Rede von
Alfred
Ollesch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Kollege Dr. Schellenberg, Sie mögen recht haben. Ich kann Ihre Zahlen im Augenblick nicht nachprüfen; ich kann mich nur auf meine Zahlen beziehen. Aber das ändert auch nichts an unserer Stellungnahme und an dem Argument, das ich Ihnen entgegenhalten kann bei der Festsetzung der Frist hinsichtlich der Kostentragung, für die die einzelnen Kassen zuständig sind.
Ein weiterer, im wesentlichen neuer Gesichtspunkt, den das Gesetz bringt, scheint uns — das ist hier vorhin sehr eingehend erwähnt worden — die sofortige Abfindung der Renten bis zu 25 % zu sein. Wir sind der Meinung, daß diese Möglichkeit gegeben sein sollte, weil dm Normalfall in der Praxis Schadensfälle mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20, 25 % keine Erwerbsminderung bedeuten.
— Sie brauchen nicht „Hört! Hört!" zu rufen. Ich komme aus einem Betrieb, der nicht ganz klein ist, und habe seit Jahren mit den Dingen zu tun gehabt. Ich habe mich mit den Löhnen unserer Leute beschäftigt und kann mir ein ungefähres Bild darüber machen, wie das sogar im Bergbau aussieht, Herr Kollege. Weil das so ist, glauben wir, daß es den Geschädigten in diesen Fällen durchaus zuzumuten ist, zu einer sofortigen Abfindung Ja zu sagen, weil diese Abfindung eine unerhörte Verwaltungsarbeit erspart. Es werden die jährlich wiederkehrenden Rückfragen, die erforderlich wären, obwohl bei diesen geringen Erwerbseinschränkungen keine Verschlimmerungen zu erwarten sind, vermieden.
Wir begrüßen es auch, daß die Möglichkeit der Abfindung auf Wunsch bei einer Erwerbsminderung von 30 % an besteht. Sie dient dem Zweck der Eigentumsbildung, deren Berechtigung auch von Ihnen nicht bestritten wird und die von uns immer wieder gefordert wurde. Wir sagen auch Ja zur Aktualisierung der Renten, wollen allerdings die automatische Anpassung vermeiden, weil wir als Parlament, als Gesetzgeber die Dinge in der Hand behalten wollen. Wir wollen sehen, ob diese Anpassung mit Rücksicht auf die allgemeine Lage möglich ist.
Zu erwähnen wäre noch die Anhebung der Jahresverdienstgrenze von 9000 DM nach der alten Regelung auf 18 000 DM, die zum Teil auch bedeutet, daß höhere Jahresverdienstgrenzen nach der Satzung der Berufsgenossenschaften auf 18 000 DM zurückgeführt werden. Strittig wird wahrscheinlich auch die Aufnahme der Berufskrankheiten — wie bisher — in den Berufskrankheitenkatalog sein, herbeigeführt durch Rechtsverordnung. Wir lassen die Möglichkeit offen, daß der Träger im Einzelfall bestimmen kann, ob eine Krankheit wie eine Berufskrankheit entschädigt werden kann.
Wir waren damit einverstanden, daß die Rente wie bisher bei einer Erwerbsbeschränkung von 20 % beginnt. In diesem Punkt gibt es also keine Änderungen; damit sind wir durchaus einverstanden. Vielleicht aber sollten wir bei den Überlegungen im Ausschuß — Sie haben ja eine sehr tatkräftige Mitarbeit angekündigt — einmal die Frage prüfen, inwieweit man die freie Arztwahl bei der Behandlung
von Unfallverletzten einführen kann angesichts der Tatsache, daß an die 80, 85 % der Fälle sowieso vom Durchgangsarzt wieder an den erstmalig behandelnden Arzt zurückverwiesen werden. Wie gesagt, ich glaube, wir sollten dies prüfen.
Wir stimmen diesem Gesetzentwurf zu, meine Damen und Herren, und wollen uns von unserer Sicht her an einer eingehenden Beratung im Ausschuß beteiligen. Wir sind auch der Meinung, daß dem Unfallschutz, der Unfallverhütung in diesem Gesetz breiter Raum gegeben wird. Herr Kollege Börner, glauben Sie mir, man kann nicht alles durch Kontrollbeamte erzwingen oder durch gesetzliche Maßnahmen verbessern wollen. Niemand kann doch bestreiten, daß die Betriebe von sich aus heute alles tun, um die Zahl der Unfälle im höchstmöglichen Maße herunterzudrücken. — Nun, Sie schütteln etwas den Kopf. Wir haben aber doch in den letzten Jahren gewaltige Verbesserungen auf diesem Gebiet erreicht. Das ist doch nicht zu bezweifeln und kann niemand bestreiten.
— Soweit ich die Branchen in Nordrhein-Westfalen kenne — wir haben ja hier mehr mit der Schwerindustrie zu tun und einer verhältnismäßig großen Häufigkeit großer und schwerer Unfälle —, setzen wir doch das Vertrauen in die Beteiligten, daß sie genau wie wir das Ziel haben, unnötige Kosten und unnötige Schmerzen und unnötige Benachteiligungen der Betroffenen zu vermeiden. Wir haben wirklich hoffnungsvolle Anzeichen feststellen können. Sie werden, wohin Sie in den Betrieben gehen, große Tafeln finden, auf denen steht, seit wann in den Betrieben unfallfrei gearbeitet wurde oder nicht. Man wird einfach nicht alles in Gesetze fassen können. Wir sind durchaus geneigt, darüber noch eingehend zu beraten. Wir wissen, daß ein Gesetzentwurf nicht alle Wünsche erfüllen kann. Wir haben aber gemeinsam mit der CDU/CSU-Fraktion versucht, dem Hohen Hause das nach unserer Meinung Beste vorzulegen. Das schließt nicht aus, daß bei der Beratung der Experten hier und da Verbesserungen notwendig werden und vielleicht vorgenommen werden. — Bitte!