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ID0313902800

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    Deutscher Bundestag 139. Sitzung Bonn, den 20. Januar 1961 Inhalt Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr. Kohut . . . . . . . . . . . 3903 A Fragestunde (Drucksachen 2385, 2396) Frage des Abg. Kühn (Bonn) : Schutz der Düne in Bonn-Tannenbusch 7903 B Frage des Abg. Neumann: Akten des früheren Staatssekretärs Klopfer Schäffer, Bundesminister . 7903 D, 7904 A Neumann (SPD) . . . . 7903 D, 7904 A Frage des Abg. Dr. Bucher: Äußerung des Staatssekretärs Dr. Thedieck in der „Welt am Sonntag" Lemmer, Bundesminister . . . . 7904 A, D Dr. Bucher (FDP) 7904 C Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr Entlastung der Bundesregierung wegen der Bundeshaushaltsrechnung für das Rechnungsjahr 1956 auf Grund der Bemerkungen des Bundesrechnungshofes (Drucksachen 1518, 2169) 7904 D Antrag betr. Schiffbarmachung der Lahn (Abg. Gontrum, Dr. Löhr, Dr. Reinhard, Worms, Dr. Martin u. Gen.); Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses (Drucksachen 1374, 2323) Cramer (SPD) . . . . . . . . 7905 A Antrag betr. Abkommen über die einheitliche Auslegung der europäischen Verträge (Abg. Dr. Wahl, Dr. Harm, Dr. Mende u. Gen.); Mündlicher Bericht des Auswärt. Ausschusses (Drucksachen 1731, 2333) 7905 B Antrag betr. Zusatzprotokoll zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Abg. Dr. Wahl, Dr. Harm, Dr. Mende u. Gen.) (Drucksachen 1732, 2334) 7905 B Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung der ehem. Deutschmeister-Kaserne (jetzt Caritaskrankenhaus) in Bad Mergentheim (Drucksache 2321) 7905 C Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung eines bundeseigenen Teilgrundstücks des ehem. Flugplatzes Hamburg-Bahrenfeld (Drucksache 2363) 7905 C II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961 Entschließungsantrag zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1960 (FDP) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für den Lastenausgleich (Umdruck 536 [neu], Drucksache 2377) . . . . . 7905 D Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 731) 7905 D Entwurf eines Gesetzes über Einreise und Ausreise (Drucksache 2372) — Erste Beratung — Dr. Schröder, Bundesminister . . 7906 A, 7930 A Kühlthau (CDU/CSU) 7908 C Dr. Schäfer (SPD) . . . . . . . 7910 D Benda (CDU/CSU) . . . . . . . 7913 D Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . 7918 A Mattick (SPD) . . . . 7920 C, 7933 D Dr. Dr. h. c. Friedensburg (CDU/CSU) 7924 A Dr. Will (FPD) . . . . . . . . 7927 A Dr. Kanka (CDU/CSU) . 7928 B, 7937 C Lemmer, Bundesminister . . . . . 7935 C Mischnick (FDP) . . . . . . . 7935 D Nächste Sitzung 7938 C Anlagen 7939 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Januar 1961 7903 139. Sitzung Bonn, den 20. Januar 1961 Stenographischer Bericht Beginn: 9.11 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete() beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Bazille 31. 1. Berberich 20. 1. Bergmann* 21. 1. Berkhan* 21. 1. Dr. Besold 20. 1. Frau Beyer (Frankfurt) 20. 1. Dr. Birrenbach ' 21. 1. Frau Blohm 20. 1. Dr. Bucerius 20. 1. Dr. Burgbacher * 21. 1. Caspers 31. 1. Dr. Conring 20. 1. Dr. Deist * 21. 1. Demmelmeier 20. 1. Deringer * 21. 1. Frau Döhring (Stuttgart) 31. 1. Dr. Dollinger 20. 1. Dowidat 20. 1. Drachsler 20. 1. Frau Eilers (Bielefeld) 20. 1. Eilers (Oldenburg) 20. 1. Engelbrecht-Greve * 21. 1. Enk 20. 1. Erler 20. 1. Even (Köln) 20. 1. Dr. Franz 20. 1. Dr. Dr. h. c. Friedensburg * 21. 1. Funk 20. 1. Dr. Furler * 21. 1. Geiger (München) * 21. 1. Dr. Gleissner 20. 1. Goldhagen 20. 1. Dr. Greve 20. 1. Hahn * 21. 1. Hermsdorf 20. 1. Heye 20. 1. Hilbert 31. 1. Dr. Höck (Salzgitter) 31. 1. Höfler 31. 1. Hufnagel 20. 1. Huth 20. 1. Illerhaus * 21. 1. Dr. Jordan 20. 1. Kalbitzer * 21. 1. Killat (Unterbach) 20. 1. Dr. Knorr 20. 1. Dr. Kohut 20. 1. Dr. Kopf * 21. 1. Dr. Kreyssig * 21. 1. Dr. Krone 20. 1. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete() beurlaubt bis einschließlich Kühn (Bonn) 31. 1. Leber 20. 1. Lenz (Brühl) * 21. 1. Leukert 20. 1. Dr. Lindenberg * 21. 1. Dr. Löhr * 21. 1. Lücker (München) * 21. 1. Margulies * 21. 1. Marx 20. 1. Mauk 20. 1. Menke 31. 1. Dr. Menzel 28. 2. Metzger * 21. 1. Frau Nadig 20. 1. Neuburger 20. 1. Odenthal * 21. 1. Dr.-Ing. Philipp * 21. 1. Dr. Pflaumbaum 20. 1. Pöhler 20. 1. Dr. Preusker 20. 1. Frau Dr. Probst * 21. 1. Rademacher 20. 1. Rasner 28. 1. Frau Dr. Rehling 20. 1. Richarts * 21. 1. Dr. Rüdel (Kiel) 20. 1. Dr. Rutschke 27. 1. Scheel * 21. 1. Dr. Schild * 21. 1. Dr. Schmidt (Gellersen) * 21. 1. Schmidt (Hamburg) * 21. 1. Dr. Schmidt (Wuppertal) 20. 1. Schneider (Hamburg) 4. 2. Dr. Schneider (Saarbrücken) 20. 1. Schüttler 20. 1. Dr. Schwörer 20. 1. Dr. Siemer 25. 1. Spitzmüller 20. 1. Stahl 20. 1. Dr. Stammberger 4. 2. Dr. Starke * 21. 1. Stauch 20. 1. Frau Dr. Steinbiß 20. 1. Stenger 28. 2. Storch* 21. 1. Sträter * 21. 1. Frau Strobel * 21. 1. Tobaben 20. 1. Wehner 20. 1. Wehking 20. 1. Weimer 20. 1. Weinkamm* 21. 1. * für die Teilnahme an der Tagung des Europäischen Parlaments Abgeordnete(r) beurlaubt his einschließlich b) Urlaubsanträge Brese 16. 2. Dr. Eckhardt 28. 1. Eisenmann 11. 2. Haage 2. 2. Ollenhauer 27. 1. Werner 25. 2. Anlage 2 Umdruck 731 Interfraktioneller Antrag betreffend ÜberWeisung von Anträgen an die Ausschüsse. Der Bundestag wolle beschließen: Die folgenden Anträge werden gemäß § 99 Abs. 1 GO ohne Beratung an die zuständigen Ausschüsse überwiesen: 1. Antrag der Abgeordne- an den Ausschuß für austen Dr. Serres, Dr. Zim- wärtige Angelegenheiten mer und Genossen betr. Errichtung eines beratenden parlamentarischen Organs der Organisation für wirtschschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung — Drucksache 2205 — 2. Antrag der Abgeordne- an den Ausschuß für austen Dr. Meyer (Frank- wärtige Angelegenheiten furt), Dr. Zimmer und Genossen betr. Konferenzen europäischer Fachminister — Drucksache 2290 — Bonn, den 10. Januar 1961 Dr. Krone und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Mende und Fraktion Schneider (Bremerhaven) und Gruppe der DP Anlage 3 Schriftliche Ausführungen des Abgeordneten Dr. Wahl zu der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (3. Ausschuß) über den Antrag der Abgeordneten Dr. Wahl, Dr. Harm, Dr. Mende und Genossen betreffend Abkommen über die einheitliche Auslegung der europäischen Verträge (Drucksachen 1731, 2333). Der Antrag, den seinerzeit der unterzeichnete Berichterstatter bei der Beratenden Versammlung des Europarats eingebracht hatte, eine europäische Auslegungsinstanz für europäische Konventionen zu schaffen, geht von der Erwägung aus, daß die Schaffung einheitlichen europäischen Rechts auf halbem Wege steckenbleibt, solange durch Staatenkonventionen nur Gesetze gleichen Wortlauts in den Vertragsstaaten geschaffen werden und keine Institution vorhanden ist, die auch die einheitliche Interpretation dieser Gesetze durch die nationalen Gerichte sicherstellt. Nur durch eine solche einheitliche Auslegung wird die Gegenseitigkeit gewahrt, besonders wenn ,die Konventionen unter mehr oder weniger allgemein formulierten Bedingungen Erlaubnisse und Verbote vorsehen. Aber auch soweit es sich um die Vereinheitlichung ganzer Rechtsgebiete, etwas des Kaufrechts handelt, ist es schwer erträglich, daß z. B. die Verkäufer eines Landes aus dem vereinheitlichten Recht in einem Vertragsstaat gewisse Rechte nicht geltend machen können, die den Verkäufern dieses Vertragsstaates in jenem Lande auf Grund einer abweichenden Gerichtspraxis zustehen. Als der französische Internationalist Bartin gegen Ende des vorigen Jahrhunderts das sogenannte Qualifikationsproblem entdeckte, das sich daraus ergibt, daß internationale Konventionen zur Vereinheitlichung des Kollisionsrechts in den einzelnen Vertragsstaaten bezüglich der darin verwendeten Rechtsbegriffe einen verschiedenen Sinn annehmen, wenn und weil die Richter ihre angestammten nationalen Begriffe bei der Auslegung der Abkommen zugrunde legen, hat er schon darauf hingewiesen, daß die bloße Vereinheitlichung der Gesetze des internationalen Privatrechts die Rechtseinheit nicht zu bringen vermöchte. Es hat nicht an Reaktionen gegen die Thesen Bartins gefehlt, der die Auslegung der Vereinheitlichungskonventionen nach der Lex fori des Richters als die einzig vernünftige Lösung des Qualifikationskonflikts vertrat. Praktisch am wichtigsten war der Vorschlag, der immer wieder gemacht worden ist, die nationalen Konventionen durch eine zu schaffende gemeinsame Auslegungsinstanz zu ergänzen. Die Frage, in welcher Weise diese Einheitlichkeit unter möglichster Schonung der nationalen Gerichtsorganisationen und Verfassungen erreicht werden könne, wurde in der Rechtskommission der Beratenden Versammlung des Europarats sehr lange beraten und hat nach langem Hin und Her schließlich zur Annahme meines Vorschlags geführt, in Anlehnung an deutsche und im Recht der Montanunion verhandene Vorbilder die nationalen höchsten Gerichte zu verpflichten, wenn sie vom höchsten Gericht eines anderen Staates abweichen wollen, die umstrittene Auslegungsfrage einer europäischen Instanz vorzulegen, als die schließlich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nach dessen Konstituierung empfohlen wurde. Offengelassen wurde die Frage, ob die Stellungnahme dieses Gerichtshofs für das anfragende nationale Gericht obligatorisch sein sollte oder ob man sich mit Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Januar 1961 7941 der moralischen Autorität seines Spruches begnügen könnte. Bei dem ersten Durchlauf dieses Vorschlags durch den Ministerrat des Europarates war die Neigung der Regierungen gering, auf diese Empfehlung der Beratenden Versammlung einzugehen. Aber die Beratende Versammlung wird sich angesichts der bedeutenden Lücke in der europäischen Organisation, die durch die Gefährdung der Gegenseitigkeit den Wert der Rechtseinheit und damit die europäische Idee selbst schwächen könnte, kaum mit dieser ablehnenden Haltung des Ministerrats abfinden. Deshalb erscheint es richtig und wichtig, daß der Bundestag durch einen Beschluß die Bundesregierung bittet, sich zu diesen Vorschlägen, wie schon bisher geschehen, positiv einzustellen und diese Haltung auch in Zukunft beizubehalten und zu verstärken. Deshalb hat der Auswärtige Ausschuß einstimmig die Annahme des Antrags auf Drucksache 1731 beschlossen. Dr. Wahl
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    Rede von Dr. Richard Jaeger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Friedensburg.

    (Abg. Dr. Mommer: Es war vereinbart, Herr Präsident, daß jetzt wieder ein Angehöriger meiner Fraktion spricht, Herr Mattick!)

    — Mir ist von einer solchen Vereinbarung von meinem Vorgänger nichts gesagt worden, und die von ihm hinterlassene Reihenfolge sah anders aus. Sind Sie einverstanden?

    (Abg. Dr. Dr. h. c. Friedensburg: Ich bin einverstanden!)

    — Also Herr Abgeordneter Mattick, bitte sehr!
    Mattick, SPD: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin Herrn Benda sehr dankbar, daß er die Fragen der Rechtsstaatlichkeit dieser Vorlage und ihrer Beziehungen zum GrundBesetz schon behandelt und auch schon einige Vorschläge gemacht hat, so daß ich als Vertreter der Berliner einige andere Bemerkungen machen kann.
    Meine Damen und Herren, die Berliner Sozialdemokraten stehen seit 1945 im ständigen Fegefeuer kommunistischer Angriffe. Das begann mit der Auseinandersetzung um die Zwangsvereinigung, die noch von der sowjetischen Besatzungsmacht 1945/46 verfügt worden ist. Wir haben in dieser Stadt nach dem Zusammenbruch zuerst .die Formel geprägt: Demokratie nur den Demokraten! Allerdings war diese Formel persönlich gemeint, auf jeden einzelnen angewendet, der gegen die demokratischen Einrichtungen verstößt oder sie benutzen will, um sie zu zerstören. Es war nie eine Kollektivformel. Wir sind auch damals davon ausgegangen, daß diese Formel nach allen Seiten möglichst gleichmäßig angewendet werden sollte, also auch gegen alle Reste und Neuerstehungen von nationalsozialistischen und ähnlichen Bestrebungen.
    Berlin ist „eingeigelt" von kommunistischer Herrschaft. Wir haben um Berlin und innerhalb Berlins völlig offene Grenzen. In einem Teil Berlins sitzt die zentrale Leitung der Kommunistischen Partei — heute SED genannt — und sitzt die Regierung in Pankow, Die Westberliner haben bis zum heutigen Tage Wert darauf gelegt, daß kein Weg gegangen wird, der den Übergang aus der Zone nach Berlin irgendwie beschränken könnte.
    Wenn Sie die Sache so betrachten, wie Sie es tun, meine Damen und Herren, dann wäre Berlin ein



    Mattick
    einziges Nest von Agenten der Kommunistischen Partei.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Wir haben heute täglich über 50 000 sogenannte Grenzgänger, Menschen, die vom Osten zum Westen nach Berlin kommen, dort arbeiten und in den Betrieben wirken. Wenn ich das Gesetz des Herrn Innenministers richtig auslege, sind das alles mögliche Agenten,

    (Abg. Schröter [Berlin] : Potentielle Agenten!)

    — potentielle Agenten —, und dann müßte Berlin längst den kommunistischen Unterwanderern zu Füßen gefallen sein.
    Hier haben die Berliner in ständiger Auseinandersetzung mit den kommunistischen Angriffen, die in Berlin nicht leicht genommen werden, durch ihren festen Willen, durch ihre Vernunft, durch ihre Bereitschaft und durch ihre Gesinnung dafür gesorgt, daß die Kommunistische Partei bei der Freiheit zu wirken, die ihr in Berlin gegeben ist, bei jeder Wahl — wir fordern sie ja noch an die Wahlurne — mit 1,9 bis 2,6 % der Stimmen abgespeist wird. Ich glaube, Berlin ist in Deutschland vielleicht das beste und einzige Beispiel, wie man mit einer Flut von Agenten, mit einer Flut von kommunistischen Angriffen fertig wird, und zwar an einem Ort — das wird auch der Herr Innenminister nicht bestreiten —, wo es den Kommunisten seit 1945 am meisten darauf ankommt, „endlich reinen Tisch zu machen."

    (Beifall bei der SPD.)

    Dieses Gesetz des Herrn Innenministers über Ein- und Ausreise löst in Berlin und — ich möchte mir jetzt Zitate sparen — löst in der Zone, Herr Minister, bittere Trauer aus. Wenn dieses Gesetz Wirklichkeit wird, dann geben wir, die Bundesrepublik, einen entscheidenden Vorteil gegenüber der Zone auf.

    (Sehr wahr! bei der SDP.)

    Eines der stärksten Argumente in allen Auseinandersetzungen, die wir gegen das Ulbricht-System führen, sind die Zwangsmaßnahmen des Systems, die Ulbricht gegen jede Person anwenden muß. Es gibt in dieser Zone und in Berlin das geflügelte Wort: Was ist das für ein Staat, was ist das für eine Regierung, die jeden einzelnen Bürger unter Kuratel stellen muß, die auf jede Reise, die der einzelne Bürger unternimmt, achten muß, kontrollieren muß, Zwangsmaßnahmen gegen Reisen anwenden muß?
    Sie wissen, es kommt immer wieder vor, daß die Zone, wenn auch nicht durch direkte Verfügung, so doch durch Polizeimaßnahmen dafür sorgt, daß die Bürger gewisser Gebiete der Zone nicht einmal in die eigene Hauptstadt reisen können. Sie haben keine Ahnung, Herr Minister — verzeihen Sie mir diese Bemerkung —, wie gerade diese Diskussion in der Zone um die Frage der Freizügigkeit, der Bewegungsfreiheit, des Zusammenkommens mit anderen Menschen, sich gegen Ulbricht auswirkt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Sie sagten in Ihrer einleitenden Bemerkung vorhin, die Zonenverwaltung und die SED lachen über unsere Freiheit oder spotten über unsere Liberalität. So haben Sie es, glaube ich, ausgeführt. Herr Minister, ich glaube, es gibt kein größeres und stärkeres Argument gegen die Unfreiheit der Zone als das Argument der Freiheit bei uns.

    (Beifall bei ,der SPD.)

    Ich glaube, die Freizügigkeit ist ein entscheidender Teil jeder Freiheit. Wir haben doch in den letzten Jahren in Europa und in der Welt, überall dort, wo wir auftreten konnten, um die Freizügigkeit in ganz Europa gerungen, weil wir der Meinung sind, daß sie einen Bestandteil der Freiheit darstellt. Und jetzt wollen wir die Freizügigkeit ausgerechnet innerhalb unseres eigenen Landes generell begrenzen! Wir haben jahrelang um die Aufhebung des Interzonenpasses gekämpft, und die Zone wurde durch unsere Maßnahmen gezwungen — wenn auch nur zeitweilig —, nachzugeben. Von unserer Seite aus gibt es heute keine Begrenzung der Freizügigkeit und der Freiheit, und darauf sind wir stolz.
    Die Freiheit, Herr Minister, ist immer bedroht, d. h. sie ist immer in der Abwehr. Aber sie wird diese Abwehr nur durchhalten, wenn sie den Kampf offensiv führt. Die Freiheit zu beschränken, um sie zu erhalten, — da habe ich so den Eindruck, man könnte am Schluß sagen: Operation gut verlaufen, der Patient ist tot.

    (Beifall bei der SPD.)

    Deshalb sagen wir: Hände weg von den Grenzen! Das Gesetz, das hier vorgelegt wird, beschuldigt jeden und legt jedem einzelnen Reisenden die Beweispflicht auf, daß er keine böse Absicht hat. Dieses Gesetz belästigt jeden Reisenden. Ich glaube, es kann nur umgekehrt sein, daß man sich den einzelnen greift, um den es geht. Wenn das Gesetz angewendet werden würde, Herr Minister, würde es die letzten Reste des freien Reiseverkehrs, des möglichen Reiseverkehrs innerhalb beider Teile Deutschlands praktisch beseitigen.
    Was sind nun Ihre Gründe? Erstens haben Sie sich, wenn ich Ihre Broschüre richtig gelesen habe, furchtbar über das Auftreten des Herrn Schnitz-1 e r geärgert. Dafür habe ich Verständnis. Aber —verzeihen Sie, Herr Minister — es wäre besser gewesen, wenn der Herr Schnitzler bei seinem Auftreten in der Bundesrepublik — und das hätte ich für noch besser bei dem Auftreten von Dieckmann empfunden —, wenn die Herren nun, nachdem sie hier hereingekommen waren, zum Teil auf Einladung, in ein Fegefeuer einer politischen Auseinandersetzung hineingezerrt worden wären.

    (Beifall bei der SPD.)

    Sehen Sie sich einmal an, wo Chruschtschow mit seiner Pressekonferenz in Paris gelandet ist! Solche Auseinandersetzungen hätte ich Herrn Schnitzler und auch Herrn D i e c k m a n n gewünscht. Ich finde die Antwort auf den Besuch des Herrn Dieckmann nicht schön; Fensterscheiben einzuschlagen ist keine Auseinandersetzung in unserem Land.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)




    Mattick
    Ich hätte dem Herrn Dieckmann, nachdem er auf so unglückliche Art von einem Herrn Horn hierhergeholt worden war, eine andere Auseinandersetzung beschert.
    Sehen Sie, Herr Minister, das ist keine Sache, die Sie durch ein Ein- und Ausreisegesetz regeln können. Das ist eine Sache, die Sie durch andere politische Voraussetzungen im deutschen Volk lösen können, indem die Menschen überall darauf vorbereitet werden, diese Auseinandersetzung zu führen. Hier wird die Grenzsperre nicht die richtige Antwort sein können.
    Sie haben Angst, Herr Minister, daß Kinder in die Ferienlager der Zone fahren. Ich habe mir sagen lassen, daß 5 Millionen DM dazu ausreichen würden, so viele Ferienlager und Einrichtungen in der Bundesrepublik zu schaffen, daß dann wirklich nur noch die Böswilligen hinüberfahren oder böswillige Eltern ihre Kinder mit politischen Absichten hinüberschicken. Hier haben wir manches versäumt. Das hat dazu geführt, daß beispielsweise auch Gruppen von Kindern solcher Eltern hinübergeschickt wurden, die das als einen billigen Ausweg sahen, weil sie keine bessere Ferienmöglichkeit für die Kinder hatten.
    Sie haben Angst, daß FDGB-Funktionäre mit Agentenaufträgen in Scharen in die Betriebe kommen. Nun, Herr Minister, bisher sind doch die Betriebe damit fertig geworden, meiner Ansicht nach gut fertig geworden, genau wie unsere Betriebe in Berlin, Im allgemeinen müßte jede BetriebsbelegSchaft auch mit ihnen fertig werden. Ich wüßte bisher nicht das Gegenteil. Gerade bei den Betriebsrätewahlen gibt und gab es die einzige Chance —nachdem die Kommunistische Partei in der Bundesrepublik verboten ist —, so ein bißchen abzutasten, wie weit diese Kräfte wirksam sind. Sehen Sie sich das Ergebnis an. Ich glaube, Sie übertreiben diese Angst, und ich glaube auch, daß Sie mit diesem Gesetz dem nicht einmal beikommen würden. Dazu lassen Sie mich noch ein paar andere Bemerkungen im Zusammenhang mit Berlin machen.
    Aber zunächst, Herr Minister, ein paar Fragen an Sie, ,die ich gern noch beantwortet hätte. Sie haben hier keine Erklärung darüber abgegeben, wie nun das Gesetz an der Grenze gehandhabt werden sollte. Auch Herr Minister Lemmer, dessen Stellungnahme zu diesem Gesetz ich in diesem Hause gern einmal hören möchte, hat neulich im RIAS Stellung genommen und erklärt, der normale Reiseverkehr werde überhaupt nicht beeinträchtigt. Ja, dann weiß ich nicht, wie Sie dieses Ein- und Ausreisegesetz anwenden wollen. Wie soll der arme Zöllner oder Grenzkontrollbeamte den Mann, der ihm nicht die Wahrheit sagt, erkennen? Rote Mützen tragen die nicht mehr. Rote Schlipse tragen sie auch nicht. Dann könnten sie höchstens hin und wieder einen Sozialdemokraten greifen; ich nehme aber an, daß das Gesetz nicht gegen diese Männer angewendet werden soll. Wollen Sie Listen einführen? Die Zonenverwaltung wird von den Fernfahrern — das werden Sie auch wissen — und von uns allen, die den Marienborner Weg benutzen müssen, ständig verspottet, aber auch ernsthaft angegriffen wegen
    ihres diffamierenden Lukensystems. Sie haben es noch nicht probiert, Herr Minister. Das geht so vor sich, daß Sie Ihren Personalausweis bei der Grenzkontrolle abgehen. Dann wird Ihnen ein Schein ausgeschrieben, und der Ausweis verschwindet durch einen kleinen briefkastenähnlichen Schlitz. Dahinter sitzen die Kontrollbeamten des Zonensystems, um in den Listen nachzusehen, wer von denen, die da durchreisen, festgehalten werden soll. Wollen Sie solche Listen einführen, oder soll der Zöllner die Listen unverdeckt in der Hand haben? Oder glauben Sie wirklich, daß der einzelne Zöllner, ob gutwillig oder böswillig, soviel psychologische Kenntnisse mitbringt, daß er dem einzelnen ansehen kann, mit welcher Absicht oder mit welchem Auftrag er in die Bundesrepublik einreist?! Sie müßten also wirklich eine Antwort geben, wie Sie dieses Ein-und Ausreisegesetz handhaben wollen.
    Ich möchte das Haus auch darauf aufmerksam machen, wie ich dieses Gesetz im Blick von Berlin aus sehe. Die Sowjetunion und Ulbricht sind seit 1958 intensiv bemüht, den Berlin-Status anzuknabbern. Wir sollten daher alle Schritte unterlassen, die dazu beitragen könnten, das Verhältnis BerlinBundesrepublik zu differenzieren oder zu erschweren. Wir sind uns darüber einig — das sagte auch der Herr Minister —, daß das Gesetz keinesfalls in Berlin anwendbar ist. Wir sind uns darüber einig, daß wir weder die Berliner Innengrenze zwischen dem West- und dem Ostsektor noch die Grenze des Westsektors gegen die Zonenumgebung abschließen oder ihre Überschreitung mit Listen- und Zöllnerkontrolle erschweren können. In West-Berlin besteht legal die SED. Wenn jetzt diese vorgesehene Form der Einreisesperre durchgeführt wird, muß jeder Zöllner bei jedem Berlin-Reisenden zunächst einmal voraussetzen, er könnte ein — legaler — aktiver SED-Funktionär sein. Das ergibt sich aus .der Lage in Berlin. Sie stellen also Berlin unter Kuratel. Sie sollten aber erkennen, Herr Minister, daß Berlin in der politischen Auseinandersetzung mit dem Kommunismus für alle Deutschen die beste Lehrwerkstatt ist.

    (Beifall bei der SPD.)

    Heute fahren im Durchschnitt 20 bis 40 Schulklassen wöchentlich nach Berlin. Darüber hinaus fährt eine wahrscheinlich noch größere Zahl von Gesellschaftsgruppen nach Berlin. Die Zahl der Bundesrepublikaner, die Berlin einen Besuch abstatten, ist also insgesamt sehr hoch. Fast alle Besucher dieser Stadt, Herr Minister, die über das Verhältnis der Bundesrepublik zur Zone noch nicht viel wissen, kommen mit völlig neuen Erfahrungen zurück. Wir selbst — und nicht nur wir Sozialdemokraten, sondern auch die Kollegen von der CDU aus Berlin — sprechen mit diesen Gruppen und empfinden, wie stark, wie wirksam ein solcher Besuch von Gruppen in bezug auf die Abwehrposition und die politische Aktivposition gegenüber dem Kommunismus ist.
    Wenn dieser Entwurf Gesetz wird, wird kein Lehrer das Risiko eingehen wollen, durch einen Berlin-Besuch mit seiner Klasse in Verdacht zu kommen. Auch die Vielzahl von Gruppen, die heute



    Mattick
    nach Berlin reisen, würden in Zukunft darauf verzichten, um sich diese Unannehmlichkeit zu ersparen.
    Ich will Ihnen auch sagen, warum es dazu kommen wird. Berlin würde innerhalb kurzer Zeit nach Erlaß dieses Gesetzes das einzige Durchgangsloch für die SED sein. Berlin hat, wie ich sagte, eine legale SED. Berlin würde, wenn Ihre Vorstellungen Gesetz werden, der wesentlichste Übergangspunkt für SED-Agenten nach der Bundesrepublik werden, solange der Berlinverkehr ungestört abläuft. Ein zweiter Übergangspunkt würde das Flüchtlingslager sein. Ein solcher Beauftragter, der in das Flüchtlingslager gelangt ist, bekommt nach kurzer Zeit einen westdeutschen Personalausweis, und mit dem könnte er dann über den Berlinverkehr wieder automatisch nach Berlin und in die Zone reisen, da wir die Berliner Grenze gegenüber der Zone nicht abdichten können. In Zukunft würde also auch für jede Gruppe und für jeden Bundesbürger, der in die Zone will, um sich so zu betätigen, wie Sie es in der Broschüre dargelegt haben, der einzige Weg über Berlin führen. Er könnte nämlich nach Berlin hineinfahren, könnte unkontrolliert in die Zone gehen und über Berlin auch herausfahren. In welche Lage bringen Sie diese Stadt und uns, wenn dieses Gesetz in der vorliegenden Form angewendet werden soll! Ich glaube, Herr Minister, schon unter diesem Gesichtspunkt ist es unmöglich, ein solches Gesetz einzuführen, wenn man die Verhältnisse in Berlin nicht wesentlich verschlechtern will.
    Nun, Herr Minister, haben Sie die Bemerkung gemacht, Sie hätten kein Stück weißes Papier mehr. Damit spielten Sie noch einmal auf die Erklärung des Regierenden Bürgermeisters im Bundesrat an. Der Herr Regierende Bürgermeister hat ich habe das im Protokoll nachgelesen — kein Stück weißes Papier vorgelegt. Er hat Sie gebeten, Ihr Gesetz beiseite zu legen und mit einem weißen Stück Papier neu zu beginnen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Dazu hat er selber eine Reihe von Vorschlägen gemacht. Er hat nicht nur Vorschläge gemacht; als Bürgermeister darauf möchte ich mit meinen Ausführungen auch hinweisen — bringt er ja doch einige praktische Erfahrungen mit, die er Ihnen sozusagen auf den Tisch legen konnte. Das Ergebnis der letzten Wahl in Berlin brachte 1,9 % kommunistische Stimmen. Dies Ergebnis wurde durch politische Auseinandersetzung, nicht aber durch die von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen erzielt. Das ist ja wohl auch ein Beitrag, Herr Minister.
    Nun noch einige Bemerkungen zu Ihrer Broschüre. Zunächst einmal war ich sehr verwundert, daß Sie in eine Regierungsbroschüre so einseitig ausgesuchte Zeitungsartikel übernehmen. Wenn Sie schon die Absicht hatten, durch ein paar Zeitungsäußerungen die Feststellung zu untermauern, daß die öffentliche Meinung sich mit dem Problem beschäftigt, wieso, Herr Minister, sind Sie nur darauf gekommen, wo man etwas über Sozialdemokraten oder Gewerkschaftler schreibt? Soll ich hier die Zeitungsartikel vorlegen, die sich auch mit Wirtschaftsvertretern
    beschäftigt haben, die sich auf der Leipziger Messe oder irgendwo anders manchmal wesentlich schlechter verhalten haben als mancher Gewerkschaftler, der auch gegen unseren Willen in die Zone reist? Warum diese Schlagseite?
    Ich habe manchmal den Eindruck, wenn ich eine solche Broschüre lese, es steckt doch noch etwas anderes hinter diesem Gesetz als nur die ernsthafte Auseinandersetzung um die Probleme, die gemeint sind.

    (Zuruf von der SPD: Leider!)

    Sie haben in dieser Broschüre, Herr Minister, Zahlen verwendet, die nirgendwo anders her sein könals aus dem „Neuen Deutschland", da sie mit denen übereinstimmen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Das ist doch nicht die Grundlage, um bei solcher ernsthaften Auseinandersetzung, wo Sie wissen, daß wir in der Sache mit von der Partie sind, nun so nebenbei noch zu versuchen, in der öffentlichen Meinung die Sozialdemokraten und Gewerkschaftler als besonders belastet zu denunzieren.

    (Zuruf von der SPD: Leider wahr!)

    Wenn hier wirklich die Zahlen und die Wirkungsweise einander gegenüberstehen, Herr Minister, werden Sie nicht bestreiten können, daß gerade die Sozialdemokraten und die Gewerkschaftler — und ich gehe wieder von Berlin aus auf die Bundesrepublik — die stabilste und stärkste Abwehrfront ohne Gesetzesmaßnahmen gegen die bolschewistische Infiltration bis heute gewesen sind und auch bleiben werden. Dessen können Sie versichert sein. Herr Minister hüten Sie sich davor, diese Diskussion in eine Auseinandersetzung zu hetzen, ob wir Sozialdemokraten in der Abwehr der kommunistischen Infiltration erfolgreicher oder erfolgloser sind als staatliche Organisationen in der Bekämpfung nazistischer Anmaßungen, — so ungefähr ein Wettlauf zwischen Schleswig-Holstein und Berlin. Wer den besteht, daran brauche ich nicht zu zweifeln. Aber die gemeinsame Sache, um die es hier geht, Herr Minister, wird entscheidend darunter leiden. Insofern würde ich Sie bitten, nicht nur ein Stück weißes Papier für das Gesetz zu nehmen, sondern auch dieses Schmierblatt zurückzuziehen;

    (Beifall bei der SPD)

    Sie würden der gemeinsamen Sache damit einen sehr großen Dienst erweisen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Nun noch ein paar Schlußbemerkungen! Eine zweite Sache müssen wir neben den gesetzlichen Maßnahmen bei unseren Überlegungen auch berücksichtigen. Wir sollten versuchen, in der innenpolitischen Auseinandersetzung alle miteinander dazu beizutragen, daß unser Volk in dieser Bundesrepublik politisch fest und immun gegen bolschewistische Infiltration wird. Dazu muß ich mir auch noch ein paar Bemerkungen erlauben.
    Ich habe folgenden Eindruck: alles, was in dieser Beziehung von Ihrer Seite bisher begonnen worden ist, hat eine bestimmte Schlagseite bekommen und hat sich mehr mit den innenpolitischen Fragen der



    Mattick
    Bundesrepublik auseinandergesetzt. Es würde gar nichts schaden, wenn sich zum Beispiel hin und wieder ein paar Anzeigen der „Waage" auch mit dem Bolschewismus auseinandersetzten. Es gibt eine Vielzahl von Material, das man dazu verwenden könnte. Ich denke zum Beispiel an das umfangreiche Protokoll der Humboldt-Universität über die Frage der Freiheit. Wenn Sie daraus Zitate brächten, würden Sie den Männern und Frauen in der Bundesrepublik viel Material anbieten. Das Geld wäre sicher besser verwendet als für eine Auseinandersetzung mit der Sozialdemokratischen Partei.

    (Sehr gut! bei der der SPD.)

    Wir sind bereit, mit Ihnen gemeinsam die notwendigen Maßnahmen gegen die Einzelpersonen zu treffen, die als politische Verbrecher hier auftreten. Unsere Parole von 1945: „Demokratie nur dem Demokraten" ist die Grundlage für jede gesetzliche Maßnahme, die notwendig ist, um die Personen auch dann, wenn sie in Massen auftreten, zu fassen. Aber: Hände weg von den Grenzen und Hände weg von der Kollektivbelastung des innerdeutschen Reiseverkehrs!

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Friedensburg.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ferdinand Friedensburg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die bisherige Erörterung hat das erfreuliche und ermutigende Ergebnis gehabt, daß wir uns in der grundsätzlichen Zielgebung einig sind. Wir alle wollen die freiheitliche Rechtsordnung unseres Staates erhalten und gegen Gefahren schützen und sind deshalb bereit, mit der Bundesregierung Maßnahmen zu erörtern — und sie zu beschließen —, die eine ernsthafte Gefährdung dieser freiheitlichen Rechtsordnung verhindern, Wir freuen uns sehr, daß auch die Oppositionsparteien — wie wir eben gehört haben — grundsätzlich zur Mitarbeit bei diesem Unternehmen bereit sind.
    Aber, Herr Kollege Mattick, ich glaube, Sie machen es uns doch nicht ganz leicht, diese vertrauensvolle Zusammenarbeit, die' uns allen am Herzen liegt, zu verwirklichen, wenn Sie der Bundesregierung unterstellen, daß sie mit diesem Gesetz irgendwelche Nebenabsichten verfolge.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Davon kann doch überhaupt keine Rede sein. Ich sehe — ich bin auch kein Freund aller Teile des Gesetzes — auch nicht den geringsten Anlaß, einen so schwerwiegenden Verdacht auszusprechen. Wenn Sie das schon tun, Herr Kollege Mattick, sollten Sie den Verdacht auch substantiieren.
    Die Broschüre hat auch mir nicht in allen Teilen gefallen. Aber sie als Schmierblatt zu bezeichnen, das kann doch die gute Zusammenarbeit, von der Sie gesprochen haben, weiß Gott nicht erleichtern.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Schäfer: Sie verwechseln Ursache und Wirkung!)

    Ich würde also meinen, daß die grundsätzliche Bereitschaft, von der wir mit Freude gehört haben, sich auch in den Beratungen dieses Hauses und in den Ausschüssen zeigen sollte. Sie-dürfen nach dem, was Sie von meinen Freunden Kühlthau und Benda gehört haben, völlig gewiß sein, daß wir durchaus bereit sind, mit Ihnen dafür zu sorgen, daß die schwerwiegenden Bedenken, die durch dieses Gesetz ausgelöst werden, in der Praxis ausgeräumt werden.
    Gestatten Sie mir, noch einige grundsätzliche Fragen zu erörtern, und zwar vom Standpunkt des alten Polizeifachmannes und vom Standpunkt eines Mannes aus, der sehr viel über die Zonengrenze fährt. Wenn wir uns in dem Grundsatz einig sind, meine Damen und Herren, daß wir die freiheitliche Grundordnung unseres Staates gegen kommunistische Agenten zu schützen haben, dann haben wir uns zunächst einmal zu überlegen, ob das Gesetz, das erlassen werden soll, auch wirksam sein wird bzw. was bei der Ausführung des Gesetzes zu geschehen hat, um es wirksam zu machen. Ich gestehe, daß da schon meine erheblichen, ernsten Bedenken einsetzen.
    Der Herr Bundesinnenminister und der Herr Minister für gesamtdeutsche Fragen haben wiederholt erklärt, der harmlose, der rechtmäßige Personenverkehr solle nicht beeinträchtigt werden. Wenn aber im § 7 vorgesehen ist, daß der Reisende verpflichtet ist, „die zur Beurteilung der Vereinbarkeit der Ein- oder Ausreise mit den Vorschriften dieses Gesetzes erforderlichen Auskünfte wahrheitsgemäß zu erteilen, insbesondere über Reiseweg, -ziel, -zweck und voraussichtliche -dauer", und daß er ferner verpflichtet ist, sich auf Verlangen einer Durchsuchung seines Gepäcks zu unterwerfen, so frage ich mich — und ich habe da den Andrang in Marienborn und in Babelsberg etwa an den großen Reisetagen von Augen, Herr Minister —, wie das praktisch verwirklicht werden soll. Wir können ja — darauf ist bereits hingewiesen worden — unseren braven Grenzschutz- und Zollbeamten nicht hellseherische Eigenschaften zutrauen. Wir wollen sie auch nicht überfordern. Ich vertraue auch durchaus Ihrer Zusage, Herr Bundesinnenminister, daß die Beamten angehalten werden sollen, die Bestimmungen mit größter Zurückhaltung und Sorgfalt anzuwenden. Aber lassen Sie nun einmal einen von Schnitzler, einen Dieckmann oder vielleicht einen noch gefährlicheren Mann als diese beiden, die ich gar nicht für so gefährlich ansehe, durchreisen: Dann kommt doch sicher ein Donnerwetter von oben, und nach dem üblichen Gesetz solcher Donnerwetter setzt sich das im Quadrat der Heftigkeit und Nachdrücklichkeit bis nach unten fort. Ich möchte einmal hören, was dann der Dienststellenleiter in Marienborn seinen Leuten sagen wird, die damals nicht aufgepaßt und den Mann durchgelassen haben.

    (Abg. Dr. Schäfer: Ganz richtig!)

    Und dann möchte ich einmal sehen, wie das nächste Mal die Kontrolle gehandhabt wird. Die Absichten der Bundesregierung, unsere Absichten mögen noch so gut sein — praktisch ist das nachher gar nicht durchzuhalten. Entweder machen wir das Gesetz



    Dr. Dr. h. c. Friedensburg
    von vornherein wirkungslos, d. h. wir verzichten auf die Kontrollen, oder aber wir kontrollieren bis ins kleinste. Das ist ein geradezu gesetzmäßiger Zwang, dem sich keine Polizeidienststelle nachher entziehen kann.
    Und selbst wenn wir uns — ich wiederhole es: wider alle Wahrscheinlichkeit — zutrauen, eine Scheidung zwischen den Böcken und den Schafen schon auf Anblick hin vorzunehmen: ja, die Agenten, vor denen wir uns schützen wollen, gehen dann einen Kilometer nördlich oder einen Kilometer südlich von Marienborn über das, was wir „grüne Grenze" nennen.

    (Abg. Dr. Schäfer: Richtig!)

    Meine Damen und Herren, bis vor wenigen Jahren ist die grüne Grenze täglich von Tausenden überschritten worden.

    (Abg. Dr. Schäfer: Gott sei Dank!)

    Der Zusammenhang unseres Vaterlandes hat in den ersten Jahren nach dem Kriege darauf basiert, daß die grüne Grenze in beliebigem Umfange an allen möglichen Stellen überschritten wurde. Die Zonenbehörden haben dann versucht, das zu verhindern; sie haben Stacheldrahtverhaue und Wachttürme errichtet und einen Niemandsstreifen gepflügt, und wir bringen heute unsere Besucher aus dem Ausland an die Zonengrenze und zeigen Ihnen: so sieht es bei der Diktatur aus. Sicherlich sind wir uns alle darin einig, daß wir das nicht etwa auf unserer Seite haben wollen; aber es ist doch ein Warnungszeichen, wie es dann aussieht, wenn man ein solches Ein- und Ausreiseverbot wirklich wirksam machen will.

    (Abg. Dr. Schafer: Dann muß man auch Stacheldraht ziehen!)

    - Man kann das nicht vermeiden. Entweder ist das Gesetz überhaupt nicht praktikabel, oder unter dem Zwang der äußeren Verhältnissen müssen wir ähnliche Dinge durchführen.

    (Abg. Dr. Schäfer: Leider!)

    Es würde mich auch interessieren, wie die Bundesregierung zu folgendem sieht. Der Agent, der Spion, der Agitator will alle Unbequemlichkeiten vermeiden und reist durch die Tschechoslowakei, über Österreich und die Schweiz. Dort haben wir den Visumzwang abgeschafft. Wer einmal bei Salzburg oder bei Singen in den Reisezeiten den Grenzverkehr betrachtet hat, der stelle sich vor, was geschieht, wenn dort plötzlich die Kontrolle ebenfalls einsetzen soll. Sie haben völlig mit Recht — wir stimmen Ihnen da zu — gesagt, unsere Grenzbeamten dürfen nicht überfordert werden. Aber wie soll man das denn machen? Das ist doch gar nicht denkbar. Wir werden doch das in den letzten Jahren mühsam aufgebaute Prinzip des freien Reiseverkehrs innerhalb Europas nicht dadurch gefährden lassen, daß wir die Grenzkontrolle gegenüber der Schweiz, gegenüber Österreich und den anderen Nachbarländern verschärfen, um ein paar Agenten abzufangen!
    Also schon die erste Betrachtung, wie ein solches Gesetz überhaupt wirksam gemacht werden soll, erweckt in mir sehr schwere Sorge.
    Herr Kollege Mattick — in diesem Punkte möchte ich ihm folgen — hat darauf hingewiesen: wie wird es denn mit Berlin sein? Innerhalb Berlins haben wir die Freizügigkeit. Ich hoffe, niemand in diesem Hause und gewiß auch Sie nicht, Herr Bundesinnenminister, werden uns Berliner als mutmaßliche Agenten behandeln wollen. Aber wie will man das denn machen? Das ist doch dann einfach nicht vereinbar. Wenn wir Berlin als offenes Loch ansehen — wir können gar nicht anders, und wir würden staatspolitisch geradezu verhängnisvoll handeln, wenn wir etwas anderes täten —, haben wir gar keine praktische Möglichkeit, den Verkehr von etwaigen Agenten über Berlin abzuschneiden.
    Schließlich muß ich Ihre Aufmerksamkeit, meine Damen und Herren, noch für einen Gesichtspunkt erbitten, der bisher in der Diskussion nicht recht beachtet worden ist. Es kommt z. B. irgendeine Delegation aus einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft, um sich auf einer landwirtschaftlichen Veranstaltung irgendwo im Westen zu zeigen und darzutun: Bei uns ist das gar nicht so schlimm! — Ein typischer Fall von Agententätigkeit, Herr Bundesinnenminister, gar keine Frage! Aber von den zehn Leuten, aus denen die Delegation besteht, ist mit größter Wahrscheinlichkeit ein einziger ein wirklicher Agent. Die anderen kommen mit und sind froh, daß sie einmal mitkommen können; sie sind uns willkommen als Brüder von der anderen Seite, die einmal sehen wollen, wie es bei uns aussieht. Ich möchte mit einem hohen Maß von Wahrscheinlichkeit sagen — ich weiß etwas von diesen Dingen —, daß unter diesen zehn Leuten ein oder zwei sind, die sich mühsam hineingeschmuggelt haben, um einmal ihre im Westen wohnende alte Mutter zu besuchen oder um ihre Söhne, die bei uns studieren, wieder einmal sprechen zu können, oder die hier, wenn sie es drüben nicht mehr aushalten, mit ihren Freunden überlegen wollen, was sie tun können. Oder es sind solche, die sich sagen: Ich will einmal 48 Stunden lang frei atmen können, und das ist es mir wert, selbst in Begleitung eines kommunistischen Agitators in einer Delegation mitzugehen.
    Herr Minister, das ist kein theoretisch konstruierter Fall. Ich möchte sagen, daß es Hunderte und Tausende von solchen Fällen im Jahr gibt. Wir stehen hier vor der Gefahr, daß wir um des einen Agenten willen die anderen neun verhältnismäßig Harmlosen, vielfach sogar Erwünschten ebenfalls abweisen.
    Ich darf als christlicher Demokrat einmal die Heilige Schrift zitieren. Sie erinnern sich, wie Abraham mit Gott um das Schicksal von Sodom und Gomorra streitet. Es gelingt ihm, Gott davon zu überzeugen, daß man Sodom und Gomorra mit ihren vielen Tausend Einwohnern auch dann schonen müsse, wenn sich nur sieben Gerechte darin befänden. Wir machen es umgekehrt. Wir lassen um sieben Ungerechter willen Tausende und aber Tausende leiden und verdächtig erscheinen. Ich kann mir nicht den-



    Dr. Dr. h. c. Friedensburg
    ken, daß das wirklich unser Wille und unsere Absicht ist.

    (Abg. Dr. Schäfer: Wir werden es nicht so machen!)

    Wir haben, wenn wir das Gesetz wollen, uns zu fragen, ob die Nebenwirkungen des Gesetzes nicht viel bedeutsamer sein werden als das, was wir unter den von mir geschilderten Umständen durch ein solches Gesetz bestenfalls erreichen können. Es gibt nämlich — und da .darf ich mal als alter Polizeimann sprechen — eine Lehre von der Verhältnismäßigkeit des Mittels. Die Polizei darf kein Mittel anwenden, das außer Verhältnis zu der Bedeutung des zu erreichenden Zieles steht.
    Vielleicht darf ich Ihnen das an einem Beispiel dartun. Ich habe das als Landrat meinen Landjägern, meinen Gendarmen vorgehalten. Es ist die Legende von dem frommen Eremiten, der sich einen Bären hielt, ,der zahm war, ihm diente und ihm Gesellschaft leistete. Als sich der fromme Eremit einmal zum Mittagsschlaf hingelegt hatte, sah der Bär zu seinem Kummer, daß auf der Backe seines Freundes und Meisters eine Fliege saß. Um diese Fliege zu beseitigen, schlug er mit seiner Tatze zu. Das hat die Fliege erledigt, aber der arme Eremit hat das ebenfalls nicht überlebt.
    Ich glaube, der Vergleich zwischen der Fliege und Herrn Dieckmann sowie Herrn von Schnitzler ist gar nicht so abwegig.

    (Beifall bei der SPD.)

    Und wenn wir als frommen Eremiten die deutsche Einheit nehmen, so ist das Beispiel ebenfalls am Platze.
    Es ist notwendig, 'bei allem, was wir tun, diese Lehre von der Proportionalität, von der Verhältnismäßigkeit des anzuwendenden Mittels zu beachten. Es wäre im höchsten Maße unerwünscht, wenn bei allem guten Willen, den wir bei der Beratung des Gesetzentwurfs anwenden, und bei allem guten Willen, mit dem der Herr Bundesinnenminister später die Ausführungsbestimmungen erlassen wird, Wirkungen einträten, wie wir sie befürchten; sie können kaum vermieden werden. Es ist doch so, daß dann, wenn kontrolliert wird, von vornherein eine gewisse Befangenheit eintritt. Was wir möchten, ist, daß der Zonenbewohner, wenn er in Marienborn oder in Töpen-Juchhöh über die Grenze geht, erst einmal einen tiefen Atemzug tut und sagt: „Gott sei Dank, hier kann ich frei atmen." Ich würde es sehr bedauern, wenn sich infolge einer vielleicht noch so einleuchtenden gesetzlichen Bestimmung dieses herrliche Gefühl, das wir unseren Brüdern und Schwestern in der Zone wünschen, nicht einstellen sollte.
    Es wurde das Beispiel mit den Bazillen gebracht. Meine Damen und Herren, gewiß, wenn für einen Menschen die Gefahr einer schweren Infektion durch Bazillen besteht, schützt er sich dagegen. Aber jeder Arzt wird uns sagen, daß der beste Schutz gegen Bazilleninfektion frische, freie Luft ist.

    (Beifall bei der SPD.)

    Sie stärkt den Körper, so daß der Bazillus keinen Nährboden findet. Es kommt also darauf an, den Körperstark zu machen. Es gibt ja theoretisch überhaupt keinen vollkommenen Bazillenschutz; es gibt nur eine innere Abwehrbereitschaft des Körpers. Ich stimme daher vollkommen dem Vorschlage des ersten Redners der Sozialdemokratischen Partei, des Herrn Kollegen Schäfer, zu, daß wir dIe Mittel erhöhen sollten, die für die staatsbürgerliche Erziehung ausgeworfen werden. Sie haben von 845 000 DM gesprochen. Lieber gebe ich 8 1/2, ja 85 Millionen DM aus,

    (Abg. Dr. Schäfer: Richtig!)

    also daß ich Gesetze mache, mit denen ich die Freiheit unserer Menschen behindere.

    (Beifall bei der SPD und der FDP.)

    Herr Bundesinnenminister, wenn Sie Vorschläge in der Richtung machen, so werden Sie uns alle sofort an Ihrer Seite sehen. Das braucht nicht bloß über die Bundeszentrale für Heimatdienst zu geschehen; es gibt viele andere Möglichkeiten. Kein Zwejel, meine Damen und Herren, daß die Erziehung auf unseren Schulen hinsichtlich der inneren Stärkung des menschlichen Körpers gegen die gefürchtete kommunistische Infektion noch viel zu wünschen übrigläßt.
    Sollte das nicht ausreichen — auch hier eine Anregung an den Herrn Innenminister; der Vorschlag, den Kollege Benda so überzeugend vorgetragen hat, richtet sich auf diese Möglichkeit —, dann wollen wir die Möglichkeit zu ärztlichen Eingriffen schaffen. Dann soll der Betreffende ausgewiesen werden, dann soll der Betreffende bestraft werden. Das scheint mir die richtige Maßnahme zu sein, um einen gefährdeten und vielleicht schon erkrankten Körper zu schützen.
    Wir möchten in dieser späten Stunde die vielen, vielen Gedanken und Sorgen, die wir hegen, nicht alle aussprechen. Dazu wird in den Ausschüssen Gelegenheit sein. Ich glaube, wir freuen uns, daß wir einig sind in dem Wunsch zusammenzuarbeiten. Ich möchte meinen sozialdemokratischen Kollegen empfehlen, hierbei auch auf abweichende Gedanken und Erwägungen Rücksicht nehmen zu wollen. Das ganze Gesetz ist im Grunde nur wieder ein neues Beispiel für die schreckliche Situation, in der sich unser armes Volk und unser armes Land befindet.

    (Abg. Dr. Mommer: In der Tat!)

    Wir werden die Probleme nie recht verstehen, wenn wir uns nicht darüber klar sind, daß ein ehrlicher, man sagt heute, echter Konflikt zwischen der Pflicht zur Zusammenführung des gesamten Deutschlands, zur gesamtdeutschen Politik einerseits und der Pflicht zur Abwehr des Bolschewismus anderseits besteht. Das ist — ich gebe es zu — nicht leicht auf einen Nenner zu bringen. Wir erwarten von der Bundesregierung und haben das Vertrauen zu ihr, daß sie uns auch dabei helfen wird, daß die gesamtdeutschen Interessen nicht leiden und trotzdem ein möglichst großes Maß von Schutz gegen wirkliche Gefahren herbeigeführt wird. Ein solcher tragischer



    Dr. Dr. h. c. Friedensburg
    811 Konflikt 'ist sehr ernst zu nehmen. Ein solcher tragischer Konflikt zwischen zwei Pflichten, die sich scheinbar ausschließen, kann nur überwunden werden, indem man weder das eine noch das andere allein tut. Wir müssen versuchen, beides miteinander zu vereinen, den Schutz gegen die Gefahr und die Sorge für den Zusammenhang des gesamten Deutschlands.

    (Beifall auf allen Seiten des Hauses.)