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ID0401919700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 19. Sitzung Bonn, den 14. März 1962 Inhalt: Fragestunde (Drucksache IV/239) Frage des Abg. Lohmar: Sondermarken zum 20. Jahrestag des 20. Juli 1944 Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . . 625 B Frage des Abg. Rademacher: Münzfernsprecher auf Bahnsteigen der Bundesbahn Dr. Steinmetz, Staatssekretär 625 B, C, D Rademacher (FDP) 625 C, D Frage des Abg. Rademacher: Briefmarken- und Wechselautomaten der Bundespost Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . . 626 A Fragen des Abg. Dr. Dittrich: Stellenzulagen für Beamte des mittleren Dienstes bei der Bundespost Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . 626 B Frage des Abg. Keller: Ortstarif im Brief- und Fernsprechverkehr zwischen Bonn und Bad Godesberg Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . 626 C, D, 627 A, B, C, D, 628A Keller (FDP) . . . . . . . . . 626 D Büttner (SPD) . . . . . . . . . 626 D Wittrock (SPD) 627 A, B Stiller (CDU/CSU) . . . . . . 627 C Hauffe (SPD) . . . . . . . . 627 C Ritzel (SPD) 627 D, 628 A Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Sonderstempel „Kampf gegen die Malaria" Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . 628 A, B Schmidt (Kempten) (FDP) . . . . 628 B Frage des Abg. Blachstein: Versorgung der Gebiete Ostfriesland und Emsland mit Fernsehprogrammen Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . 628 B, D Blachstein (SPD) . . . . . . . 628 C, D Frage des Abg. Ritzel: Bezüge des Prof. Dr. Gladenbeck als Geschäftsführer der Gesellschaft Freies Fernsehen von Eckhardt, Staatssekretär . . 628 D 629 B, C Ritzel (SPD) 629 B Dr. Hettlage, Staatssekretär . . 629 C Erler (SPD) 629 C Frage des Abg. Sanger: Äußerung des Bundeskanzlers über eine Konferenz der Außenminister Lahr, Staatssekretär . 629 D, 630 A, B Sänger (SPD) 630 A II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 19. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. März 1962 Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Verurteilung deutscher Studenten durch ein römisches Schwurgericht Lahr, Staatssekretär . . . 630 B, C. D Schmidt (Kempten) (FDP) . . . 630 B, C Erler (SPD) 630 D Frage des Abg. Keller: Blumenspende bei Beerdigung von Bundesbediensteten Höcherl, Bundesminister . 630 D, 631 A Keller (FDP) 630 D Frage des Abg. Bauer (Würzburg) : Teilnahme von Mitgliedern österreichischer Jugendverbände am Winterlager des „Bundes Heimattreuer Jugend" Höcherl, Bundesminister . . . . 631 A, C Bauer (Würzburg) (SPD) 631 C Frage des Abg. Bading: Auskunftserteilung der Bundesregierung über die Ausführung der Beschlüsse des Bundestages Höcherl, Bundesminister 631 D, 632 A, B, C, D Bading (SPD) • . . . . 631 D, 632 A Dr. Mommer (SPD) 632 A, D Börner (SPD) 632 B Jahn (SPD) 632 B, C Ritzel (SPD) . . . . . . . . 632 C Frage des Abg. Busse: Tätigkeit von Richtern in Umlegungsausschüssen Dr. Strauß, Staatssekretär . . . 632 D, 633 A, B Busse (FDP) 633 A Dr. Ramminger (CDU/CSU) . . . 633 A Frage des Abg. Wittrock: Gesetzentwurf zur Reform des Strafregisters Dr. Strauß, Staatssekretär . 633 B, C, D Wittrock (SPD) 633 B, C Dr. Dittrich (CDU/CSU) . . . . 633 D Frage des Abg. Dr. Brecht: Gesetzentwurf über ein soziales Miet- und Wohnrecht Dr. Strauß, Staatssekretär 633 D, 634 A Dr. Brecht (SPD) . . . . 633 D, 634 A Frage des Abg. Dr. Brecht: Werkwohnungen und freifinanzierte neue Wohnungen bei der Regelung des sozialen Miet- und Wohnrechts Dr. Strauß, Staatssekretär . 634 B, C, D Dr. Brecht (SPD) 634 B Büttner (SPD) 634 C Fragen der Abg. Frau Dr. Diemer-Nicolaus: Zusammenveranlagung von Ehegatten zur Einkommensteuer Dr. Hettlage, Staatssekretär . 635 A, B, C, D Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) 635 B, C Frau Meermann (SPD) . . . . . . 635 D Fragen des Abg. Dr. Dollinger: Mangel an Zwei-Pfennig-Münzen Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . . 636 A Fragen des Abg. Stiller: Betriebsprüfungen Dr. Hettlage, Staatssekretär . . 636 B, C Stiller (CDU/CSU) 636 C Frage des Abg. Müller (Nordenham) : Beihilfen für Gasölbetriebe Dr. Hettlage, Staatssekretär 636 D, 637 A Müller (Nordenham) (SPD) 636 D, 637 A Frage des Abg. Wendelborn: Zollfreier Treibstoff für den Segelflugsport Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . . 637 A Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1962 (Haushaltsgesetz 1962) (Drucksache IV/200) — Fortsetzung der ersten Beratung — Schoettle (SPD) . . . . . . . . 637 C Dr. Vogel (CDU/CSU) 645 C Kreitmeyer (FDP) 652 B Niederalt (CDU/CSU) 654 C Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) 658 C Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 662 A Dr. Deist (SPD) . . . . 664 B, 681 D Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 674 A Dr. Dahlgrün (FDP) 678 A Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . 679 D Hermsdorf ,(SPD) . . . 681 C, 688 A Struve (CDU/CSU) 682 D Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 19. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. März 1962 III Dr. Starke, Bundesminister . . . 683 C Ritzel (SPD) 688 C D. Dr. Gerstenmaier (CDU/CSU) 689 A Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung ,des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1962 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1962) (Drucksache IV/237) — Erste Beratung — Wacher (CDU/CSU) 690 B Zoglmann (FDP) . . . . . . . 690 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (SPD) (Drucksache IV/67) — Erste Beratung — Seuffert (SPD) . . . . . . . . 690 D Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 693 D Freiherr von Kühlmann-Stumm (FDP) 695 A Nächste Sitzung 695 D Anlage 697 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 19. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. März 1962 625 19. Sitzung Bonn, den 14. März 1962 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr.
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    Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Arendt (Wattenscheid) 15. 3. Dr. Arnold 16. 3. Dr. Aschoff 14. 3. Dr. Atzenroth 23. 3. Dr. Dr. h. c. Baade 13. 4. Berlin 23. 3. Dr. Birrenbach 16. 3. Brand 15. 3. Dr. von Brentano 14. 3. Corterier 15. 3. Cramer 12. 4. Drachsler 15. 3. Dr. Dr. h. c. Dresbach 14. 3. Dr. Eppler 16. 3. Dr. Franz 14. 3. Dr. Furler 16. 3. Gerns 14. 3. Geiger 16. 3. Glombig 16. 3. Frau Herklotz 14. 3. Dr. Hesberg 6. 4. Hoogen 14. 3. Iven (Düren) 14. 3. Frau Jacobi (Marl) 16. 3. Dr. Kohut 20. 3. Kraus 16. 3. Dr. Kreyssig 15. 3. Krüger 31. 3. Kühn (Hildesheim) 16. 3. Leber 15. 3. Lenz (Bremerhaven) 16. 3. Lenze (Attendorn) 15. 3. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Liehr (Berlin) 16. 3. Dr. Löbe 16. 3. Dr. Löhr 14. 4. Dr. Baron Manteuffel-Szoege 14. 3. Margulies 14. 3. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 16. 3. Dr. Menzel 31. 3. Dr. Miessner 31. 3. Müller (Remscheid) 15. 3. Dr. Müller-Emmert 16. 3. Neumann (Allensbach) 16. 3. Oetzel 7. 4. Dr. h. c. Pferdmenges 23. 3. Pöhler 16. 3. Dr. Reinhard 16. 3. Reitzner 31. 3. Riedel (Frankfurt) 31. 3. Dr. Schneider 26. 3. Schulhoff 14. 3. Seifriz 16. 3. Dr. Sinn 16. 3. Steinhoff 16. 3. Storch 15. 3. Striebeck 23. 3. Strohmayr 14. 3. Verhoeven 16. 3. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 23. 3. Weinkamm 16. 3. Werner 14. 3. Dr. Winter 14. 3. Wullenhaupt 16. 3. b) Urlaubsanträge Schlick 14. 4.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Reinhold Kreitmeyer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Wenn ich für die Fraktion der Freien Demokraten hier gleich zu Beginn erklären darf, daß der Haushalt im Gegensatz zu allen seinen Vorgängern unter dem Zeichen einer reichlich veränderten Lage steht, dann, sehr verehrter Herr Kollege Schoettle, glauben wir eben doch, daß der Herr Bundesfinanzminister in puncto Ausgaben nicht überdramatisiert hat. Denn es ist nun einmal unvermeidlich, festzustellen, daß diese jäh steigenden Ausgaben eben doch durch den 13. August verursacht sind. Wir stimmen durchaus dem Kollegen Vogel darin zu, daß man auf die Ausgaben vielleicht schon etwas früher hätte achten sollen und sie hätte zügeln sollen.
    Aber wir sind auf der anderen Seite nicht etwa der Meinung, daß man den 13. August für alles verantwortlich machen kann; denn erstmals stehen wir gleichzeitig auch vor einem Rückgang der Einnahmen, der durch eine Verringerung des Wachstums des Sozialprodukts bedingt -ist. Wir müssen daher dem Herrn Bundesfinanzminister alle Unterstützung leihen, die erforderlich ist, um diesen schwierigen — um nicht zu sagen: zweifelhaft gedeckten — Haushalt in Ordnung zu halten.
    Der entscheidende Umstand besteht doch darin, daß der Bund seine finanzielle Souveränität erstmalig verloren hat und von der wohlwollenden Hilfe der Länder abhängig ist. Tröstlich bei dieser Situation ist nur, daß der Ebbe in der Bundeskasse eine beachtliche Flut von Einnahmen auf der Länderebene gegenübersteht. Ein Landesfinanzminister würde sich hier sicherlich etwas zurückhaltender ausdrücken!
    Insgesamt gesehen aber müssen wir feststellen, daß das Verlagern der Juliustürme von der Bundesebene — mit Umwegen über das Ausland — auf Länderebene nur erneut die Konstruktionsfehler in unserem Staate offenbart und nachdrücklich eine Korrektur erheischt, damit Bund, Länder und Gemeinden unter gleichen Bedingungen lebensfähig erhalten werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wenn wir freien Demokraten jetzt wiederum Regierungsverantwortung übernommen haben, dann nicht zuletzt deshalb, weil wir das bewährte freiheitliche Wirtschaftssystem, dem wir vor mehr als 14 Jahren mit zum Durchbruch verholfen haben, nicht zerstören lassen wollen und nicht die vielen selbständigen Existenzen opfern wollen, die durch ihren Beitrag unseren Aufstieg mit ermöglicht haben. Die veränderte Situation führt zu der Forderung, daß man allen Teilen der Bevölkerung die Wahrheit nicht verheimlichen und den Mut besitzen sollte, die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Der Bundesfinanzminister hat diese Bedingung gestern vorbildlich erfüllt.
    So schwierig die Situation auch sein mag, so muß man ihr doch die hoffnungsvolle Tatsache entgegenstellen, daß gerade die schweren Prüfungen, die unser Volk in den letzten Wochen in den verschiedensten Landesteilen durchleben mußte, eine unerwartete Bereitschaft und Einsatzfreudigkeit beim Auftreten von Gefahren offenbart haben und daß wir uns von dieser Seite keine Sorge im Hinblick auf eine schwere Zukunft zu machen brauchen.
    Nun einige Sätze zu der Ausgabenseite! Beim Haushalt der Landesverteidigung, der in Verbindung mit den Verteidigungslasten und dem zivilen Bevölkerungsschutz eine Steigerung um 5,5 Milliarden DM erfährt, möchte ich nur die Forderung nach einer grundsätzlichen Überprüfung unserer Wehrpolitik stellen und auch dies nur im Hinblick darauf, daß bei allen unseren Bundesgenossen eine Überprüfung dieser Fragen in vollem Gange ist.
    Einer nicht minder kritischen Überprüfung bedarf das Gebiet des zivilen Bevölkerungsschutzes. Jüngste Aufrufe lassen darauf schließen, daß man ihm endlich die Bedeutung einräumt, die er haben muß. Vier Jahre lang haben meine politischen Freunde und ich vergeblich die Herausgabe eines



    Kreitmeyer
    Weißbuches hierüber gefordert. Es ist sicherlich nicht leicht, zu entscheiden, welche unter den vielen kostspieligen Möglichkeiten und Methoden des Schutzes die zweckmäßigste ist. Aber wir sollten uns doch alle auf eine gemeinsame Mindestformel des Feuerschutzes, des Trümmerschutzes und des Schutzes vor radioaktivem Ausfall einigen können.
    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang ebenso, wie dies alle meine Vorredner getan haben, die Ausgaben im mittelbaren und unmittelbaren Kampf um die Erhaltung der Freiheit und Lebensfähigkeit Berlins behandeln. Wenn eine große verbündete Nation und wenn unsere Bundesgenossen uns immer wieder versichern, daß sie die Sache der Freiheit Berlins zu der ihren machen, dann können wir unter keinen Umständen mit unseren Anstrengungen in irgendeinem Punkte hinter unseren Freunden zurückstehen. Dieser Kampf um Berlin bedarf einer pausenlosen Führung und Nährung, nicht zuletzt durch eine weitere und intensivere Öffentlichkeitsarbeit. Ich verzeichne mit besonderer Freude, sehr verehrter Herr Kollege Schoettle, daß Sie in der gleichen Weise, vielleicht sogar noch drastischer als ich von dem „vorgeschobenen Posten Berlin" gesprochen haben.
    Der Bundesfinanzminister hat in den Schlußworten seiner Rede seiner festen Überzeugung Ausdruck verliehen, daß wir in gemeinsamer Anstrengung in .der Lage sein werden, die Schwierigkeiten zu meistern. Dazu bedarf es aber eines gemeinsamen Willens in diesem Hause, zu dem ich alle Fraktionen aufrufe. Die Arbeit der Fraktionen im Haushaltsausschuß zeigt hoffnungsvollste Ansätze.
    In der Lage, in der sich unser Volk befindet, dürfen wir den Haushalt 1962 nicht allein sehen. Diesen Haushalt hat der Bundesfinanzminister erst in einem späteren Stadium übernommen. Sein Ziel wird es sein, mit dem Haushalt 1963 eine Finanzpolitik einzuleiten, die uns in ,die Lage versetzen wird, alles für ,die äußere Sicherheit unseres Volkes zu tun, zugleich aber die dringend notwendig werdenden Reformwerke im Innern 'zu bewältigen, eine gesunde, wirtschaftliche Entwicklung zu sichern und die Stabilität der Währung zu erhalten. Bei jeder Forderung, die in diesem Hohen Hause in den nächsten Jahren erhoben wird, sollte an morgen und übermorgen gedacht werden.
    Zum Sozialhaushalt möchte ich bei dieser Gelegenheit nur so viel bemerken, daß es dank der Marktwirtschaft gelungen ist, in der deutschen Nachkriegsgeschichte in kurzer Zeit ,die größte Not zu beseitigen. Wir sind — entgegen allen anders lautenden Vermutungen — bereit, in der Sozialpolitik die längst fälligen Reformen in Angriff zu nehmen, um das System der sozialen Sicherheit abzurunden. Bei langsamer steigenden Steuereinnahmen und schwächerem Wachstum des Sozialprodukts müssen jedoch die erforderlichen Schritte mit Bedacht vorgenommen werden. Es ist stets zu überprüfen, welche Weiterungen sich aus einem zu vollziehenden Schritt ergeben.
    Wir sind der Bundesregierung zu Dank verpflichtet, daß sie bei den Brüsseler Verhandlungen über die Einleitung einer gemeinsamen Agrarpolitik in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft die nach dem Vertrage bestmögliche Ausgangsposition für die 'deutsche Landwirtschaft erreicht hat. Wäre es zu diesem Ergebnis nicht gekommen, so hätte für uns die Gefahr bestanden, daß der deutschen Landwirtschaft unabsehbare Mittel hätten zugeführt werden müssen, ohne daß sie damit bis zum Ablauf der Übergangszeit auf dem europäischen Markt konkurrenzfähig geworden wäre. Die jetzt im Bundeshaushalt trotz 'der großen Schwierigkeiten für den Haushaltsausgleich eingesetzten beträchtlichen Mittel werden angesichts der in Brüssel geschaffenen Ausgangsposition die deutsche Landwirtschaft in den nächsten Jahren in die Lage versetzen, sich für die Zeit nach dem Ablauf der Übergangsfrist wirksam vorzubereiten.
    Es werden noch weitere Forderungen auf den verschiedensten Gebieten auf ,das Hohe Haus zukommen. Allen diesen Forderungen muß man entgegenhalten, daß man sich solcher Wünsche enthalten muß, solange noch keinerlei zusätzliche Mittel für die Opfer und Schäden der Flutkatastrophe und die Stärkung Berlins eingeplant sind. Erlauben Sie mir, daß ich die — allerdings nur von Ihnen persönlich, wie ich wohl sagen darf, gemachte — Bemerkung aufgreife, sehr verehrter Herr Kollege Schoettle. Es muß doch in Zukunft gelingen, wenn dazu der Wille des ganzen Hauses vorhanden ist, zu verhindern, daß unser Haushalt von der Ausgabenseite her durch zusätzliche gesetzliche Ausgaben während des Haushaltsjahres wieder durcheinandergebracht wird.
    Zur Einnahmeseite sei nur bemerkt, daß die angekündigte nochmalige Überprüfung der Steuerschätzungen auch den letzten Zweifler innerhalb und außerhalb des Hohen Hauses überzeugen müßte, daß der Bundesfinanzminister bereit ist, his an die äußerste Grenze des nur irgendwie Vertretbaren zu gehen. Trotzdem wäre es angesichts der vorhandenen Reserven von 4 1/2 Milliarden DM, die sich außerordentlich unterschiedlich auf die Länder verteilen, ein Unding, zur Deckung des Bundesbedarfs neue Steuern zu erheben.
    Der Bundesfinanzminister bemüht sich um eine gerechtere Gestaltung der Einkommen- und Lohnsteuertarife. Er hat damit nur einmal mehr bewiesen, daß er wirklich das letzte Bollwerk des Steuerzahlers ist. Der Deutsche Bundestag sollte ihn in dieser Rolle stärken, wo es immer möglich ist. Auch hier wird sich der Wille zu einer gemeinsamen Anstrengung unter Beweis stellen lassen. Wer durch kurzfristige Ausgabenanträge die Verwirklichung der von der deutschen Öffentlichkeit so einmütig begrüßten Ankündigung des Bundesfinanzministers gefährdet, wird dafür Rechenschaft ablegen müssen.
    Aber auch der Bund muß bereit sein, seinerseits mit gutem Beispiel voranzugehen. Er tut es einmal, indem er sich in beträchtlichem Umfang an den Kapitalmarkt wendet. Trotz hoher Devisenüberschüsse sind wir nun einmal keine reichen Leute und verfügen über keine Reserven, sondern leben praktisch nur von der Hand in den Mund und stehen zugleich in der folgenschwersten Auseinandersetzung unserer Geschichte.



    Kreitmeyer
    Der eingeschlagene Weg, für das Jahr 1962 ohne gesetzliche Grundlage um eine Unterstützung durch die Länder zu bitten, war der einzig mögliche, um schnell zum Ziel zu kommen. Hier sind wir eben anderer Meinung, als es soeben von der Opposition dargetan wurde. Für die kommenden Jahre allerdings reicht es nicht mehr aus, diesen Weg zu gehen, und es ist auch nicht zumutbar, den Bund zum Dauerbittsteller zu machen.
    Zur Finanzverfassung möchte ich an dieser Stelle jetzt nur bemerken, daß sie mehr als überfällig ist. Sie muß nun endlich so gestaltet werden, daß der dritten Säule in unserem. Staate, den Gemeinden, nicht nur die vermeintliche, sondern eine tatsächliche Selbständigkeit gegeben wird. Da der Mensch gewöhnt ist, sich selbst und seine Umwelt von seiner unmittelbaren Umgebung, seiner Häuslichkeit, seiner Heimatgemeinde — sei sie städtisch oder ländlich — her zu begreifen, wird es bei dieser Finanzverfassung darauf ankommen, ihm die Möglichkeit gerade zur Mitarbeit an der Gestaltung dieser kleineren Welt zu eröffnen. Das heißt, die kommunale Selbstverwaltung darf nicht nur auf dem Papier stehen, sondern es muß die echte Chance vorhanden sein, Demokratie von unten her zu praktizieren. Diese Forderung steht und fällt mit der finanziellen Selbständigkeit unserer Gemeinden.
    Andererseits muß aber auch von Bund, Ländern und Gemeinden verlangt werden, daß sie ihre eigene Apparatur in Ordnung halten und, soweit das nur irgend möglich ist, rationalisieren. Es ist ) selbstverständlich, daß bei dieser Aufgabe die Parlamente selbst die entscheidendste Hilfestellung zu geben haben. Auch im Gesetzemachen ist eine Zurückhaltung geboten. Die Aufblähung des Apparates muß auch von dieser Seite her eingedämmt werden.
    Dieser Haushalt verdient unsere besondere Aufmerksamkeit als ein finanzpolitisches Ereignis in der jungen Geschichte der Bundesrepublik. Was der Bundesfinanzminister aus Zeitmangel nicht mehr durchführen konnte, haben sich die Mitglieder des Haushaltsausschusses zur zusätzlichen Aufgabe gemacht. Sie sind bemüht, die zahlreichen 12 %igen Kürzungen bei den Einzelpositionen durch wenige größere Streichungen zu ersetzen. Dieses Unterfangen wird sicherlich nicht ohne Tadel für sie abgehen. Aber sie fühlen sich in dieser Aufgabe völlig solidarisch mit dem Bundesfinanzminister als letztem Bollwerk des Steuerzahlers. Die Mitglieder des Haushaltsausschusses betrachten den Titel „Streichorchester", wie es schon mehrfach betont wurde, nicht als negative Wertung. Denn nur so ist überhaupt noch ein Haushaltsausgleich zu erreichen, und wir wissen, daß die Gefahren beim nächsten Haushalt mindestens gleich groß, wenn nicht größer sind.
    Der Bundesfinanzminister hat darauf hingewiesen, daß nicht nur die Auswirkung der Lohn- und Preisspirale und sonstiger dynamischer Regelungen der Währung gefährlich werden kann, sondern entscheidend auch die Ausdehnung der öffentlichen Haushalte. Wir fordern Tarifpartner und Wirtschaft zum Maßhalten auf. Wir müssen bereit sein, das, was wir anderen empfehlen, auch selbst zu tun. Auch wir müssen maßhalten und sparen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Niederalt.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Alois Niederalt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es sind heute schon einige kritische Worte über den Haushalt 1962 gefallen. Wie Sie wissen, pflege auch ich bei den Haushaltsberatungen mit kritischen Bemerkungen nicht hinter dem Berge zu halten, und zwar einfach deshalb, weil nach meiner 'Meinung die Etatberatungen die klassische Gelegenheit zur Ausübung des Rechts des Parlaments 'zur Kontrolle gegenüber der Regierung sind. Daß auch wir, die Angehörigen der Regierungspartei, dieses Kontrollrecht des Parlaments gegenüber der Exekutive sehr ernst nehmen, haben wir, glaube ich, häufig unter Beweis gestellt, und wir — wir im Haushaltsausschuß — stellen es tagtäglich unter Beweis, manchmal sehr zum Leidwesen unserer Fraktionskollegen auf der Ministerbank. Aber darauf können wir nicht sonderlich Rücksicht nehmen, sondern wir glauben, unserer Funktion, unserer Aufgabe als Parlament nur gerecht werden zu können, wenn wir in diesem Fall eben die Sache vor die Person stellen.
    Als Hauptpunkt meiner heutigen Kritik an diesem Haushalt 1962 möchte ich die außergewöhnliche Ausweitung des Haushaltsvolumens herausstellen. Herr Kollege Schoettle, Sie haben vorhin gemeint, es sei gar nicht so schlimm, denn der Durchschnitt der letzten Jahre habe gezeigt, daß das Anwachsen des Sozialprodukts ungefähr gleichmäßig mit dem Anwachsen der Ausgaben der öffentlichen Hand vor sich gegangen sei.
    Es mag sein, daß es in den letzten Jahren im großen und ganzen so war. Aber bei diesem Haushalt stelle ich fest, daß er gegenüber dem Mammuthaushalt 1961 — wir dürfen ja nicht vergessen, daß wir schon im Jahre 1961 einen sehr großen Haushalt hatten — um genau 14,8 % angewachsen ist und daß das Anwachsen des Sozialprodukts sehr optimistisch auf 7,5 % geschätzt ist.
    Nun weiß natürlich auch ich, Herr Kollege Schoettle, daß ein moderner sozialer Rechtsstaat den Haushalt nicht mehr nach dem früheren Bedarfsdeckungsprinzip aufstellen kann, daß in der heutigen Zeit der Haushalt weitgehend eine Umverteilungsfunktion haben muß. Die wollen wir ihm gut und gerne zugestehen. Aber das Bedenkliche, daß der prozentuale Zuwachs des Sozialprodukts nur halb so groß wie der Zuwachs des Haushalts ist, muß doch herausgestellt werden.
    Nun sagt man gewiß mit Recht, das Anwachsen des Haushaltsvolumens in diesem Haushaltsjahr sei in der Hauptsache auf unsere gesteigerten Aufwendungen im Rahmen der zivilen und sonstigen Verteidigung zurückzuführen. Gewiß, diese Ausgaben sind gestiegen; sie machen 55 % der Steigerung aus. Aber leider stellen wir eben wiederum fest, daß auch die Ausgaben in allen anderen Ressorts gestie-



    Niederalt
    gen sind, und zwar auch dort, wo dies — nach meiner Auffassung jedenfalls — vielleicht hätte vermieden werden können.

    (Abg. Dr. Conring: Sehr richtig!)

    Es ist eben wiederum der alte Trend festzustellen, wonach die meisten Titel von Jahr zu Jahr, je nach der Größe des Titels um Zehntausende oder um einige Millionen Mark ausgeweitet werden.

    (Abg. Dr. Conring: Schlechte Übung!)

    In diesem Haushalt kommt ein Wörtchen, ein ganz kleines Wörtchen, sehr, sehr häufig vor. Sie lesen dieses Wörtchen in den Erläuterungen zu so vielen Titeln. Das Wörtchen heißt „Mehr" : Mehr infolge . . . Mehr wegen . . . , immer wieder das Wörtchen „Mehr". Nach diesem „Mehr infolge . . ." kommen meistens ganz plausible Gründe, warum der Ansatz erhöht werden mußte, plausible Gründe, die für sich allein gesehen eine Erhöhung des Ansatzes vielleicht rechtfertigen können. Wenn man aber diese ewigen Vermehrungen und Erhöhungen der Titel in einer Gesamtschau betrachtet, wenn man sie vor allem im Verhältnis zu der außerordentlich schwierigen Lage sieht, den Haushalt zu decken, wird man bei diesen Erhöhungen zu einem anderen Ergebnis kommen. Nur so darf der Haushalt gesehen werden. Wenn wir dazu kommen, jeden Titel für sich allein, gewissermaßen absolut, zu betrachten, meine Damen und Herren, werden wir der Ausweitung des Haushalts keinen Riegel vorschieben können.

    (Abg. Dr. Vogel: Sehr richtig!)

    Der Bundesfinanzminister selbst hat gestern eingestanden, daß wir mehr Geld ausgeben, als angebracht ist, vor allem, als angesichts der großen Schwerpunktaufgaben, die der Haushalt zu bewältigen hat, angebracht ist.
    Aus dieser kritischen Bemerkung, die ich nicht unterlassen konnte, resultiert die Forderung an die Regierung und an das Parlament, bei den zukünftigen Haushaltsplänen mehr als bisher einige politische Schwerpunkte herauszustellen und bei den übrigen Ansätzen im Haushalt endlich einmal auf der Stelle zu treten. Wir sollten auf dieser schrecklichen Treppe, von der unser Freund Etzel seinerzeit, als er Bundesfinanzminister war, sprach, nicht weitergehen.
    Kein Satz in der gestrigen Haushaltsrede hat mir so gut gefallen wie der, der die Ankündigung des Bundesfinanzministers enthielt, daß bei der Aufstellung des Haushalts 1963 die Ansätze des Haushalts 1962 grundsätzlich nicht überschritten werden dürfen. Das ist eine Forderung, die wir schon seit geraumer Zeit stellen. Wir sind sehr, sehr froh, daß sie von der Regierung akzeptiert wird. Ich werde diesen Satz „in meinem Herzen bewahren", um darauf zurückzukommen.

    (Lachen und Rufe von der SPD: Ohl Oh!)

    — Um darauf zurückzukommen; das letztere dürfen Sie nicht übersehen.
    Nun, meine Damen und Herren, komme ich zu einem anderen, schwierigen Kapitel: Haushaltsausgleich, Deckungsmittel, Bund — Länder. Sie wissen, daß der vorgelegte Haushalt von den Ländern einen Betrag von rund 1,7 Milliarden verlangt. Als diese Forderung bekannt wurde, gab es bei den Ländern verständlicherweise große Aufregung. Ich muß aber sagen: im großen ganzen bin ich doch recht erfreut darüber, daß die Länder — zumindest in der Sitzung im Bundesrat — grundsätzlich ihre Verpflichtung anerkannt haben, dem Bund zu helfen. Wenn der Bund eine Rechnung aufmacht und dabei auf ein Defizit von 1740 Millionen DM kommt, dann ist es nur zu verständlich, daß die Länder sagen: „Da wollen wir doch auch einmal nachprüfen, da wollen wir auch einmal nachrechnen, ob es unbedingt so sein muß." Aber die prinzipielle Bereitschaft der Länder muß doch anerkannt werden.
    Die Verhandlungen, die jetzt zwangsläufig mit den Ländern geführt werden müssen, erinnern mich an die Zeiten von 1952, 1953, als mein Freund Fritz Schäffer 'Bundesfinanzminister war. Er konnte kaum einen Haushalt vorlegen, der nicht eine große Unbekannte enthielt. Die große Unbekannte war der jeweilige Anteil des Bundes an der Einkommen- und Körperschaftsteuer. Damals hatten wir noch keinen festen 'Schlüssel. Im Haushaltsplan stand gewöhnlich eine ziemlich hohe Zahl, die natürlich die äußerste Forderung des Bundesfinanzministers darstellte. Man hörte aus der Presse, aus Verhandlungen im Bundesrat und aus Verhandlungen mit den Länderfinanzministern, daß die Länderfinanzminister 'diese hohe Zahl natürlich nicht anerkennen würden, so daß wir bei der Verabschiedung des Haushalts hier im Hause eigentlich nie hundertprozentig wußten, welches der Anteil wirklich sein werde, ob also die Ausgaben völlig gedeckt sind.
    Die bisherigen Verhandlungen haben erfreulicherweise erkennen lassen, daß die Länder dem Bund helfen wollen. Was den Umfang der Hilfe anlangt, so haben die in den letzten Wochen geführten Verhandlungen gezeigt, daß die Länder bereit sind, von ihrem ursprünglichen Angebot von etwa 800 Millionen DM abzugehen und diese Summe um einige hundert Millionen aufzustocken. Man spricht heute schon von 1000 bis 1100 Millionen DM. Wenn wir von der Voraussetzung ausgehen, daß die Länder diesen Betrag an den Bund abgeben, ist, glaube ich, die Haushaltsdeckung einigermaßen gesichert. Natürlich hat der Bundesfinanzminister noch ein schweres Werk vor sich. Der Bundesfinanzminister wird in manchen Verhandlungen noch Detailrechnungen anstellen müssen. Aber die Sicherung des Haushaltsausgleichs zeichnet sich doch ab.
    Ich gehe nur ganz kurz auf die Zahlen ein. Ich unterstelle, daß 1000 bis 1100 Millionen von den Ländern kommen. Man wird mit guten Gründen, und zwar mit guten 'sachlichen Gründen, nicht nur mit formellen Gründen, die Steuerschätzung bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer und bei der Lohnsteuer um etwa 300 Millionen DM aufstocken können.
    Wir vom Haushaltsausschuß haben uns darüber hinaus vorgenommen, über die im Haushalt vorgesehene 12%ige Kürzung, die 620 Millionen DM ausmachen würde, durch gezielte Sparmaßnahmen noch wesentlich hinauszukommen. Natürlich dürfen



    Niederalt
    wir in dieser Arbeit nicht gestört werden, auch nicht von unseren Freunden in den eigenen Fraktionen. Daß dabei nicht immer schöne Beschlüsse gefaßt werden können, ist selbstverständlich. Aber wenn wir zu einem Ausgleich kommen wollen, dann müssen wir Einsparungen vornehmen. Ich schätze, daß sie mit rund 300 Millionen DM über dem Betrag von 620 Millionen DM liegen werden, der im Haushalt enthalten ist.
    Das ist nach meiner Auffassung eine moralische Pflicht des Bundestages, ich sage das ganz offen; denn was wir im Augenblick bezüglich der Deckung des Haushalts machen, ist nichts anderes, als daß wir um Nachbarschaftshilfe bitten. Wir erwarten von den Ländern Nachbarschaftshilfe, und jedermann, der um Nachbarschaftshilfe angeht, weiß, daß er sie nur fordern kann, wenn er selber alles getan hat, was in seiner Macht steht.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Deshalb sind wir, der Haushaltsausschuß, geradezu verpflichtet, diese Einsparungen vorzunehmen, ganz abgesehen davon — und jetzt beruhige ich diejenigen, die vielleicht die Zusammenhänge nicht so genau kennen —, daß alle bisherigen Einsparungen immer noch höhere Ansätze als den hohen Ansatz des Jahres 1961 zurücklassen. Mit anderen Worten: Unter die Ansätze des Jahres 1961 kommen wir sowieso in keinem Fall. Ich bin überzeugt, daß die zweite und die dritte Lesung, bis zu denen der Herr Bundesfinanzminister seine Verhandlungen mit den Ländern hoffenlich zu einem sichtbaren
    Erfolg geführt haben wird, bezüglich der Deckung Klarheit schaffen.
    Da ich aber nun vom Verhältnis Bund — Länder und von der Deckungsfrage spreche, möchte ich zwei Punkte unmißverständlich klar und deutlich herausstellen. Der erste Punkt: Keine Steuererhöhung, die nur darauf zurückzuführen ist, daß die Finanzmasse zwischen Bund und Ländern nicht richtig verteilt ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Das muß ein eiserner Grundsatz sein. Es ist unmöglich, in irgendeinem Zeitpunkt an eine Steuererhöhung zu denken, die nur darauf zurückzuführen ist, daß das Einkommen aus Steuern zwischen Bund und Ländern nicht richtig verteilt ist. Wir haben nur einen Staatsbürger, der Steuern zahlt. Er zahlt Steuern an die Gemeinde, er zahlt Steuern an das Land, er zahlt Steuern an den Bund. Dieser eine Staatsbürger würde es nicht verstehen, wenn er etwa nur wegen unrichtiger Verteilung zu höheren Lasten herangezogen würde. Ich bin glücklich sagen zu können, daß nach meiner Kenntnis der Dinge auch die Länder grundsätzlich auf diesem Standpunkt stehen.
    Ein zweiter Punkt, der ebenso wichtig ist: Diese Beitragsregelung für den Haushalt 1962 muß ein einmaliges Provisorium sein.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Es geht nicht an, daß etwa das System der Matrikularbeiträge langsam wieder Mode würde. Das politische Schwergewicht unserer Aufgaben, der Bundesaufgaben ist so groß, daß diese Aufgaben
    unmöglich mit dem Matrikularbeitrag gelöst werden könnten. Das ist keine Methode: Der Bundesfinanzminister mit dem Hut in der Hand von Land zu Land — nein, das entspricht nicht der Bedeutung der Bundesaufgaben und nicht der Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern;

    (Abg. Dr. Conring: Ist auch verfassungsrechtlich bedenklich!)

    ganz abgesehen davon — Herr Conring, Sie nehmen mir den nächsten Satz schon weg —, daß es auch verfassungsrechtlich bedenklich wäre, denn die Verfassung sieht in Art. 106 klar vor, daß in diesen Fällen eben der Verteilungsschlüssel geändert werden muß. Wenn das in diesem Haushaltsjahr 1962 noch nicht geschehen ist und von der Regierung nicht vorgeschlagen wird und wurde, so hat das seine guten Gründe. Ich brauche mich darüber hier nicht im einzelnen zu äußern. Zeitdruck war mit maßgebend, und vor allem war maßgebend auch die Tatsache, daß man heute schwerlich den Umfang der unbedingt notwendigen Ausgaben des Jahres 1963 schon hundertprozentig sicher voraussehen kann.
    Das sind also die beiden Punkte, auf die wir, glaube ich, unbedingt Wert legen müssen.
    Nun haben bei der Auseinandersetzung zwischen Bund und Ländern um die Deckung im Bundesrat eine große Rolle auch die Ausgaben auf dem kulturellen Sektor gespielt. Das sind im wesentlichen die Ausgaben für die Wissenschaftsförderung, die Ausgaben für die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Max-Planck-Gesellschaft und die Ausgaben für die Studentenförderung. Der Bundesrat hat vorgeschlagen — im Hintergrund mit der Begründung: „Das sind ja Dinge, die in unsere Zuständigkeit fallen" —, zwar die Titel stehenzulassen, aber anstelle der Ansätze nur ein kleines bescheidenes Strichlein zu setzen. Jeder, der die Zusammenhänge kennt, weiß, daß mit diesem Strichlein natürlich einiges verbunden wäre, daß die Übertragung der Ausgaben auf die Länder natürlich nicht ohne Rückwirkung auf die Durchführung der Aufgaben wäre.
    Das, glaube ich, können wir dem Bundesrat nicht abnehmen; dieser Vorschlag scheint mir nicht gut zu sein. Wir müssen vielmehr erwarten, daß die vom Bundesfinanzminister mit den Ländern noch auszuhandelnde Summe — sprich: 1000 bis 1100 Millionen DM etwa, so etwas liegt in der Luft — global und ohne Zweckbindung gegeben wird. Auf etwas anderes kann man sich, glaube ich, nicht einlassen.
    Vor allem: Der Vorschlag des Bundesrates bezüglich der Wissenschaftstitel, so pauschal, ist schon deshalb nicht anwendbar, weil unter den Aufgaben, bei denen der Bundesrat das bekannte Strichlein anstelle der Ausgabenansätze setzen will, auch Aufgaben sind, für die nach unserer Verfassung zweifellos die Bundeszuständigkeit gegeben ist. Das sind vor allem die Ausgaben für die Forschungsgemeinschaft und die Max-Planck-Gesellschaft. Insoweit liegt unbestreitbar eine Aufgabe des Bundes vor. Aber auch bei den anderen Aufgaben, wo von der Verfassung her gesehen die Zuständigkeit der Län-



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    der wohl mehr im Vordergrund steht — ich denke an die Wissenschaftsförderung, die sich ja in der Hauptsache mit dem personellen und technischen Ausbau der Universitäten befaßt, was materiell gesehen nach unserer Verfassung im wesentlichen Aufgabe der Länder ist —, hat der Bund, das möchte ich doch deutlich herausstellen, eine Zuständigkeit und muß er eine Zuständigkeit haben im Rahmen seiner überregionalen Ausgleichsfunktion. Wenn wir dem Bund diese überregionale Ausgleichsfunktion auf diesem Gebiet nicht zuerkennen, hätte das zur Folge, daß auf diesem so wichtigen kulturellen Gebiet eine völlig ungleiche Entwicklung Platz greifen würde, weil bekanntlich in unserer Bundesrepublik die Wirtschaftslage der Länder nicht gleich, sondern sehr unterschiedlich ist, weil die reichen Länder dann auf diesem Gebiet sehr viel mehr tun könnten als die sogenannten armen Länder. Insoweit ist also auf jeden Fall im Interesse einer gleichmäßigen, vernünftigen Entwicklung eine überregionale Ausgleichsfunktion des Bundes anzuerkennen.
    Nun sagen einige Superkluge, diese überregionale Ausgleichsfunktion des Bundes könnten auch die Länder durch Gemeinschaftseinrichtungen übernehmen. Meine Damen und Herren, ich habe schon vor einem Jahr oder vor einem halben Jahr von dieser Stelle aus gesagt, daß ich diese Entwicklung erstens für verfassungswidrig und zweitens für politisch unmöglich halten würde, und zwar deshalb, weil sie vom Bundesstaat zum Staatenbund führen würde,

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    abgesehen davon, daß es keine Lösung gibt für überörtliche Gemeinschaftseinrichtungen und Verwaltungseinrichtungen der Länder, die praktikabel ist, denn für alle diese Einrichtungen wären in der Praxis einstimmige Beschlüsse der Kabinette bzw. der Parlamente erforderlich, und man weiß ja inzwischen aus der Praxis, daß bei elf Ländern die Einstimmigkeit nicht sehr leicht erreichbar ist.
    Ich meine also, diese Dinge müssen klargestellt werden. Allerdings möchte ich den Ländern gern zugestehen, daß wir bei der Aufstellung des Haushalts — Herr Bundesfinanzminister, Herr Bundesinnenminister, das wäre zu beachten — auf eine vernünftige Ausgaben- und Aufgabenverteilung auf diesem 'Gebiet mehr Rücksicht nehmen müssen, als es im Haushalt 1962 der Fall ist. Ich denke hier gerade an die Wissenschaftsförderung. Es ist nicht notwendig, 'daß hier ein Betrag von 250 Millionen DM mit der Klausel eingesetzt wird, daß auch die Länder einen Beitrag von 250 Millionen DM leisten. Wenn wir davon ausgehen, daß insoweit der Bund nur seine Überregionale Ausgleichsfunktion zu erfüllen hat, können wir hier den Bundeshaushalt durch einen wesentlichen Betrag entlasten, indem wir den Bund auf' die überregionale Ausgleichsfunktion verweisen, so daß die automatische Einschaltung des Bundes etwa bei Baumaßnahmen z. B. an Universitäten in Nordrhein-Westfalen ausscheidet; denn es wäre eine sinnlose Geldübertragung zunächst von den Ländern auf den Bund und dann vom Bund auf die Länder, wenn wir überall, in allen Ländern, bei Länderaufgaben vom Bund Zuschüsse geben würden. Insofern sollte also bei Aufstellung des Haushalts 1963 die verfassungsmäßige Zuständigkeit der Länder, gerade was die Wissenschaftsförderung anlangt, berücksichtigt werden.

    (Abg. Dr. Conring: Sehr notwendig!)

    Meine Damen und Herren! Es ist vor allem in der Haushaltsrede, aber auch von meinen Herren Vorrednern schon angedeutet worden, daß wir in diesem Jahre, wie es scheint, zum erstenmal an einer Wende in der Haushaltspolitik stehen. Nun muß man ja mit Formulierungen wie „Wende in der Haushaltspolitik", „am Rande des Defizits" usw. sehr vorsichtig sein. Wir wissen alle aus 'der Vergangenheit, daß wir in früheren Jahren sehr hohe Steuereinnahmen in den Haushalt eingesetzt haben, daß alle wissenschaftlichen Institute erklärt haben, mehr könne man bestimmt nicht verantworten, und daß wir trotzdem jedesmal durch noch höhere Steuereinnahmen überrascht worden sind. Daraus ist leider Gottes auch bei uns im Parlament eine Übung entstanden, die nur sehr schwer wieder zu beseitigen ist. Man hat sich nämlich daran gewöhnt, daß man im großen und ganzen alle Wünsche berücksichtigen kann, auch wenn die Haushaltsleute anfangs ein bedenkliches Gesicht gemacht haben. Deshalb muß man das Wort von der Wende in der Haushaltspolitik mit Vorsicht auffassen.
    Dennoch bin ich persönlich davon überzeugt, daß wir in diesem Jahr an einer Wende sind. Sie ist sichtbar in dem Haushaltsdefizit von 1700 Millionen DM; denn ganz streng genommen ist der Haushalt ja nicht ausgeglichen vorgelegt worden, sondern er enthält als Einnahme einen Betrag von 1700 Millionen, die wir von den Ländern erwarten, obwohl von ihnen noch keine definitive Zusage vorliegt. Insofern jedenfalls ist die Wende sichtbar. Das bedeutet — und da stimme ich wieder hundertprozentig mit dem überein, was gestern Bundesfinanzminister Starke in seiner Haushaltsrede gesagt hat — für uns im Parlament die ernste Mahnung, doch das zu tun, was die alten Griechen mit weiser Mäßigung immer ausgedrückt haben: eine gewisse Zurückhaltung, nicht das Hektische unserer Zeit, auch in die Haushaltsgebarung hineinzutragen, nicht alles auf einmal, wie gestern Bundesfinanzminister Starke sehr richtig gesagt hat. Nur wenn wir hier im Bundestag ebenso wie in den Parlamenten der Länder sichtbar werden lassen, daß sich eine Wende in unserer Ausgabenpolitik anbahnt, nur wenn wir bereit sind, dafür die Voraussetzungen zu schaffen, nur dann können wir mit Fug und Recht erwarten, daß man auch in unserem Wirtschaftsleben, draußen bei den Tarifpartnern, bei den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern, davon Kenntnis nimmt, daß es so nicht mehr weitergeht.
    Dabei liegt mir eine Bemerkung auf der Zunge, die ich nicht unterdrücken möchte. Man sagt so gern: Bundesbank — Hüterin der Währung, Bundesfinanzminister — Hüter der Währung, Parlament — Hüterin der Währung. Das stimmt alles nicht ganz, denn bei den Genannten handelt es sich nur um Teile, die zur Stabilität unserer Währung beitragen. Die Tarifpartner, die draußen im Rahmen ihrer
    65R Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 19, Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. März 1962
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    Tarifautonomie handeln, sind mindestens genauso Hüter der Währung.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.) Das müssen wir festhalten.

    Diese Wende in der Haushaltspolitik — und damit richte ich wiederum eine Bitte an die Bundesregierung — muß aber in allen Teilen des Haushalts zum Ausdruck kommen, auch in den Teilen, die das Personal betreffen.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Sie wissen, daß wir bei den jetzigen Haushaltsberatungen die Personalfragen ausgeklammert haben, um einigermaßen bis Ostern mit der Beratung hinzukommen, und daß auf die Mitglieder des Haushaltsausschusses die „angenehme" Aufgabe zukommt, in den schönen Monaten Mai und Juni die Personalfragen zu beraten. Meine Damen und Herren von der Regierung, falls Sie das Wort „Wende der Haushaltspolitik" ernst nehmen, beweisen Sie das bitte, indem Sie uns bei diesen Beratungen unterstützen. Wir, die wir uns mit dem Haushalt zu beschäftigen haben, erwarten das von Ihnen.

    (Beifall in der Mitte.)

    Was jetzt im Haushaltsplan an Personalwünschen enthalten ist, ist zuviel. Darüber gibt es gar keinen Zweifel.

    (Abg. Börner: Sehr richtig!)

    Da ist noch nichts von der „Wende in der Haushaltspolitik" zu spüren. Da möchten wir von der Bundesregierung zu unserer Entlastung — lassen Sie uns doch auch noch etwas leben! — neue, vernünftigere Vorschläge sehen, nicht die Ansätze des Haushalts.
    Noch ein Wert zu der Aufstellung des Haushalts 1963. Sie ist, das zeichnet sich klar und deutlich ab, noch schwieriger als die des Haushalts 1962. Die Regierung wird sich sehr ernst überlegen müssen, ob gewisse Tabus noch aufrechterhalten werden können. Wenn ich „Tabus" sage, so meine ich gewisse gesetzliche Bestimmungen, die eine Automatik in der Ausgabe nach sich ziehen, gesetzliche Bestimmungen, die Zweckbindungen enthalten, reine Spezialgesetze, aus denen sich die Ausgaben automatisch ergeben, die dann nur noch in den Haushalt zu übertragen sind, wobei weder das Parlament noch die Regierung irgend etwas zu äußern hat. Diese Tabus werden von der Regierung angegriffen werden müssen. Nach meiner Überzeugung müssen wir aufräumen unter diesen „heiligen Kühen"; die sind bei uns nicht so heilig.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und rechts.)

    Mit dieser Bitte — beinahe hätte ich gesagt: mit diesem Aufruf an die Bundesregierung — möchte ich schließen, indem ich mein Ceterum censeo sage: Landgraf, werde endlich hart!

    (Beifall bei der CDU/CSU.)