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ID0411232500

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    Deutscher Bundestag 112. und 113. Sitzung Bonn, den 7. Februar 1964 Inhalt: 112. Sitzung Erweiterung der Tagesordnung . . . . 5141 A Fragestunde (Drucksachen IV/1889, IV/1884) Frage des Abg. Dr. Müller-Emmert: Vorstellungen gegen Erörterungen im 2. Untersuchungsausschuß Höcherl, Bundesminister . . . . 5141 C, D, 5142 A, B, C, D, 5143 A, B Dr. Müller-Emmert (SPD) 5141 D, 5142 A Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 5142 A, B, 5143 A Dr. Schäfer (SPD) 5142 B Erler (SPD) 5142 C, D Jahn (SPD) 5142 D Frage des Abg. Dr. Müller-Emmert: Mitteilungen über angebliche Vorstellungen gegen Erörterungen im 2. Untersuchungsausschuß Höcherl, Bundesminister . . 5143 B, C, D, 5144 A, B Dr. Müller-Emmert (SPD) . . . 5143 B, C Dr. Schäfer (SPD) 5143 C, D Dr. Dr. Heinemann (SPD) 5143 D, 5144 A Erler (SPD) . . . . . . . . . 5144 A Frage des Abg. Dr. Müller-Emmert: Mitteilung des Bundesministeriums des Innern über die Memoranden der amerikanischen und der britischen Botschaft Höcherl, Bundesminister . . . 5144 B, C, D, 5145 A, B, C, D, 5146 A, B, C, D Dr. Müller-Emmert (SPD) . . . 5144 B, C Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . 5144 C, D Dorn (FDP) . . . . 5144 D, 5145 A, B Jahn (SPD) 5145 B Sänger (SPD) 5145 C, 5146 D Dr. Mommer (SPD) 5145 C, D Erler (SPD) 5145 D, 5146 A Dr. Schäfer (SPD) 5146 A, B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . 5146 B, C Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Schreiben des Bundesministers des Innern an den Vorsitzenden des 2. Untersuchungsausschusses Höcherl, Bundesminister . 5147 A, B, C, D, 5148 A Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 5147 A, B Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . 5147 B, C Dr. Mommer (SPD) 5147 D Erler (SPD) 5147 D II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 112. und 113. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Februar 1964 Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Veröffentlichungen über den Brief an den Vorsitzenden des 2. Untersuchungsausschusses Höcherl, Bundesminister . 5148 A, B, C, D, 5149 A, B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 5148 A, B Dr. Schäfer (SPD) 5148 B, C Dr. Dr. Heinemann (SPD) . . . 5148 D Dr. Mommer (SPD) 5149 A Erler (SPD) 5149 B Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Mitteilung des Bundesministeriums des Innern vom 28. Januar 1964 Höcherl, Bundesminister . . . . . 5149 C Vizepräsident Schoettle . . . . . 5149 C Frage des Abg. Dr. Schäfer: Weitergabe von Mitteilungen über Vorstellungen der Alliierten Höcherl, Bundesminister . . . . . 5149 D, 5150 A, B, C Dr. Schäfer (SPD) . . 5149 D, 5150 A, B Jahn (SPD) 5150 B, C Frage des Abg. Dr. Schäfer: Informierung über den Schritt der Alliierten Höcherl, Bundesminister . . . . 5150 C, D, 5151 A, B Dr. Schäfer (SPD) . . . . . . . 5150 D Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 5151 A Frage des Abg. Erler: Weitergabe vertraulicher Anfragen von Botschaften Höcherl, Bundesminister . . 5151 B, C, D, 5152 A, B, C Erler (SPD) 5151 C, 5152 A Dr. Schäfer (SPD) 5152 A, B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 5152 A Fragen des Abg. Dr. Ramminger: Abschöpfungsbeträge für Einfuhren von Agrarprodukten Schwarz, Bundesminister 5152 D, 5153 A Dr. Ramminger (CDU/CSU) 5152 D, 5153 A Fragen des Abg. Saxowski: Preise für Rindfleischkonserven Schwarz, Bundesminister . 5153 B, C, D, 5154 A, B Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . 5153 C, D Frehsee (SPD) . . . . 5153 D, 5154 A Kurlbaum (SPD) 5154 A Frage des Abg. Leicht: Forschungsinstitut für Rebenzüchtung Geilweilerhof Schwarz, Bundesminister . . . . 5154 B Fragen des Abg. Dr. Rinderspacher: Verringerung der Zahl der Handelsplätze in Südbaden Schwarz, Bundesminister . . . . 5154 D, 5155 A, B Dr. Rinderspacher (SPD) . . . . 5155 A, B Fragen des Abg. Kurlbaum: Preise für Margarine Schwarz, Bundesminister .5155 B, C, D, 5156 A Kurlbaum (SPD) 5155 C Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . 5156 A Entwurf eines Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder des Bundestages (Diätengesetz 1964) (CDU/CSU, SPD, FDP) (Drucksache IV/1893) — Erste Beratung — D. Dr. Gerstenmaier, Präsident des Deutschen Bundestages 5156 B, 5168 B Brese (CDU/CSU) . . . 5162 D, 5167 A Dr. von Haniel-Niethammer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 5164 A Dr. Böhm (Frankfurt) (CDU/CSU) 5164 B Zoglmann (FDP) 5165 C Dr. Besold (CDU/CSU) 5166 A Schulhoff (CDU/CSU) 5166 B Scheppmann (CDU/CSU) . . . . 5166 D Schultz (FDP) . . . . . . . . 5167 B Dr. Mommer (SPD) 5168 A Wehner (SPD) 5169 C Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über die Verringerung der Abschöpfungsbeträge gegenüber dritten Ländern für Schweine und einige Teilstücke von Schweinen für Einfuhren in der Zeit vom 15. Februar bis 31. März 1964 (Drucksachen IV/1880, IV/1906) . . 5169 D Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 112. und 113. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Februar 1964 III Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses über die Dritte Verordnung über die Verringerung von Abschöpfungssätzen bei der Einfuhr von Eiprodukten (Drucksachen IV/1726, IV/1907) . . . . 5170 A Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Berufsausbildungsgesetz (Drucksache IV/1748); in Verbindung mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Titels VII Abschnitt III der Gewerbeordnung (Berufsausbildung) (FDP) (Drucksache IV/539) — Erste Beratung — Folger (SPD) . . . . . . . . . 5170 A Schmücker, Bundesminister . . . . 5174 B Dr. Imle (FDP) . . . . . . . 5176 A Liehr (FDP) 5178 C Arndgen (CDU/CSU) 5182 C 113. Sitzung Zur GO Dr. Kohut (FDP) 5185 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Titels VII Abschnitt III der Gewerbeordnung (Berufsausbildung) (FDP) (Drucksache IV/539) — Fortsetzung der ersten Beratung — . . . . . 5173 B Zur GO Dr. Barzel (CDU/CSU) . . . . . 5185 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . 5185 D Anlage 5187 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 112. und 113. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Februar 1964 5141 112. Sitzung Bonn, den 7. Februar 1964 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Deutscher Bundestag - 4. Wahlperiode - 112. und 113. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Februar 1964 5187 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 8. 2. Arendt (Wattenscheid) 7. 2. Dr. Aschoff 7. 2. Bauer (Wasserburg) 7. 2. Bergmann* 7. 2. Frau Beyer (Frankfurt) 13. 2. Dr. Bieringer 7. 2. Dr. Birrenbach 7. 2. Böhme (Hildesheim) 7. 2. Börner 7. 2. Dr. von Brentano 21. 3. Brünen 20. 2. Dr. Burgbacher 7. 2. Corterier 8. 2. Dr. Deist 7. 2. van Delden 16. 2. Ehren 22. 2. Eisenmann 14. 2. Etzel 7. 2. Even (Köln) 29. 2. Dr. Dr. h. c. Friedensburg 7. 2. Dr. Furler 8. 2. Gaßmann 22. 2. Dr. Götz 7. 2. Freiherr zu Guttenberg 7. 2. Hammersen 7. 2. Dr. Harm (Hamburg) 26. 3. Hauffe 15. 3. Hilbert 8. 2. Höhne 20. 2. Hörauf 1. 3. Dr. Huys 8. 2. Illerhaus * 7. 2. Kahn-Ackermann 7. 2. Kalbitzer 8. 2. Dr. Kempfler 7. 2. Frau Kettig 8. 2. Klinker * 7. 2. Kraus 22. 2. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Kreitmeyer 14. 2. Kriedemann* 7. 2. Lemmer 7. 2. Lenz (Bremerhaven) 15. 2. Lenz (Brühl) * 7. 2. Dr. Löhr 7. 2. Maier (Mannheim) 7. 2. Dr. Mälzig 7. 2. Dr. von Merkatz 7. 2. Merten 7. 2. Mick 7. 2. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 15. 3. Müser 8. 2. Neumann (Allensbach) 7. 2. Opitz 7. 2. Peters (Norden) 7. 2. Dr.-Ing. Philipp 8. 2. Rademacher 7. 2. Rasner 7. 2. Ruland 21. 3. Dr. Schmidt (Offenbach) 7. 2. Schneider (Hamburg) 15. 2. Seibert 7. 2. Seidl (München) 7. 2. Spitzmüller 7. 2. Dr. Stoltenberg 7. 2. Storch* 7. 2. Dr. Süsterhenn 10. 2. Theis 29. 2. Dr. Toussaint 7. 2. Dr. Vogel 7. 2. Weber (Georgenau) 7. 2. Wegener 29. 2. Weinzierl 22. 2. Frau Welter (Aachen) 29. 2. Werner 14. 2. Windelen 7. 2. Wolf 7. 2. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Imle


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die Freien Demokraten darf ich den vorliegenden Gesetzentwurf begründen.
    Es gehört zu den wirklich bedauerlichen Begleitumständen der Diskussion um ein Berufsausbildungsgesetz, daß bisher die wichtigen Sachfragen im einzelnen nicht diskutiert worden sind. Man muß hierbei aber auch zugeben, daß die Entwicklung und Struktur des deutschen Berufsbildungswesens weiten Teilen der Öffentlichkeit — und ich wage zu behaupten: auch dieses Hauses — nicht ausreichend bekannt sind. Diese Unkenntnis bringt die Gefahr mit sich, daß Entscheidungen getroffen werden, die weniger von einer genauen Sachkenntnis als von bestimmten Interessen beeinflußt sind. Dazu gehört vor allem das Schlagwort von der veralteten Berufsausbildung in der gewerblichen Wirtschaft. Wer davon spricht, sieht das Lehrlingswesen meist in der Tradition einer im Mittelalter gewachsenen, ständisch gebundenen Einrichtung, die allmählich vom Handwerk auf die Industrie übertragen wurde.
    Natürlich und glücklicherweise hat diese Tradition bei uns ihre Rolle gespielt; aber im Unterschied zu anderen europäischen Ländern hat das deutsche Handwerk seine Ausbildungseinrichtungen aus der Gebundenheit des mittelalterlichen Zunftwesens bis zur Gegenwart weiterentwickeln und ihren Niedergang im 19. Jahrhundert überwinden können. Man hat in Deutschland deshalb immer gewußt, was Berufsbildung in Handel und Handwerk war. Es muß mit Befriedigung festgestellt werden, daß sich die Berufsausbildung im Handwerk in der Bundesrepublik, die zuletzt in der Handwerksordnung von 1953 geregelt wurde, in der ganzen Welt sehen lassen kann.
    Aber die Betriebslehre in Industrie und Handel — vor allem in der Industrie — ist etwas ganz Neues, auch wenn wir in der gewerblichen Wirtschaft ebenso wie im Handwerk von Lehrlingen und Lehrlingsrolle sprechen. Erst am Ende des letzten
    Jahrhunderts zeigte sich bei der Industrie das Interesse an einer eigenen Facharbeiterausbildung, vor allem im Bereich der Eisenverarbeitung und der Elektrotechnik. Dieser Entwicklung trägt die Novelle zur Gewerbeordnung von 1897 zum erstenmal, wenn auch vorsichtig, Rechnung. Sie bezieht sich zwar in der Hauptsache auf die handwerkliche Lehre, spricht aber in der allgemeinen Bestimmung auch von anderen Gewerbetreibenden, die Lehrlinge ausbilden. Die Masse der Facharbeiter wurde freilich nach wie vor vom Handwerk ausgebildet. Aber schon 10 Jahre später ergaben Erhebungen des preußischen Handelsministeriums, daß 59 v. H. der in der Industrie tätigen gelernten Facharbeiter auch in industriellen Betrieben ausgebildet wurden. In dieser Zeit begann also die betriebliche Lehre als Ausbildung in der industruiellen Produktion ganz allmählich eigene Gestalt anzunehmen.
    Wesentlicher als die Reform der Gewerbeordnung von 1897 war jedoch, daß das preußische Kammergesetz in demselben Jahr den Industrie- und Handelskammern die Befugnis verlieh, Anlagen und Einrichtungen, die die Förderung von Handel und Gewerbe sowie die geschäftliche Ausbildung, die Erziehung und den sittlichen Schutz der darin beschäftigten Gehilfen und Lehrlinge bezwecken, zu begründen, zu unterhalten und zu unterstützen. Der § 39 des preußischen Kammergesetzes wurde die Basis für die Selbstverwaltung der Wirtschaft auf dem Gebiet der Berufsausbildung. Es ist keine Übertreibung, wenn man sagt, daß diese heute so blaß erscheinende Bestimmung der Ausgangspunkt für den Ausbau des Lehrlingswesens in Industrie und Handel geworden ist.
    Schon 1911 befaßte sich der Deutsche Handelstag mit der Frage, ob die Industrie nicht selber zu Facharbeiterprüfungen schreiten müsse. Es wird Sie nicht wundernehmen, daß diese Diskussion um ein Berufsausbildungsgesetz damals, 1929, ganz ähnliche Züge wie die gegenwärtige Auseinandersetzung trug; Herr Kollege Folger hat das schon herausgestellt. Studiert man nämlich den damaligen Entwurf, so fällt auf, daß die eigentliche Schwäche der Forderung nach einem Gesetz darin lag, die Ordnung der betrieblichen Ausbildung in einen Exerzierplatz der sozialen Parität zu verwandeln. Zugleich zeigte sich aber auch — und daraus ist deshalb dem Gesetzgeber kein Vorwurf zu machen —, daß das damals geplante Gesetz nichts anderes tun konnte, als die Entwicklung bis zum Jahre 1929 zu fixieren.
    Die Wirtschaft hat damals den Gesetzentwurf mit dem Argument abgelehnt, er lasse der zukünftigen Entwicklung des beruflichen Ausbildungswesens zu wenig Raum. Wie richtig die Auffassung dieser Fachleute war, zeigten die kommenden Jahre; denn das betriebliche Ausbildungswesen, das uns heute so selbstverständlich vor Augen steht mit seinen Musterlehrverträgen, der Lehrlingsrolle, mit einer gezielten, durch eine Prüfung kontrollierten Ausbildung, hat sich erst in den dreißiger Jahren durchgesetzt.
    Von einem planmäßig geordneten, überbetrieblich organisierten Ausbildungswesen kann man exakt sogar erst seit 1935 sprechen; eine Leistung der
    Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 112. und 113. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Februar 1964 5177
    Dr. Imle
    wirtschaftlichen Selbstverwaltung. 1939 — um einige Zahlen zu nennen —, zu Beginn des 2. Weltkrieges, beteiligten sich 111 000 Personen an den Facharbeiterprüfungen; darüber hinaus wurden 115 000 Kaufmannsgehilfen geprüft. 1937 waren bereits 400 000 Lehrverhältnisse in den Lehrlingsrollen der Industrie- und Handelskammern erfaßt. Diese Entwicklung konnte zweifellos vom Gesetzgeber des Jahres 1929 nicht vorausgesehen werden. Sie zeigt aber darüber hinaus, daß die geordnete Berufsausbildung, wie sie uns heute vor Augen steht, viel jünger ist, als ihre Kritiker meinen. Sie ist — zieht man die Jahre des Weltkrieges und nach dem Zusammenbruch Deutschlands 1945 ab — nicht viel älter als 25 Jahre.
    Natürlich hat es seit Jahrzehnten in Deutschland Lehrlinge gegeben; aber die Geschlossenheit unseres Ausbildungswesens ist eben viel jüngeren Datums. Ich betone das nicht, um zu sagen, die heutige Berufsausbildung sei so vorzüglich, daß sie keiner Kritik bedürfe. Im Gegenteil, die Wirtschaft weiß selbst wohl am besten, wie schnell die Entwicklung weitergeht und daß gerade auf diesem Gebiet Aktivität notwendig ist.
    Auf der anderen Seite liegt es nicht in den Möglichkeiten des Gesetzgebers, den Fortschritt des Berufsbildungswesens der Wirtschaft durch Gesetzesrecht vorwegzunehmen. Es geht hier auch nicht um die Selbstverwaltung der Wirtschaft als ein Privileg, sondern um eine sachgemäße Lösung, um die Aufgabe, das Berufsausbildungswesen der Wirtschaft in seinem Fortschritt zu unterstützen, nicht aber darum, es restriktiv zu reglementieren.
    In der Aussprache wurde gesagt, daß man eine „große Lösung" suchen wolle, eine kleine ablehne. Dazu muß ich allerdings auch im Rahmen dieser Begründung etwas sagen. Gegen den Versuch, die Berufsausbildung gesetzlich zu perfektionieren — wohl auch fälschlich als „große Lösung" bezeichnet —, spricht folgendes.
    Die Verhältnisse in der gewerblichen Wirtschaft, der Landwirtschaft — Herr Minister, auch Sie wiesen darauf hin —, der Hauswirtschaft und anderen Berufsausbildungsbereichen sind notwendigerweise sehr verschiedenartig. Deshalb müssen die Leistungsträger der Berufsausbildung eigenständig organisiert sein, um den grundlegenden verschiedenen fachlichen Zielsetzungen Rechnung tragen zu können. Die tatsächlichen Unterschiede lassen sich auch durch ein Einheitsgesetz nicht beseitigen. Die gesetzlichen Bestimmungen sind zwar differenziert, sie sind aber in den jeweiligen Berufsausbildungsbereichen zusammenhängend geordnet. Dabei ergänzen sich gesetzliche Bestimmungen und autonome Regelungen der Leistungsträger der Berufsaublidung, so daß eine eigenständige Weiterentwicklung möglich ist.
    Ich könnte hier einige Beispiele für die notwendige Differenzierung der gesetzlichen Bestimmungen anführen, möchte aber aus dem Katalog nur das Gesetz zur Ordnung des Handwerks und die Verordnung über die Ausbildung von Matrosen auf Kauffahrteischiffen gemäß dem Seemannsgesetz herausnehmen und zu den anderen Dingen zunächst einmal nichts sagen. Diese keineswegs vollständige Übersicht würde zeigen, daß sich die bisherigen Regelungen aus sachlichen Notwendigkeiten entwikkelt haben. Würde man nun die eigenständigen Berufsausbildungsbereiche auflösen und durch ein einheitliches Gesetz unterbinden wollen, wäre eine absolute Rechtsverwirrung die Folge. Die sogenannte verwaltungsmäßige Zersplitterung der Zuständigkeiten im Gesamtbereich der Berufsausbildung ist nur das Spiegelbild der außerordentlich verschieden gelagerten sachlichen Bedürfnisse des Ausbildungswesens. Je weiter sich die Arbeitsteilung innerhalb der Wirtschaft entwickelt, um so stärkere Differenzierungen werden sich auch in den Anforderungen der Ausbildung und Weiterbildung ergeben.
    Dem entspricht dann auch die Untergliederung der Kompetenzen bei den Bundesministerien. Das Bundeswirtschaftsministerium ist zuständig für die gewerbliche Wirtschaft allgemein, das Bundesarbeitsministerium für Haushaltungs- und andere Berufe, das Bundesjustizministerium für Rechtsanwalts- und Notariatsangestellte, das Bundesinnenministerium für Verwaltungsberufe, das Bundesverkehrsministerium für Seeschiffahrt und Bundesbahn, das Bundespostministerium für Berufe im Postwesen und das Bundesverteidigungsministerium für verschiedene Fachberufe im Ausrüstungswesen der Bundeswehr. Das gleiche trifft für das Bundeslandwirtschaftsministerium und das Bundesgesundheitsministerium zu.
    Aus dieser Übersicht erklären sich wohl auch die bisherigen Schwierigkeiten bei der Gesetzesinitiative des Bundeskabinetts zur Novellierung der Gewerbeordnung. Dabei ist zu bedenken, daß z. B. das Bundesarbeitsministerium neben der Zuständigkeit für kleinere Berufsgruppen auch die Zuständigkeit für alle arbeitsrechtlichen Aspekte einschließlich des Jugendarbeitsschutzes beansprucht.
    Was mir aber sehr wesentlich zu sein scheint, ist die Tatsache, daß man durch eine Novellierung, wie sie hier vorgelegt wird, 96 % aller Lehrlinge erfaßt. Es bleibt nur eine kleine Gruppe von 4 % draußen, und man sollte nicht wegen der Regelung für diese Gruppe das Gesetz selbst hinausschieben. Ich möchte darauf hinweisen, daß der Bundestag am 27. Juni kein umfassendes Gesetz gefordert hat, sondern daß die Bundesregierung aufgefordert worden ist, den Entwurf eines Berufsausbildungsgesetzes vorzulegen.

    (Abg. Folger: Das schließt aber „umfassend" ein, Herr Dr. Imle!)

    — Nein, das steht nicht darin; das steht jetzt in Ihrer Großen Anfrage.

    (Abg. Behrendt: Heißt das Novellierung?)

    — Ich komme gleich darauf.
    Da aber wohl in diesem Hause Einigkeit darüber besteht, daß bestimmte Vorschriften gesetzlich neu geregelt werden müssen — der Minister und auch Sie haben das hier gesagt —, kann man diesem Anliegen auch durch eine moderne Novellierung der Gewerbeordnung, wodurch gleichzeitig Bestim-
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    Dr. Imle
    mungen des Handelsgesetzbuches überflüssig werden, Rechnung tragen.
    Ich muß allerdings auch folgendes sagen. Allein die Tatsache, daß sich die Bundesregierung bisher nicht zu einer umfassenden Regelung, zu einer großen Lösung durchringen konnte und daß sie die Schwierigkeiten übersieht, stellt uns vor die Notwendigkeit — die wir anerkennen; sonst hätten wir uns nicht seit Jahr und Tag um diese Dinge gekümmert —, hier doch eine Regelung zu treffen, damit wenigstens diese Dinge schon geklärt werden.
    Was die Frage betrifft, ob die Novelle noch verabschiedet werden kann, darf ich erklären, daß mir der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses dieses Hauses vor einigen Tagen noch erklärt hat, daß er das durchaus noch schaffen könne. Deswegen sollte uns hier eine konstruktive Zusammenarbeit zusammenführen.
    Noch kurz einige Worte über das, was mit dem Entwurf erreicht werden soll. Der wesentlichste Gedanke des Entwurfs ist der, daß an dem Grundsatz der betrieblichen Ausbildung festgehalten wird. Dieser vornehmlich betrieblichen Ausbildung ist es doch zu danken, daß die Leistung des deutschen Arbeiters in aller Welt anerkannt ist. Andererseits soll aber das Recht zur Ausbildung bei Personen eingeschränkt werden, gegen die in sittlicher oder fachlicher Hinsicht — ich betone das Wort „fachlicher Hinsicht" — Bedenken bestehen oder deren Betriebe im Hinblick auf die Einrichtung oder Struktur für die Ausbildung ungeeignet sind. Bisher gab es keine Möglichkeit, so etwas zu unterbinden. Wir sehen darin einen bedeutenden Fortschritt.
    Außerdem soll eine Bestimmung eingeführt werden, die dem alten Vorwurf der Lehrlingszüchterei Einhalt gebietet. Der Lehrvertrag war bisher schon an Mindestnormen gebunden. Diese werden jetzt im Entwurf noch erweitert. Darüber hinaus soll festgelegt werden, daß die Lehrverhältnisse grundsätzlich nur noch in einem anerkannten Lehrberuf begründet werden können. Bisher fehlte die gesetzliche Grundlage dazu, denn es genügte bisher ein einfacher Erlaß des Bundeswirtschaftsministers. Die Lehrzeit selbst soll durch die Gewerbeordnung gesetzlich festgelegt werden. Der Begriff der Lehrlingsrolle, .der bisher weder in der Gewerbeordnung noch im HGB verankert ist, soll jetzt herausgestellt werden. Die Führung der Lehrlingsrolle wird dabei allerdings der Industrie- und Handelskammer übertragen. Dann werden die Pflichten des Lehrherrn und des Lehrlings entsprechend der bisherigen Übung gesetzlich verankert und ebenso die Bestimmungen über die Lehrzeit, die Lehrabschlußprüfung, die Regelung des Prüfungsverfahrens und die zu erlassende Prüfungsordnung.
    Zum Schluß noch ein Wort, das bisher hier nicht angeklungen ist. Ich möchte es vorwegnehmen; ich weiß nicht, ob es nachher in der Diskussion noch kommt: ein Wort zur Mitbestimmung. In dem Gesetz ist die Mitbestimmung des Betriebsrats vorgesehen. Bei den Industrie- und Handelskammern hat der § 8 des Kammergesetzes die Mitwirkung der Arbeitnehmervertretungen gesichert. Es ist auch festzustellen, daß eine genaue und gute Zusammenarbeit besteht. Auf Bundesebene haben bisher die Spitzenverbände aller Organisationen der Industrie, der Kammern und der Gewerkschaften bei der Festlegung der Berufsbilder zusammengearbeitet.
    Aus meinen Ausführungen dürfte eindeutig hervorgehen, daß es sich bei diesem Novellierungsentwurf zur Gewerbeordnung um die Ausbildung der Lehrlinge im Rahmen der Wirtschaft handelt. Da die Wirtschaft hier das Vordringlichste ist, beantrage ich, die Vorlage dem Wirtschaftsausschuß — federführend — und dem Arbeitsausschuß zur Mitberatung zu überweisen.

    (Beifall bei der FDP.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Wir treten ein in die Aussprache über den von der Fraktion der FDP vorgelegten Gesetzentwurf.
Das Wort hat der Abgeordnete Liehr.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Harry Liehr


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In bezug auf den Antrag der Fraktion der FDP ist es sehr aufschlußreich, sich die Stellungnahmen der Koalitionssprecher zu vergegenwärtigen, die am 27. Juni 1962 abgegeben wurden. Der Herr Kollege Diebäcker hat u. a. erklärt:
    Wir von der CDU/CSU-Fraktion stimmen mit der SPD darin überein, daß die Bundesregierung den Entwurf eines Berufsausbildungsgesetzes vorlegen sollte.
    Objektiverweise füge ich hinzu, daß er an anderer Stelle gesagt hat:
    Wir stimmen aber nicht mit den von der SPD zum Berufsausbildungsgesetz entwickelten Grundsätzen in allen Teilen überein.
    Herr Dr. Imle hat u. a. gesagt:
    Vorhin wurde schon von meinem Vorredner, Herrn Kollegen Diebäcker, darauf hingewiesen, was alles von einem modernen Berufsausbildungsgesetz zu verlangen ist. Wir sind der Meinung, daß es hierzu nicht eines Berufsausbildungsgesetzes bedarf, sondern daß eine Novellierung der Gewerbeordnung durchaus ausreicht.
    Soweit der Tatbestand, den ich in Ihre Erinnerung rufen wollte.
    Trotz der Einwände, die Herr Dr. Imle für die FDP-Fraktion zum Ausdruck gebracht hat, ist es zu einem einstimmigen Beschluß des Hauses gekommen — wobei die FDP-Fraktion geschlossen mitgestimmt hat —, der lautet:
    Die Bundesregierung wird ersucht, dem Deutschen Bundestag bis zum 1. Februar 1963 den Entwurf eines Gesetzes über die Berufsausbildung (Berufsausbildungsgesetz) vorzulegen.
    Wohlgemerkt, Herr Dr. Imle, es ist nicht gefordert oder gar beschlossen worden, einen Gesetzentwurf über die Berufsausbildung in der gewerblichen
    Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 112. und 113. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Februar 1964 5179
    Liehr
    Wirtschaft oder einen Gesetzentwurf über die handwerkliche Berufsausbildung vorzulegen, sondern ein Gesetz über die Berufsausbildung, und in Klammern — für diejenigen, die, wie wir jetzt gehört haben, etwas anderes hineininterpretieren wollen — haben wir, um es ganz unmißverständlich zum Ausdruck zu bringen, gesagt „Berufsausbildungsgesetz". Ich nehme an, Herr Dr. Imle, es fällt auch Ihnen auf, daß das etwas ganz anderes ist als die Novellierung der Gewerbeordnung, für die Sie hier eben eingetreten sind.

    (Zuruf von der Mitte: Ein Gesetz für die Wirtschaft ist doch auch ein Berufsausbildungsgesetz!)

    — Verzeihung, aber „ein Gesetz über die Berufsausbildung" — und diesen Antrag haben Sie und die Kollegen der FDP mit unterstützt — ist etwas anderes als die Novellierung der Gewerbeordnung. Ich möchte das auf Grund des Zwischenrufs doch noch einmal wiederholen.
    Man darf also auf Grund der veränderten Haltung der FDP-Fraktion in diesem Haus mit Fug und Recht schlußfolgern, daß sie sich von allen anderen Rednern, die sich dazu geäußert haben, hat überzeugen lassen, daß es richtig ist, entgegen ihrer ursprünglich geäußerten Absicht nunmehr von einer Novellierung der Gewerbeordnung Abstand zu nehmen. Sonst hätte die FDP-Fraktion am 27. Juni gegen den SPD-Antrag stimmen müssen, zumal er ja erst einen Tag vorher, am 26. Juni, in diesem Hause eingebracht worden war. Aber ganz im Gegenteil, die FDP hat, wie gesagt, zugestimmt.
    Es ist deshalb die Frage erlaubt: Was soll das jetzt eigentlich, daß gut anderthalb Jahre später ein Griff in die Mottenkiste versucht wird, daß man Wiederbelebungsversuche für einen Entwurf unternehmen will, der schon damals, vor gut anderthalb Jahren, nicht den Erfordernissen einer modernen und zukunftsorientierten Berufsausbildung gewachsen war? Wenn man von der Bundesregierung die Vorlage eines Berufsausbildungsgesetzes erwartet, dann ist es völlig widersinnig, durch die Novellierung der Gewerbeordnung im Bereich der Berufsausbildung einen Teilbereich- vorziehen zu wollen.
    Aber man darf wohl auch hier der FDP-Fraktion unterstellen, daß sie weiß, worum es bei der Forderung nach einem Berufsausbildungsgesetz im Prinzip geht. Immerhin hat Herr Dr. Mende in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der FDP noch 1960 in einem Grußwort an die Bundesjugendkonferenz der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen folgendes ausgeführt — und das ist aktenkundig —:
    Auf dem Gebiet der Gesetzgebung sollte der Versuch unternommen werden, der seit Jahren herrschenden Rechtszersplitterung der Bestimmungen über die Lehrlingsausbildung in der Gewerbeordnung, dem Handels- und Bürgerlichen Gesetzbuch durch ein Rahmengesetz mit dem Ziel einer einheitlichen Regelung bestimmter Grundsatzfragen ein Ende zu bereiten.
    Dieser Hinweis mit der Bezugnahme auf ein Rahmengesetz, meine Damen und Herren, reicht zwar an die sozialdemokratischen Vorstellungen einer gesetzlichen Neuordnung der Berufsausbildung nicht heran, aber er beinhaltet eben, daß etwas ganz anderes damit gemeint war als nur die Novellierung der Gewerbeordnung; gemeint war im Grunde genommen sogar die Überwindung der Gewerbeordnung. Das liegt in der Aussage von Herrn Dr. Mende, die ich hier wiedergegeben habe.
    Es kann also nicht wahr sein, daß die FDP all das übersieht und genau das Gegenteil von dem praktizieren will, was sie, wie verkündet, für richtig befunden hat, um es jetzt in diesem Hause und in dieser Aussprache ignorieren zu wollen.