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ID0401920100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 19. Sitzung Bonn, den 14. März 1962 Inhalt: Fragestunde (Drucksache IV/239) Frage des Abg. Lohmar: Sondermarken zum 20. Jahrestag des 20. Juli 1944 Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . . 625 B Frage des Abg. Rademacher: Münzfernsprecher auf Bahnsteigen der Bundesbahn Dr. Steinmetz, Staatssekretär 625 B, C, D Rademacher (FDP) 625 C, D Frage des Abg. Rademacher: Briefmarken- und Wechselautomaten der Bundespost Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . . 626 A Fragen des Abg. Dr. Dittrich: Stellenzulagen für Beamte des mittleren Dienstes bei der Bundespost Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . 626 B Frage des Abg. Keller: Ortstarif im Brief- und Fernsprechverkehr zwischen Bonn und Bad Godesberg Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . 626 C, D, 627 A, B, C, D, 628A Keller (FDP) . . . . . . . . . 626 D Büttner (SPD) . . . . . . . . . 626 D Wittrock (SPD) 627 A, B Stiller (CDU/CSU) . . . . . . 627 C Hauffe (SPD) . . . . . . . . 627 C Ritzel (SPD) 627 D, 628 A Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Sonderstempel „Kampf gegen die Malaria" Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . 628 A, B Schmidt (Kempten) (FDP) . . . . 628 B Frage des Abg. Blachstein: Versorgung der Gebiete Ostfriesland und Emsland mit Fernsehprogrammen Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . 628 B, D Blachstein (SPD) . . . . . . . 628 C, D Frage des Abg. Ritzel: Bezüge des Prof. Dr. Gladenbeck als Geschäftsführer der Gesellschaft Freies Fernsehen von Eckhardt, Staatssekretär . . 628 D 629 B, C Ritzel (SPD) 629 B Dr. Hettlage, Staatssekretär . . 629 C Erler (SPD) 629 C Frage des Abg. Sanger: Äußerung des Bundeskanzlers über eine Konferenz der Außenminister Lahr, Staatssekretär . 629 D, 630 A, B Sänger (SPD) 630 A II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 19. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. März 1962 Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Verurteilung deutscher Studenten durch ein römisches Schwurgericht Lahr, Staatssekretär . . . 630 B, C. D Schmidt (Kempten) (FDP) . . . 630 B, C Erler (SPD) 630 D Frage des Abg. Keller: Blumenspende bei Beerdigung von Bundesbediensteten Höcherl, Bundesminister . 630 D, 631 A Keller (FDP) 630 D Frage des Abg. Bauer (Würzburg) : Teilnahme von Mitgliedern österreichischer Jugendverbände am Winterlager des „Bundes Heimattreuer Jugend" Höcherl, Bundesminister . . . . 631 A, C Bauer (Würzburg) (SPD) 631 C Frage des Abg. Bading: Auskunftserteilung der Bundesregierung über die Ausführung der Beschlüsse des Bundestages Höcherl, Bundesminister 631 D, 632 A, B, C, D Bading (SPD) • . . . . 631 D, 632 A Dr. Mommer (SPD) 632 A, D Börner (SPD) 632 B Jahn (SPD) 632 B, C Ritzel (SPD) . . . . . . . . 632 C Frage des Abg. Busse: Tätigkeit von Richtern in Umlegungsausschüssen Dr. Strauß, Staatssekretär . . . 632 D, 633 A, B Busse (FDP) 633 A Dr. Ramminger (CDU/CSU) . . . 633 A Frage des Abg. Wittrock: Gesetzentwurf zur Reform des Strafregisters Dr. Strauß, Staatssekretär . 633 B, C, D Wittrock (SPD) 633 B, C Dr. Dittrich (CDU/CSU) . . . . 633 D Frage des Abg. Dr. Brecht: Gesetzentwurf über ein soziales Miet- und Wohnrecht Dr. Strauß, Staatssekretär 633 D, 634 A Dr. Brecht (SPD) . . . . 633 D, 634 A Frage des Abg. Dr. Brecht: Werkwohnungen und freifinanzierte neue Wohnungen bei der Regelung des sozialen Miet- und Wohnrechts Dr. Strauß, Staatssekretär . 634 B, C, D Dr. Brecht (SPD) 634 B Büttner (SPD) 634 C Fragen der Abg. Frau Dr. Diemer-Nicolaus: Zusammenveranlagung von Ehegatten zur Einkommensteuer Dr. Hettlage, Staatssekretär . 635 A, B, C, D Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) 635 B, C Frau Meermann (SPD) . . . . . . 635 D Fragen des Abg. Dr. Dollinger: Mangel an Zwei-Pfennig-Münzen Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . . 636 A Fragen des Abg. Stiller: Betriebsprüfungen Dr. Hettlage, Staatssekretär . . 636 B, C Stiller (CDU/CSU) 636 C Frage des Abg. Müller (Nordenham) : Beihilfen für Gasölbetriebe Dr. Hettlage, Staatssekretär 636 D, 637 A Müller (Nordenham) (SPD) 636 D, 637 A Frage des Abg. Wendelborn: Zollfreier Treibstoff für den Segelflugsport Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . . 637 A Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1962 (Haushaltsgesetz 1962) (Drucksache IV/200) — Fortsetzung der ersten Beratung — Schoettle (SPD) . . . . . . . . 637 C Dr. Vogel (CDU/CSU) 645 C Kreitmeyer (FDP) 652 B Niederalt (CDU/CSU) 654 C Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) 658 C Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 662 A Dr. Deist (SPD) . . . . 664 B, 681 D Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 674 A Dr. Dahlgrün (FDP) 678 A Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . 679 D Hermsdorf ,(SPD) . . . 681 C, 688 A Struve (CDU/CSU) 682 D Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 19. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. März 1962 III Dr. Starke, Bundesminister . . . 683 C Ritzel (SPD) 688 C D. Dr. Gerstenmaier (CDU/CSU) 689 A Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung ,des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1962 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1962) (Drucksache IV/237) — Erste Beratung — Wacher (CDU/CSU) 690 B Zoglmann (FDP) . . . . . . . 690 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (SPD) (Drucksache IV/67) — Erste Beratung — Seuffert (SPD) . . . . . . . . 690 D Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 693 D Freiherr von Kühlmann-Stumm (FDP) 695 A Nächste Sitzung 695 D Anlage 697 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 19. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. März 1962 625 19. Sitzung Bonn, den 14. März 1962 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr.
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    Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Arendt (Wattenscheid) 15. 3. Dr. Arnold 16. 3. Dr. Aschoff 14. 3. Dr. Atzenroth 23. 3. Dr. Dr. h. c. Baade 13. 4. Berlin 23. 3. Dr. Birrenbach 16. 3. Brand 15. 3. Dr. von Brentano 14. 3. Corterier 15. 3. Cramer 12. 4. Drachsler 15. 3. Dr. Dr. h. c. Dresbach 14. 3. Dr. Eppler 16. 3. Dr. Franz 14. 3. Dr. Furler 16. 3. Gerns 14. 3. Geiger 16. 3. Glombig 16. 3. Frau Herklotz 14. 3. Dr. Hesberg 6. 4. Hoogen 14. 3. Iven (Düren) 14. 3. Frau Jacobi (Marl) 16. 3. Dr. Kohut 20. 3. Kraus 16. 3. Dr. Kreyssig 15. 3. Krüger 31. 3. Kühn (Hildesheim) 16. 3. Leber 15. 3. Lenz (Bremerhaven) 16. 3. Lenze (Attendorn) 15. 3. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Liehr (Berlin) 16. 3. Dr. Löbe 16. 3. Dr. Löhr 14. 4. Dr. Baron Manteuffel-Szoege 14. 3. Margulies 14. 3. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 16. 3. Dr. Menzel 31. 3. Dr. Miessner 31. 3. Müller (Remscheid) 15. 3. Dr. Müller-Emmert 16. 3. Neumann (Allensbach) 16. 3. Oetzel 7. 4. Dr. h. c. Pferdmenges 23. 3. Pöhler 16. 3. Dr. Reinhard 16. 3. Reitzner 31. 3. Riedel (Frankfurt) 31. 3. Dr. Schneider 26. 3. Schulhoff 14. 3. Seifriz 16. 3. Dr. Sinn 16. 3. Steinhoff 16. 3. Storch 15. 3. Striebeck 23. 3. Strohmayr 14. 3. Verhoeven 16. 3. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 23. 3. Weinkamm 16. 3. Werner 14. 3. Dr. Winter 14. 3. Wullenhaupt 16. 3. b) Urlaubsanträge Schlick 14. 4.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren, wir treten in die Mittagspause ein. Der nächste Redner heute nachmittag ist der Abgeordnete Dr. Schmidt (Wuppertal). Weitere Wortmeldungen liegen noch nicht vor. Die Sitzung ist bis 15 Uhr unterbrochen.

    (Unterbrechung der Sitzung von 12.59 Uhr bis 15.02 Uhr.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Die unterbrochene Sitzung wird wiederaufgenommen.
In Fortsetzung der Haushaltsdebatte hat der Herr Abgeordnete Dr. Schmidt (Wuppertal) das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Otto Schmidt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein verehrter Kollege Herr Möller beklagte das Auseinanderfallen von Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit im Hinblick auf die unterbliebene bzw. verzögerte Finanzreform. Ich vermag Ihnen, Herr Kollege, darin nicht zu folgen. Ich meine im Gegenteil, es ist zunächst einmal zu begrüßen, daß wir institutionell noch nicht so verhärtet sind, daß sich die Verwirklichung notwendiger allgemeiner Belange nicht auch ohne, neben und manchmal sogar auch gegen Institutionen durchsetzen könnte.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Das ist vor allem dann ein Glück, wenn sich die Entwicklungen so überstürzen, wie es in den letzten Jahren der Fall war.
    Die Finanzreform hätte früher und ernster in Angriff genommen werden sollen, meinten Sie, verehrter Herr Kollege Möller. Wir versagen uns aber — meines Erachtens mit Recht in diesem Augenblick — sogar einer gesetzlichen Änderung des Quotenverhältnisses von 35 zu 65 im Rahmen des Artikels 106 des Grundgesetzes, weil wir selbst die Verhältnisse des Jahres 1963 noch nicht so übersehen können, daß wir sagen könnten: es ist jetzt schon der Zeitpunkt gekommen, um über zwei Jahre die Verhältnisse zwischen Bund und Ländern zu ordnen. Ist das nicht, meine Damen und Herren, doch schon ein Symptom dafür, daß grundlegende Reformen nur möglich sind, wenn die Verhältnisse auf übersehbare Zeit einigermaßen zur Ruhe gekommen sind?
    Reformvorstellungen erfordern aber auch menschliche Einsicht, und zwar nicht nur — wie Sie mit Ihrem Appell an die Bundesregierung meinten — eine Einsicht der Bundesregierung, sondern eine Einsicht bei allen im Kraftfeld der Interessen mitwirkenden Kräfte in den Ländern, in den Gemeinden, auch in der Opposition. Nicht nur der Wunsch nach einer Reform entscheidet, sondern es müssen auch im wesentlichen einheitliche und nicht gegensätzliche Vorstellungen von einer Reform vorhanden sein. Von der Aufgabenstellung her bestimmt sich dann die Reformvorstellung.
    Sie werden es mir nicht verübeln, meine Damen und Herren von der Opposition, daß ich daran erinnere, wie lange Sie dazu gebraucht haben, um sich etwa im wirtschaftspolitischen und im verteidigungspolitischen Bereich den grundsätzlichen Vorstellungen der Regierungsmehrheit auch nur anzunähern.

    (Beifall in der Mitte.)

    Es gehört eben zur Reform eine Vorausschau dessen, was in der Zukunft möglich ist, und zwar setzt eine Reform eine weitgehende Übereinstimmung auch in der Vorausschau voraus.
    Mir ist in diesen Tagen ein Aufsatz von Winfried Martini mit dem Titel „Das Kind im Brunnen" unter die Hände gekommen. Er beschäftigt sich da mit einem Kommentar, der unter der Überschrift „Politisches Süppchen" in der Frankfurter Rundschau vom 21. Februar erschien. Dort hieß es, ein Notstandsgesetz sei deshalb überflüssig, weil wir ja das Bundesleistungsgesetz hätten. Sein Fehler sei nur, daß danach bezeichnenderweise lediglich Leistungen gefordert werden könnten zur Abwendung einer drohenden Gefahr für den Bestand der inneren Grundordnung, für Zwecke der Verteidigung usw., und sein typischer Fehler sei, daß dabei niemand an die Naturkatastrophen gedacht habe.
    Dabei stellt man fest, daß die Bundesregierung sehr wohl und durchaus daran gedacht hat, und zwar im Jahre 1955, als noch kein Mensch an die Flutkatastrophe dachte. Da hat sie nämlich in der Regierungsvorlage eines Bundesleistungsgesetzes — Drucksache 1804 des Bundestages vom 21. Oktober 1955 — einen § 1 gefordert, in dem es hieß:
    . . . Als öffentlicher Notstand gelten insbesondere a) gemeine Gefahren wie Überschwemmungen, Brände und Explosionsunglücke . . .
    Die Regierung hatte also im Jahre 1955 die Vorausschau, daß es in Hamburg zu einer Flutkatastrophe dieses Ausmaßes kommen könnte.

    (Lachen bei der SPD. — Abg. Dr. Deist: Welche Einsicht!)

    — Doch, hören Sie mal zu, das ist ein wirklich interessanter Fall, Herr Deist.

    (Erneute Zurufe von der SPD.)

    Doch damit war der Bundesrat — sehen Sie, ich habe Sie gar nicht gemeint — nicht einverstanden. In seinen Änderungsvorschlägen heißt es, daß der Buchstabe a zu streichen ist. Die Begründung dafür lautet:
    Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ist im Grundgesetz erschöpfend geregelt.

    (Abg. Haase [Kassel]: Ausgezeichnet!)

    Die Verhütung und Beseitigung eines öffentlichen Notstandes fällt nicht darunter, und zwar auch dann nicht, wenn sich der Notstand im Einzelfall über den Bereich eines Landes auswirkt.

    (Zuruf von der Mitte: Ausgezeichnet!)

    Eine Zuständigkeit aus der Natur der Sache kann nicht anerkannt werden.

    (Abg. Haase [Kassel] : Sicher von Hamburg konzipiert!)

    So der Bundesrat.

    (Abg. Wehner: Flegel! Das kann man wohl sagen!)




    Dr. Schmidt (Wuppertal)

    I Dann hat die Bundesregierung darauf geantwortet, — —

    (Zuruf von der SPD: Unerhört! — Abg. Wehner: Das hatte seinen besonderen Akzent jetzt!)

    — Ich erwähne den Fall lediglich unter dem Gesichtspunkt der Vorausschau der Möglichkeiten für eine Reform, d. h. der Vorausschau im Hinblick auf mögliche, voraussehbare Verhältnisse. Nur unter diesem Gesichtspunkt, meine Damen und Herren, führe ich das hier als Beispiel an. — Die Bundesregierung ihrerseits hat dazu Stellung genommen und erklärt:
    Die Bundesregierung muß auch aus praktischen
    Gründen den größten Wert darauf legen, . .
    So hat die Bundesregierung diese Stellungnahme des Bundesrates zurückgewiesen.
    Dann ergibt allerdings die Lektüre des § 1 des Bundesleistungsgesetzes vom Jahre 1956 — ich zitiere mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten Winfried Martini —, „daß sich die föderalistischen Prinzipienreiter 'des Bundesrates gegen die realistischen Visionen der Bundesregierung weitgehend durchgesetzt haben. Von einem Recht, Leistungen auch für den Fall von Naturkatastrophen anzufordern, ist nun nicht mehr 'die Rede."
    Meine Damen und Herren, so verhält es sich eben mit Reformvorstellungen. Es genügt nicht, daß die Regierung ihrerseits Vorstellungen hat, sondern sie muß politisch abwägen, was im Kräftefeld der gesamten Wirklichkeit, der politischen Wirklichkeit an Möglichkeiten zum Zusammenwirken vorhanden ist, um zu einem bestimmten Ziel zu kommen. So verhält es sich auch mit 'der' von Ihnen, Herr Kollege Möller, beklagten verzögerten Finanzreform.
    Die Verhältnisse sind so sehr im Fluß, daß wir heute wiederholt auch vom Bundesfinanzminister in seiner Rede das Wort von der Wende des Haushalts gehört haben. Dabei ist noch gar nicht von einem Punkt geredet worden, der den Finanzausschuß in besonderer Weise tangiert, nämlich von der Wende zu einem europäischen Steuerrecht. Auch da sind die Verhältnisse in einem großen Maße im Fluß. Mit dem Abbau der Zölle werden die Verbrauchsteuergrenzen immer problematischer. Die Verbrauchsteuern, insbesondere die Umsatzsteuer, sind ein entscheidendes Rückgrat des Haushalts; das kann niemand bezweifeln. Aber auf der anderen Seite können die Steuergrenzen innerhalb 'des europäischen Marktes auf die Dauer nicht fortbestehen. Wir haben 'das im Zusammenhang mit der Tee- und Kaffeesteuer zur Genüge erörtert. Auch kann die mangelnde Wettbewerbsneutralität unseres Allphasen-Umsatzsteuersystems im Rahmen des europäischen Marktes noch problematischer werden, als sie es auf dem inneren Markte schon ist.
    Angesichts solcher großer Bewegungen auf neue, unvorhergesehene Möglichkeiten hin ist der Vorwurf verzögerter Finanzreform meines Erachtens, Herr Kollege Möller, nicht ganz gerecht. Eine Finanzreform, eine Finanzverfassungsreform wird sich angesichts 'dieser Bewegungen sehr vorsichtig vortasten müssen, um nicht Entwicklungen nach innen und außen zu präjudizieren, zu verbauen oder gar noch neue Gegner auf den Plan zu rufen.
    Herr Kollege Möller, Sie hatten den Appell des Finanzministers an die Bundesregierung und an den Bundestag auf die Hörner genommen und gemeint, er habe damit bewußt und gewollt die Politik der Bundesregierung in den vergangenen Jahren kritisieren wollen. Nach meiner Auffassung ist 'das eine völlige Fehlinterpretation, verständlich nur aus dem Wunsch der Opposition, innnerhalb der Koalition Klüfte aufzureißen, die meines Erachtens nicht da sind.

    (Widerspruch bei 'der SPD.)

    — So leicht, meine Damen und Herren, ist es natürlich nicht, unsere neue Koalition auseinanderzubringen. Der Finanzminister hat ebenso wie der Haushaltsausschuß die legitime Funktion, das Ganze unter finanziellen Aspekten zusammenzusehen und auch zusammenzuführen. Er hat dabei die ebenso legitime Aufgabe, die sehr legitimen Ressortwünsche und die sehr legitimen Wünsche der Fachausschüsse immer in den notwendigen Grenzen zu halten. Es geht einfach — so war der Appell des Finanzministers zu verstehen — um die notwendige Haushaltsdisziplin angesichts einer Tendenz zur Expansion, die uns nun nachgerade allen gefährlich werden kann. Meine Damen 'und Herren von der Opposition, wenn Sie Ihrer legitimen Aufgabe, dieser Expansion im Interesse 'des Steuerzahlers zu wehren, nicht nachkommen, dann müssen wir das eben selber tun und müssen Ihrem Optimismus, mit dem Herr Möller meinte noch weitere Ausgaben ermöglichen zu können, entgegentreten. Übersehen Sie, meine 'Damen und Herren von der Opposition, doch nicht, daß die öffentliche Nachfrage nicht über die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft hinaus entwickelt werden darf und daß in demselben Augenblick, wo wir auch nur diesen Versuch machen, die Folge sein muß, daß die Leistungen und damit auch die Dienstleistungen, die 'Dienste falsch nach oben hin bewertet werden und sich daraus zwangsläufig Lohntreiberei entwickeln muß, mit der Tendenz zur Geldfülle und damit zur Steigerung der Nachfrage über die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft hinaus, mit der dann zwangsläufig sich ergebenden inflatorischen Tendenz.
    Herr Kollege Möller schnitt 'das Thema der Steuerschätzungen an. Die Steuerschätzungen von Bund und Ländern brauchen selbstverständlich nicht übereinzustimmen, das war auch in den letzten Jahren nicht immer der Fall. Verlangen wir aber von den Ländern Beiträge, dann 'ist es verständlich, daß die Länder auf eine gemeinsame Urteilsgrundlage als Ausgangspunkt Wert legen müssen und darauf drängen.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    So werden wir uns im Finanzausschuß in der nächsten Woche mit den Steuerschätzungen beschäftigen müssen. Wir werden dann von der Bundesregierung wohl auch hören, mit welchen volkswirtschaftlichen Überlegungen die Länder ihre Ansätze rechtfertigen, und wir werden prüfen müssen, ob wir sie übernehmen können.



    Dr. Schmidt (Wuppertal)

    Ich stimme mit Ihnen darin überein, daß die Gemeinden im Rahmen der Finanzverfassungsreform zu ihrem Recht kommen müssen. Aber auch hierzu darf wohl daran erinnert werden, wie schnell alle Prognosen der kommunalen Spitzenverbände über Finanzbedarf über den Haufen geworfen worden sind. Das Gewerbesteueraufkommen hat den von den kommunalen Spitzenverbänden errechneten Fehlbetrag bei weitem überspielt. Wir werden prüfen müssen, wie an den wirklich neuralgischen Punkten geholfen werden kann. Aber 'auch unter den Gemeinden geht es genauso menschlich zu wie im Bund und unter den Ländern. Von einem interkommunalen Lastenausgleich wollen die finanzstarken Gemeinden — und deren Zahl ist ja auch nicht gering — gar nichts wissen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Sie haben 'die Wiedergutmachung erwähnt und beklagt, daß hier große menschliche Not durch allzu bürokratische Handhabung des Gesetzes noch vergrößert worden sei. Das mag durchaus zutreffen. Aber die Durchführung ist ja Sache der Länder, und es wäre, glaube ich, ungerecht, alle Länder generell unter .das gleiche Urteil stellen zu wollen. Ich kann z. B. von meinem eigenen Lande Nordrhein-Westfalen sagen, daß unser Ministerpräsident Meyers und auch die zuständigen Wiedergutmachungsstellen wiederholt in aller Öffentlichkeit Anerkennung und Lob für die schnelle und im allgemeinen befriedigende Durchführung des Wiedergutmachungsgesetzes gefunden 'haben.

    (Abg. Dr. h. c. Möller: Das war nicht mein Ausgangspunkt!)

    — Doch, das war Ihr Ausgangspunkt; und Sie haben die Ausführungen des Herrn Finanzministers, der erwähnt hat, daß wir in den ganzen Jahren immerhin 11,5 Milliarden DM aufgewandt haben und noch 8,5 Milliarden DM aufwenden werden, meiner Auffassung nach nicht gebührend gewürdigt.
    Ich darf zum Schluß kommen und mich mit Dankbarkeit darüber äußern, daß Sie, Herr Kollege Möller, am Schluß Ihrer Ausführungen eine so große staatspolitische Perspektive gegeben haben. „Der Staat sind wir", haben Sie gesagt. Und das heißt, es gibt auch keine Instanz oberhalb unserer Gemeinschaft, die wir anrufen könnten, um unsere Kassen zu füllen. Jeder Pfennig stammt aus unserer eigenen Tasche, aus der Tasche unserer Bürger als Steuerzahler. Wir sollten uns daher selber den Respekt erweisen, in erster Linie den Steuerzahler zu respektieren. Seine staatspolitische Verantwortungsbereitschaft wird wachsen, wenn wir als Volksvertreter uns ihm verantwortlich wissen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)