Rede:
ID0406313100

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Dr.: 1
    7. Hesberg.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 63. Sitzung Bonn, den 8. März 1963 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr. Weber (Koblenz) 2901 A Fragestunde (Drucksache IV/1019) Frage des Abg. Dr. Mommer: Unleserliche Stempelabdrucke auf Postsendungen 2901 B Frage des Abg. Hammersen: Waffengesetz Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 2901 D, 2902 A Hammersen (FDP) . . . . . . . 2902 A Frage des Abg. Jahn: Angebliche Entführung des französischen Staatsangehörigen Argoud aus München Dr. Bucher, Bundesminister . . . . 2902 B, 2903 A, B, C, 2904 A, B Jahn (SPD) 2902 D, 2903 A Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . . 2903 A, 2904 A Ritzel (SPD) 2903 B Dr. Mommer (SPD) 2903 C, D Wittrock (SPD) 2903 D Ertl (FDP) 2904 A Frage des Abg. Dr. Czaja: Beschleunigung der Abwicklung des Lastenausgleichs Grund, Staatssekretär . 2904 C, D, 2905 A Dr. Czaja (CDU/CSU) . . 2904 D, 2905 A Fragen des Abg. Vogt: Veröffentlichung von Urteilen des Bundesfinanzhofs Grund, Staatssekretär . . . 2905 B, C, D Vogt (CDU/CSU) 2905 C, D Frage des Abg. Vogt: Wirkung des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 6. März 1953 Grund, Staatssekretär . . 2905 D, 2906 B Vogt (CDU/CSU) . . . . . . . 2906 B Fragen des Abg. Dr. Wuermeling: Wirtschaftliche Benachteiligung der Familien mit Kindern . . . . . . 2906 B Frage der Abg. Frau Schanzenbach: Ausbildungsbeihilfen für soziale und pflegerische Berufe Blank, Bundesminister . 2906 D, 2907 B Frau Schanzenbach (SPD) . . . . 2907 A Frage der Abg. Frau Schanzenbach: Ausbildungsbeihilfen für entlassene Schülerinnen der Volksschule Blank, Bundesminister . . . . 2907 B, C Frau Schanzenbach (SPD) . . . . 2907 C Frage des Abg. Fritsch: Auflösung von Melde- und Zahlstellen für Arbeitslose im Bayerischen Wald Blank, Bundesminister 2907 D, 2908 A Fritsch (SPD) . . . . . 2907 D, 2908 A II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 63. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. März 1963 Frage des Abg. Dr. Rinderspacher: Erfahrungen mit Maschendrahtzäunen in den USA Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 2908 B Frage des Abg. Oetzel: Bedingungen für Zulassung von Öltransportwagen . . . . . . . . 2908 D Frage des Abg. Stingl: Erhöhung der Flugpreise von und nach Berlin Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 2908 D, 2909 C, D Frau Dr. Maxsein (CDU/CSU) . . . 2909 C Stingl (CDU/CSU) 2909 C, D Frage des Abg. Kubitza: Autobahnstrecken Würzburg— Schweinfurth und Schweinfurth —Brückenau Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 2909 D, 2910A Kubitza (FDP) . . . . . . . . 2910 A Frage des Abg. Dr. Mommer: Verzeichnisse über Ankunft und Abfahrt von Zügen Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 2910.A Frage des Abg. Wittrock: Halteverbot an Feuerlöschhydranten Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 2910 B, C, 2911 A Wittrock (SPD) . . . . 2910C, 2911 A Frage des Abg. Dr. Mommer: Züge mit Dampflokomotiven wegen Strommangels Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 2911 A, C Dr. Mommer (SPD) . . . . . . . 2911 C Frage des Abg. Dr. Mommer: Zugverspätungen im Dezember 1962 Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 2911 D Frage des Abg. Liehr: Tariferhöhung im Flugverkehr von und nach Berlin Dr. Seiermann, Staatssekretär . 2912 A, B, C Liehr (SPD) 2912 B Börner (SPD) . . . . . . . . 2912 C Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Behebung der Frostschäden Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 2912 C, 2913 A Schmidt (Kempten) (FDP) . . . . 2913 A Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes über die Sicherstellung von Leistungen auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft (CDU/CSU, FDP) (Drucksache IV/979) — Zweite und dritte Beratung — 2913 A Entwurf eines Gesetzes über die Handwerkszählung 1963 (Handwerkszählungsgesetz 1963) (Drucksache IV/876) ; Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksache IV/988) — Zweite und dritte Beratung — 2913 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Fristen des Gesetzes über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht (SPD) (Drucksache IV/900) — Erste Beratung —; in Verbindung mit dem Entwurf eines Gesetzes über Wohnbeihilfen (CDU/CSU, FDP) (Drucksache IV/971) — Erste Beratung — Jacobi (Köln) (SPD) 2913 D Dr. Hesberg (CDU/CSU) 2918 A Lücke, Bundesminister 2921 A Hammersen (FDP) 2923 A Frau Berger-Heise (SPD) 2923 C Dr. Czaja (CDU/CSU) 2925 B Große Anfrage betr. Neuordnung der Kriegsopferversorgung (SPD) (Drucksache IV/882) Riegel (Göppingen) (SPD) . . . . 2928 D Blank, Bundesminister . 2931 B, 2945 D, 2949 B Stingl (CDU/CSU) . . . . . . . 2932 A Fritsch (SPD) . . . . . .. . . 2935 A Dr. Rutschke (FDP) . . . . . . . 2938 D Maucher (CDU/CSU) . . . . . . 2942 B Frau Schanzenbach (SPD) . . . . 2943 A Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . . 2946 B Reichmann (FDP) . . . . . . . 2947 B Bazille (SPD) . . . . . . . . ..2947 D Dorn (FDP) 2949 C Josten (CDU/CSU) . . . . . . 2950 B Höhmann (Hessisch-Lichtenau) (SPD) 2950 D Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 63. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. März 1963 III Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes (Drucksache IV/1021) — Erste Beratung — Dr. Mommer (SPD) 2952 A Entwurf eines Gesetzes zu dem. Abkommen vom 30. April 1962 mit der Republik Peru über den Luftverkehr (Drucksache IV/973) — Erste Beratung — 2952 B Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes (3. ÄndG KgfEG) (Drucksache IV/997) — Erste Beratung — . . . 2952 B Entwurf eines Gesetzes über die Gewährung von Darlehen zur Ablösung von Schweizerfranken-Grundschulden (Abg. Frau Pitz-Savelsberg, Dr. Hesberg, Dr. Kopf, Stiller u. Gen.) (Drucksache IV/953) — Erste Beratung — 2952 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (CDU/CSU, FDP) (Drucksache IV/902 [neu]) — Erste Beratung — 2952 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes (Drucksache IV/923) — Erste Beratung — 2952 D Mündlicher Bericht des Ausschusses für Inneres über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Abschlußgesetz zur Gesetzgebung nach Artikel 131 GG (Drucksachen IV/800, IV/969) 2952 D Mündlicher Bericht des Immunitätsausschusses betr. Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Abg. Unertl (Drucksache IV/975) Wittrock (SPD) 2953 A Mündlicher Bericht des Immunitätsausschusses betr. Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Abg. Dr. Dörinkel (Drucksache IV/976) Dr. h. c. Güde (CDU/CSU) . . . . 2953 C Ubersicht 10 des Rechtsausschusses über Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache IV/994) 2953 D Entschließungen der 51. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union (Drucksache IV/880) 2953 D Einundfünfzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1962 (Zollaussetzungen 1963 — II. Teil) (Drucksache IV/987) 2953 D Antrag betr. Anrufung des Vermittlungsausschusses (Abg. Dr. Siemer, Wittmer-Eigenbrodt, Bading, Müller [Worms], Logemann u. Gen.) (Drucksache IV/951) Dr. Siemer (CDU/CSU) 2954 A Antwort des Bundesministers des Innern betr. Einführung der Fünf-Tage-Woche in der Bundesverwaltung (Drucksachen IV/913, IV/1026) 2954 B Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Verringerung von Abschöpfungssätzen bei der Einfuhr von Eiprodukten (Drucksache IV/1017) . . . 2954 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (FDP, CDU/ CSU) (Drucksache IV/974) 2954 D Nächste Sitzung 2954 D Anlagen 2955 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 63. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. März 1963 2901 63. Sitzung Bonn, den 8. März 1963 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Adorno 8. 3. Dr. Arndt (Berlin) 16. 3. Dr. Arnold 8. 3. Dr. Atzenroth 8. 3. Dr. Dr. h. c. Baade 31. 3. Bals 9. 3. Bazille 8. 3. Dr. Bechert 15. 3. Frau Beyer (Frankfurt) 8. 3. Birkelbach* 8. 3. Dr. Birrenbach 8. 3. Fürst von Bismarck 8. 3. Frau Blohm 16. 3. Frau Brauksiepe 8. 3. Dr. Dichgans 8. 3. Frau Dr. Diemer-Nicolaus 8. 3. Frau Döhring (Stuttgart) 8. 3. Dr. Dörinkel 15. 3. Dr. Dr. h. c. Dresbach 31. 3. Frau Eilers 15. 3. Eisenmann 8. 3. Figgen 20. 4. Dr. Frey (Bonn) 8. 3. Dr. h. c. Friedensburg 8. 3. Dr. Fritz (Ludwigshafen) 8. 3. Funk (Neuses am Sand) 31. 3. Dr. Furler 8. 3. Gaßmann 8. 3. Gehring 8. 3. Geiger 8. 3. Frau Geisendörfer 8. 3. Gerlach 8. 3. Gems 8. 3. Gewandt 8. 3. Dr. Gleissner 8. 3. Günther 8. 3. Haage (München) 8. 3. Hahn (Bielefeld)* 8. 3. Dr. Hahn (Heidelberg) 12. 3. Hauffe 16. 3. Heiland 8. 3. Hellenbrock 31. 3. Hoogen 8. 3. Hörmann (Freiburg) 8. 3. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Horn 15. 3. Dr. Imle 11. 3. Katzer 31. 3. Kemmer 8. 3. Frau Dr. Kiep-Altenloh 10. 3. Kohlberger 8. 3. Dr. Kreyssig* 8. 3. Kühn (Hildesheim) 8. 3. Kurlbaum 8. 3. Leber 8. 3. Leonhard 8. 3. Lohmar 30. 4. Maier (Mannheim) 8. 3. Majonica 8. 3. Dr. Mälzig 8. 3. Margulies* 8. 3. Mattick 8. 3. Mauk 8. 3. Meis 8. 3. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 15. 3. Michels 8. 3. Dr. Miessner 8. 3. Müller (Berlin) 31. 3. Müller (Remscheid) 8. 3. Murr 8. 3. Nieberg 8. 3. Frau Dr. Pannhoff 30. 3. Frau Dr. Probst 8. 3. Richarts 8. 3. Dr. Rieger (Köln) 27. 3. Frau Rudoll 8. 3. Ruland 8. 3. Schlick 8. 3. Schultz 8. 3. Dr. Schwörer 8. 3. Seither 11. 3. Seuffert 8. 3. Stooß 8. 3. Storm 8. 3. Strauß 18. 3. Striebeck 8. 3. Frau Strobel* 8. 3. Dr. Tamblé 8. 3. Tobaben 8. 3. Unertl 8. 3. Frau Vietje 31. 3. Wacher 15. 3. Walter 8. 3. Dr. Weber (Koblenz) 15. 3. Wilhelm 8. 3. Wischnewski 8. 3. 2956 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 63. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. März 1963 Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Wittmer-Eigenbrodt 30. 4. Frau Zimmermann (Brackwede) 8. 3. Dr. Zimmermann (München) 8. 3. b) Urlaubsanträge Dr. Frede 20. 4. Dr. Hellige 20. 4. Anlage 2 Umdruck 207 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Handwerkszählung 1963 (Handwerkszählungsgesetz 1963) (Drucksachen IV/876, IV/988). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In § 4 wird Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe a gestrichen. 2. In § 4 wird der Absatz 1 Nr. 5 gestrichen. 3. Hinter § 5 Nr. 5 wird eingefügt: „6. das Lebensalter und die Staatsangehörigkeit des Inhabers; 7. die Rechtsverhältnisse an den Räumen, die dem Betriebe des Handwerks dienen." Bonn, den 6. März 1963 Ollenhauer und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Werner Jacobi


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident, ich bitte sehr um Entschuldigung. Aber die Verständigung in
    *) Siehe Anlage 2



    Jacobi (Köln)

    diesem Hause ist um so schlechter, je weiter vorn man sitzt. Ich habe nicht richtig verstanden, daß Sie bereits den Gesetzentwurf Drucksache 900 aufgerufen hatten. Ich darf namens der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion diesen Gesetzentwurf begründen.
    Meine Damen und Herren! Das Gesetz über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht, im Volksmund kurz „Lücke-Plan" genannt, hat bekanntlich für seine Abbaumaßnahmen Fristen gesetzt. Mit dem Ende des Jahres 1965 sollen im ganzen Bundesgebiet die Wohnraumbewirtschaftung, die Bindung der Mietpreise und der Mieterschutz in seiner bisherigen Form entfallen. Dieser Übergang in die Marktwirtschaft mit den erwähnten, tief in die bisherigen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse eingreifenden Begleiterscheinungen ist nach dem Gesetz für die sogenannten „weißen Kreise", d. h. für die Stadt- und Landkreise mit einem statistischen Wohnungsdefizit von unter 3 %, bereits für den 1. Juli 1963 vorgesehen. Nach allem, was bisher bekanntgeworden ist, werden von dieser globalen Zwischenregelung etwa 300 Stadt- und Landkreise des Bundesgebiets berührt.
    Der Gesetzentwurf, der heute zur ersten Beratung ansteht und der Ihnen mit der Drucksache IV/900 vorliegt, will das erwähnte Datum des 1. Juli 1963 durch das Datum des 1. Juli 1964 ersetzen. Ich darf ihn namens der sozialdemokratischen Fraktion begründen und die Bitte aussprechen, ihm zur alsbaldigen Beratung an den Ausschuß für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung zu überweisen.
    Die sozialdemokratische Gesetzesinitiative zielt nicht auf eine Aufhebung des Abbaugesetzes, sondern auf die Überprüfung seiner Fristen ab. Auch wir Sozialdemokraten sind nicht gegen eine Einordnung der Wohnungswirtschaft in das System der sozialen Marktwirtschaft. Wir sind jedoch der Auffassung, daß für eine solche marktwirtschaftliche Regelung andere objektive Voraussetzungen geschaffen werden müssen, als sie zur Zeit vorliegen. Wir halten demgemäß die vom zweiten Bundestag mit dem Abbaugesetz festgelegten Fristen für verfrüht und im Hinblick auf die Grundsätze einer sozialrechtsstaatlichen Ordnung für bedenklich, ja für unvertretbar.
    Bei der Verabschiedung des Abbaugesetzes sind Daten über die Entwicklung des Wohnungsbaus und statistische Zahlen zugrunde gelegt worden, die sich heute als viel zu optimistische Prognosen oder sogar als irreal herausstellen. Man hörte und las damals unter anderem: Es wird weiter gebaut wie bisher; dabei behält der soziale Wohnungsbau den Vorrang.— Das ist ein Zitat aus einer amtlichen Schrift des Bundeswohnungsbauministeriums. Es ist in der Tat weitergebaut worden, doch mit rückläufigen Entwicklungen des sozialen Wohnungsbaus, der im Jahre 1962 nur noch einen Anteil von 39 v. H. der fertiggestellten Wohnungen aufwies — 1962, meine Damen und Herren! Und was wird schließlich erst im Jahre 1963 in dieser Hinsicht festzustellen sein?! Meinen Sie denn wirklich, der langandauernde Winter werde nur Frostaufbrüche auf unseren Straßen
    zeitigen? Ist nicht jedem von uns klar, daß alle Wohnungsbauten terminlich eine zusätzliche Verzögerung erfahren haben? Das aber bedeutet, daß beim Abbau des Wohnungsdefizits zusätzliche Erschwerungen eingetreten sind, mit denen bei der Verabschiedung der Lücke-Gesetze im Jahre 1960 niemand gerechnet hat und niemand rechnen konnte.
    Meine Damen und Herren, das ist festzustellen bei einem an sich schon besorgniserregenden Bauüberhang von annähernd 800 000 Wohnungen. Nach den in den letzten Tagen bekanntgewordenen statistischen Zahlen beträgt dieser Überhang 784 000 Wohnungen. Allein der Winter hat es mit sich gebracht, daß in diesem Jahr an die 120 000 Wohnungen weniger gebaut werden. Vielleicht ist dieses frostbedingte Manko sogar noch größer. Das will, das muß beachtet werden; denn allein diese Tatsachen haben die im Jahre 1960 hinsichtlich der Beseitigung des Wohnungsdefizits selbstsicher kundgegebenen Prognosen fragwürdig gemacht.
    Sie selbst haben in gelegentlichen Verlautbarungen keinen Zweifel darüber gelassen, daß Sie auf diese Dinge achten wollen. Ich entsinne mich einer Veröffentlichung aus der Feder des Kollegen Mick, in der darauf hingewiesen wurde: Wenn in der Tat die Nachprüfung der statistischen Daten ergebe, daß diese auf Irrtümern beruhten, müsse an die Überprüfung der Fristen herangegangen werden. Es ist meine Aufgabe, darzutun, daß dazu schon jetzt eine Notwendigkeit besteht.
    Ich habe also auf eine Reihe von Umständen hingewiesen, die vielleicht überraschend, nicht voraussehbar, in jedem Fall aber erschwerend eingetreten sind. Darüber hinaus ist daran zu denken — und es ist eine gewisse Konsequenz aus Tatsachen zu ziehen —, daß zum Beispiel vorausgesagte Entwicklungen ausgeblieben sind, die direkt und indirekt Voraussetzungen für einen Übergang zu marktwirtschaftlichen Regelungen dargestellt hätten. Ich brauche nur stichwortartig einige dieser Punkte zu erwähnen.
    Der Baulandmangel hat seit der Verabschiedung des Abbaugesetzes keinerlei Milderung erfahren. Die Baulandnot blieb und bleibt ein akutes Problem, das nicht gelöst worden ist, und es ist auch heute noch nicht abzusehen, wie sie angesichts der Passivität der Bundesregierung und der Mehrheit dieses Hauses in bezug auf dieses Problem erleichtert werden soll. Die Baulandaktion des Bundes, lauthals vor den Bundestagswahlen als ein Mittel zur Auflockerung des Bodenmarktes und zur Dämpfung der Baulandpreise angekündigt, hat sich als ein Fehlschlag sondergleichen, als völlig wirkungslos erwiesen. Wenige hundert Hektar, weit verstreut dazu, sind vom Bund zur Verfügung gestellt worden. Es sollten ursprünglich 40 000 ha werden. Es gab viele, die den damit betriebenen Zahlengaukeleien — davon muß man schon sprechen — eine Zeitlang geglaubt haben. Fürwahr, eine „schöne" Baulandaktion!
    Die Baulandpreise sind munter weiter gestiegen. Wo sie zum Stillstand gekommen sind, geschah dies
    Deutscher Bundestag— 4. Wahlperiode — 63. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. März 1963 2915
    Jacobi (Köln)

    auf der schwindelnden Höhe legalisierter Schwarzmarktpreise oder von Verkehrswertpreisen, die jeder Vernunft spotten und die sowohl den Baulandsparern wie .den Trägern von Mietwohnungsbauten unverändert größte Sorge bereiten.
    Die anderslautenden, selbstsicheren Prognosen der Bundesregierung haben sich nicht erfüllt. Sie wurden erneut verkündigt, als die Abbaugesetze hier zur Beratung anstanden.
    Auch das vielgerühmte Bundesbaugesetz hat als Instrument der Bodenordnung versagt. Baustoppmaßnahmen, von denen man sich preisregulierende Wirkungen versprach, haben ebenfalls keinerlei Hilfe gebracht, kurz, eine ganze Reihe von Hoffnungen sind gestrandet, die als Voraussetzungen für eine forcierte Behebung des Wohnungsmangels gegolten haben.
    Doch über diese an sich schon gravierenden Tatsachen hinaus besteht Anlaß, ein kritisches Wort zu dem zu sagen, was im Zusammenhang mit den angekündigten Maßnahmen des Abbaugesetzes geschehen oder unterblieben ist. Erst heute liegt uns ein Gesetzentwurf zur endgültigen Regelung der Miet- und Lastenbeihilfen, der Entwurf des sogenannten Wohnbeihilfengesetzes vor, jedoch nicht als Regierungsvorlage, sondern als Initiativgesetzentwurf der Koalitionsparteien. Zu ihm wird im weiteren Verlauf unserer Verhandlungen noch Stellung zu nehmen sein, sobald der Herr Kollege Dr. Hesberg diesen Koalitionsentwurf begründet hat.
    Ich darf mich auf den Hinweis beschränken, daß die Bundesregierung über einen Referentenentwurf zu dieser Materie nicht hinausgekommen ist, obwohl seit der Verabschiedung des Abbaugesetzes mehr als zwei Jahre vergangen sind und obwohl das Inkrafttreten eines solchen Gesetzes die Voraussetzung für die Aufhebung der Wohnraumbewirtschaftung, die Freigabe der Mietpreise und die Beendigung des bisherigen Mieterschutzes ist.
    Zu diesem unabdingbaren gesetzlichen Junktim kommt das moralische Junktim hinzu, das mit der Schaffung eines sozialen Miet- und Wohnrechts angekündigt worden ist. Auch hier hat sich die Bundesregierung unvorstellbar viel Zeit genommen, um dem Bundestag eine Vorlage zu unterbreiten. Erst vor wenigen Wochen konnte die erste Lesung des Entwurfs stattfinden.
    Das bisher Gesagte, meine Damen und Herren, würde allein ausreichen, um die Frage zu rechtfertigen, wer es unter solch widrigen Umständen wagen kann, die Fristen des Abbaugesetzes aufrechtzuerhalten und demgemäß am 1. Juli 1963 in den sogenannten weißen Kreisen marktwirtschaftliche Regelungen an die Stelle der bisherigen Preisbindungen und des Mieterschutzes treten zu lassen. Aber. stimmen denn, völlig unabhängig von dem bisher Dargelegten, die statistischen Daten überhaupt, auf die die vorgesehene gebietsweise Aufhebung der Wohnraumbewirtschaftung, des bisherigen Mieterschutzes und der Mietpreisbindungen zum 1. Juli 1963 gestützt wird? Nun, wir werden sehen.
    Zunächst: Wie wird denn dieses Defizit überhaupt festgestellt? Man muß sich das vor Augen führen, um Klarheit über die gesamte Problematik zu erhalten.
    Die Berechnung des Wohnungsfehlbestandes richtet sich nach Art. II § 3 c Abs. 2 des Abbaugesetzes. Danach ergibt sich die Zahl der fehlenden Wohnungen aus der Differenz der Zahl der Wohnparteien und der Zahl der vorhandenen Normalwohnungen. Der Wohnungsbestand wird nach der amtlichen Statistik über die Bautätigkeit auf Grund der jährlichen Reinzugänge fortgeschrieben. Die Zahl der Wohnparteien andererseits wird aus der amtlich fortgeschriebenen Einwohnerzahl errechnet, indem man das Verhältnis der Wohnparteien zur Einwohnerzahl nach der Wohnungsstatistik 1956/57 auf die fortgeschriebenen Einwohnerzahlen überträgt. Von der so errechneten Zahl der Wohnparteien zählen alle Mehr-Personen-Haushalte und 50 %, in den Großstädten 60 % aller Ein-Personen-Haushalte als Wohnungsbedarfsträger.
    Der Aussagewert der auf diese Weise zustande gekommenen Statistik aber ist höchst problematisch. Denn diese Statistik ergibt ein rein rechnerisches Wohnungsdefizit, das sich nur bedingt mit dem tatsächlichen Bedarf deckt. Auf einige Fehlerquellen sei hingewiesen.
    Erstens. Die Berechnungsmethode unterstellt, daß die Zusammensetzung der Haushalte nach ihrer Größe seit 1956 unverändert geblieben ist. In Wirklichkeit sind die Zahl der tatsächlichen Haushalte und die damit verbundenen zahlenmäßigen Wohnansprüche größer geworden. Man denke in diesem Zusammenhang nur daran, daß die besonders geburtenstarken Jahrgänge der letzten Vorkriegsjahre inzwischen heiratsfähig und heiratswillig geworden sind. Sie drängen aus der bisherigen, oft mit den Eltern geteilten Wohnungseinheit hinaus.
    Zweitens. Viele inzwischen für freiberufliche und gewerbliche Zwecke zweckentfremdete Wohnungen werden nach wie vor dem Wohnungsbestand zugerechnet.
    Drittens. In Eigennutzung genommene Einliegerwohnungen erscheinen in der Fortschreibung nicht als Abgang.
    Viertens. Doppelwohnungen decken den Wohnbedarf für nur einen Haushalt, erscheinen aber im Gesamtwohnungsbestand als Normalwohnungen, was sich heute besonders in vielen Landkreisen auswirkt und worüber ich Ihnen nachher einige Zahlen vortragen werde.
    Fünftens. Es erfolgt keine Erfassung von Einpendlern, von denen Hunderttausende an den Platz ihrer Arbeitsstätte ziehen möchten.
    Sechstens. Ebensowenig wie über den Einpendlerbedarf ergibt die Statistik Anhaltspunkte für den Wohnungsbedarf, der sich bei den nach einer besseren oder größeren Wohnung Suchenden oder aus der Unzulänglichkeit schlechter, auch durch Modernisierung nicht mehr verbesserungsfähiger Wohnungen ergibt. Alle diese unzureichenden Wohnungen aber werden schematisch als Normalwohnungen angerechnet. Statistisch ist also keine Problem zu er-

    Jacobi (Köln)

    kennen; Wohnung gilt gleich Wohnung. Wir wissen aber allein aus der Repräsentativerhebung, die durch Befragung von 1 % aller Haushalte des Bundesgebiets 1960 erfolgt ist, daß ein riesiger zusätzlicher Wohnungsbedarf angemeldet ist. Er geht in die Hunderttausende allein in den Fällen, in denen Haushalte ihre derzeitige Wohnung wechseln wollen, beileibe nicht aus einem Sozialprestigedenken, sondern wegen billigenswerter, bisher zu kurz gekommener Wohnansprüche. Unsere Statistik, die die „weißen Kreise" betrifft, sagt auch hierüber nichts aus. Sie kennt das Problem einfach nicht.
    Ganz allgemein wird durch die Defizitberechnung der Wohnungsfehlbestand als eine rein statistische Kategorie angegangen. Die wohnungsmarktpolitisch entscheidende Frage nach den Wohnungswünschen der Bevölkerung und den Notwendigkeiten, ihnen hinsichtlich der Größe, Qualität und Lage der Wohnungen in Verbindung mit Mieten, Lasten und Einkommen Rechnung zu tragen, d. h. der Fehlbestand als marktwirtschaftliche Kategorie wird nicht erfaßt.
    Aber selbst wenn man das alles, meine Damen und Herren, unberücksichtigt ließe, selbst wenn man sich also mit den statistischen Berechnungen abfände, ergibt eine Überprüfung der statistischen Daten bei einer Gegenüberstellung der Berechnungsbasis von 1956, die der Berechnung der weißen Kreise bekanntlich zugrunde gelegt wird, zu der Berechnungsbasis der Gebäudezählung von 1961 erstaunliche und überraschende Ergebnisse. Von Flensburg bis Konstanz wird nicht nur von den örtlichen Behörden 1 darauf hingewiesen, daß die statistischen Daten aus dem Jahre 1956 keinen realen Aussagewert haben, sondern auch die amtlichen Zahlen der Statistischen Landesämter bestätigen dies. Sie zeigen in vielen Fällen, daß die neueren Zahlen, nämlich die von 1961, keine Minderung des Wohnungsdefizits, sondern eine Steigerung ausweisen. Ich beschränke mich bei den Beispielen, die ich nunmehr anführe, auf solche amtlichen Zahlen, berücksichtige also bewußt keine örtlichen Angaben, die auf privaten Berechnungen oder solchen der kommunalen Verwaltungen beruhen.
    Ich greife zwei Länder heraus. Zunächst Nordrhein-Westfalen. Hier ergibt sich bei der Gegenüberstellung der Zahlen von 1956 - das ist immer die erste Zahl, die ich nenne - zu den Zahlen auf der Berechnungsbasis von 1961 - das ist die zweite Vomhundertziffer, die ich nenne - folgende Unterschiedlichkeit bei einer ganzen Reihe von Städten und Landkreisen:
    Stadt Düsseldorf: Wohnungsdefizit auf der Basis von 1956 7,9 %, auf Grund der Berechnungen von 1961 13,2 %. Stadt Duisburg: 1956 3,3 %, 1961 7,5 %. Krefeld: 10,3 %, zweite Zahl: 19,7 %. Oberhausen: 2,6 % - ein weißer Kreis, als Stadtkreis mitten im Ruhrgebiet -, in Wirklichkeit 4,1 %. Das und was ich noch an Zahlen nenne sind die amtlichen Ziffern des Landesstatistischen Amtes aus dem Jahre 1961. Stadt Bonn: 1956 13 %, 1961 dagegen 19,9%. Köln: 8,6 % gegenüber 13 %.

    (Abg. Dr. Czaja: In diesen Kreisen wird der Mietpreis nicht freigegeben!)

    - Nein, das ist kein weißer Kreis, das weiß ich auch, Herr Kollege; aber ich nenne eine ganze Reihe von Zahlen, um darzutun, daß die statistischen Unterlagen einfach nicht in Ordnung sind, daß man auf diese die Entscheidungen nicht stützen darf, die Sie mit dem Abbaugesetz getroffen haben, und daß sich die Konsequenzen nunmehr im Einzelfall bei den weißen Kreisen schon am 1. Juli dieses Jahres zeigen. Wir wollen doch hier nicht so tun, als ob wir nicht alle wüßten, worum es geht. Ich kann Ihnen auch weiße Kreise nennen, daß Ihnen die Augen übergehen; Sie werden das gleich noch erleben.

    (Abg. D. Czaja: Los!)

    Stadt Münster: 6,9 % - 11,8%. Recklinghausen: 0,2 % - das ist ein weißer Stadtkreis - 3,7 %; Landkreis Recklinghausen: 2,4 % - das ist ein weißer Landkreis - 3,1 %. Beckum: dieselben Zahlen, 2,4 % auf der Basis von 1956, 3,1 % auf der Basis von 1961. Und so geht es fort: Landkreis Lübbecke: 0,5% auf der Basis der Berechnung von 1956, also ein weißer Kreis, der so weiß ist, wie was weiß ich nur;

    (Heiterkeit)

    in Wirklichkeit, meine Damen und Herren, ergibt die Berechnung auf der Basis von 1961 statt der genannten 0,5 % beim Landkreis Lübbecke 5,8 %.

    (Dr. Czaja: Dann bleibt der in der Mietpreisbindung!)

    - Nein, er bleibt eben nicht in der Wohnraumbewirtschaftung, er bleibt nicht unter den bisherigen Bedingungen, wenn keine neuen Entscheidungen ergehen; und was sich dann entwickelt, wissen Sie selber. Trösten Sie doch nicht die Leute, die damit gar nicht getröstet werden können.
    Stadt Bochum - weißer Kreis -: 2,4 %, in Wirklichkeit 4,5 %; Stadt Dortmund: 1,8 %, in Wirklichkeit 4,1%; Herne auf der Basis von 1956 1,9 %, in Wirklichkeit 4 %. So geht das fort. Stadt Siegen, ebenfalls ein weißer Kreis, auf 'der Basis von 1956 2 %, auf Grund der neuen Berechnungen 11,9 %. Als Letztes aus Nordrhein-Westfalen - ich könnte die Vorlesung aus der Gesamtstatistik fortsetzen -: Landkreis Siegen auf der Basis von 1956 3,5 %, auf der von 1961 11,4 % Wohnungsdefizit.
    Ich glaube nicht, meine Damen und Herren, daß Sie sich damit zufrieden geben können, solche gravierenden Unterschiede zur Kenntnis zu nehmen. Ich glaube nicht, daß Sie sie mit einer Handbewegung abtun können: Na ja, es wird trotzdem nicht viel passieren. Das geht nicht.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Das zweite Land, über das ich Ihnen berichten werde, ist Hessen. Hier werde ich mich, um Ihre Geduld nicht allzusehr in Anspruch zu nehmen - obwohl die Sache es wert wäre, sehr eingehend erörtert zu werden -, darauf beschränken, die Zahlen aus den weißen Kreisen, und zwar aus den Landkreisen, zu nennen. Hier zeigt sich mit einer frappierenden Deutlichkeit, wie ungeeignet die pauschale Bewertung der Kreise zur Analyse des Wohnungsdefizits ist.

    Jacobi (Köln)

    Die detaillierte Beobachtung der Kreise ergibt folgendes Bild.
    Erstens: Landkreis Limburg. Das offizielle Defizit beträgt 2,1 %. Aber von 51 Gemeinden dieses Landkreises weisen 29 - das sind 57 % - ein Defizit von mehr als 3 % auf. Ich nenne einige dieser Gemeinden: Stadt Camberg 8,5 %; jetzt kommen kleinere Gemeinden: Gemeinde Dauborn 9,3 %, Dorndorf 15,2 %, Frickhofen 13,9 %, Haintchen 12,9 %, Lahr 18,5 %, Mahneneich, ein kleiner Ort, 42,6 %, Neederbreck 12,3 %, Niederweyer 43,4 %, Niederzeuzheim 19,8 %, Werschau 21,6 %, Wilsenroth 15,4 %.
    Zweitens: Landkreis Usingen. Das ist einer von den Kreisen, in denen sich die Zweitwohnungen bemerkbar machen, über die ich soeben schon sprach. Hier liegt ein amtliches Wohnungsdefizit von 2,995 % vor, also von etwas unter 3 %. In diesem Landkreis Usingen mit 43 Gemeinden weisen 21 Gemeinden ein Defizit von mehr als 3 % auf. Das sind immerhin auch hier 49 % der Gemeinden dieses Kreises. Die Gemeinde Arnoldshain hat ein Defizit von 5,6 %, die Gemeinde Brombach eines von 24,1 %. Weitere Gemeinden dieses Kreises: Eschbach 9,8 %, Finsternthal 14,3 %, Hundstadt 16,9 %, Neunstadt 35,4 %, Seelenberg 9,2 %, die Stadt Usingen 9,2 % und die Gemeinde Wilhelmsdorf 35 % Defizit.
    Dritter Kreis: Landkreis Bergstraße. Offizielles Defizit: 2 %. Von 104 Gemeinden weisen 52 ein Defizit von mehr als 3 % auf. Das sind 50 % der beteiligten Gemeinden. Ich nenne hier folgende Gemeinden: Biblis 10,5 %, Bobstadt 23,1 %, Bürstadt 18,8 %, Ellenbach 25,5 %, Elmshausen 12,2 %, Fehlheim 24,2 %, Hambach 18,7 %, Hofheim 24,6 %, Nieder-Liebersbach 19,8 %, Nordheim 16,8 %, Rodau 31,5 %, Wald-Erlenbach 19,4 %, Zotzenbach 18 %.
    Ich nenne Ihnen jetzt nur noch einen Kreis, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich weiß, solche Zahlen sich anzuhören, ist an sich schon unangenehm. Aber wenn man sich auch noch Gedanken darüber macht, was hinter diesen Zahlen steckt, dann ergibt sich, daß das noch viel unangenehmer als bei anderen Fällen ist, bei denen man es mit Statistik zu tun hat. Zahlen der Statistik erscheinen ja immer tot; aber hinter ihnen verbergen sich Leben und Schicksale.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Als letzter Landkreis aus Hessen der Landkreis Hersfeld! Er hat ein offizielles Defizit von 2,5 %. Von 82 Gemeinden weisen hier 50 Gemeinden ein Difizit von mehr als 3 % auf; das sind 60 %. Die Gemeinde Asbach hat ein Defizit von 4 %, Friedewald 13,2%, Friedlos 11,1%, Humboldshausen 19%, Niederaula 10,1 %, Obergeis 28,1 %, Röhrigshof 19,2 %, Wölfershausen 5,7 %.
    Ich könnte diese Darstellung fortsetzen und könnte über den Landkreis Kassel berichten, der ein Defizit von 2,9 % hat und in dem 19 Gemeinden ein Defizit von mehr als 3 % aufweisen, darunter Sätze bis zu 38 %. Ich könnte über den Landkreis Dieburg berichten, der ein offizielles Defizit von 2,3 % hat
    und bei dem 35 von insgesamt 51 Gemeinden ein Defizit aufweisen, das über 3 % liegt, im Höchstfalle bei einer Gemeinde - das ist die Gemeinde Ricken - bei 45,3 %
    All das ist auf Grund der amtlich zugänglichen Zahlen nachprüfbar. Ich glaube, wir sollten uns schon jetzt darüber im klaren sein, welches Gewicht hinter diesen Zahlen steckt. Die genannten Zahlen sollten uns alle - auch Sie - nachdenklich stimmen. Sie zeigen die Problematik von Statistiken, die global auf Verhältnisse in den politischen Kreisen abstellen und die örtliche Situation außer acht lassen. Ich habe - auch das wollen Sie bitte bedenken - nur eine beschränkte Anzahl von Beispielen angeführt. Allein die hierbei dargelegten zahlenmäßigen Widersprüche gegenüber den Berechnungsgrundlagen für die weißen Kreise, wie sie heute amtlich zugrunde gelegt werden, sollten uns zur Vorsicht mahnen. In jedem Falle machen sie eine sorgfältige Überprüfung der gesamten Lage erforderlich. Sie sollten auch Ihnen zu denken geben. Sie sollten dabei darauf achten, daß es nicht uninteressant ist, daß ausgerechnet in den ländlichen Gebieten, von denen wir meist die Vorstellung haben, es gebe dort keine Wohnungsprobleme, nach wie vor Wohnungsnot besteht, von den Ballungsgebieten einmal ganz abgesehen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Bitte, setzen Sie sich nicht dem späteren Vorwurf aus, Sie hätten unsere besorgten Mahnungen mit einer Handbewegung abgetan. Unser Gesetzentwurf will Ihnen die Möglichkeit einer sorgfältigen Überprüfung der Aufhebungsfristen geben. Er will die Frist für die weißen Kreise nur um ein Jahr - auf den 1. Juli 1964 - verschieben. Wir haben diese kurze Verschiebung vorgeschlagen, um Ihnen die Zustimmung zu erleichtern. Es geht uns bei unserer Gesetzesvorlage - wie ich eingangs bemerkt habe - nicht darum, marktwirtschaftliche Regelungen zu verhindern, sondern die zeitliche Vertretbarkeit ihrer Einführung sachlich überprüfen zu lassen. So, wie die Dinge im Augenblick stehen, ist der 1. Juli 1963 kein vertretbares Datum.
    Eine der Zwischenüberschriften der vom Bundeswohnungsbauministerium herausgegebenen Schrift: „Grundsätze, Leistungen, Aufgaben der Wohnungsbaupolitik der Bundesregierung" lautet: „Freiheit ohne Experimente". Uns scheint, daß unser Gesetzentwurf dieser These Rechnung trägt und daß es fürwahr ein Experiment, und zwar ein unverantwortliches, sein würde, wenn Sie unseren Entwurf nicht ernst nehmen würden. Vielleicht mag bei denen unter Ihnen, die sich mit der Komplexität der Materie nicht beschäftigen konnten, bisher die Meinung geherrscht haben, es stehe doch nur die Frage an, ob das gesetzliche Junktim - die Wohnbeihilfe - noch rechtzeitig verwirklicht werden könnte. Meine Damen und Herren, das ist doch nur eines der offenen Probleme. Selbst wenn es terminlich noch unter Dach und Fach gebracht werden sollte und selbst wenn es sachlich zufriedenstellend gelöst werden könnte, woran doch einige Zweifel berechtigt erscheinen, bleibt die Tatsache, daß seit der



    Jacobi (Köln)

    1 Verabschiedung des Abbaugesetzes manches schief gelaufen ist. Wichtige Voraussetzungen haben sich nicht erfüllt, und die Statistiken täuschen.
    Bedenken Sie dies bitte und helfen Sie mit, unzähligen Mietern in den sogenannten weißen Kreisen die Sorge zu nehmen, daß sie in eine wirtschaftliche, sozial nicht vertretbare Bedrängnis geraten! Auch den Vermietern wird daran liegen, daß der Übergang in eine marktwirtschaftliche Ordnung sich ohne vermeidbare Reibungen vollzieht, daß er objektiv vertretbar ist und als allgemein billigenswerte Regelung den Rechtsfrieden beibehält. Unser Gesetzesantrag stellt hierzu die Brücke dar. Er bewahrt Sie vor einem Experiment, das Ihnen nur Starrsinn und Blindheit eingeben könnten, vor dem Sie Vernunft und staatspolitisches Verantwortungsbewußtsein jedoch bewahren sollten.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Hesberg.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Carl Hesberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da mir namens der Koalitionsfraktionen die Begründung des Gesetzentwurfs über Wohnbeihilfen obliegt, darf ich einleitend bemerken, daß die Regierungsparteien die soeben vorgetragenen Auffassungen zum Termin des 1. Juli 1963 nicht teilen. Im Verlauf der Aussprache werden die Argumente der Opposition seitens der Regierung und gegebenenfalls auch von Vertretern der Koalitionsparteien entkräftet werden.
    Da der Vollzug der 1960 beschlossenen Maßnahmen zum Abbau der Wohnungszwangswirtschaft, nämlich die Anhebung der Altbaumieten und die stufenweise Aufhebung der Wohnraumbewirtschaftung, bisher nirgends zu nennenswerten Schwierigkeiten geführt hat und auch nicht auf Unverständnis in der Öffentlichkeit gestoßen ist, steht der Einleitung der zweiten Etappe der Abbaugesetzgebung nichts im Wege. Daß wir uns Korrekturen der Berechnungsmethode des Wohnungsdefizits für den Fall vorbehalten haben, daß die Wohnungsstatistik auf Grund der Zählungsergebnisse wesentliche Abweichungen ergibt, führte ich bereits vor einigen Wochen bei der ersten Beratung des Gesetzentwurfs über ein soziales Mietrecht an dieser Stelle aus.
    Herr Kollege Jacobi, Sie hätten sich daher vieles sparen können. Wir verwahren uns gegen den Vorwurf, nicht mit der genügenden Verantwortung an diese Sache heranzugehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir sind der Meinung, daß in den Kreisen, in denen wirklich die Voraussetzungen der Durchschnittsquote von 3 % am 1. Juli vorliegen, der Übergang auch am 1. Juli vollzogen werden kann.
    Wir gehen also davon aus, daß am 1. Juli dieses Jahres nach mehr als vierzigjähriger Wohnungszwangswirtschaft die vorgesehene Überführung des Wohnungswesens in die soziale Marktwirtschaft beginnen kann, d. h. daß von diesem Tage an die
    Aufhebung der Mietpreisbindungen für den Altwohnungsbestand — für die vor der Währungsreform bezugsfertig gewordenen Wohnungen — beginnen soll. Diese Überleitung soll nur insoweit erfolgen, als das rechnerische Wohnungsdefizit — ebenso wie bei der Aufhebung der Wohnraumbewirtschaftung — dies vertretbar und geboten erscheinen läßt. Ab 1. Juli dieses Jahres werden also nur in den Landkreisen und in den kreisfreien Städten, in denen die Wohnraumbewirtschaftung durch entsprechende Rechtsverordnungen der Landesregierungen aufgehoben worden ist, die Mietpreise für die alten Wohnungen freigegeben. In den übrigen Kreisen fällt die Mietpreisbindung erst dann, wenn auch die Wohnraumbewirtschaftung wegfällt, d. h. nach Erreichen eines rechnerischen Wohnungsdefizits von weniger als 3 v. H. Neben der Umgestaltung des bisherigen starren Mieterschutzes in ein soziales Miet- und Wohnrecht ist die Beseitigung der mietpreisrechtlichen Eingriffe in das Vertragsverhältnis zwischen Mietern und Vermietern der entscheidende Schritt bei der Überleitung des Wohnungswesens in die soziale Marktwirtschaft, die bis zum 1. Januar 1966 in allen Gebieten der Bundesrepublik vollzogen sein soll.
    Schon mit Erlaß des Abbaugesetzes war eine vorläufige Regelung über die Gewährung von Miet-
    und Lastenbeihilfen eingeführt worden. Sie beschränkte sich aber darauf, in der Übergangszeit eventuell auftretende soziale Härten abzufangen. Darüber hinaus wurde aber schon zwingend vorgeschrieben, daß die Mietpreisfreigabe erst erfolgen soll, wenn zuvor ein endgültiges Miet- und Lastenbeihilfengesetz verabschiedet ist. In dieser programmatischen Bestimmung kam die Absicht des Gesetzgebers zum Ausdruck, die Wohnungswirtschaft nicht ohne soziale Absicherung für den einzelnen Bürger dem freien Wohnungsmarkt zu überlassen. Denn ein sozialer Rechtsstaat hat die Verpflichtung, auch das Wohnen als Elementarbedürfnis seiner Bürger in einem bestimmten, gegenüber den Allgemeininteressen vertretbaren Umfang wirtschaftlich abzusichern, wenn und insoweit der einzelne ohne sein Verschulden nicht in der Lage ist, die erforderliche Gegenleistung für ein angemessenes Wohnen aufzubringen. Das bedeutet im Hinblick auf eine marktwirtschaftliche Ordnung des Wohnungswesens, daß in Zukunft bei der Bildung freier Marktmieten im Einzelfall auftretende soziale Härten durch einen zweckbestimmten Zuschuß der öffentlichen Hand ausgeglichen werden können. Das bedeutet ferner im Hinblick auf die Eigentumspolitik der Bundesregierung, daß der Staat sich einer gleichgearteten Verpflichtung nicht entziehen darf, wenn im Falle einer Wohnungsversorgung durch privates Einzeleigentum eine Familie infolge Todesfalls, Arbeitsunfähigkeit und anderer unverschuldeter persönlicher Notlagen die auf dem Familienheim ruhenden Lasten nicht mehr voll aufbringen kann. Diese Grundsätze sind bereits im Abbaugesetz festgelegt und für das neue Wohnbeihilfengesetz verbindlich. Es kommt jetzt darauf an, diese Grundsätze zu verwirklichen und auf die Gegebenheiten einer freien Mietpreisbildung auszurichten.



    Dr. Hesberg
    Wenn das Wohnbeihilfengesetz diesen Zweck erfüllen soll, muß es so rechtzeitig verabschiedet werden, daß die betroffenen Staatsbürger ausreichend Gelegenheit haben, sich über die Hilfe, die ihnen zuteil werden soll, vorher zu unterrichten. Ebenso müssen die mit der Durchführung dieser Maßnahmen befaßten Stellen sich auf ihre Aufgabe vorbereiten können. In Anbetracht des gesetzlichen Termins vom 1. Juli haben sich deshalb die Fraktionen der CDU/CSU und der FDP entschlossen, den Entwurf eines Gesetzes über Wohnbeihilfen einzubringen, obwohl auch von der Bundesregierung ein entsprechender Gesetzentwurf vorbereitet wird, der nach Beschlußfassung der Bundesregierung und Stellungnahme des Bundesrates dem Bundestag ebenfalls vorgelegt wird.
    Sinn der Gewährung von Wohnbeihilfen kann es nicht sein, den Staatsbürger der eigenen Verantwortung für seine wohnliche Unterbringung und die seiner Angehörigen zu entheben. Das würde der für die Bundesrepublik gültigen, angestrebten Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung nicht entsprechen. Die soziale Verpflichtung muß aber dort einsetzen, wo 'die wirtschaftliche Leistungskraft einer Familie augenscheinlich überfordert ist.
    Die Koalitionsparteien haben deshalb in dem Entwurf auf Drucksache IV/971 nach einem Mittelweg gesucht, der auf der einen Seite eine versorgungsstaatliche Ausrichtung der Ansprüche vermeidet, der auf der anderen Seite aber eine wirkliche und fühlbare Hilfe in den Fällen echter Not bedeutet. Gleichzeitig war darauf zu achten, daß die finanzielle Belastung der öffentlichen Hand, in diesem Falle des Bundes und der Länder, die die Kosten je zur Hälfte aufzubringen haben, angesichts der Haushaltslage in einem angemessenen und vertretbaren Rahmen bleibt.
    Der Entwurf der Koalitionsparteien verfolgt aber nicht nur das Ziel, soziale Härten zu beseitigen, die sich bei der Überführung des Wohnungswesens in die Marktwirtschaft im Einzelfall ergeben können. Er will auch die bisher schon geltenden Vorschriften über Miet- und Lastenbeihilfen, die auf verschiedener Rechtsgrundlage beruhen und unterschiedlich ausgestaltet sind, gesetzlich neu ordnen, möglichst vereinheitlichen und die Unübersichtlichkeit der geltenden Vorschriften beseitigen. Dabei haben die Koalitionsparteien sich bemüht, die Erfahrungen mit den bisherigen Bestimmungen im Rahmen des Möglichen zu berücksichtigen. Im einzelnen möchte ich auf folgende Kernpunkte des Gesetzentwurfs eingehen.
    Der Geltungsbereich des Gesetzes wird ' auf alle Wohnungen ausgedehnt, ohne Rücksicht auf das Baujahr und die Art ihrer Finanzierung. Damit kommen Wohnbeihilfen in Zukunft auch für frei finanzierten Wohnraum in Betracht. Es wäre unbillig, eine Wohnbeihilfe beispielsweise einem jungen Ehepaar vorzuenthalten, das sich unter Verzicht auf die heute fast allgemeinen Konsumgüter wie Fernsehapparat usw. eine frei finanzierte Wohnung gemietet hat, weil es auf die Zuteilung einer Sozialwohnung noch lange hätte warten müssen.
    Der Gesetzentwurf verlangt von jedem einzelnen daß er zunächst einen bestimmten Prozentsatz des Familieneinkommens für die Deckung seines Wohnungsbedarfs aufwendet, bevor er die Hilfe des Staates in Anspruch nehmen kann. Diese „Selbstbeteiligungsquote" ist nach der Einkommenshöhe und nach der Familiengröße abgestuft, und zwar von 7 v. H. bis 24 v. H. des jeweiligen Familieneinkommens, wobei unter Einkommen das um die Steuern, Versicherungsanteile und gewisse Werbungskosten verminderte Bruttoeinkommen zu verstehen ist. Ein kinderloses Ehepaar mit einem Einkommen zwischen 800 und 900 DM im Monat, also Einkommen in dem Sinne, wie ich es eben dargelegt habe, muß zum Beispiel erst einmal 24 v. H. dieses Einkommens selbst für Miete aufwenden. Liegt die zu zahlende Miete höher als diese Grenze des Familieneinkommens, so kommt die Gewährung einer Mietbeihilfe in Betracht. Demgegenüber braucht eine Familie mit fünf Kindern und einem anrechenbaren Einkommen von 400 DM im Monat nur 10 v. H., also nur 40 DM Miete, selbst zu zahlen, obwohl zweifellos die Miete für eine der Familiengröße entsprechende Wohnung wesentlich höher liegen wird. Wie Sie hieraus ersehen werden, meine Damen und Herren, sind die Tabellen bewußt nach familiengerechten Maßstäben ausgestaltet. Es war eines der Hauptziele des Koalitionsentwurfs, gerade den kinderreichen Familien den Bezug einer familiengerechten Wohnung wirtschaftlich zu ermöglichen.
    Die Gewährung einer Mietbeihilfe ist nicht mehr davon abhängig, daß eine Mieterhöhung stattgefunden hat. Sie wird vielmehr bewilligt, wenn jemand bisher unzulänglich untergebracht war und nunmehr eine angemessene Wohnung bezieht, jedoch die Miete nicht in voller Höhe aufbringen kann.
    Die Miete wird in voller Höhe als beihilfefähig anerkannt, wenn die Größe der Wohnung im angemessenen Verhältnis zur Größe der Familie steht. Es ist dem Mieter nicht verwehrt, in einer größeren Wohnung zu leben, aber er muß dann den über die ihm zugebilligte Wohnfläche hinausgehenden Teil der Miete voll aus eigener Tasche aufbringen. Bei der Festlegung der Wohnflächen für die einzelnen Familiengrößen konnte auf die bisherigen Bestimmungen zurückgegriffen werden, die sich durchaus bewährt haben. Dabei sind die Regelungen gegenüber dem Abbaugesetz verbessert worden.
    Der Entwurf der Koalitionsparteien trifft Vorsorge, daß die Mietbeihilfen die Ausuferung der Mieten nicht begünstigen. Deshalb sollen offensichtlich überhöhte Mieten außer Ansatz bleiben. Nach dem Gesetzentwurf sind die Länder dazu ermächtigt, Obergrenzen festzusetzen. Für den die Obergrenze überschießenden Teil muß der Mieter selbst eintreten. Dem gleichen Ziel dient auch die Festsetzung einer Eigenleistung des Mieters, d. h. eines prozentualen Betrages der Miete, den der Mieter stets selbst aufbringen muß. Deshalb wird die Wohnbeihilfe grundsätzlich auf einen bestimmten Vomhundertsatz der Miete begrenzt, normalerweise auf 40 v. H., bei Haushalten mit fünf und mehr Fa-



    Dr. Hesberg
    milienmitgliedern auf 60 v. H. Das bedeutet, der Mieter erhält im Höchstfall 40 v. H. bzw. 60 v. H. der Miete ersetzt, ganz gleich, welche Wohnung er auch immer bezieht. Die Eigenverantwortung für das Wohnen soll gewährleistet bleiben.
    Aus der gleichen Erwägung haben sich die Koalitionsparteien entschlossen, Einkommensgrenzen festzulegen und die Anspruchsberechtigung nur den Personenkreisen zuzubilligen, die in Anbetracht ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse staatliche Hilfe benötigen und verdienen. Dabei sind aber die Grenzen durchaus großzügig bemessen, wenn sie an die des Zweiten Wohnungsbaugesetzes angelehnt sind. Das ist ein Jahreseinkommen von 9000 DM zuzüglich 1800 DM pro Familienangehörigen.
    Maßgebend ist das Familieneinkommen. Berücksichtigt wird dabei nur das Nettoeinkommen, das nach pauschalierten. Abzügen für Werbungskosten, Steuern und Versicherungen übrigbleibt. Im allgemeinen wird also von einem etwa um 15 % gekürzten Bruttoeinkommen auszugehen sein.
    Die Berechnung des Familieneinkommens enthält auch eine Reihe von Verbesserungen gegenüber den bisherigen gesetzlichen Regelungen. Bestimmte Einnahmen bleiben bei der Berechnung des Familieneinkommens gänzlich außer Betracht, so z. B. die Entschädigungsrenten nach dem Lastenausgleichsgesetz. Unterhaltshilfen und Beihilfen zum Lebensunteihalt nach dem Lastenausgleichsgesetz sowie Unterhaltshilfen nach dem Allgemeinen Kriegsfolgengesetz sollen nur zur Hälfte auf das Einkommen angerechnet werden.
    Das Kindergeld nach der Kindergeldgesetzgebung, wie auch die gesetzlichen und tariflichen Kinderzulagen sowie vergleichbare Bezüge sollen einheitlich vom dritten Kinde an bei der Ermittlung des Einkommens außer Betracht bleiben, soweit sie 40 DM je Kind im Monat nicht übersteigen. Dieser Betrag entspricht dem nach geltendem Recht höchstzulässigen Kindergeld der Kindergeldgesetzgebung.
    Neu sind auch Freibeträge für SBZ-Flüchtlinge. Bei diesem Personenkreis soll für die Dauer von 4 Jahren ein Freibetrag von 100 DM monatlich vom Einkommen abgesetzt werden, wenn das Einkommen des Flüchtlings bei Ermittlung des für die Höhe der Wohnbeihilfe maßgebenden Familieneinkommens berücksichtigt worden ist. Der Freibetrag gilt für jedes mitverdienende Familienmitglied, das Flüchtlingseigenschaften hat. Die Freibeträge sollen dazu beitragen, die wirtschaftliche und wohnraummäße Integration der Flüchtlinge in das Bundesgebiet zu erleichtern. Die Flüchtlinge mußten meistens alle Vermögenswerte in der Heimat zurücklassen. Die Vollbeschäftigung in der Bundesrepublik läßt zwar ihre rasche Eingliederung in den Arbeitsprozeß zu. Trotzdem müssen sie zumeist jahrelang für die Wiederbeschaffung einer Wohnung zu einer tragbaren Miete, von Hausrat und Bekleidung sparen. Daher ist es angezeigt, ihnen für eine Übergangszeit besondere Vergünstigungen im Rahmen der Wohnbeihilfe zuteil werden zu lassen, durch die ihnen eine beschleunigte Eingliederung erleichtert wird.
    Schließlich möchte ich noch auf die Verbesserungen bei der Lastenbeihilfe eingehen. Hierzu war schon bei der Beratung ,der Abbaugesetzgebung eine weitere Ausgestaltung in der endgültigen Regelung vorbehalten worden. Bisher kam eine Lastenbeihilfe nur in Betracht, wenn der Eigentümer eines Familienheimes oder ein mitverdienendes Familienmitglied verstorben war und sich dadurch das Familieneinkommen erheblich verringert hat. Künftig wird eine Lastenbeihilfe auch gewährt, wenn der Eigentümer oder das mitverdienende Familienmitglied nur zeitweise erwerbsunfähig wird, z. B. infolge schwerer Erkrankung, oder wenn Arbeitslosigkeit eintritt.
    Es würde unserer Eigentumspolitik, nachhaltig für das Familienheim zu werben, widersprechen, später den Eigentümer, der in eine unverschuldete Notlage geraten ist, seinem Schicksal zu überlassen. Seit jeher haben wir deshalb die Auffassung vertreten, daß es nicht nur Aufgabe des Staates sei, Eigentum in breitester Streuung zu begründen, sondern auch dieses Eigentum zu erhalten. Zur Erhaltung dieses Eigentums in Fällen der Notlage wird künftig die Lastenbeihilfe beitragen.
    Der Entwurf der Koalitionsparteien enthält noch keine Regelungen über das Verhältnis zu den Miet- und Lastenbeihilfen nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz. Wir wissen, daß den Ländern aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung sehr an einer weitgehenden Vereinheitlichung der Bestimmungen gelegen ist. Wir halten es aber für erforderlich, in den Ausschußberatungen nähere Überlegungen in Zusammenarbeit mit den Ländervertretungen darüber anzustellen, wie man diesem Anliegen Rechnung tragen kann. Dabei wird man sich bewußt sein müssen, daß die Mietbeihilfen des § 73 des Wohnungsbau- und Familienheimgesetzes eine Finanzierungskomponente im sozialen Wohnungsbau darstellen.

    (Sehr richtig! Bei der CDU/CSU.)

    Der Entwurf der Koalitionsparteien erhebt keinen Anspruch darauf, in allen Punkten schon jetzt die beste Lösung gefunden zu haben. Soweit im Verlaufe der Ausschußberatungen Verbesserungen vorgeschlagen werden, sind wir gerne bereit, diese gewissenhaft zu prüfen. Der Koalition ging es vor allem darum, den Termin des 1. Juli 1963 nicht in Frage zu stellen. Deshalb haben wir uns zunächst auf diesen Entwurf verständigt, sind uns aber im klaren darüber, daß er nur eine Beratungsgrundlage ist und die Tür zu echten Verbesserungen offen läßt. Wir sind davon überzeugt, daß die Beratungen rechtzeitig abgeschlossen werden können, nachdem eine jahrelange Praxis vorliegt, und erbitten die entsprechende Mitarbeit des Hohen Hauses.
    Namens der Koalitionsfraktionen bitte ich, diesen Gesetzentwurf dem Ausschuß für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung — federführend — und dem Haushaltsausschuß zur Mitberatung zu überweisen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)