Rede von
Dr.
Rudolf
Vogel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nur eine ganz kurze Bemerkung machen und Ihre Aufmerksamkeit auf den Tit. 602 bei den Allgemeinen Ausgaben des Bundeswirtschaftsministeriums lenken, der noch mit Sicherheit eine sehr erhebliche Ausgabensteigerung bringen wird. Es handelt sich um den Titel „Deutsche Beteiligung an ausländischen Messen". Es ist bereits angekündigt worden, daß wir uns an der großen Ausstellung in Moskau beteiligen werden. Nach meinen Informationen durfte sich dann der deutsche Beitrag nach den bisherigen Feststellungen auf mindestens 12 Millionen DM belaufen, d. h. mehr, als gegenwärtig im gesamten Titel für alle deutschen Messebeteiligungen im Ausland überhaupt ausgebracht ist. Mir scheint es notwendig zu sein, hierzu einige Bemerkungen zu machen. Es bleibt natürlich nicht bei den Ausgaben in Höhe von 12 Millionen DM, sondern nach sehr vorsichtigen Schätzungen werden sich die Gesamtkosten allein des deutschen Pavillons auf dieser Messe auf mindestens 60 Millionen, wahrscheinlich sogar auf 70 und mehr Millionen DM belaufen. Wir sind bei dem Ausbau dieses Pavillons — das alles ist Ihnen ja nicht unbekannt - völlig auf die Preise angewiesen, die uns die russische Seite vorschreibt; denn sie allein bestimmt, was wir zu zahlen haben, was wir für jeden Nagel und für jede Leiste auszugeben haben. Daß man diese Gelegenheit zu einer kräftigen Schröpfung der kapitalistischen Devisenspender benutzt, ist auch nich ganz unbekannt.
Ich gebe nun zu erwägen, ob es überhaupt angebracht erscheint, daß Mittel in einer derartigen Höhe für eine einmalige Ausstellung von kurzer Dauer ausgegeben werden.
Im Bundeshaushalt stehen vielleicht nur 12 bis 15 Millionen DM, die dann überplanmäßig im Laufe dieses Sommers noch dem Haushaltsausschuß -
nehme ich an — und dem Außenhandelsausschuß vorgelegt werden. Aber das, was die deutsche Industrie dafür zusätzlich aufzubringen hat — die anderen drei Viertel oder, besser gesagt, vier Fünftel der Summe -, sind ja alles Gelder, die aus Abschreibungen entnommen werden, d. h. sie belasten den Bundesfinanzminister indirekt. Daher tritt eine Gesamtbelastung von mindestens 60 Millionen DM ein.
Begründet wird es damit, daß die anderen, die Franzosen, die Engländer, es auch machen und wir folglich nicht zurückstehen können. Die lachenden Dritten dabei sind im Grunde genommen die Leute in Moskau, die sich freuen, daß hier ein solcher Wettbewerb stattfindet, der, glaube ich, ihnen allein von Vorteil ist.
Ich verkenne nicht die Notwendigkeit politischer Rücksichten. Ich bin mir völlig darüber im klaren, daß hier außenpolitische Rücksichten eine erhebliche Rolle spielen. Aber ich möchte bei dieser Gelegenheit einmal die Frage erheben: Steht ein solcher Prestige-Wettbewerb mit diesen ungeheuren Kosten,
Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 149, Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. März 1961 8513
Dr. Vogel
die er verursacht, noch in einem richtigen Verhältnis zu dem Zweck, der damit erreicht werden soll?