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ID0412908500

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    4. Herr: 1
    5. Abgeordneter: 1
    6. Schultz.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 129. Sitzung Bonn, den 5. Juni 1964 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr. Furler 6255 A Abg. Dr. Stammberger tritt von der Fraktion der FDP zur Fraktion der SPD über 6255 A Fragestunde (Drucksache 2280) Fragen des Abg. Strohmayr: Gesetzliche Vorschriften gegen den Verpackungsschwindel Dr. Langer, Staatssekretär . 6255 B, C, D, 6256 A, B, C Strohmayr (SPD) . . . 6255 C, D, 6256 A Frau Dr. Kiep-Altenloh (FDP) . . 6256 B, C Porzner (SPD) . . . . . . . . . 6256 B Fragen .des Abg. Reichmann: Abfertigung an den Grenzübergängen nach der Schweiz und Frankreich Grund, Staatssekretär . . . . . . 6256 D Fragen des Abg. Seuffert: Tarifmerkmale für Bitumen . . . . . 6257 A Frage des Abg. Sänger: Kontrollstelle Lauenburg am Zonenübergang Grund, Staatssekretär 6257 B, C Sänger (SPD) 6257 C Frage des Abg. Ritzel: Steuerfreiheit für das „Deutsche Kulturwerk europäischen Geistes" Grund, Staatssekretär 6257 D, 6258 A, B, C, D, 6259 B Ritzel (SPD) 6258 A, B Könen (Düsseldorf) (SPD) . . 6258 C, D, 6259 A Frage des Abg. Ritzel: Auswirkungen der Steuersenkungspläne auf Länder und Gemeinden Grund, Staatssekretär 6259 C, D Ritzel (SPD) 6259 C, D Frage des Abg. Stooß: Bietgenehmigung bei Zwangsversteigerungen landwirtschaftlicher Grundstücke Hüttebräuker, Staatssekretär 6260 A, C, D Stooß (CDU/CSU) 6260 B, C Dröscher (SPD) 6260 D Fragen des Abg. Weigl: Richtlinien für den „Grünen Plan" Hüttebräuker, Staatssekretär . . 6261 A, B Fragen des Abg Dr. Sänger: Preis eines an die Bundespost verkauften Grundstücks in Gülzow Bornemann, Staatssekretär . . . 6261 C, D II Deutscher Bundestag - 4. Wahlperiode — 129. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Juni 1964 Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 5. August 1963 über das Verbot von Kernwaffenversuchen in der Atmosphäre, im Weltraum und unter Wasser (Drucksache IV/ 1682); Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses (Drucksachen IV/ 2286, zu IV/ 2286) — Zweite und dritte Beratung — Dr. Gradl (CDU/CSU) 6262 A Wehner (SPD) 6265 B Schultz (FDP) 6269 A Dr. Barzel (CDU/CSU) 6270 C Dr. Schröder, Bundesminister . . 6271 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung (CDU/CSU, FDP) (Drucksache IV/ 1822); Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksachen IV/ 2235, zu IV/ 2235) — Zweite Beratung — 6273 A Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über die Vorschläge der Kommission der EWG für eine Richtlinie des Rats über den Verkehr mit Betarübensaatgut, eine Richtlinie des Rats über den Verkehr mit Futterpflanzensaatgut, eine Richtlinie des Rats über den Verkehr mit Getreidesaatgut, eine Richtlinie des Rats über den Verkehr mit Pflanzkartoffeln, eine Richtlinie des Rats über den Verkehr mit forstlichem Vermehrungsgut (Drucksachen IV/ 2030, IV/ 2276) ; in Verbindung mit .dem Schriftlichen Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über die Änderung der Anlage zur Verordnung Nr. 19 des Rats (Drucksachen IV/ 2272, IV/ 2283) ; dem Schriftlichen Bericht des Außenhandelsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über Ausnahmeregelungen betr. die Einfuhr von Reis und Bruchreis aus den assoziierten afrikanischen Staaten und Madagaskar sowie aus den überseeischen Departements der Französischen Republik (Drucksachen IV/ 2266, IV/ 2291); dem Schriftlichen Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Dritte Richtlinie zur Durchführung des Artikels 67 des Vertrages (Drucksachen IV/ 2187, IV /2282, zu IV/ 2282) ; und dem Schriftlichen Bericht des Wirtschaftsausschusses über .den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Erste Richtlinie des Rats betr. die Beteiligung der Unternehmer an der Vergabe und Ausführung von Bauvorhaben für Rechnung des Staates usw. (Drucksachen IV/ 2119, IV/ 2292, zu IV/ 2292) 6273 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . 6274 C Berichtigungen 6274 Anlage 6275 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 129. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Juni 1964 6255 129. Sitzung Bonn, den 5. Juni 1964 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Berichtigungen Es ist zu lesen: 126. Sitzung Seite 6142 C Zeile 16 statt „Bundesversicherungsanstalt" : Bundesversicherungsamt. 128. Sitzung Seite IV linke Spalte Zeile 4 statt „Fünften" : Zweiten. Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Arndt (Berlin) 30. 6. Dr. Aschoff 5. 6. Bading 5. 6. Bäuerle 5. 6. Bazille 12.6. Dr. Birrenbach 5. 6. Fürst von Bismarck 5.6. Frau Blohm 5.6. Frau Brauksiepe 5. 6. Dr. Brenck 5. 6. Dr. von Brentano 4. 7. Brünen 5. 6. Busch 5. 6. ,Diebäcker 5. 6. Drachsler 5.6. Etzel 5. 6. Fielder 10.6. Figgen 5. 6. Dr. Dr. h. c. Friedensburg 5.6. Dr. Fritz (Ludwigshafen) 5. 6. Frau Funcke (Hagen) 5.6. Frau Geisendörfer 5.6. Dr. h. c. Güde 5. 6. Dr. Hamm (Kaiserslautern) 16.6. Dr. Harm (Hamburg) 4. 7. ,Häussler 5. 6. Herberts 8. 6. Dr. Hesberg 5. 6. Wöhmann (Hessisch Lichtenau) 27. 6. Horn 5. 6. Frau Dr. Hubert 5.6. Illerhaus 5.6. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. h. c. Jaksch 6. 6. Kemmer 5. 6. Kohlberger 5. 6. Frau Dr. Kuchtner 4. 7. Leber 5. 6. Dr. Löbe 5. 6. Dr. Lohmar 5.6. Lücker (München) * 5.6. Maier .(Mannheim) 5.6. Mauk* 5.6. Menke 30. 6. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 5.6. Dr. von Merkatz 5. 6. Dr. h. c. Dr. Ing. E. h. Möller 5. 6. Freiherr von Mühlen 5.6. Neumann (Allensbach) 5.6. Dr.-Ing. Philipp 5. 6. Pöhler 6. 6. Rademacher 5. 6. Richarts* 5. 6. Dr. Rinderspacher 5. 6. Dr. Rutschke 5. 6. Sander 5.6. Schulhoff 5. 6. Dr. Serres 5. 6. Seuffert 5. 6. Stein 5. 6. Stiller 5.6. Dr. Stoltenberg 5.6. Frau Strobel* 5. 6. Wegener 13. 6. Weinkamm* 5. 6. Wieninger 5. 6. Windelen 5.6. Wischnewski 13. 6. Frau Zimmermann (Brackwede) 5.6. b) Urlaubsanträge Strauß 18.6.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    daß nach vielen Jahren bestimmter Erwartungen gewisse neue Elemente in die weltpolitische Situation gekommen sind, was mehrere Folgen hat, wie er damals sagte, einmal, daß es etwas dauere, bis es alle realisiert hätten, und es dann notwendig macht, eine Situation zu überprüfen. Es sei manchmal schwer, sie zu überprüfen. Es sei jedenfalls ganz sicher so, daß es in Deutschland augenblicklich eine ganze Menge Leute gebe, die die Dinge bisher im Grunde einfacher gesehen hätten, aus gutem Willen, nicht aus Bosheit, und daß sie nun dazu kommen müßten, sie so differenziert und so schwierig zu sehen, wie sie wirklich seien. Das erfordere einen Umstellungsprozeß, und in diesem seien wir. So damals bei der ersten Lesung.
    Ich glaube, daß die deutsche Politik nicht umhin kommt, schließlich klarzumachen, daß sie sich entschieden hat oder auf dem Wege ist, sich zu entscheiden. Es handelt sich darum, wie es kürzlich einmal ein sehr kluger Diplomat hier in Bonn gesagt hat, sich zwischen zwei sehr unterschiedlichen Auffassungen über die Lösungsversuche für die derzeitigen Probleme der Ost-West-Beziehungen zu entscheiden. Als den einen bezeichnete er die geduldige Suche nach möglichen Gebieten der Übereinstimmung, seien sie auch noch so klein. Er beruhe auf dem Glauben, die Lösung selbst kleiner Meinungsverschiedenheiten sei an sich schon lohnend und könne den Boden für die spätere Lösung größerer Schwierigkeiten bereiten, während der andere Kurs auf die Weigerung hinauslaufe, angesichts des Fehlens von Fortschritten in Richtung auf eine Lösung der Zentralprobleme zwischen Ost und West überhaupt irgendwelche Regelungen zu treffen. Er beruhe auf dem Glauben, ein allgemeiner Spannungszustand der Weltpolitik übe einen nützlichen Druck aus, der den Osten schließlich zum Einlenken in den großen Fragen veranlassen dürfte.
    Der Diplomat hat als seine Ausgangsthese bezeichnet, daß mit zunehmender Ost-West-Spannung die Positionen nur immer mehr zu erstarren drohen, sowohl was das Grundsätzliche als auch was die eigentliche Durchführung der Politik angeht. Damit würden die Aussichten für eine Verbesserung der Lage geringer und hoffnungsloser.
    Wenn aber diese Spannung nachläßt, verlieren die Positionen an Starrheit; die Gelegenheiten für eine Verbesserung der Lage vervielfachen sich und bringen neue Hoffnungen mit sich, -- wenngleich wir nicht hoffen dürfen, die Spannungen beseitigen zu können, ehe wir nicht ihre Ursachen beseitigt haben. Die Verringerung der Spannungen vermag dazu beizutragen, den Zielen der westlichen Alliierten näherzukommen.
    Wenn das eine Auffassung ist, mit der wir bei unseren Freunden ernsthaft rechnen dürfen — und wir dürfen es —, dann sollten wir diesen Weg auch ohne Vorbehalte zu gehen suchen und ohne den Eindruck zu machen, daß wir an jeder Ecke besondere Mahnungen oder Feststellungen zu treffen hätten, es sei ja bisher nichts erreicht.
    Angesichts der Reise des Herrn Bundeskanzlers und weiterer bevorstehender wichtiger Gespräche wollen wir Sozialdemokraten, die wir Ihrer Regierung, Herr Bundeskanzler, nicht angehören, versichern und erklären, was vielleicht für das Klima oder für die öffentliche Meinung in den in Frage kommenden Ländern gut oder nützlich sein kann. Wenn unser Volk — so sehen wir es — sich für die friedliche Lösung der deutschen Frage einsetzt und sich um sie bemüht, so will es damit nicht die Bemühungen um die Minderung der Spannungen stören, sondern zur Minderung der Spannungen muß schließlich die friedliche Lösung der deutschen Frage gehören.
    Für uns selbst und für unsere Freunde im Ausland und für alle die Menschen, die vom Recht auf Selbstbestimmung der Nationen etwas halten und es nicht lediglich als eine Theorie benutzen, mag es bedeutsam sein, daß in dieser Frage auch die in



    Wehner
    Opposition zu Ihrer Regierung, Herr Bundeskanzler, stehende Fraktion dieses Hauses deutlich zu machen wünscht, wo sie zusammen auch mit Ihnen in gewissen Hauptfragen die Intentionen der deutschen Politik sieht und wie sie sie gedeutet haben will. Wenn wir Deutschen — das möchte ich auch angesichts bestimmter Debatten, die jetzt in der Öffentlichkeit geführt werden, von dieser Stelle aus deutlich machen — daran festhalten, daß wir das Recht auf Selbstbestimmung für das ganze deutsche Volk und auf Heimat für die aus ihrer ursprünglichen Heimat Vertriebenen mit friedlichen Mitteln durchsetzen wollen, so ist das etwas, an dem niemand vorbei- und über das niemand hinweggehen kann. Und unsere Freunde in der Welt — das entnehmen wir aus den Erklärungen auch des amerikanischen Präsidenten und seines Vorgängers — wollen nicht darüber hinweggehen.
    Es kommt sehr auf uns an, wie wir unser Recht und unseren Anspruch und die Vorschläge, aus Recht und Anspruch schließlich Schritte zur Verwirklichung werden zu lassen, anbringen und schließlich durchbringen. Für die deutsche Politik sind die Wiedervereinigung unseres Volkes und die noch ungelösten Probleme des deutschen Ostens keine Sonderprobleme der Mittel- oder der Ostdeutschen, sondern Probleme des ganzen deutschen Volkes. Wir teilen die Auffassung, die hier der Außenminister Ihrer Regierung, Herr Bundeskanzler, kürzlich vertreten hat. Unser Grundgesetz hält Norddeutsche und Süddeutsche, Westdeutsche, Mitteldeutsche und Ostdeutsche zusammen, damit sie in
    freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands vollenden. So ist das, was im Grundgesetz steht, für uns alle zu verstehen, und so wollen wir es anderen dolmetschen.
    Damit bedrohen wir niemanden, sondern bieten so beharrlich wie verständigungsbereit unsere Mitwirkung als gleichberechtigtes Glied in einem vereinigten Europa an. Solange Deutschland gespalten gehalten wird, so lange ist auch Europa zerrissen. Wir sollten sehen und sollten es anderen deutlichmachen, die mit uns in diesem Europa zusammenleben, und denen, die auf einen Prozeß zunehmender Vereinigung Europas hoffen und darauf warten und angewiesen sind: Europa will heute zueinander finden, ungeachtet der gegenwärtigen Schwierigkeiten, über die hier niemand zusätzlich unterrichtet werden muß. Jedenfalls ist die Isolierung weltanschaulich imprägnierter Blöcke in Europa nicht von Dauer. Das sieht man deutlich. Das 'sieht man in den osteuropäischen Ländern und darüber hinaus. Indem wir Deutschen unseren Beitrag leisten und uns um die Einigung Europas bemühen, dienen wir zugleich der Wiedervereinigung unseres Volkes.
    Wir haben die Aussöhnung mit unserem französischen Nachbarn von einer Herzenssache zu einer Angelegenheit der konkreten Politik gemacht. —Zugegeben: mit den Schwierigkeiten im Felde der konkreten Politik, über die man nicht leicht hinweggehen kann. Wir haben mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft das Gerüst für eine lebendige Völkergemeinschaft errichten helfen, die ungeachtet aller Schwierigkeiten, .die jetzt technische unid andere nicht unwichtige Einzelheiten hervorrufen, doch weitergehen wird. Wir sind offen und sind bereit für ;den Ausgleich mit unseren Nachbarn in allen Himmelsrichtungen. Wir haben in der Praxis schon staatliche Hoheitsrechte auf Übernationale Gemeinschaften unid Institutionen übertragen. Wenn ich die Haltung, die wir nach, dem Grundgesetz in der Praxis einnehmen, richtig dolmetsche — ohne damit für andere sprechen zu können, die nicht meiner Fraktion angehören —, so meine ich: Idas ist etwas, was eigentlich uns allen gemeinsam ist. Wir sind wohl bereit, diesen Weg fortzusetzen. Das ist unsere Absage an den Rückfall in nationalstaatliche Rivalitäten, Konflikte der wie die Begriffe, die man jetzt aus dem :19. Jahrhundert wieder in diese Zeit hineinversetzen unid wirksam machen will — Revanchismus u. ä. — lauten.
    Nicht biereit sind wir lediglich zu einem Verzicht auf Menschenrechte für einen Teil unseres Volkes. Nicht bereit sind wir zur Kapitulation der Menschenrechte vor der Gewalt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Dazu sind wir nicht bereit, und das ist etwas, wodurch wir ein ,Glied im Westen sind, das sich von anderen nicht unterscheidet. Das ist dem Westen gemeinsam, wenn es auch zeitweilig verdunkelt zu sein scheint.
    Für uns ist die )deutsche Wiedervereinigung nicht einfach Tagespolitik oder Taktik, auch nicht Anspruch auf die Rechte anderer Menschen und Nationen. Das Ziel ist vielmehr, als freie Bürger mit freien Bürgern anderer Nationalitäten in Europa gutnachbarlich 'zusammenleben zu können. Insofern glauben wir, daß wir uns mit dem treffen, was der verstorbene Präsident Kennedy unid sein Nachfolger im Zusammenhang mit ihren Bemühungen, die Spannungen abzubauen, die Gefahr eines Krieges zu mindern und Rechte zu verwirklichen zu helfen, ausdrücklich erklärt haben. Das sollten wir bei dieser Gelegenheit nicht unterschätzen.
    Ohne Sie noch einmal mit den Texten zu belasten, möchte ich doch darauf hinweisen, daß meine Fraktion die Auffassung nicht teilt, daß durch die Einbeziehung ides sich unter sowjetischer Gewalt unid Kontrolle befindlichen deutschen Territoriums in das Teststopp-Abkommen die deutsche Frage berührt worden sei. Wir haben dazu die Erklärung sowohl des amerikanischen Präsidenten als auch des amerikanischen und des britischen Außenministers. Sie sind in der Begründung, die die Regierung dem Text des Ratifikationsgesetzes beigefügt hat, wiedergegeben worden. Ihre Bedeutung sollte nicht unterschätzt werden.
    Meine Damen und Herren, damit wollte ich die Zustimmung der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion zu diesem Gesetz begründen, das ein Stück in einer Kette notwendiger weiterer Maßnahmen zur Minderung der Spannung, zur Verhütung eines Krieges sein kann und damit auch, wenn wir es richtig verstehen und mit unseren Freunden zusammenarbeiten, zur schließlichen Lösung der Ursachen der Spannung in unserem Bereich führen und dazu mithelfen kann.

    (Beifall bei der SPD.)






Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Schultz.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Fritz-Rudolf Schultz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor einigen Wochen war es noch keineswegs sicher, daß dieses Hohe Haus mit dem Einverständnis und der Zustimmung aller Fraktionen heute den Gesetzentwurf zu dem Vertrag über das Verbot von Kernwaffenversuchen abschließend würde beraten können. Die Fraktion der Freien Demokraten bedauert, daß überhaupt in der Öffentlichkeit der Eindruck entstehen konnte, als gäbe es im Deutschen Bundestag eine starke Gruppe von Politikern, die zumindest eine Verzögerung der Ratifizierung anstrebten. Der Vorsitzende unserer Fraktion, unser Freund von Kühlmann-Stumm, hat vor 14 Tagen in einer Erklärung noch einmal den festen Willen der FDP-Fraktion bekräftigt, diesen Gesetzentwurf ohne Hinzufügung und damit ohne Einschränkung noch vor der Reise des Bundeskanzlers in die Vereinigten Staaten zu verabschieden.
    Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sind es unseren amerikanischen Bündnispartnern schuldig, daß wir diese abschließende Debatte heute führen. Wir als gewählte Vertretung des deutschen Volkes im freien Teil unseres Vaterlandes unterstreichen damit, daß wir die Politik des Ausgleichs und der Entspannung, die der unvergessene Präsident John Kennedy mit so großem Weitblick eingeleitet hat, nach Kräften unterstützen. Wir Freien Demokraten hoffen, daß der Kurs der Bundesregierung, der in der Regierungserklärung des Bundeskanzlers im Oktober vergangenen Jahres klar umrissen worden ist, gerade heute mit der Abstimmung über den vorliegenden Gesetzentwurf weithin sichtbar bestätigt wird.
    Es ist wohl ein müßiger Streit um Worte, wenn heute darüber debattiert wird — lassen Sie mich damit mich mit der Kritik auseinandersetzen, die im Laufe der Ratifizierungstätigkeit des Deutschen Bundestages mit diesem Gesetzentwurf verbunden worden ist —, ob man die heutige deutsche Außenpolitik als neue Politik bezeichnen solle oder ob sie eigentlich die alte Politik sei. Ich meine, wir könnten uns darauf einigen, daß es auf jeden Fall eine andere Politik ist, nämlich eine Politik, die sich bemüht, die Wandlungen der Welt in ihr Kalkül einzubeziehen, die Zukunft im Auge zu behalten, im weltpolitischen Kräftespiel die deutsche Sache behutsam, aber aktiv zu vertreten. Gemeinsam mit unseren Verbündeten müssen wir den Freiheitswillen stärken und jede Gelegenheit zu einem friedlichen Ausgleich nutzen.
    Wir halten es für sehr nützlich und ermutigend, daß die deutsche Außenpolitik die osteuropäischen Staaten als Operationsfeld wieder entdeckt hat und daß damit deutlich wird, daß es nicht mehr nur einen monolithischen Osten, einen „Ostblock" gibt. Dieses Abkommen ist von uns immer als ein erster Schritt, als der mögliche Auftakt für dringend erwünschte Abrüstungsvereinbarungen betrachtet worden, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wir bedauern, daß der moralische Wert dieses Abkommens in die Gefahr geraten ist, zerredet zu werden.
    Auch Kritik, so glauben wir, hat zwischen möglichem Nutzen und wahrscheinlichem Schaden abzuwägen. Ich hoffe, ich täusche mich, aber ich fürchte ein wenig, daß manche mögliche positive Entwicklung noch nicht genutzt worden ist, weil manche westliche Politiker, darunter leider auch Landsleute von uns, ihrer Lust an kritischen Konstruktionen und Einwendungen zu sehr gefrönt haben. Da sind wir z. B. vor einigen Monaten fast endlos mit Behauptungen traktiert worden, daß die sowjetisch besetzte Zone durch dieses Abkommen gewissermaßen aufgewertet werde, und zwar im Sinne einer Anerkennung. Der Herr Bundesaußenminister hat dieser These schon in der ersten Lesung widersprochen. Der amerikanische Außenminister Rusk hat für seinen Teil diesen Punkt eindeutig in unserem Sinne interpretiert und geklärt. Ich darf darauf hinweisen, daß immerhin 106 Staaten, darunter die Bundesrepublik Deutschland, das Abkommen beiderseitig hinterlegt haben, nämlich in Washington und in Moskau. Zwei Unterzeichner dagegen haben nur einseitig hinterlegt, nämlich Formosa in Washington und die Sowjetzone in Moskau. Dieser Tatbestand ist absolut eindeutig, und wir glauben, daß an ihm gar nicht herumkritisiert werden kann. Gerade durch diese einseitige Hinterlegung in den beiden genannten Fällen wird auch der Rangunterschied zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetzone vor aller Welt demonstriert und zugleich von aller Welt akzeptiert.
    Ich hätte mir gewünscht, daß dieser Gesichtspunkt von den Kritikern unserer Außenpolitik und unserer Deutschlandpolitik einmal beachtet worden wäre. Aber manchmal habe ich den Eindruck, daß nur die Argumente genommen werden, die eine vorgefaßte Meinung unterstützen, auch wenn die Tatsachen andere Schlüsse erzwingen. Wir Freien Demokraten fragen uns oft, ob hier nicht eine Spezialmischung von mangelndem Selbstvertrauen und eingefleischter Rechthaberei im Spiele ist. Ich darf in diesem Zusammenhang übrigens daran erinnern, daß es einmal eine Außenministerkonferenz gegeben hat — im Jahre 1959 —, an der ein Mitglied der Pankower Regierung teilgenommen hat, und zwar mit Zustimmung dieses Hohen Hauses. Es war die Außenministerkonferenz in Genf. Ich glaube, sagen zu dürfen, daß manche unserer Kollegen hier in diesem Hause sich daran heute nicht mehr erinnern. Wir haben nicht den Eindruck, daß aus den Ereignissen des Jahres 1959 eine völkerrechtliche Aufwertung der Sowjetzone hergeleitet worden wäre oder hergeleitet werden könnte. Warum sind wir jetzt so zimperlich? Warum jetzt der Versuch, abschwächende Einfügungen im Ratifizierungsgesetz vorzunehmen? Man muß die Frage stellen, weil man hier glaubt, einen Mangel an Konsequenz erblicken zu dürfen.
    Nun zu einem anderen Einwand, zu dem noch etwas zu sagen mir nützlich scheint. Da kommen Kritiker und sagen, man hätte doch bei dieser Gelegenheit, beim Abschluß dieses Abkommens eine irgendwie geartete Kopplung mit der deutschen Frage erreichen können. Das ist an sich ein kluger Gedanke. Die Frage ist nur, ob er mit der Wirklichkeit konfrontiert werden kann. Wir Freien Demo-



    Schultz
    kraten stehen, glaube, ich, nicht im Verdacht, die deutsche Frage vernachlässigen zu wollen, und wir haben den Vorwurf auch noch von niemandem gehört. Aber ich glaube, weil wir Realisten sind, wissen wir auch, daß sich gerade die Position für die deutsche Sache eher verschlechtert hätte, wenn wir in einer Art Trotzreaktion dieses Teststoppabkommen unbedingt mit unseren Fragen hätten koppeln wollen.
    Andererseits ist es erstaunlich, daß es Kritiker gibt, die eine solche Kopplung verlangen und gleichzeitig das ganze Abkommen bemäkeln. Auch hier scheint mir die Logik zu fehlen. Wenn das Abkommen, grob gesprochen, nichts taugen sollte, warum sollte dann mit ihm gerade in der Deutschlandfrage etwas erreicht werden können? Meiner Auffassung nach verhält sich in Wahrheit die Sache so, daß jedenfalls der moralische Wert dieses Abkommens die Chancen für eine Verbesserung der deutschen Situation vergrößert hat, und ich glaube, ein Rückblick auf die letzten Monate lehrt, daß sich im Gefolge dieses Abkommens die Situation in Deutschland und Berlin zumindest nicht verschärft hat. Gerade das gibt uns die Hoffnung, daß wir durch eine kluge Politik die permanente Gefahr in Mitteleuropa eindämmen und der Freiheit am Ende doch zum Siege verhelfen können.
    Die Geschichte dieses Abkommens ist lehrreich, wenn man überhaupt daran glaubt, daß man aus der Geschichte etwas lernen kann. Jedenfalls ziehen wir die Nutzanwendung daraus, daß man internationale Konferenzen wie z. B. die Genfer Abrüstungskonferenz prinzipiell für eine gute Sache halten soll, weil sie, wie die Amerikaner sagen, eine Maschinerie sind, die man im günstigen Moment rasch und wirksam für sich arbeiten lassen kann. Gerade aus dieser Erkenntnis heraus vertreten wir Freien Demokraten die Meinung, daß eine ständige Vier-MächteDeutschlandkonferenz für unsere deutsche Sache und damit auch für die Sache der Freiheit und des Weltfriedens nur vorteilhaft sein kann. Wir sind der Auffassung, daß diese Initiative in der deutschen Frage gerade jetzt sinnvoll und möglich erscheint, weil mit dem Atomteststoppabkommen ein Zeichen des besseren Willens zur Verständigung gegeben ist.
    Diese Initiative scheint uns auch dringend geboten zu sein, weil auf uns die Sorge lastet, daß durch Umstände, die wir heute im einzelnen vielleicht noch gar nicht kennen, auch wir in Mitteleuropa morgen am Abgrund des Krieges stehen könnten. Es ist Aufgabe der deutschen Politik, die Siegermächte des zweiten Weltkrieges stets und unablässig darauf hinzuweisen, daß es ohne dauerhafte Lösung des Berlin- und Deutschlandproblems keine Sicherung des Friedens in Europa geben kann. Das deutsche Problem muß behandelt werden, und es muß gelöst werden. Es wäre verheerend, wollte man so lange warten, bis sich Ereignisse der Jahre 1953 und 1956 in Mitteleuropa wiederholen.
    Wir wissen recht genau, wie groß die Sorgen gerade unserer amerikanischen Verbündeten wegen der Entwicklungen in Südostasien sind. Wir kennen die Gefahren, die sich in Kuba und darüber hinaus in ganz Lateinamerika entwickelt haben oder noch entwickeln können. Die schreckliche Zypern-Frage ist uns durchaus gegenwärtig. Gerade deswegen beschwören wir die verantwortlichen Staatsmänner der Welt, in der deutschen Frage jetzt zu handeln, damit nicht auch wir eines Tages sagen müssen, es sei zu spät gewesen.
    Das hier erörterte Abkommen kann auch für die deutsche Sache eine günstigere Ausgangsposiiton schaffen. Wir sind sicher, daß der Herr Bundeskanzler nicht versäumen wird, die Gesichtspunkte, die heute hier zur Erörterung gekommen kind, bei seinen Gesprächen mit Präsident Johnson in der kommenden Woche gebührend hervorzuheben.
    Die Freie Demokratische Partei stimmt dem Gesetzentwurf zu.

    (Beifall bei der FDP.)