Rede:
ID0406802700

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Metadaten
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    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Herr: 1
    6. Abgeordnete: 1
    7. Zoglmann.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 68. Sitzung Bonn, den 18. März 1963 Inhalt: Zur GO: Rasner (CDU/CSU) 3061 B, C, 3062 A, B, C Dürr (FDP) 3061 C Dr. Mommer (SPD) 3061 D Mündlicher Bericht des Außenhandelsausschusses über die Vierte Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste — Anlage zur Außenwirtschaftsverordnung (Drucksachen IV/858, IV/1071) Dr. Löhr (CDU/CSU) . . 3062 C, 3065 D Dr. Schröder, Bundesminister . . . 3064 C, 3071 D, 3076 C Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 3065 A, 3074 C Bading (SPD) 3065 A, 3075 C Dr. von Brentano (CDU/CSU) . . . 3066 B, 3073 D Dr. Deist (SPD) 3068 B Zoglmann (FDP) 3070 B Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 3070 C Wittrock (SPD) 3074 C Beschlußunfähigkeit 3077 D Anlage 3079 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 68. Sitzung. Bonn, Montag, den 18. März 1963 3061 68. Sitzung Bonn, den 18. März 1963 Stenographischer Bericht Beginn: 18.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete() beurlaubt bis einschließlich Dr. Arndt (Berlin) 18. 3. Dr. Dr. h. c. Baade 31. 3. Fürst von Bismarck 22. 3. Dr. Dörinkel 18. 3. Dr. Frede 20.4. Dr. Frey (Bonn) 31. 3. Funk (Neuses am Sand) 31. 3. Gaßmann 5. 4. Hellenbrock 31. 3. Dr. Hellige 20. 4. Jaksch 26. 4. Dr. Knorr 4. 4. Müller (Berlin) 31.3. Müller (Nordenham) 21.3. Dr. Rieger (Köln) 27. 3. Strauß 21.3. Frau Vietje 31. 3. Wittmer-Eigenbrodt 30. 4.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich Deist


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal klarstellen, daß es sich für uns hier nicht um Verfahrensfragen handelt, auch nicht um eine wirtschaftspolitische Frage in dem Sinne, ob wir der deutschen Wirtschaft Dinge zumuten können, die außenpolitisch erforderlich sind. Ich will gar nicht darüber sprechen, wie das Verfahren gelaufen ist und ob die ernsthaften Einwendungen, die gegen ein solches Embargo vorzubringen sind, genügend zur Geltung gebracht worden sind. Jedenfalls steht für uns genauso wie für Sie, Herr Dr. von Brentano, fest, daß wirtschaftliche Interessen dann zurückzustehen haben, wenn entscheidende außenpolitische und staatspolitische Interessen auf dem Spiele stehen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

    Darüber besteht zwischen Ihnen und uns keinerlei Differenz.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, wir wissen, daß eine Empfehlung der NATO vorliegt, die Großrohraufträge in Zukunft dem Embargo zu unterwerfen. Unabhängig davon, ob der eine oder andere Bedenken gegen eine solche Empfehlung der NATO haben
    mag, sind wir der Auffassung, daß Deutschland in seiner außenpolitischen Situation einer solchen Empfehlung der NATO Folge leisten sollte.

    (Zurufe: Na also! und Beifall bei der CDU/ CSU.)

    Aber wir hätten zunächst einmal gewünscht, daß uns
    dann auf unsere Anforderung im Auswärtigen Ausschuß und im Außenhandelsausschuß der Wortlaut
    dieser NATO-Empfehlung vorgelegt worden wäre.

    (Beifall bei der SPD.)

    Das ist uns in beiden Ausschüssen verweigert worden.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Ich glaube, es kann gar kein Zweifel darüber bestehen — und der besteht auch bei unserem Bündnispartner nicht —, daß jede solche Empfehlung einer sinnvollen, vernünftigen Auslegung bedarf und daß jeder sich zu überlegen hat, daß wir — ich nehme Ihre Formulierung auf, Herr von Brentano — nicht ohne Not andere staatsrechtliche Vereinbarungen, die wir selbst getroffen haben, dadurch in Frage stellen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Staatsrechtliche?)

    — Handelsvertragliche, völkerrechtliche! — Darum geht es, meine Damen und Herren. Ist es nicht richtig, daß die britische Regierung erklärt hat, daß sie im Sinne einer solchen NATO-Empfehlung nicht handeln könne, weil ihr entsprechende Möglichkeiten nicht zur Verfügung stehen?

    (Hört! Hört! bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Ist es nicht richtig, daß ein italienisches staatliches Stahlwerk auch heute noch Röhren nach Verträgen ausliefert, die vor dem Embargo-Beschluß abgeschlossen worden sind?

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, da frage ich mich, ob Sie das Recht haben, eine Empfehlung, die Sie hier nicht offen darzulegen wagen, so zu interpretieren, als wenn wir leichtfertig gegen die Interessen der NATO verstoßen.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD. — Beifall bei Abgeordneten der FDP.)

    Meine Damen und Herren, ich will hier nicht die offizielle Haltung der USA ansprechen; vielleicht würden sie sich im Sinne der Regierungsinterpretation aussprechen; das mag möglich sein. Aber wir wissen auch sehr gut, wie in amerikanischen Kreisen dieses Dilemma beurteilt wird, in dem nicht nur wir uns befinden; uns zu entscheiden, ob wir durch rückwirkende Maßnahmen vertragliche Vereinbarungen, die sich im Rahmen völkerrechtlicher Verträge halten, rückgängig machen dürfen.

    (Abg. Dr. Vogel: Völkerrechtlich?)

    Meine Damen und Herren, wir haben mit Sowjetrußland einen Handelsvertrag. In diesem Handelsvertrag ist ausdrücklich die Lieferung von Großrohren vorgesehen, nachdem im Jahre 1958 die Großrohre aus der Embargoliste herausgenommen sind. Auf Grund dieses Vertrages und im Rahmen des



    Dr. Deist
    Vertrages sind jene Liefervereinbarungen abgeschlossen worden, die hier zur Erörterung stehen.
    Vielleicht darf ich auch darauf hinweisen, daß in diesem Handelsvertrag dargelegt wird, daß keiner der beiden Staaten den Warenverkehr zwischen den beiden Staaten Beschränkungen und Verboten unterwerfen wird, die unter analogen Bedingungen nicht gegenüber allen anderen Staaten Anwendung finden.

    (Zurufe von der Mitte.)

    Und jetzt bringe ich den Satz, den Herr Dr. von Brentano angeführt hat, ausführlich:
    Diese Grundregel findet keine Anwendung in Fällen, in denen die öffentliche Ordnung und Sicherheit des Staates betroffen wird.
    Das bezieht sich insbesondere auf Fälle, die nicht unmittelbar im Vertrage geregelt sind. Man wird Großrohrlieferungen, die ausdrücklich im Vertrage vorgesehen sind, für die große Kontingente vorgesehen sind, nicht als eine Bedrohung der Sicherheit des Staates, also der Bundesrepublik, betrachten können. Das hätte man auch bei Abschluß der Handelsverträge wissen können und wissen müssen.
    Daraufhin sind die zur Erörterung stehenden Verträge im September und Oktober 1962 abgeschlossen worden. Da es sich um eine besondere Art von Verträgen, sogenannte Lohnveredelungsverträge, handelt, war eine zollamtliche Genehmigung, insbebesondere für Roheiseneinfuhren, erforderlich. Ist es nicht merkwürdig, daß diese hier erforderliche zollamtliche Genehmigung nach Erlaß der Verordnung der Bundesregierung noch im Januar dieses Jahres erteilt worden ist?

    (Zurufe von der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU: Mit Vorbehalt!)

    — Dazu hat mein Freund Bading genügend gesagt, daß ein Vorbehalt bei bestimmten Genehmigungen vorgesehen war, — natürlich jenen Genehmigungen, die bei Abschluß der Verträge erforderlich waren, und dazu gehörten diese zollamtlichen Genehmigungen. Ausgerechnet die haben Sie erteilt.
    Vielleicht ist es nicht ganz uninteressant in diesem Zusammenhang, daß — jedenfalls so weit ich es sehen kann; ohne daß dies bisher bestritten worden wäre — Herr Bundesaußenminister Schröder am 2. Februar dieses Jahres in einem Brief mitgeteilt hat, daß die NATO-Mitglieder in Zukunft keine neuen Lieferverträge mit dem Ostblock übernehmen sollten. Das ist haargenau die Interpretation, die wir der NATO-Empfehlung geben.
    Verträge sind auslegungsfähig und dehnbar. Aber eine loyale Auslegung verlangt, daß man nicht gewaltsame Interpretationen vornimmt, wie das hier ganz offensichtlich geschieht.

    (Unruhe bei der CDU/CSU.)

    Wir sind der Auffassung, daß die Auseinandersetzung mit dem Osten, mit einem so harten Gegner, mit dem wir es dort zu tun haben, uns nicht verleiten sollte, ihm leichtfertig das Argument zu liefern, wir hielten es mit abgeschlossenen Verträgen nicht allzu ernst.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP.)

    Vielleicht bedenken wir auch, daß wir ein umfangreiches Handelsvertragssystem nach Westen und Osten im Laufe der Zeit aufgebaut haben — alle diese Verträge gehören doch irgendwie zusammen —, und daß Sie nach dem Handelsvertrag mit Sowjetrußland jetzt einen Handelsvertrag mit Polen abgeschlossen haben und einen mit Ungarn beabsichtigen.
    Man wird alle Handelsverträge, die man abschließt, in gleicher Weise loyal handhaben müssen. In diesem Falle steht nicht nur in Frage, wie man im Osten über diese Dinge urteilt, sondern hier steht auch zur Debatte, was man im Westen ganz allgemein von unserer Vertragstreue zu abgeschlossenen Verträgen hält.

    (Beifall bei der SPD und bei der FDP. — Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/ CSU.)

    Über die politischen Auswirkungen der Lieferungen dieser Rohre ist heute nicht gesprochen worden, obwohl darüber in der Öffentlichkeit viel Wirbel veranstaltet wurde. Ich darf nur sagen, daß wir der Auffassung sind, daß alle diese Argumentationen nicht ziehen.

    (Unruhe bei der CDU/CSU.)

    Ich habe aber nicht die Absicht, die Auseinandersetzung über diesen Punkt hier weiter auszudehnen.

    (Abg. Majonica: Na also, Herr Dr. Deist!)

    Meine Damen und Herren, es handelt sich hier, wie ich betonte, für uns um außenpolitische Überlegungen, nicht uni die Berücksichtigung irgendwelcher wirtschaftlicher Interessen.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Eben!)

    Wir hätten gewünscht, daß Sie diese außenpolitischen Überlegungen in einem anderen, viel entscheidenderen Fall mit gleicher Intensität angestellt hätten.

    (Beifall bei der SPD.)

    Sie wissen nur zu gut, daß die Art der Verhandlungen und der Zeitpunkt der Unterzeichnung des deutsch-französischen Vertrages das europäische Verhältnis, die europäische Zusammenarbeit arg belastet haben, daß die Zusammenarbeit mit unserem atlantischen Partner jenseits der Meere dadurch sehr gefährdet wurde und daß der russischen Politik damit ein billiges Argument gegeben wird.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Majonica: Sie haben schon bessere Ablenkungsmanöver veranstaltet, Herr Deist!)

    Wir hätten gewünscht, daß Sie dort jene Überlegungen so ernsthaft angestellt hätten, wie Sie es jetzt auf einem Nebenschauplatz tun.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Majonica: Ist die NATO für Sie ein Nebenschauplatz, Herr Deist?)




    Dr. Deist
    — Nein, die NATO ist kein Nebenschauplatz. Aber das, was Sie hier aufführen, ist ein Nebenschauplatz,

    (Beifall bei der SPD)

    und das, was Sie uns heute in den letzten zwei Stunden vorgeführt haben, macht den ganzen Akt geradezu zu einer Tragikomödie.

    (Erneuter Beifall bei der SPD.)

    Wir halten es nicht für gut, wenn die Bundesregierung auf diese Weise den Eindruck hervorzurufen versucht, als seien Abgeordnete, die sich, wie Herr Dr. von Brentano sagte, sicherlich ebenso ehrlich um gute außenpolitische Beziehungen bemühen, die Mehrheit von Ausschüssen dieses Bundestages und viele, viele politisch verantwortliche Menschen in Deutschland, darunter z. B. auch Ihr Parteifreund, der Ministerpräsident Meyers, hinsichtlich der loyalen Zusammenarbeit mit unseren westlichen Bündnispartnern nicht ganz zuverlässig.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir Sozialdemokraten haben durch die Tat bewiesen, insbesondere in kritischen Situationen, daß wir sehr wohl wissen, was es heißt, loyaler Partner des westlichen Bündnisses zu sein.

    (Lachen bei der CDU/CSU.)

    In den letzten Monaten, in denen es darauf ankam, manche Mißverständnisse, die durch Ihre Haltung hervorgerufen wurden, zu beseitigen, sind auch die Sozialdemokraten mit in die Bresche gesprungen,
    um das Klima in der übrigen Welt wieder zu verbessern.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wenn es darauf ankam, sowjetischen Zumutungen hart entgegenzutreten, dann haben wir es an der genügenden Härte nicht fehlen lassen. Aber wir werden nicht mitwirken, wenn die Bundesregierung versucht, durch geschäftsordnungsmäßige Maßnahmen und durch Pressionen einen Beschluß in diesem Bundestage herbeizuführen, den wir für außenpolitisch außerordentlich gefährlich halten.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Zoglmann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Siegfried Zoglmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Ehre, für die Bundestagsfraktion der Freien Demokratischen Partei folgende Erklärung abzugeben.
    Die Bundestagsfraktion der Freien Demokratischen Partei ist bereit, der Vierten Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste vom 14. Dezember 1962 zuzustimmen. Sie bejaht das damit von der NATO empfohlene Embargo für die Lieferung bestimmter Waren.
    Die Bundestagsfraktion der FDP ist jedoch der Auffassung, daß durch die Vierte Verordnung die Ausführung schon geschlossener Verträge nicht beeinträchtigt werden darf. Glaubwürdigkeit und Vertragstreue der Bundesrepublik Deutschland lassen
    es nicht zu, daß die Ausführung wirksam geschlossener Verträge nachträglich untersagt wird.

    (Beifall bei der FDP und der SPD.)

    Aus diesem Grund allein muß die Bundestagsfraktion der FDP für die Aufhebung der Vierten Verordnung zum Außenwirtschaftsgesetz stimmen, um damit die Ausführung der jetzt zur Diskussion stehenden rechtsgültig abgeschlossenen Verträge über die Lieferung von Gasrohren an die Sowjetunion zu ermöglichen. Die Bundestagsfraktion der Freien Demokraten erwartet, daß die Bundesregierung nach Aufhebung der Vierten Verordnung unverzüglich die für die Ausführung des Embargos notwendigen neuen Rechtsvorschriften in Kraft setzt, damit die Ziele der NATO-Empfehlung nicht gefährdet werden.

    (Beifall bei der FDP und der SPD. — Lachen bei der CDU/CSU.)