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ID0401920000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 19. Sitzung Bonn, den 14. März 1962 Inhalt: Fragestunde (Drucksache IV/239) Frage des Abg. Lohmar: Sondermarken zum 20. Jahrestag des 20. Juli 1944 Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . . 625 B Frage des Abg. Rademacher: Münzfernsprecher auf Bahnsteigen der Bundesbahn Dr. Steinmetz, Staatssekretär 625 B, C, D Rademacher (FDP) 625 C, D Frage des Abg. Rademacher: Briefmarken- und Wechselautomaten der Bundespost Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . . 626 A Fragen des Abg. Dr. Dittrich: Stellenzulagen für Beamte des mittleren Dienstes bei der Bundespost Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . 626 B Frage des Abg. Keller: Ortstarif im Brief- und Fernsprechverkehr zwischen Bonn und Bad Godesberg Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . 626 C, D, 627 A, B, C, D, 628A Keller (FDP) . . . . . . . . . 626 D Büttner (SPD) . . . . . . . . . 626 D Wittrock (SPD) 627 A, B Stiller (CDU/CSU) . . . . . . 627 C Hauffe (SPD) . . . . . . . . 627 C Ritzel (SPD) 627 D, 628 A Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Sonderstempel „Kampf gegen die Malaria" Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . 628 A, B Schmidt (Kempten) (FDP) . . . . 628 B Frage des Abg. Blachstein: Versorgung der Gebiete Ostfriesland und Emsland mit Fernsehprogrammen Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . 628 B, D Blachstein (SPD) . . . . . . . 628 C, D Frage des Abg. Ritzel: Bezüge des Prof. Dr. Gladenbeck als Geschäftsführer der Gesellschaft Freies Fernsehen von Eckhardt, Staatssekretär . . 628 D 629 B, C Ritzel (SPD) 629 B Dr. Hettlage, Staatssekretär . . 629 C Erler (SPD) 629 C Frage des Abg. Sanger: Äußerung des Bundeskanzlers über eine Konferenz der Außenminister Lahr, Staatssekretär . 629 D, 630 A, B Sänger (SPD) 630 A II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 19. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. März 1962 Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Verurteilung deutscher Studenten durch ein römisches Schwurgericht Lahr, Staatssekretär . . . 630 B, C. D Schmidt (Kempten) (FDP) . . . 630 B, C Erler (SPD) 630 D Frage des Abg. Keller: Blumenspende bei Beerdigung von Bundesbediensteten Höcherl, Bundesminister . 630 D, 631 A Keller (FDP) 630 D Frage des Abg. Bauer (Würzburg) : Teilnahme von Mitgliedern österreichischer Jugendverbände am Winterlager des „Bundes Heimattreuer Jugend" Höcherl, Bundesminister . . . . 631 A, C Bauer (Würzburg) (SPD) 631 C Frage des Abg. Bading: Auskunftserteilung der Bundesregierung über die Ausführung der Beschlüsse des Bundestages Höcherl, Bundesminister 631 D, 632 A, B, C, D Bading (SPD) • . . . . 631 D, 632 A Dr. Mommer (SPD) 632 A, D Börner (SPD) 632 B Jahn (SPD) 632 B, C Ritzel (SPD) . . . . . . . . 632 C Frage des Abg. Busse: Tätigkeit von Richtern in Umlegungsausschüssen Dr. Strauß, Staatssekretär . . . 632 D, 633 A, B Busse (FDP) 633 A Dr. Ramminger (CDU/CSU) . . . 633 A Frage des Abg. Wittrock: Gesetzentwurf zur Reform des Strafregisters Dr. Strauß, Staatssekretär . 633 B, C, D Wittrock (SPD) 633 B, C Dr. Dittrich (CDU/CSU) . . . . 633 D Frage des Abg. Dr. Brecht: Gesetzentwurf über ein soziales Miet- und Wohnrecht Dr. Strauß, Staatssekretär 633 D, 634 A Dr. Brecht (SPD) . . . . 633 D, 634 A Frage des Abg. Dr. Brecht: Werkwohnungen und freifinanzierte neue Wohnungen bei der Regelung des sozialen Miet- und Wohnrechts Dr. Strauß, Staatssekretär . 634 B, C, D Dr. Brecht (SPD) 634 B Büttner (SPD) 634 C Fragen der Abg. Frau Dr. Diemer-Nicolaus: Zusammenveranlagung von Ehegatten zur Einkommensteuer Dr. Hettlage, Staatssekretär . 635 A, B, C, D Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) 635 B, C Frau Meermann (SPD) . . . . . . 635 D Fragen des Abg. Dr. Dollinger: Mangel an Zwei-Pfennig-Münzen Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . . 636 A Fragen des Abg. Stiller: Betriebsprüfungen Dr. Hettlage, Staatssekretär . . 636 B, C Stiller (CDU/CSU) 636 C Frage des Abg. Müller (Nordenham) : Beihilfen für Gasölbetriebe Dr. Hettlage, Staatssekretär 636 D, 637 A Müller (Nordenham) (SPD) 636 D, 637 A Frage des Abg. Wendelborn: Zollfreier Treibstoff für den Segelflugsport Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . . 637 A Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1962 (Haushaltsgesetz 1962) (Drucksache IV/200) — Fortsetzung der ersten Beratung — Schoettle (SPD) . . . . . . . . 637 C Dr. Vogel (CDU/CSU) 645 C Kreitmeyer (FDP) 652 B Niederalt (CDU/CSU) 654 C Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) 658 C Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 662 A Dr. Deist (SPD) . . . . 664 B, 681 D Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 674 A Dr. Dahlgrün (FDP) 678 A Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . 679 D Hermsdorf ,(SPD) . . . 681 C, 688 A Struve (CDU/CSU) 682 D Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 19. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. März 1962 III Dr. Starke, Bundesminister . . . 683 C Ritzel (SPD) 688 C D. Dr. Gerstenmaier (CDU/CSU) 689 A Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung ,des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1962 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1962) (Drucksache IV/237) — Erste Beratung — Wacher (CDU/CSU) 690 B Zoglmann (FDP) . . . . . . . 690 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (SPD) (Drucksache IV/67) — Erste Beratung — Seuffert (SPD) . . . . . . . . 690 D Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 693 D Freiherr von Kühlmann-Stumm (FDP) 695 A Nächste Sitzung 695 D Anlage 697 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 19. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. März 1962 625 19. Sitzung Bonn, den 14. März 1962 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr.
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    Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Arendt (Wattenscheid) 15. 3. Dr. Arnold 16. 3. Dr. Aschoff 14. 3. Dr. Atzenroth 23. 3. Dr. Dr. h. c. Baade 13. 4. Berlin 23. 3. Dr. Birrenbach 16. 3. Brand 15. 3. Dr. von Brentano 14. 3. Corterier 15. 3. Cramer 12. 4. Drachsler 15. 3. Dr. Dr. h. c. Dresbach 14. 3. Dr. Eppler 16. 3. Dr. Franz 14. 3. Dr. Furler 16. 3. Gerns 14. 3. Geiger 16. 3. Glombig 16. 3. Frau Herklotz 14. 3. Dr. Hesberg 6. 4. Hoogen 14. 3. Iven (Düren) 14. 3. Frau Jacobi (Marl) 16. 3. Dr. Kohut 20. 3. Kraus 16. 3. Dr. Kreyssig 15. 3. Krüger 31. 3. Kühn (Hildesheim) 16. 3. Leber 15. 3. Lenz (Bremerhaven) 16. 3. Lenze (Attendorn) 15. 3. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Liehr (Berlin) 16. 3. Dr. Löbe 16. 3. Dr. Löhr 14. 4. Dr. Baron Manteuffel-Szoege 14. 3. Margulies 14. 3. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 16. 3. Dr. Menzel 31. 3. Dr. Miessner 31. 3. Müller (Remscheid) 15. 3. Dr. Müller-Emmert 16. 3. Neumann (Allensbach) 16. 3. Oetzel 7. 4. Dr. h. c. Pferdmenges 23. 3. Pöhler 16. 3. Dr. Reinhard 16. 3. Reitzner 31. 3. Riedel (Frankfurt) 31. 3. Dr. Schneider 26. 3. Schulhoff 14. 3. Seifriz 16. 3. Dr. Sinn 16. 3. Steinhoff 16. 3. Storch 15. 3. Striebeck 23. 3. Strohmayr 14. 3. Verhoeven 16. 3. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 23. 3. Weinkamm 16. 3. Werner 14. 3. Dr. Winter 14. 3. Wullenhaupt 16. 3. b) Urlaubsanträge Schlick 14. 4.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    (Möller. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller Man hätte spätestens auf Grund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts über die Tilgung der Ausgleichsforderungen Veranlassung nehmen müssen, sich ernstlich über eine Neuordnung in der Verteilung der Aufgaben und der Zuweisung von Steuereinnahmen zu unterhalten und zu einer Verständigung mit den Ländern zu kommen. Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß zu dieser Frage und eng damit zusammenhängend zu Art. 120 des Grundgesetzes, zu der Regelung der Kriegsfolgelasten, überhaupt nichts gesagt worden ist und daß eine gesetzliche Regelung, die sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ergeben müßte — und zwar nicht nur für die Tilgung, sondern zweifellos auch für die Verzinsung der Ausgleichsforderungen —, noch aussteht. Der zweite Tatbestand, über den noch gesprochen werden muß, weil er Sünden der Vergangenheit aufzeigt, ist der, daß statt einer wegweisenden finanzpolitischen Konzeption mit Schwerpunkten immer die Vielzahl der Ressortstandpunkte den finanzpolitischen Rahmen abgesteckt haben, und dieser finanzpolitische Rahmen erhielt von der Koalition vor den Bundestagswahlen einen anderen Lack. Insoweit ist die Rede des Herrn Bundesfinanzministers am gestrigen Tage besonders beachtlich. Eine angesehene Zeitung hat heute morgen seine Ausführungen wie folgt kommentiert: Pointierter als der neue 'Finanzminister hat kaum ein Oppositionsredner den finanzpolitischen Schlendrian der letzten Jahre gerügt. (Heiterkeit bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)


    (Zurufe von 'der Mitte: Ist längst geregelt!)

    - Das schreibt die „Stuttgarter Zeitung" von heute morgen!

    (Abg. Niederalt: Da sind wir aber froh, daß das kein Evangelium ist!)

    — Ja, aber ich habe nicht sehr viel anders gestern die Rede des Herrn Bundesfinanzministers und



    Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
    seinen Notschrei — Ziffer 76 der Rede — verstanden,

    (Heiterkeit)

    nämlich den Notschrei — ich zitiere wörtlich —:
    Ich darf zunächst an die Bundesregierung und an dieses Hohe Haus appellieren, den Bund für 1962 nicht mit zusätzlichen Ausgaben zu belasten, weder im Haushalt noch durch neue Gesetze.
    Meines Wissens ist es ungewöhnlich, daß in einem solchen Stadium der Herr Bundesfinanzminister im Parlament

    (Zuruf von der Mitte: Das ist gar nicht ungewöhnlich! Das haben wir sehr häufig gehört!)

    auch an die Bundesregierung appellieren muß; das ist ganz zweifellos auf gravierende Umstände zurückzuführen.

    (Abg. Dr. Conring: Das haben wir schon von Herrn Schäffer gehört! — Abg. Dr. Vogel: Das haben die Vorgänger auch getan! Sie können es nachlesen!)

    Dann darf ich noch einmal festhalten, was der Herr Bundesfinanzminister dem Hohen Hause mitgeteilt hat: Es hat sich um Anforderungen der Ressorts in Höhe von 11,6 Milliarden DM gehandelt; es war ihm möglich, davon 3,5 Milliarden abzuhandeln.

    (Abg. Dr. Conring: Das ist doch seines Amtes!)

    Es sind noch 8,1 Milliarden DM als unabweisbar übriggeblieben.
    Ich kann mir nicht vorstellen, daß der frühere Herr Bundesfinanzminister Etzel seinem Nachfolger ein solches Erbe hinterlassen hat. 'Es wäre immerhin interessant, zu erfahren, welches Haushaltsvolumen vorhanden gewesen ist, als 'der frühere Bundesfinanzminister Etzel noch die Dinge mitbeeinflußt hat. Ich kann mir nicht vorstellen, daß eine so erhebliche Erhöhung — eine Erhöhung um 11,6 Milliarden DM — seine Billigung gefunden haben könnte.
    Im übrigen erinnere ich an den Art. 113 des Grundgesetzes. Dieser Art. 113 behandelt die Ausgabenerhöhungen und sagt:
    Beschlüsse des Bundestages und des Bundesrates, welche die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Ausgaben des Haushaltsplanes erhöhen oder neue Ausgaben in sich schließen oder für die Zukunft mit sich bringen, bedürfen der Zustimmung der Bundesregierung.
    Das bedeutet, 'daß die 'Bundesregierung — die früheren Bundesregierungen waren entweder eine Koalitionsregierung von CDU/CSU und FDP oder wurden von der CDU/CSU getragen — in vollem Umfange auch die Verantwortung für die hier von allen Rednern beklagte finanzpolitische Situation zu tragen haben.
    Drittens. Gerade in schwierigen Lagen darf es nach unserer Auffassung keine Überbewertung von Ausgabenpositionen und keine Unterbilanz bei den
    Einnahmen geben. Man muß sich bemühen, beide Positionen möglichst realistisch zu schätzen. Der finanzwirtschaftliche Teil des Regierungsprogramms der SPD bietet dafür den besten Beweis.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Reine Milchmädchenrechnung!)


    (daß das Ist-Ergebnis 1961 78,6 Milliarden DM beträgt und die Schätzungen für das Jahr 1962 sich auf 86,9 Milliarden DM belaufen; das ergibt den Betrag von 165,5 Milliarden DM und eine Differenz von 0,7 Milliarden DM gegenüber unseren Schätzungen. Das kann man also nicht als eine Milchmädchenrechnung bezeichnen. — Über die Ausgabenseite dieses Programms hat es so viele Berechnungen von Ihrer Seite gegeben, daß wir schon während des Wahlkampfes im vorigen Jahr empfohlen haben, Sie möchten sich doch wenigstens auf eine Zahl einigen, damit man sich mit dieser Zahl auseinandersetzen kann. Sehen Sie sich doch einmal das vom Industrieinstitut herausgegebene Büchlein an. Dort ist man bei der Aufrechnung zu einer Belastung von rund 18 Milliarden DM gekommen. (Zuruf von der Mitte: Diese Berechnung stammt doch nicht von uns!)


    (Zuruf von der CDU/CSU: Aber die Ausgabenseite!)


    (Beifall bei der SPD.)

    — Ich nehme an, auch Sie sind der Auffassung, daß dort immerhin einige Experten sitzen. Ich möchte feststellen, daß diese 18 Milliarden DM, geplant für eine Legislaturperiode, doch immerhin beachtlich abstechen von der Mehrforderung der Ressorts für das Etatjahr 1962 in Höhe von 11,6 Milliarden DM, wobei wir hinter erhebliche Positionen dieser Rechnung noch ein Fragezeichen setzen müssen.
    Was nun die Steuereinnahmen des Bundes angeht, so haben wir sie für 1961 auf 42 Milliarden DM geschätzt. Das ist alles nachzulesen. Herausgekommen sind 41,5 Milliarden DM. Für das Jahr 1962 sind wir von Steuerschätzungen in Höhe von 44,4 Milliarden DM ausgegangen, und Sie schätzen jetzt Steuereinnahmen für den Bund in Höhe von 45,6 Milliarden DM. Ich meine also, daß sich diese unsere Schätzungen durchaus sehen lassen können.
    Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie in Zukunft von Bezeichnungen wie „Milchmädchenrechnung" absähen; denn sie würden weder objektiv sein noch Sachverstand verraten.

    (Beifall bei der SPD.)

    Hinsichtlich der Steuerschätzungen gibt es, wie Sie wissen, eine Differenz. Sie ist am heutigen Vormittag schon mehrere Male erwähnt worden. Bei der Steuer vom Einkommen schätzt der Bund ein Mehr von 14,9 %, die Länder schätzen ein Mehr von



    Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
    18 %. Wir sind der Auffassung, daß diese Differenz von 291 Millionen DM, wie Herr Kollege Schoettle schon vorgetragen hat, vom Bundesfinanzminister übernommen werden sollte, da wir bei den Schätzungen von Bund und Ländern doch den gleichen Ausgangspunkt anerkennen müssen.
    Im übrigen kann ich nur einen Satz aus einem vor kurzem erschienenen Artikel von Herrn Dr. Muthesius zu der Haushaltslage des Bundes unterstreichen: „Es hat auch in den vergangenen Jahren" — so sagt Dr. Muthesius — „des öfteren nicht an Dramatisierungseffekten gefehlt." Und auf Dramatisierungseffekte sollten wir im Hinblick auf den Ernst der Lage, in der sich die Bundesrepublik Deutschland und Berlin befinden, wirklich verzichten, weil nie so sehr wie jetzt eine pessimistische Beurteilung zu Fehlschlüssen und Fehlhandlungen führen könnte.

    (Beifall bei der SPD.)

    Im übrigen, meine Damen und Herren, sind wir dem Herrn Bundesfinanzminister sehr dankbar, daß er uns gestern auch den Finanzbericht 1962 hat überreichen lassen. Ich kann mich dem Urteil der Herren Kollegen, die erklärt haben, daß es sich hier um eine besonders wertvolle, ausgezeichnete Arbeit handelt, nur anschließen. Gerade diese Arbeit, die Sie wahrscheinlich auch als einen objektiven Ausgangspunkt für eine Stellungnahme, eine Beurteilung anerkennen, erleichtert uns diese Beurteilung.
    An dieser Stelle darf ich einmal auf die Entwicklung der Steuereinnahmen des Bundes hinweisen. Man muß sich diese Zahlen noch einmal vor Augen führen, um zu erkennen, welcher Wert der jetzigen Prognose beizumessen ist. 1951 hatten wir beim Bund Steuereinnahmen von 14,6 Milliarden DM, 1956 von 26,1 Milliarden DM, 1961 von 41,5 Milliarden DM, und für 1962 werden, wie ich schon vorhin sagte, die Einnahme des Bundes auf 45,6 Milliarden DM beziffert. Das bedeutet für 1962 gegenüber 1961 immer noch ein Mehr von 4,1 Milliarden DM.
    Wenn Sie sich nun einmal die Zuwachsrate in der 3. Legislaturperiode des Bundestages ansehen und sie mit der in unserer augenblicklichen Situation vergleichen, so stellen Sie fest: die Zuwachsrate betrug 1957 3,3 %, 1958 4,3 %, und sie ist später entsprechend gestiegen. Wenn wir also jetzt im ersten Jahr unserer Tätigkeit im 4. Bundestag mit einer Zuwachsrate von 10 % rechnen, dann ist das immerhin erheblich mehr als die tatsächliche Zuwachsrate 1957 mit 3,3 % oder 1958 mit 4,3 %.
    Mein Kollege Schoettle hat schon auf das Verhältnis der Entwicklung des reinen Finanzbedarfs und des Wachstums des Bruttosozialproduktes hingewiesen. Es ist doch wohl nicht zu bestreiten, daß man ein solches Verhältnis nicht nur für den Ablauf eines Jahres ermitteln kann, sondern daß man eine solche Prüfung auf einen größeren Zeitraum zu erstrecken hat. Es ist durchaus nicht notwendig, daß die Entwicklung des Finanzbedarfs in einem Jahr mit dem Wachstum des Bruttosozialprodukts übereinstimmt. Das haben die letzten zehn Jahre erwiesen. Denn bei einem Vergleich der Zuwachsraten von 1952 bis 1961, also für zehn Jahre, können wir feststellen, daß die Zuwachsrate des Finanzbedarfs in sieben Jahren höher war als die des Bruttosozialproduktes; die Zuwachsrate des Bruttosozialproduktes lag in den letzten zehn Jahren fünfmal unter 9,9 %.
    Nun hat der Herr Finanzminister gestern erklärt—nachzulesen unter Ziffer 76 des Manuskripts seiner Rede —, ab 1963 könne deshalb mit den bisherigen Wachstumsraten auch bei den Steuereingängen nicht mehr gerechnet werden. Das, was ich hierzu aus der Vergangenheit vorgetragen habe, vermag eine solch düstere Prognose nicht zu rechtfertigen. Seine eigenen Schätzungen, die für 1962 immerhin noch eine Zuwachsrate von 10 % enthalten, weichen von dieser Prognose ab. Ich darf hier noch einmal zwei Zahlen nennen, nämlich die Steuereinnahmen des Bundes von 1957 mit 26,9 Milliarden DM und von 1961 mit 41,5 Milliarden DM. Man muß doch wohl anerkennen, daß dieser gewaltige Zuwachs an Steuereinnahmen dem Bund hinsichtlich seiner Ausgaben eine besondere Manövrierfähigkeit verschafft hat. Es bestehen lediglich etliche Meinungsverschiedenheiten über die Schwerpunkte, die man in der Ausgabenwirtschaft, insbesondere beim Bund, zu beachten hat.
    Da wir vor der Mittagspause stehen, muß ich leider darauf verzichten, die Statistiken auf Seite 46 des Finanzberichts zu kommentieren. Dort ist der Anteil von Bund, Lastenausgleichsfonds, Ländern und Gemeinden am Steueraufkommen wiedergegeben. Ich will nur festhalten, daß diese Statistik noch einmal die Notwendigkeit unterstreicht, im Zuge einer Finanz- und Steuerreform dafür zu sorgen, daß auch die Gemeinden finanziell in die Lage versetzt werden, ihre wichtigen Aufgaben zu erfüllen. Wir sollten gerade in dieser Diskussion nicht vergessen, daß nicht nur beim Bund ein Finanzbedarf vorhanden ist, sondern daß auch die Länder und Gemeinden wichtige, bedeutungsvolle Aufgaben für Volk und Staat zu erfüllen haben. Wir werden darüber noch sprechen müssen, wenn der Antrag auf Einsetzung einer Expertenkommission aus den Beratungen der Ausschüsse ins Plenum zurückkehrt.
    Ein Wort nur zu der Statistik im Finanzbericht, die sich mit dem Länderfinanzausgleich beschäftigt. Immerhin müssen vier Länder für das Jahr 1962 im internen Ausgleich 1623 Millionen DM aufbringen. Dabei darf nicht die Auswirkung der Flutkatastrophe übersehen werden. Diese vier Länder sind Nordrhein-Westfalen mit 843 Millionen DM, Baden-Württemberg mit 252 Millionen DM, Hessen mit 160 Millionen DM und Hamburg mit 368 Millionen DM. Rückwirkungen der Flutkatastrophe werden diesen Länderfinanzausgleich ändern und werden zu anderen Belastungsquoten bei den finanzstarken Ländern führen.
    In Ziffer 79 hat der Herr Bundesfinanzminister einen Katalog der Leistungen der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere der Bundesregierung, aufgeführt und dabei unter anderem darauf hingewiesen, daß der Bund auch die Auslandsschulden weitgehend bezahlt habe. Die Übersicht über den Schuldenstand, die im Finanzbericht nach dem Stand vom 31. Dezember 1960 wiedergegeben ist, ist be-



    Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
    sonders interessant. Wir behalten uns vor, im Laufe der weiteren Beratung des Bundeshaushaltes hierauf noch einmal zurückzukommen, weil gerade diese Schuldenübersicht — verbunden mit der Feststellung des Herrn Bundesfinanzministers, daß die Auslandsschulden weitgehend bezahlt seien —, weil also diese geänderte Situation, die für 1962 festgehalten werden muß, doch Rückschlüsse ermöglicht hinsichtlich des Versuches des Bundes, an den Kapitalmarkt zu gehen. Ich trete völlig der Auffassung des Herrn Kollegen Vogel bei, daß man für eine langfristige Anleihe nicht unbedingt einen Betrag von 1 Milliarde DM als Grenze, die nicht überschritten werden darf, anzusehen braucht. Ich meine auch, daß der Bund in stärkerem Umfange als bisher mit Schatzanweisungen, mit Kassenobligationen arbeiten sollte, zumal mir das eine sehr wichtige und zweckmäßige Brücke vom Geld- zum Kapitalmarkt zu sein scheint.
    Der Herr Bundesfinanzminister hat in Ziffer 80 seiner Rede ein sehr böses Wort gesprochen. Er hat gesagt, das Grundübel der letzten Jahre liege in dem Ruf und der darin eingeschlossenen Praxis „Alles auf einmal". Ich füge hinzu, daß im nächsten Absatz vom Herrn Bundesfinanzminister eine erhebliche Abschwächung vorgenommen worden ist, wo bemerkt wird: „Gewiß, die Aufbaujahre standen unter dem Druck der Unaufschiebbarkeit." Ich meine, das ist wohl der entscheidende Gesichtspunkt. Man kann offen darüber reden, daß Interessengruppen in Bonn in den vergangenen Jahren eine besondere Rolle spielen konnten. Man kann aber nicht alles in einen Topf werfen und unterstellen, daß die Bevölkerung und insbesondere die, die es angeht, alles auf einmal haben möchte. Das trifft nur für Teile unseres Volkes zu.
    Sicherlich trifft das nicht für die Teile zu, auf denen die Kriegsfolgeschäden lasten. Sie können nicht davon sprechen, alles werde auf einmal gefordert, wenn Sie an den großen Teil des Volkes denken, der unter den Lastenausgleich fällt, der immerhin von 1949 bis 1979 läuft, also 30 Jahre. Es ist sicher nicht richtig, wenn man unterstellt, unser Volk sei so materialistisch und so wenig zu zügeln, daß es alles auf einmal haben wolle. Ich erkläre, große Gruppen der sozial Bedrängten haben in den vergangenen Jahren eine Langmut bewiesen, die staatspolitisch nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir alle sollten das in diesem Zusammenhang einmal dankbar vermerken.
    Lassen Sie mich noch etwas hinzufügen. Ich habe in früheren Jahren einiges mit dem Personenkreis zu tun gehabt, der unter den Komplex Wiedergutmachung fällt. Hier wird die Anklage erhoben, es werde alles auf einmal gefordert. Was sich aber gerade bei diesen Personen an menschlicher Tragik, an Bürokratismus vollzogen und was sich da an mangelndem Willen zu helfen gezeigt hat,

    (Beifall bei der SPD)

    paßt eigentlich nicht in diesen demokratischen
    Staat. Wir sind da der Meinung, die im Manifest
    der Acht zum Ausdruck kommt, aus dem ich folgende Sätze zitieren möchte:
    Es wäre eine Illusion, zu meinen, die Verteidigung gegen den Kommunismus sei in erster Linie Sache der Außenpolitik und der Rüstung. Die Entscheidung darüber, ob unsere Gesellschaftsordnung der Herausforderung durch den Kommunismus gewachsen ist, fällt auf den Gebieten der Sozialpolitik und der Kulturpolitik, die nur in ihrem wechselseitigen Zusammenhang richtig verstanden und vernünftig geplant werden können.
    Das ist auch unsere Auffassung, und gerade deswegen müssen wir manche Schwerpunkte der Haushalte in Bund, Ländern und Gemeinden anders sehen. Wir möchten, daß die Bundesrepublik Deutschland durch einen bewußten Ausbau zu einem — wie der Art. 20 des Grundgesetzes vorschreibt — demokratischen und sozialen Bundesstaat wird, in der Gewißheit, daß nur ein solcher Staat lebensfähig und krisenfest ist. Wir möchten einen solchen Staat auch im Staatsbewußtsein eines jeden einzelnen Bürgers verankert wissen. Wir möchten, daß jeder einzelne Bürger eine solche Verbindung zu unserem Staat bekommt, daß er sagt: Der Staat bin ich, der Staat sind wir alle. Wenn wir diese Auffassung durch unser politisches Handeln erreichen, haben wir, meine ich, einen entscheidenden Schritt getan, um das Bollwerk gegen den Kommunismus zu verstärken.

    (Beifall bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich mit den Worten schließen, die der Herr Bundesfinanzminister am Ende seiner Rede gesagt hat:
    Ich bin der Überzeugung, daß wir trotz der
    aufgezeigten echten Schwierigkeiten in gemeinsamer Anstrengung die Lage meistern werden,
    — diese Gemeinsamkeit möchte ich besonders hervorheben —
    und ich möchte deshalb meine Ausführungen mit den Worten des Odysseus an seine Begleiter, die vor der Scylla erschraken, schließen:
    — Herr Kollege Vogel hat sich darauf bezogen. Das hat mir den letzten Mut gegeben, mich auch darauf zu beziehen; warum, das werden Sie gleich merken —
    Freunde, wir sind ja bisher nicht ungeübt in Gefahren.
    — Das kann man wohl sagen, auch bei allen aktuellen Ereignissen!

    (Heiterkeit.)

    Und ich hoffe, wir werden uns einst auch dieser erinnern.
    Nun, meine Damen und Herren, die Syclla wird vom Homer im 12. Gesang wie folgt beschrieben:
    Diese Höhle bewohnt die fürchterlich bellende Scylla, deren Stimme hell wie der jungen saugenden Hunde Winseln tönt;
    sie selbst ein greulich Scheusal, daß niemand ihrer Gestalt sich freut,
    wenn auch ein Gott ihr begegnet.



    Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
    Bei ,allen Vorbehalten, — so, Herr Bundesfinanzminister, möchte selbst die Opposition Ihren Bundeshaushalt nicht sehen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, wir treten in die Mittagspause ein. Der nächste Redner heute nachmittag ist der Abgeordnete Dr. Schmidt (Wuppertal). Weitere Wortmeldungen liegen noch nicht vor. Die Sitzung ist bis 15 Uhr unterbrochen.

(Unterbrechung der Sitzung von 12.59 Uhr bis 15.02 Uhr.)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Richard Jaeger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Die unterbrochene Sitzung wird wiederaufgenommen.
    In Fortsetzung der Haushaltsdebatte hat der Herr Abgeordnete Dr. Schmidt (Wuppertal) das Wort.