bundesfinanzministerium und der Bundesrechnungshof mit eingeschaltet. Der Bundesfinanzminister wirkt bei der Aufstellung des Haushalts und damit bei der Veranschlagung des Gewinns bzw. des Verlusts mit. Außerdem wird der Abschluß durch den Bundesrechnungshof nachgeprüft. Ich verweise hier auf die schon bisher und auch weiterhin gültigen Bestimmungen des § 17 Abs. 3 und des § 19 Abs. 5 des Postverwaltungsgesetzes. Außerdem glaube ich, daß der Herr Bundesfinanzminister, wenn die Ablieferungspflicht an den Gewinn gebunden ist, ein größeres Interesse daran hat, daß dort investiert wird, wo die Post tatsächlich Gewinne macht. Wenn er dagegen die nach dem Umsatz berechnete Ablieferung bekommt, ist er an dem inneren Geschehen der Bundespost nicht so interessiert. — Ich bringe hier lediglich solche Überlegungen vor. Sie sind kein Vorwurf gegen eine Person. Ich mache hier Ausführungen nur auf Grund von Einwendungen, die man da und dort gegen diese Fassung hört, von der ich glaube, daß sie richtig ist, von der wir glauben, daß sie auch zu einer Selbstgesundung der Bundespost auf lange Sicht führt. Deshalb habe ich diese Überlegungen vorgetragen. Ich spreche damit niemanden, der mit irgendeinem Amt verbunden ist, persönlich an. Sonst kann man ja nicht offen darüber sprechen, welche Dinge zu berücksichtigen sind. Ich möchte zum Schluß etwas zu dem globalen Angriff sagen, der von seiten der SPD jetzt geführt wird. Die SPD hat gesagt: Die Bundesregierung ist an allem schuld, sie hat die Bundespost vernachlässigt. Meine Damen und Herren, wenn Sie das sagen, dann denken Sie eben nicht an das, was in den letzten 15 Jahren geschehen ist, seitdem die Bundesregierung die Verantwortung übernommen hat. Wer in diesem Hause ehrlich ist, muß sagen, daß nach dem Zusammenbruch und bei der Übernahme der Verantwortung 1949 eben ein Chaos bestand, daß es bei der Beseitigung dieses Chaos Rangstufen gab und daß hier ungeheure Milliardensummen und Leistungen aufgewendet werden mußten. Es ist vielleicht richtig — das geben wir zu —, daß der letzte Posten unter den Wiederaufbauleistungen die endgültige Sanierung der Bundespost sein muß. Sie hat trotz der Zwangsjacke „Postverwaltungsgesetz" in der bisherigen Fassung ihre Leistungen immerhin auf einer Höhe gehalten, die sogar im Weltmaßstab Anerkennung findet. Aber jetzt ist es notwendig, das Gefüge der Bundespost zu verbessern. Wenn Sie einen Blick nach rückwärts werfen, wenn Sie die sozialen Leistungen, den Wohnungsbau, die Verteidigungsmaßnahmen usw. ansehen, dann können Sie doch nicht sagen: Die Bundesregierung hat verantwortungslos gehandelt. Rom ist nicht an einem Tag erbaut worden, sondern in Hunderten von Jahren. Aber von dem, was die Bundesregierung in 15 Jahren geleistet hat, kann man bei der Größe der Aufgaben und der Kürze dieser Zeitspanne fast sagen: Die Bundesrepublik Deutschland ist an einem Tag gebaut worden! Ich glaube, in einer sachlichen Debatte müssen wir — bei aller Anerkennung dessen, was noch fehlt — sagen: Wir können stolz auf unsere Deutsche Bundespost sein! Das Wort zur Begründung des Gesetzentwurfs der sozialdemokratischen Fraktion zur Änderung des Postverwaltungsgesetzes hat der Abgeordnete Gscheidle. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Presseund Informationsamt der Bundesregierung hat im „Bulletin" eine Abhandlung veröffentlicht, die mit der Frage überschrieben wurde: „Finanzkrise bei der Bundespost?" Sie beginnt mit der aktuellen Feststellung, daß sich, noch ehe sich die Unruhe gelegt habe, die durch die Finanznot der Deutschen Bundesbahn entstanden sei, Wirtschaft und Verwaltung nun auch mit der Finanzlage der Deutschen Bundespost auseinandersetzen müßten. Der Verfasser bringt zum Ausdruck, daß die stillschweigende Abwälzung betriebsfremder Lasten auf die Deutsche Bundespost ihre finanziellen Bewegungsfreiheit außerordentlich beeinträchtigt habe. Das widerspreche dem schon im Reichspostfinanzgesetz verankerten Grundgedanken der finanziellen Selbständigkeit des Sondervermögens. Es sei zu prüfen, ob die das Defizit verursachenden betriebsfremden Lasten entweder auf den allgemeinen Bundeshaushalt zu übernehmen oder aber die einschlägigen Bestimmungen des Postverwaltungsgesetzes aufzuheben seien. Bleibe es bei der jetzigen Lösung, so müsse bei der angestrebten Wiederherstellung der finanziellen Stabilität des Posthaushalts mindestens die fiskalische Belastung der Deutschen Bundespost berücksichtigt werden, solange die Deutsche Bundespost nach § 21 des Postverwaltungsgesetzes gehalten sei, ohne Rücksicht auf ihr betriebliches Ergebnis und ohne Rücksicht auf die Höhe der von ihr zu tragenden betriebsfremden Sonderlasten 6 2/3 v. H. ihrer laufenden Betriebseinnahmen an den Bundesfiskus abzuführen. Ich habe diesen Artikel vorangestellt, weil die Tatsache, daß er am 26. Mai 1954, also vor zehn Jahren, im Bulletin" der Bundesregierung abgedruckt wurde, die Auffassung des Herrn Finanzministers Dahlgrün, die dieser am 21. Oktober 1964 vorgetragen hat, widerlegt und zum anderen erken7396 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 150. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Dezember 1964 Gscheidle nen läßt, daß es — im Gegensatz zu manchen Ausführungen — seit mehr als zehn Jahren keinesfalls an Stimmen gefehlt hat, die warnend und mahnend die Bundesregierung auffordern, es nicht zu einer krisenhaften Zuspitzung bei der Bundespost kommen zu lassen. Herr Finanzminister Dr. Dahlgrün vertrat am 21. Oktober 1964 demgegenüber die Meinung, die krisenhafte Zuspitzung der Finanzlage der Bundespost und der Bundesbahn sei erst nach der Verabschiedung des Entwurfs des Bundeshaushalts durch die Bundesregierung in ihrem ganzen Ausmaß deutlich geworden. Die Entwicklung bei der Deutschen Bundespost konnte niemanden überraschen, der sich mit ihren Problemen nicht nur gelegentlich einer Bundestagsdebatte beschäftigt. Alle bisherigen Postminister haben nach einer mehr oder weniger langen Amtszeit das Notwendige erkannt und entsprechende Forderungen erhoben. Keiner von ihnen kam, weder im Kabinett noch bei steinen Parteifreunden, zu Gehör. Herr Postminister Schuberth beklagte öffentlich, daß der damalige Bundeskanzler Adenauer iihm die schriftlich zugesagte Hilfe für die Deutsche Bundespost versagt habe. Herr Postminister Balke wies 1954 auf das sich verschlechternde Verhältnis des Eigenkapitals zum Fremdkapital hin. Er sah hierin eine unbefriedigende Entwicklung, da mit der Verstärkung des I Fremdkapitals, insbesondere wenn der Anteil des kurzfristigen Fremdkapitals zunehme, eine bedenkliche Belastung mit Zinsen und Amortisationsbeträgen und eine ständige Unruhe aus der Notwendigkeit zur Umschuldung und Prolongation verbunden seien. Sein Staatssekretär wandte sich zum gleichen Zeitpunkt dagegen, daß die Ertragskraft der Deutschen Bundespost nicht in vollem Umfang den betrieblichen Aufgaben nutzbar gemacht werden könne, weil diese auch für allgemeine, mit ihrem Betrieb nicht unmittelbar zusammenhängende Staatsverpflichtungen, die systemgerecht der Bundeshaushalt zu tragen hätte, herangezogen werde. Der Postminister Lemmer erklärte am 22. Mai 1957 vor dem Deutschen Bundestag: Meiner Ansicht nach muß daher mit aller Energie daran gegangen werden, die Kapitalund Finanzlage der Deutschen Bundespost nachhaltig zu verbessern. In dieser Richtung erscheint es mir unerläßlich, daß mit allem Ernst die Frage geprüft wird, ob es nicht möglich ist, die Ablieferung an den Bund dahin abzuändern, daß eine Zahlung an den Bund gekoppelt wird an den Gewinn, damit in Zukunft der finanziell untragbare Zustand vermieden wird, daß ein notleidendes Unternehmen Ablieferungen an den Bund als Eigentümer auch dann zahlen muß, wenn 'es selbst in Schwierigkeiten ist. Herr Bundespostminister Stücklen äußerte sich im September 1963 ebenso eindeutig. Er forderte, daß der Bund als Eigentümer der Post eine entsprechende Kapitalaufstockung durchführe. Wenn nicht in kürzester Zeit wirksame Maßnahmen ergriffen würden, werde das Unternehmen Post erheblichen Schaden erleiden. Der Verwaltungsrat der Deutschen Bundespost — der nach Maßgabe des Postverwaltungsgesetzes bei der Leitung der Deutschen Bundespost durch den Bundesminister für das Postund Fernmeldewesen mitwirkt — fordert seit 1954 wirksame Maßnahmen seitens der Bundesregierung, um eine seit diesem Zeitpunkt erkennbare bedenkliche Entwicklung abzuwenden. Alle Kritiken, Wünsche und Forderungen dieser letzten zehn Jahre sind hinsichtlich der Neuregelung der Abgabepflicht an den Bund, Abnahme der betriebsfremden Lasten und der Notwendigkeit, ein weiteres Absinken des Eigenkapitalanteils zu verhindern, übereinstimmend. Aus dieser Tatsache haben bislang weder die Bundesregierung noch die sie tragenden Regierungsparteien Konsequenzen gezogen. Die ganzen Schwierigkeiten, denen sich die Bundespost derzeit gegenübersieht, gehen damit eindeutig zu Lasten der Bundesregierung. Das Einsetzen einer Sachverständigenkommission ist nur ein dürftiger Ersatz für eigenes Handeln. Was der Bundesregierung auf diesem Gebiet gefehlt hat, ist nicht der sachverständige Rat, sondern der Entschluß, zu handeln. (Beifall bei der SPD. — Abg. Müller-Hermann: Das entscheidende Problem gehen Sie auch nicht an!)


      (Beifall bei der CDU/CSU.)


      (Heiterkeit.)


      (Zuruf von der SPD: Das ist aber sehr „schmeichelhaft" für den Finanzminister!)


      (Beifall in der Mitte)


      (Beifall bei den Regierungsparteien.)


    Rede von Erwin Schoettle
    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
    • insert_commentNächste Rede als Kontext
      Rede von Kurt Gscheidle


      • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
      • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


      (Abg. Dr. Mommer: Und keiner nahm deswegen den Hut!)


      (Hört! Hört! bei der SPD.)


      (Hört! Hört! bei der SPD)


      (Beifall bei der SPD.)

      Der Herr Bundespostminister hat heute den Versuch unternommen, diesen Vorwurf zu entkräften. Er hat eine besondere Konstruktion gewählt, indem er gesagt hat: „Die Opposition auch nicht!" ; offenbar in der Annnahme, daß es in einer Demokratie möglich sein könnte, daß ein Postminister, der die Unterstützung seiner Parteifreunde in der Sache nicht hat, dann mit der Opposition sein Amt führen könne.

      (Beifall und Heiterkeit bei der SPD. — Abg. Schulhoff: Das ist aber eine Verfälschung dessen, was er gesagt hat, Herr Gscheidle!)

      — Ach, der Herr Bundespostminister wird sich zur Wehr setzen, wenn er der Meinung ist, das sei eine Verfälschung.
      Das Thema Bundespost hat meines Erachtens vier Schwerpunkte:
      Erstens: die wirtschafts- und finanzpolitischen Grundsätze für die Leitung der Deutschen Bundespost;
      zweitens: die Aufgabenstellung für die Deutsche Bundespost und die dafür zweckmäßige Organisation;
      drittens: die Wirtschaftlichkeit in der Aufgabenerfüllung;
      Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 150. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Dezember 1964 7397
      Gscheidle
      viertens: die Grundsätze für die Gebührenpolitik.

      (Abg. Müller-Hermann: Und fünftens der ständig sich erhöhende Personalaufwand! Dem Thema weichen Sie aus!)

      - Herr Kollege, ich danke Ihnen für den Zwischenruf. Denn ich darf hier eine Legende zerstören. Vielleicht haben Sie die Freundlichkeit, einmal die Unterlagen der Deutschen Bundespost der letzten Jahre einzusehen. Ich darf Ihnen vorab für die Erkenntnisse, die Sie dann gewinnen, sagen: Relativ ist der Anteil der Personalkosten rückläufig gegenüber allen übrigen Kasten der Bundespost. Das kann nicht anders sein; das wird auch niemand, der die Dinge kennt, bestreiten können. Denn sonst könnte niemand öffentlich erklären — was den Tatsachen entspricht —, daß Rationalisierungserfolge vorliegen.

      (Beifall bei der SPD. — Abg. Müller-Hermann: Sicherlich liegen sie vor!)

      Erst wer sich über seinen grundsätzlichen Standpunkt in diesen Fragen Klarheit verschafft hat, kann folgerichtige Entscheidungen treffen. Daran hat es bislang bei der Bundesregierung gemangelt. Innerhalb des Bundeskabinetts waren die Vorstellungen des Finanz-, Wirtschafts- und Postministers in den kritischen Situationen jeweils unterschiedlich Es war keine Grundkonzeption der Bundesregierung erkennbar. Nach Auffassung des Finanzministeriums hätte sich die Deutsche Bundespost jeweils mit Gebührenerhöhungen helfen müssen. Gegen diese Vorschläge wandte sich das Wirtschaftsministerium ständig im Hinblick auf das Preisgefüge. Der für die Richtlinien der Politik zuständige Kanzler ging jeweils den Weg des geringsten Widerstandes. So kam es, daß die Verantwortlichen darangingen, gegen eine alte Volksweisheit der Kuh das Futter vorzuenthalten, obwohl sie nach wie vor Milch von ihr erwarteten. Man kann auch in diesem Falle nur eines: entweder Milch trinken oder Rindfleisch essen. Der Substanzverzehr des Bundesvermögens Deutsche Bundespost durch seine Verwendung ,als Deckungsmittel im Bundeshaushalt zeigt, wie fahrlässig der Eigner, nämlich die Bundesregierung, dieses Sondervermögen verwaltet hat.

      (Sehr richtig! bei der SPD.)

      Die Deutsche Bundespost mußte den Wiederaufbau nach 1945 aus den Preisen finanzieren, da es damals zunächst noch keinen Kapitalmarkt gab. Das war nur möglich, weil Löhne und Gehälter niedrig gehalten wurden. In dier zweiten Phase gestatteten die Rationalisierungserfolge, insbesondere im Fernmeldewesen, und eine geringfügige Gebührenerhöhung mit einer falschen Grundkonzeption weiterzuwursteln. Die stark anwachsenden Kosten nach der Korea-Krise und die unverständliche Verkehrspolitik der Bundesregierung auch gegenüber der Bundespost nach dem Motto: gewinnbringende Dienste privatisieren und defizitäre verstaatlichen, haben in einzelnen Dienstzweigen die Ursachen für das heute noch bestehende Defizit geschaffen.

      (Abg. Dr. Müller-Hermann: Das ist doch Ihre Devise bei dier Bundesbahn!)

      — Wollen Sie damit sagen, daß es eine Devise der Sozialdemokraten sei, gewinnbringende Teil von öffentlichen Unternehmungen zu privatisieren und defizitäre zu verstaatlichen?

      (Abg. Dr. Müller-Hermann: Zumindest das letzte!)

      — Genau umgekehrt, Herr Kollege.

      (Abg. Dr. Müller-Hermann: Dann sprechen Sie mal mit Ihrem Kollegen Seibert!)

      — Ich darf Sie in diesem Zusammenhang auf die jährlich erscheinenden Jahrbücher des Post- und Fernmeldewesens hinweisen, wo die verantwortlichen Männer der Deutschen Bundespost unablässig diese Dinge dargelegt und auf eine Änderung gedrängt haben; sehr lesenswert, Herr Kollege! Wenn Sie sie sich beschaffen wollen, dann darf ich Ihnen einen Hinweis geben: es sind die Jahrbücher 1955, 1956, 1957, 1959 und 1960.
      Doch alles vergeblich: Solange die Melkkuh Bundespost noch etwas hergab, dachte der Finanzminister und mit 'ihm die Bundesregierung nicht daran, ihr Futter in Form von Kapitalzuführung oder Abnahme systemwidriger Belastungen zu geben. Die Bundespost kam ins Gerede und hat inzwischen die Publicity eines Filmstars erreicht, über den jede Skandalgeschichte unbesehen weiterverbreitet wird. Fordert jemand die Verstärkung des Eigenkapitals aus Reprivatisierungserlösen des Bundes, wird eine daraus entstandene Falschmeldung — „Die Post soll privatisiert werden" — ohne Hemmung weiterverbreitet und geglaubt, denn langsam erscheint bei der Bundespost nichts unmöglich. Mit der unbegründeten Fernsprechgebührenerhöhung begann jenes Trauerspiel, das mein Freund Börner heute schon dargestellt hat. Nachdem die Bundesregierung in die Notlage kam, ein Jahr vor der Bundestagswahl
      — wenn nicht Dienstleistungen eingestellt werden sollten — entweder massiv die Gebühren zu erhöhen oder, entgegen dem Postverwaltungsgesetz, Zuschüsse zu leisten, entschloß sie sich zu zaghaften Ansätzen einer Sanierung.
      Die sozialdemokratische Bundestragsfraktion
      zählt die Deutsche Bundespost neben den Einrichtungen für Bildung und Ausbildung, Verkehr, Gesundheitsdienst und Hygiene usw. zu den Gemeinschaftseinrichtungen. Die Deutsche Bundespost ist nach ihrer Meinung wichtiger Teilbereich der Infrastruktur. Neben ihrer öffentlichen Funktion in diesem Bereich zeigt sie als Unterscheidungsmerkmal in der Wirtschaft das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht. Die Abgabepflicht, die der Gesetzgeber im Jahre 1953 im § 21 festgelegt hat, entstand aus der Vorstellung, daß die Post ein gewinnbringendes Unternehmen sei, und andererseits aus der Fehleinschätzung der Ertragsfähigkeit der Bundespost in der Zukunft.
      Bei der Beurteilung der Frage, welcher obere Grenzwert der Ertragsstärke der Deutschen Bundespost erreicht werden soll, gehen wir davon aus, daß bei der Deckung der Ausgaben durch die Einnahmen das investierte Kapital ohne Verlust verzinst und getilgt werden muß. Es ist strittig — auch die Son-
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      Gscheidle
      dersitzung des Deutschen Bundestags und die letzte Haushaltsdebatte haben hier keine Klärung gebracht —, ob die Abführungen an den Bund nun als Monopolabgabe oder als Entgelt für nicht geleistete Steuern begründet sind. Im Hinblick auf unsere grundsätzliche Auffassung über die Aufgabe der Deutschen Bundespost als Teil der Infrastruktur sind sie systemwidrig, da sie nur über die als sinnvoll anzusehende obere Ertragsgrenze hinaus durch zusätzliche Überschüsse erwirtschaftet werden könnten. Selbst wenn man dieser Abgabe nicht den Charakter einer Ertragsteuer, sondern den einer Kostensteuer beilegen wollte, ist sie nicht gerechtfertigt, da die ihr zugrunde liegenden Produktionsleistungen nicht vorhanden sind.
      Damit steht auch die Auffassung des Bundesfinanzministers, die Lasten der Abführung mit Hilfe der Gebührenerhöhung auf den Postkunden abwälzen zu können, zur Aufgabenstellung der Post als einer Gemeinschaftseinrichtung im Widerspruch. Wenn der monetäre Überschuß über Abschreibungen und Zinsen hinausgehen sollte, so muß er unseres Erachtens zur Verbilligung der Gebühren dienen oder gegebenenfalls einem Rationalisierungsfonds zugeführt werden. Keinesfalls darf er als steuerähnliche Abgabe herausgezogen oder als thesaurierter Betrag in Eigenkapital umgewandelt werden.
      Eine Analyse der Ertragskraft der Deutschen Bundespost ergibt, daß dieses Unternehmen in den letzten Jahren tatsächlich in der Lage gewesen ist, die hier skizzierte wünschenswerte Ertragsfähigkeit eines Gemeinschaftsunternehmens zu erwirtschaften. Leider hat nun dieser Erfolg trotzdem zu einem Kapitalverzehr infolge der Abführung erwirtschafteter liquider Mittel an den Bund geführt.
      Die Finanzstruktur der Deutschen Bundespost kann nicht unter erwerbswirtschaftlichen Rentabilitätsgesichtspunkten gesehen werden. Trotzdem müssen sich Investitionsvolumen und Finanzierungsvolumen jedoch im Gleichgewicht der Fristigkeiten von Ausgaben und Einnahmen halten. Der Teilbereich des Post- und Fernmeldewesens, der der Träger der wirtschaftlichen und finanziellen Risiken im Bereich der Deutschen Bundespost ist, würde demnach 95 v. H. langfristige Finanzierungsmittel benötigen; das bedeutet, daß rund 4 Milliarden DM an mittel- und kurzfristigen Schulden in langfristige Finanzierungsmittel umgewandelt werden müßten.
      Obwohl es angesicht der finanzwirtschaftlichen Aufgabe eines Gemeinschaftsunternehmens zunächst unerheblich ist, in welchem Maße die Kapitalstruktur durch bundeseigene und bundesfremde Außenfinanzierungsmittel gebildet wird, legt die Tatsache des Zurückbleibens der langfristigen Finanzierungsmittel die Überlegung nahe, den bundeseigenen Außenfinanzierungsanteil in Gestalt des Eigenkapitals wesentlich aufzustocken. Dies könnte geschehen durch Einbringung von Reprivatisierungsgewinnen und Übernahme von langfristigen Außenfinanzierungsmitteln durch -den Bund, so daß der Bundespost die Zinslast verbleibt und der Tilgungsdienst vom Bund übernommen wird.
      Für die Durchführung einer Umstrukturierung des Kapitals bedarf es eines Sanierungsplans, der mit der Investitionsplanung abgestimmt sein muß. Dabei ist im Hinblick auf technische Rationalisierungsmöglichkeiten und die Anforderungen der Wirtschaft davon auszugehen, daß der Kapitalkoeffizient weiter zunimmt. Dies stärkt den Gesichtspunkt, der Deutschen Bundespost gesetzlich einen konstanten Eigenkapitalanteil zu sichern, um den ansteigenden Zinslasten zu begegnen.
      Dieser Grundsatzauffassung über Stellung und Bedeutung der Deutschen Bundespost widerspricht die jetzige Konstruktion des Postverwaltungsgesetzes. In Übereinstimmung mit allen sachverständigen Äußerungen der letzten zehn Jahre muß deshalb eine Änderung der Ablieferung an den Bund, die Wegnahme betriebsfremder Sonderlasten und die Aufstockung des Eigenkapitals gefordert werden. Dem trägt u. a. der von mir zu begründende Antrag — Drucksache IV/2782 — Rechnung. In eine ähnliche Richtung geht der von einer Gruppe von CSU-Abgeordneten vorgelegte Antrag.
      Nach der Vorschau-Vermögensrechnung der Deutschen Bundespost wird der Investitionsbedarf für 1965 2,7 Milliarden DM betragen. Die Investitionsplanung der Deutschen Bundespost muß jedoch unseres Erachtens auf die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung abgestellt werden.
      In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu wissen, daß in den USA bis zum Jahre 2000 der Übergang von der Selbstwähltechnik zur elektronischen Vermittlung beendet sein wird. Auch aus der Entwicklung und Einrichtung des Satelliten-Nachrichtensystems wird die Bundesrepublik Deutschland mit erheblichen Belastungen rechnen müssen. Dazu kommt der mit der Einführung des Farbfernsehens notwendig verbundene Aufbau. Die Fernsprechdichte in der Bundesrepublik im Zusammenhang mit den unerledigten Anträgen auf Einrichtung eines Hauptanschlusses macht zusammen mit den vorgenannten Punkten deutlich, welche Anstrengungen seitens der Deutschen Bundespost erforderlich sind, um die mit der wirtschaftlichen Entwicklung einhergehenden zusätzlichen Ansprüche auf dem Fernmeldesektor befriedigen zu können.
      Die derzeitige Beteiligung bei dieser Investitionsplangestaltung des Postverwaltungsrates nach dem Postverwaltungsgesetz erscheint uns unbefriedigend. Wir regen deshalb auch hier Ergänzungen an.
      Die Aufgabenstellung der Deutschen Bundespost und die hierfür zweckmäßige Organisation wurde anläßlich der Sondersitzung und bei den Haushaltsberatungen von verschiedenen Sprechern gestreift. Im Hinblick auf die Arbeit der Sachverständigenkommission und die Tatsache, daß der Deutsche Bundestag ohne die notwendigen Unterlagen und Betriebsprüfungen überfordert ist, eine Meinungsbildung herbeizuführen, halte ich es für richtig, deren Ergebnisse in diesem Punkt abzuwarten und erst dann, wenn sich hieraus die Notwendigkeit zur Änderung oder Aufgabe bestehender Dienstzweige ergeben sollte, erneut hier darüber zu diskutieren. Das gleiche gilt auch für den Fragenkomplex Wirtschaftlichkeit in der Aufgabenerfüllung.
      Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 150. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Dezember 1964 7399
      Gscheidle
      Obwohl bei der vorherigen Debatte über unsere Große Anfrage betreffend Wiederaussetzung der Gebührenerhöhungen bei der Deutschen Bundespost unsere grundsätzliche Auffassung zur Ausgabendeckung schon in etwa deutlich gemacht wurde, halte ich es für richtig, auch an dieser Stelle noch einmal darauf hinzuweisen, daß unseres Erachtens die notwendigen Ausgaben unter Berücksichtigung der für die Aufgabenerfüllung notwendigen Investitionen, aber ohne über die Kapitalerhaltung hinausgehende Gewinnabsichten abzudecken sind. Die Gebühren müssen in einem angemessenen Verhältnis zu den leistungsbedingten Kosten stehen. Verbundgebühren sind damit nur in einem sehr beschränkten Umfange zulässig. Keinesfalls erscheint es uns vertretbar, die Defizite eines Dienstzweiges bei der Deutschen Bundespost durch überhöhte Gebühren bei einem ohnedies gewinnbringenden Dienstzweig abzudecken.
      Bei einer vernünftigen Betriebsführung hätte man nicht die Fernmeldegebühren erhöht, sondern alle Anstrengungen unternommen, das Investitionsprogramm weiter zu verstärken. Dabei hätte man davon ausgehen können, daß mit dem Bau neuer Anschlüsse bei gleichem Gebührenniveau sich die Überschüsse im Fernsprechwesen noch wesentlich steigern ließen.

      (Beifall bei der SPD.)

      Bei einer zusätzlichen Investition im Fernmeldewesen von 1 Milliarde DM in den nächsten Jahren könnten die Steigerungsraten für die Umsätze verdoppelt werden. Die hierbei anfallenden Überschüsse würden ausreichen, um eine Ausgabendeckung einschließlich des Kapitaldienstes durch die Einnahmen sicherzustellen. Die Bundesregierung ist diesen Weg nicht gegangen.
      Die von ihr gegen jeden sachverständigen Rat vorgenommene Fernsprechgebührenerhöhung läßt den Schluß zu, daß sie sich auch über die Grundsätze einer Gebührenpolitik keine Gedanken gemacht hat.

      (Abg. Schulhoff: Das ist übertrieben!)

      — Aber, Herr Kollege, darf ich Ihnen in Ihrer Eigenschaft als stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats in Erinnerung rufen: die ganze Diskussion in diesem meines Erachtens sachverständigen Gremium zu der Frage der Limitierung einer eventuellen Gebührenerhöhung im Fernsprechwesen — —

      (Zuruf von der Mitte: Aber Sie waren doch auch für eine Erhöhung von 16 auf 18 Pf!)

      — Da irren Sie sich gewaltig! Darf ich Ihnen noch einmal präzis die Haltung der Vertreter der SPD im Postverwaltungsrat darstellen. Die Vertreter der SPD-Bundestagsfraktion im Verwaltungsrat waren gegen jede Gebührenerhöhung, solange im Haushalt der Deutschen Bundespost Teile enthalten sind, die dort systemwidrig aufgeführt sind und nach ihrer Art in den Bundeshaushalt gehören.

      (Beifall bei der SPD. — Widerspruch bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Besold: Sie sind völlig allein geblieben!)

      — Da kann ich nur sagen: leider.

      (Abg. Müller-Hermann: Ich bin nur neugierig, wie Sie sich verhalten würden, wenn Sie in der Verantwortung wären!)

      — Ich danke Ihnen wirklich auch für diesen Zwischenruf. Wenn das keine richtige Haltung gewesen wäre, dann wäre zu beanstanden, daß der von Ihren Parteien gestellte Finanzminister dennoch erste Ansätze in dieser Richtung unternommen hat. Daß er nicht den großen Schritt getan hat, den wir für notwendig hielten, ist hier zu beklagen.

      (Abg. Dr. Müller-Hermann: Wir kommen noch darauf zurück!)

      — Ja!
      Seit zehn Jahren sind sich alle Fachleute darüber einig, daß die wirtschaftliche, besonders die finanzwirtschaftliche Entwicklung der Deutschen Bundespost eine Änderung der wirtschafts- und finanzpolitischen Grundsätze der Bundesregierung gegenüber der Bundespost notwendig macht. Es ist jedoch nichts geschehen. Der Bundesregierung fehlt es dabei nicht an sachverständigem Rat, sondern an dem Willen, auch ohne tagespolitisch bedingte Notwendigkeit zu handeln. Der Deutschen Bundespost fehlen auch für eine weitere technische Rationalisierung nicht die technischen Erkenntnisse und Erfolge, sondern die finanziellen Mittel, um diese Möglichkeiten zu nutzen.
      Es wäre in erster Linie Sache der Regierungsparteien gewesen, daraus Folgerungen zu ziehen und ihren Postminister durch geeignete Gesetzesinitiativen zu unterstützen. Aus den in den letzten Jahren angekündigten Initiativen der CDU/CSU und der FDP kam inzwischen nur der Antrag auf Drucksache IV/2707 ans Licht, zu dem sich bislang — Herr Kollege Dr. Besold! — nur 39 Abgeordnete bekannt haben.

      (Abg. Börner: Hört! Hört!)

      Die Regierungsparteien schwiegen. Offenbar ist ihnen das Pulver verregnet. Die SPD-Bundestagsfraktion hatte bereits mit der Drucksache IV/2420 am 25. Juni 1964, also vor den Parlamentsferien, einen Antrag eingebracht, in dem die Bundesregierung ersucht wird, im Sinne übereinstimmender Auffassungen einen Entwurf zur Novellierung des Postverwaltungsgesetzes vorzulegen. Auch heute noch sind wir der Auffassung, daß dieses Verfahren im wohlverstandenen Interesse aller gelegen hätte. Die Bundesregierung und die Sprecher der Regierungsparteien waren der Meinung, aus ihren eigenen Schwierigkeiten schließen zu können, daß die SPD-Bundestagsfraktion nicht in der Lage sei, einen Gesetzentwurf auszuarbeiten, mit dem eine gesunde Grundlage für die deutsche Bundespost geschaffen würde.

      (Abg. Dr. Müller-Hermann: So schwach schätzen wir Sie gar nicht ein!)

      — Das wurde hier ausgeführt. Ich bitte, das in den Ausführungen des Herrn Bundespostministers nachzulesen.
      Der Entwurf liegt Ihnen nunmehr mit der Drucksache IV/2782 vor. Ich darf — Ihr Einverständnis
      7400 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 150. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Dezember 1964
      Gscheidle
      vorausgesetzt — die Begründung zu den einzelnen Punkten zu Protokoll geben und darauf verzichten, sie hier vorzutragen. Sie erscheint mir für die Beratung im Ausschuß zweckdienlich. Was aus dem Gesetzestext nicht erkennbar ist, kann dann der Begründung entnommen werden.
      Wir wollen keinen Irrtum aufkommen lassen. Auch wenn unser Gesetzentwurf Gesetz wird, sind zukünftig bei unserer derzeitigen wirtschaftlichen Entwicklung Gebührenerhöhungen auf Dauer nicht ausgeschlossen.

      (Abg. Schulhoff: Na also!)

      Aber sie werden selbst dann, wenn sie notwendig sind, im Gegensatz — und das ist jetzt entscheidend — zu der von Bundesregierung zu vertretenden Fernsprechgebührenerhöhung auf Grund dieser gesetzlichen Konzeption und unserer Vorstellungen zur Gebührenpolitik den Charakter einer Gebühr unangetastet lassen und nicht zu einer zusätzlichen Steuer führen.

      (Beifall bei der SPD.)

      Zeitpunkt, Art und Umfang einer Gebührenerhöhung würden dann beweisbar und damit nachprüfbar sein und nicht den falschen Kunden bei der Bundespost treffen.
      Ich darf Sie im Namen der SPD-Bundestagsfraktion um Überweisung unseres Antrages an die zuständigen Ausschüsse bitten und der Hoffnung Ausdruck geben, daß eine schnelle und sorgfältige Beratung im Interesse der Deutschen Bundespost, ihrer Kunden und der bei ihr Beschäftigten möglich sein wird.

      (Beifall bei der SPD.)