Rede von
Dr.
Lambert
Huys
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wird heute von niemandem mehr bestritten, daß der Kulturpolitik eine hohe, sich immer mehr steigernde Bedeutung zukommt. Nicht nur innenpolitisch, sondern insbesondere außenpolitisch ist die Kulturarbeit neben dem wirtschaftlichen und dem militärischen Bereich ein wichtiger Faktor. Welch bedeutsames Politikum Kulturabkommen geworden sind, brauche ich hier nicht zu betonen, die jüngsten Ereignisse im Falle des Amerikaners Barghorn zeigen das und haben das sehr deutlich gemacht. Die Kulturpolitik stellt heute — wie Herr Dr. Sattler sagt — gleichsam eine „dritte Bühne" dar, auf der sich in zunehmendem Maße politische Entscheidungen abspielen. Diese Tatsache soll uns allerdings nicht dazu verführen, unsere Kultur zu propagandistischen Zwecken zu mißbrauchen, um unser politisches Prestige zu heben, das wäre grundfalsch, aber sie hilft, das erschütterte Vertrauen in uns wiederherzustellen, das zum Teil wiedererstandene Ansehen zu festigen, und vor allem, den Anspruch der Bundesregierung, für ganz Deutschland zu sprechen, wirkungsvoll zu demonstrieren.
Die Zusammenfassung der Bundesregierung zu Punkt 1 der Anfrage kann also voll und ganz unterstützt werden.
Ich möchte nur zu den Fragen 4 und 5 sprechen, zumal ich glaube, daß in die Anfrage sehr viel gepackt ist, aber zu den anderen Fragen werden meine Kollegen Professor Friedensburg und Dr. Martin sprechen.
Vielleicht hat die Presse Ihre Anfrage überschätzt, indem sie — wie ein Artikel der heutigen Abendzeitung vermuten läßt — angenommen hat, wir würden vielleicht über Jazz oder Mozart diskutieren. Jedenfalls hat sie sicherlich nicht angenommen, daß ein großer Teil der Ausführungen der Personalpolitik des Auswärtigen Amtes gelten würde, bei der Meinungen von Beamten des Auswärtigen Amtes preisgegeben würden. Ich halte es auch nicht für fair, Herr Kahn-Ackermann, wenn ein Angriff auf die Person des Vorgängers des Herrn Außenministers gestartet wird, der sich nicht verteidigen kann, weil er krank ist.
Ich möchte jetzt also speziell auf die deutschen Schulen im Ausland zu sprechen kommen, auf ihre Bedeutung und Aufgabe innerhalb dieser Konzeption, zumal ich glaube, daß einige allgemeine Gedanken ausgesprochen werden müßten, obwohl ich weiß, daß die Verhältnisse in den einzelnen Ländern sehr differenziert sind und jeder Einzelfall anders liegt.
Der Herr Außenminister hat dargelegt, wie die augenblickliche Lage des Auslandsschulwesens ist, und hat darauf hingewiesen, warum die Zuschüsse aus Bundesmitteln gerade für diesen Bereich der Kulturpolitik so hoch sein müssen. Er zog daraus den vorsichtigen Schluß, daß die Finanzlast, die der Bund jetzt, im Gegensatz zu den Zeiten vor dem Krieg, für die Auslandsschulen zu tragen gezwungen ist, der „Errichtung neuer deutscher Schulen im
Ausland Grenzen" setzt „und zu sorgfältiger Planung und zu eingehenden Überlegungen" zwingt, „ob und wann ein Schulbau zweckmäßig sei".
An dieser Stelle scheint es mir notwendig zu sein, die Arbeit der deutschen Schule im Ausland und ihre Ausstrahlungskraft kurz zu betrachten, die Frage aufzuwerfen, ob nicht gerade die Arbeit der deutschen Schulen eine ganz besonders wichtige unter allen anderen Möglichkeiten der kulturellen Einflußnahme unter dem Blickwinkel der allgemeinen Konzeption der Bundesregierung ist. Von der Beantwortung dieser Frage wird es weitgehend abhängen, ob die soeben erwähnte Formulierung der Bundesregierung dies deutlich genug zum Ausdruck gebracht hat.
Über die Bedeutung der deutschen Auslandschulen für die deutsche Auslandskulturpolitik sind sich die Experten nicht ganz einig. Es wird im allgemeinen anerkannt, daß die deutschen Auslandsschulen — ich meine hier die Schulen alter Form, die Deutsch als Unterrichtssprache haben — durch die Vermittlung der Sprache trotz Film, Funk und Fernsehen nach wie vor die stärksten kulturellen Mittler sind, weil jeder, der in seiner Jugend irgendwo in der Welt an einer deutschen Schule Deutsch gelernt hat, eine innere Bindung zu unserem Land behalten wird; aber es wird bezweifelt, daß es notwendig ist, deswegen die große Aufgabe, die der Bau und die laufenden Unterhaltungskosten einer Schule, ihre Ausstattung, ihr Lehrerkollegium mit sich bringen, auf sich zu nehmen. Die Tatsache, daß nach dem zweiten Weltkrieg ein entscheidender Strukturwandel im deutschen Auslandsschulwesen eingetreten ist — die mannigfachen Gründe dafür brauchen hier nicht erörtert zu werden —, weswegen jetzt u. a. die sogenannte „Begegnungsschule" als neuer deutscher Schultyp entwickelt wird, scheint diesen Zweifeln recht zu geben. In diesen Schulen soll das deutsche kulturelle Erbe als bedeutsame Bereicherung für das geistige Leben des jeweiligen Landes eingebracht und nicht mehr nur wie vor dem Kriege das Ziel verfolgt werden, Deutsche im Sinne nationaler Volkstums- und Minderheitspolitik zu erziehen. Allerdings müssen die Mindestanforderungen hinsichtlich des deutschen Charakters einer solchen Schule klar sein. Der kulturpolitische Aspekt macht manche Schulen förderungswürdig, obwohl sie vom Pädagogischen her vielfach nicht so förderungswürdig zu sein scheinen.
Herr Kahn-Ackermann ist vorhin schon darauf eingegangen. Er meinte, sehr viele Schulen hätten ein veraltetes Erziehungsziel. Herr Kahn-Ackermann, es gibt sehr viele junge Leute — alle drei Jahre wechseln sie in einem Turnus —, die die moderne Auffassung auch vom Erziehungsziel mitbringen, so daß ich Ihnen nicht ganz abnehme, daß sie veraltete Erziehungsziele haben. Etwas allerdings werden sie von dem jeweiligen Erziehungsziel der Staaten beeinflußt, in denen unsere Schulen errichtet werden.
Um die Relation der deutschen zu den ausländischen Schülern ausgewogen zu halten und um die deutschen Kinder eines größeren Raumes erfassen zu können, müßten Internate in Verbindung mit
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Dr. Huys
den Schulen gebaut werden, wie sie z. B. in Oscorno, Temuco und u. a. auch in Athen vorgesehen sind. Man könnte sie vergleichen mit den Bestrebungen in unseren ländlichen Kreisen, „Mittelpunktschulen" zu schaffen.
Ich möchte hier ein paar Gedanken äußern, die, so scheint es mir, bedacht werden müssen, ehe man die Maßstäbe festlegt, die für die Gründung und Erhaltung von deutschen Schulen im Ausland in Zukunft bestimmend sein werden. Ich stütze mich dabei auf Erhebungen, die das Auswärtige Amt 1960 in dieser Richtung gemacht hat, auf Erfahrungsberichte verschiedener Persönlichkeiten oder Institutionen wie auch auf meine eigenen Erkenntnisse, die ich hinsichtlich dieses Problems auf meiner Reise nach Athen, Istanbul und Kairo gewinnen konnte.
Folgende Gründe sprechen dafür, daß das deutsche Auslandsschulwesen unterstützt, gefördert und erweitert wird.
Abgesehen von dem Wert, den die deutsche Auslandsschule für die im Ausland lebenden deutschen Familien und ihre Kinder hat, vermitteln die deutschen Auslandsschulen Sprachkenntnisse an Kinder und Jugendliche fremder Völker. Ihre Wirkung ist darum breit und nachhaltig und daher von kulturellem Wert; solche Sprachkenntnisse sind das Fundament für die Beziehungen, die Angehörige fremder Staaten zu Deutschland knüpfen, sei es nun auf kulturellen, wirtschaftlichen oder sonstigen Gebieten. Ohne die Kenntnis der deutschen Sprache ist kein Studium an deutschen Universitäten möglich.
Es ist sehr wichtig, daß gerade Kinder die deutsche Sprache erlernen und nicht erst die Erwachsenen; denn Kinder wachsen unmittelbarer, aber auch nachhaltiger in einen fremden Kulturkreis hinein und werden von ihm geformt. Darüber hinaus dienen die deutschen Auslandsschulen aber auch der Erwachsenenbildung.
Die deutschen Auslandsschulen sind überall, wo sie existieren, Mittelpunkte des kulturellen Lebens für die Deutschen in diesem Lande; sie sind Brücke zur Heimat, aber darüber hinaus sind sie auch Verbindung und Anregung für Fremde, sie sind „Botschafter Deutschlands" und stellen den ständigen Kontakt her zu den kommenden gebildeten Schichten ihres Gastlandes.
Die völkerverbindende Aufgabe der deutschen Auslandsschule kann gar nicht genug hervorgehoben werden. Kinder der verschiedenen Nationen lernen einander kennen und verstehen. Ein tolerantes, mitmenschliches Verhalten wird ihnen selbstverständlich.
Der Erfahrungsaustausch der Lehrer untereinander wird ungemein stark befruchtet, der Horizont geweitet, Abkapselung vermieden, Wechselbeziehungen werden hergestellt, alles Faktoren, die der politischen Bildung förderlich sind.
Deutsche Auslandsschulen tragen wesentlich zur Entwicklungshilfe bei, wenn sie im richtigen Sinne, nämlich als Bildungshilfe, verstanden werden. Nur so wird es möglich, daß auch der technische und wirtschaftliche Bereich der Entwicklungshilfe wirksam wird. Eine Koordinierung der Mittel für die Schulen im Ausland und der Entwicklungshilfe müßte man vornehmen, um etwas großzügiger in Einzelfällen vorgehen zu können.
Das vom Ausland geäußerte Interesse an der deutschen Sprache, ja, an der Bundesrepublik schlechthin, würde einen entscheidenden Rückschlag erleiden, wenn die deutschen Auslandsschulen weniger unterstützt würden. Dadurch würde unter Umständen der Weg für andere, sehr unerwünschte Einflüsse freigemacht. Das Aufgeben einer kostspieligen, vielleicht wenig rentablen deutschen Schule oder der Verzicht auf eine noch zu gründende, von dem fremden Staat gewünschte Schule würde zweifellos die SBZ auf den Plan rufen, die dann nicht zögern würde, als die maßgebliche Vertreterin deutscher Kultur aufzutreten.
In der Intensität ist eine deutsche Schule, das heißt also eine deutsche Schule, in der Deutsch die Unterrichtssprache ist und nicht wie in der sogenannten „Begegnungsschule" eine Sprache unter anderen, die so gelehrt wird wie bei uns Englisch oder Französisch, dem neuen Typ überlegen. Mit der Unterrichtssprache dringt eben doch auch deutsche Art ein, mit dem Wissensstoff wird deutsches Leben lebendig und verständlich. Es ist eben etwas anderes, ob ich die deutsche Sprache wie ein Dolmetscher sprechen kann oder ob ich in ihre Gehalte eingedrungen bin. Zweifellos ist die kulturelle Wirkung einer Schule geringer, die nur Lektorate oder Lehrerstellen für Deutsch hat, im übrigen aber einem internationalen Institut als einer eigenständigen Einrichtung angegliedert ist, die selbstverständlich ihre Tore auch weit für die Kinder des Gastvolkes öffnen soll. Das hat nichts mit Kulturpropaganda zu tun, aber sehr viel mit einem Versuch, die eigene Kultur als Verständigungsmittel für das eigene Leben in Gesellschaft und Staat wirken zu lassen. Nur wirkliches Kennenlernen kann zum Verständnis des anderen führen, und ein solches Kennenlernen vermittelt die deutsche Schule im Ausland stärker als jede andere Institution.
So muß z. B. nicht nur in Athen, Istanbul und Kairo, sondern auch in vielen anderen Ländern Tausenden von ausländischen Kindern die Aufnahme verweigert werden, weil die Kapazität der Schulen es nicht zuläßt. Das geht u. a. auch daraus hervor, daß trotz schlechter Schulgebäude die tonangebenden Schichten der jeweiligen Länder versuchen, ihre Kinder in der deutschen Schule erziehen zu lassen.
Wir sollten es uns also sehr überlegen, ob wir es uns leisten können, den deutschen Auslandsschulen gegenüber geizig zu sein. Eine Kürzung der Mittel oder gar ein Abbau der Schulen, wie er gelegentlich zugunsten der Errichtung allgemeiner Kulturinstitute gefordert wird und wie es vorhin eigentlich auch Herr Kollege Kahn-Ackermann ausgeführt hat, daß das Hauptmedium der Kultur eben diese allgemeinen Kulturinstitute seien, würde eine der wichtigsten Kommunikationsstellen für unsere kulturellen Bestrebungen einengen oder schädigen. Die Folgen würden sich — wie immer im kulturellen
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Sektor — allerdings erst in späteren Jahren 'zeigen, dann aber sicherlich empfindlich und sehr negativ. Es ist ja beliebt, notwendige Sparmaßnahmen immer auf dem kulturellen Sektor vorzunehmen, weil hier im allgemeinen der geringste Widerstand zu befürchten ist. Man vergleiche dies beim Honnefer Modell im neuen Haushaltsplan. Daß der Schaden einmal in nicht allzu ferner Zeit sichtbar wird, darüber sind sich allerdings alle einig. Treiben wir also nicht eine Politik „nach uns die Sintflut", sondern suchen wir nach Maßnahmen, die helfen, aus der finanziellen Enge herauszukommen, ohne daß wir so anerkannt wichtige Kulturzentren wie die deutschen Schulen im Ausland aufgeben oder mangelhaft fördern.
Im Memorandum des Auswärtigen Amtes vom 14. September 1962 wird festgestellt, daß es erstaunlich sei, wie stark das Motiv, ihren Kindern deutsche Erziehungsmethoden zugute kommen zu lassen, die nicht deutschstämmigen Eltern auch in solchen Ländern bewegt, in denen die alten deutschen Schulen nach dem letzten Krieg durch Landesgesetze eingeengt sind und einen Teil ihres ursprünglichen Charakters verloren haben. Ja, es kann hinzugefügt werden, daß auch bauliche Unzulänglichkeiten die Eltern nicht abschrecken, ihre Kinder in diese Schulen zu schicken. Das Auswärtige Amt folgerte damals mit Recht daraus, daß uns hier eine Möglichkeit gegeben ist, für die Grundsätze der freien Welt zu wirken, auf die nicht verzichtet werden sollte. Es würde von den Gastländern nicht verstanden werden, wenn die Unterstützungen durch die Bundesrepublik nur deshalb eingeschränkt würden, weil nicht alle Vorbedingungen erfüllt sind, die nach deutschen pädagogischen Vorstellungen erfüllt sein müßten. Hier ist aus weltweiten Gründen jeder kleinliche Maßstab abzulehnen. Ich möchte mich der Feststellung des Auswärtigen Amtes anschließen und diese hier ins Gedächtnis zurückrufen, die lautet:
Soweit ein angemessenes Verhältnis zwischen deutschen und nichtdeutschen Schülern erhalten bleibt — dd. h. also die Zahlen der deutschen Schüler den ausländischen gegenüber nicht zu klein wird — und die Vermittlung deutscher Sprachkenntnisse und sonstiger kultureller Werte nach deutschen pädagogischen Methoden nicht zu weit an den Rand des schulischen Lebens gedrängt wird, sollte die Chance nicht gering geachtet werden, die in diesem Beitrag zur Verständigung der Völker abseits von allen Hintergedanken aggressiver Kulturpolitik vergangener Zeiten liegt. Intensität und Tiefenwirkung einer durch Jahre hindurch in täglichem Kontakt praktizierten Begegnung von Angehörigen verschiedener Kulturen ist in ihrem Einfluß auf die Förderung des gegenseitigen Verständnisses der Nationen nicht zu unterschätzen. Die geschaffenen Bindungen und menschlichen Beziehungen tragen oftmals ihre politischen Zinsen.
Wenn dieses von Schulen gesagt wurde, die nur noch zum Teil den alten Charakter haben, um wieviel mehr gilt das von den eigentlichen deutschen Auslandsschulen! Das möchte ich hier betonen. Begabte ausländische Schüler der deutschen Schulen im Ausland sollten mehr als bisher Stipendien für ein Studium in Deutschland erhalten, zumal sie sich schneller auf den deutschen Hochschulen zurechtfinden, wenn sie an deutschen Auslandsschulen ihre Reifeprüfung abgelegt haben.
Hier mag auch die neue Form der sogenannten Expertenschule ihren Ort haben. Sie ist notwendig, weil hier die Kinder deutscher Eltern unterrichtet werden, die technische, wirtschaftliche oder sonstige staatliche Aufträge ausführen. Warum sollen aus diesen Schulen, die zunächst sehr zweckgebunden sind, nicht wie in früherer Zeit langsam Kulturzentren erwachsen, auch wenn der Aufenthalt der Deutschen dort nur vorübergehend geplant war!
Auf jeden Fall sollte gewarnt werden vor einem Abbau deutscher Schulen aus rein finanziellen Gründen. Der Verlust könnte sehr groß, ja, irreparabel sein.
Mir scheint, daß die Frage nach den Lehrern, die an deutsche Auslandsschulen zu gehen bereit sind, bedeutungsvoller als die finanzielle ist. In der Bundesrepublik Deutschland selbst herrscht akuter Lehrermangel. Dennoch sollte es eigentlich möglich sein, daß von den 180 000 Lehrern, die es in der Bundesrepublik gibt, jährlich 100 bis 200 an deutsche Auslandsschulen abgegeben werden. Daher sollte man vielleicht die Anregung von Präsident Dr. Löffler, Stuttgart, aufgreifen, der vorschlug, junge deutschstämmige Menschen im Ausland für den Dienst an den von deutschen Schulvereinen getragenen Schulen an bestehenden oder noch zu gründenden Lehrerseminaren auszubilden.
Auch die rechtliche Stellung des Lehrers im Ausland ist trotz der Verträge oft so wenig erfreulich und unsicher, daß viele allein deswegen vor dem „Abenteuer" zurückschrecken.
Bei der Suche nach einer Lösung des Problems der deutschen Auslandsschulen muß also neben der finanziellen Seite sehr akzentuiert auch die personelle einbezogen werden. Mir scheint, daß die Lösung dieser Frage nicht nur durch grundsätzliche Erwägungen, von denen eben die Rede war, gefunden werden kann, sondern wesentlich auch von der organisatorischen Seite her angefaßt werden muß.
Ob für das deutsche Auslandschulwesen eine Zentralstelle errichtet werden sollte oder nicht, muß ernsthaft überlegt werden, ebenso, welche Rechtsform man ihr geben soll. Jedenfalls erscheint es auch mir notwendig, daß das Auswärtige Amt u. a. von den administrativen Aufgaben entlastet wird, damit es sich den Grundprinzipien dieser Arbeit besser zuwenden kann. Diese eventuell zu schaffende Verwaltungsstelle müßte mit weit mehr pädagogischem Fachpersonal ausgestattet werden, zumal es mit zwei Pädagogen im Auswärtigen Amt nicht getan ist. Diese wurden auch erst zum 1. Januar 1964 angefordert. Es sind ein Studienrat und 'ein Volksschullehrer angefordert. Aber damit ist es bei 1200 Lehrern im Ausland, 137 Schulen und 300 weiteren Schulen, die das Auswärtige Amt teilweise zu betreuen hat, und einem Etat von 50 Millionen DM nicht getan; denn außer auf Planungs- und
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Lenkungsaufgaben für Neugründungen, Ausbau oder Schließung von Auslandsschulen unter kulturpolitischen oder pädagogischen Gesichtspunkten kommt es meines Erachtens besonders auf die pädagogische Betreuung der Schulen an.
Sicherlich ist die Erarbeitung von Grundsätzen der Methodik oder Didaktik für Auslandsschulen wesentlich. Darüber hinaus jedoch scheint mir nach meinen Unterhaltungen mit zurückgekehrten Auslandslehrern der pädagogische Kontakt mit den Lehrern aller Schulsparten außerordentlich wichtig zu sein. Eine große Zahl von Auslandsschulen haben nämlich Kindergarten, Volks-, Mittel- und höhere Schule sozusagen in einer Einheit zusammengefaßt. Im allgemeinen scheint es bisher so zu sein, daß ein Oberschulrat oder Oberstudiendirektor anläßlich einer Inspektionsreise oder der Abnahme einer Prüfung — im übrigen ist es nicht so, wie Herr Kahn-Ackermann vorhin gesagt hat, daß zwei Drittel ohne Prüfungen und ohne Kontrolle sind; das sind nur 47 von 137 Schulen — auftauchen, die Schulen aufsuchen und nun pädagogisch beraten. Dabei kommen meines Erachtens die Volks- und die Mittelschullehrer zu kurz. Ein Oberstudiendirektor ist nämlich kein Fachpädagoge für Volks- und Mittelschulen. Aber auch diese Lehrer wünschen innerhalb von fünf oder sechs Jahren Auslandsaufenthalt eine fachliche Beratung. Dieser Wunsch müßte bei dem Stellenplan einer zu gründenden Zentralstelle für auslandsdeutsche Schulen berücksichtigt werden.
Die Fluktuation des Personals des Schulreferates im Auswärtigen Amt ist in der Antwort der Bundesregierung als ein Hindernis für eine kontinuierliche Arbeit herausgestellt worden. Das gilt aber auch für die Lehrer an den Auslandsschulen. Man sollte trotz der vereinbarten Richtlinien von 1962 nochmals überlegen, ob man nicht längerfristige Verträge wenigstens für Leiter und Stammpersonal in jeder Schulsparte und Fakultät abschließen sollte. Das ist ein Wunsch, der uns auf der Besichtigungsreise öfter vorgetragen wurde.
Lassen Sie mich zum Schluß noch etwas sagen, was mir auf meiner Reise aufgefallen ist. Durchweg werden Schulen von 500 bis 1000 Schülern von Oberstudienräten und Grundschulen mittlerer Schülerzahl von Volksschullehrern geleitet, die eigentlich Oberstudiendirektoren bzw. Rektoren oder Hauptlehrer sein müßten. Nach meinen langjährigen Erfahrungen als Ratsherr im Personalausschuß meiner Heimatstadt würde ein Personalrat das zum ständigen Klagepunkt in jeder Sitzung machen, daß nämlich ein Mann eine Tätigkeit ausübt, die sowohl dem Gehalt wie dem Rang nach bessergestellt sein müßte. Solche Anhebungen kämen sowohl dem Ansehen der Schule als auch innerhalb der Gesellschaft dem „kleinen Botschafter Deutschlands" zugute. Im übrigen wäre hier eine echte Gelegenheit für Bund und Länder, dem bei der Behandlung der L-Besoldung viel beklagten Mangel an Beförderungsstellen für Lehrer ein ganz klein wenig abzuhelfen.
Ich möchte meine Ausführungen dahin zusammenfassen:
Erstens. Die kulturelle Wirksamkeit der deutschen Auslandsschulen ist so groß, daß sie mit allen Mitteln unterstützt werden sollte. Jeder enge Maßstab, ihre Förderungswürdigkeit betreffend, muß abgelehnt werden. Wir dürfen uns nicht dem Vorwurf aussetzen, irgendwo in der Welt eine Chance für die Repräsentanz unserer Bundesrepublik verpaßt zu haben.
Zweitens. Die Bedeutung und die Intensität der kulturellen Arbeit der deutschen Auslandslehrer und -schulen erfordert eine baldige Entscheidung in Verbindung mit den Ländern über eine Zentralstelle für auslandsdeutsche Schulen, eine bessere personelle Ausstattung des Schulreferates im Auswärtigen Amt und eine bessere pädagogische Durchdringung dieser Arbeit.
Ich bin mir bewußt, an wen ich mich ganz besonders zu wenden habe. Daher möchte ich mit dem türkischen Sprichwort, das uns die deutschen Lehrer in Istanbul für die Beseitigung ihrer Nöte mit auf den Weg nach Bonn gegeben haben, meine Ausführungen schließen. Das schöne und beherzigenswerte türkische Sprichwort, lieber Haushaltsausschuß, lautet: „Meine Sorge an Dein Herz."