Rede von
Dr.
Heinz
Starke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich sehr kurz fassen, aber doch noch einmal etwas auf die Frage der Gewerbesteuer eingehen. Ich habe festgestellt, daß in der Sache kaum mehr eine Meinungsverschiedenheit besteht.
Vielleicht ist es dem Hohen Hause nicht mehr in Erinnerung, daß wir bereits im Sommer einmal den Antrag auf den Unternehmerfreibetrag in diesem Hohen Hause gestellt hatten und daß uns angeraten worden war, diesen Antrag in einen Entschließungsantrag umzuändern. Dann haben alle drei Parteien dieses Hohen Hauses dem Antrag zugestimmt. Das ist, soweit es den Sommer betrifft, die Vorgeschichte.
Heute hat der Kollege Dresbach von der CDU gesagt, auch er begrüße es, daß die Novelle zur Gewerbesteuer jetzt komme, damit die zusätzliche Einkommensteuer — so wird sie in den Kreisen der Gewerbetreibenden angesehen — beseitigt wird. Auch Sie, Herr Kollege Dollinger, haben zur Gewerbesteuer gesprochen. Wir sind uns, soweit ich sehe, in der Frage alle einig.
Es stimmt nicht ganz, wenn Sie von einem „Gedanken" an eine Begrenzung bis 50 000 DM sprechen. Sie wissen doch genau, daß das ein Kabinettsbeschluß ist; es sind also nicht etwa irgendwelche unwägbaren Gedanken in der Luft. Wir sind der Meinung — das möchte ich Ihnen darauf erwidern
—, daß es sehr wesentlich ist, daß die Freien Demokraten diese 50 000-DM-Grenze wieder ablehnen. Damit werden wir Ihnen die Arbeit in Ihrer Fraktion etwas erleichtern; sie war ja schwer genug bei der Gewerbesteuer. Sie müssen uns eigentlich ein wenig dankbar sein dafür, daß wir Sie so unterstützen.
— Nein, immer auf einem! Wenn Sie nicht so sehr auf die letzten Monate eingegangen wären, hätte ich das ganz unerörtert gelassen.
Aber eines möchte ich Ihnen sagen. Wir sind zutiefst überzeugt und wissen aus den Debatten, die es bei uns erfordert hat, den Antrag auf den Unternehmerfreibetrag zu stellen, sehr genau: Sie wären in der CDU heute noch nicht durch, wenn wir den Antrag nicht gestellt hätten.
— Sicherlich! Diese Frage hat auch bei uns die Debatte in der Fraktion gebracht. Aber wir haben uns dann geeinigt; Sie haben ja unsere Anträge gesehen. Wir sind der Meinung, daß wir damit einmal in den Fragen, in denen wir uns immer gemeinsam bemüht haben — für den Mittelstand —, eine Bahn gebrochen haben; denn die Frage ruhte zu lange. Sie und auch wir haben sie zu lange angekündigt. Jetzt haben wir den Antrag gestellt, und nun wollen wir es einmal dabei bewenden lassen. Das wird Ihnen in Ihrer Fraktion dienlich sein.
Ich habe überhaupt das Gefühl, daß es nicht sehr nutzbringend ist, wenn man nun versucht, Fronten
7804 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1960
Dr. Starke
aufzurichten — ein wenig habe ich heute manchmal den Eindruck gehabt —; denn hier geht es doch um etwas, was nur Hand in Hand geschehen kann.
Die Grundlage für die Gemeindefinanzreform ist bei uns eindeutig; das möchte ich noch einmal sagen. Für das System, wie es sich entwickelt hat, kann im Augenblick niemand außer der Bundesregierung, die ja die Mehrheit hinter sich hatte und seit geraumer Zeit mindestens den Versuch einer Gemeindefinanzreform hätte machen können.
Sie ist die einzige Stelle, die wir anklagen müssen.
Sie hat es nicht gewagt, überhaupt einen einzigen Gedanken zu der Frage zu äußern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, für uns alle ist es doch unschön, daß die Masse der Steuern in den Gemeinden von einer kleinen Minderheit bezahlt wird. Das schwächt den Gedanken der Selbstverwaltung. Darüber werden wir uns irgendwie einigen müssen, ohne daß es heute Zweck hat, sich etwa darüber zu unterhalten, wie man das macht. Das wird ja gerade einmal die Gemeindefinanzreform der Regierung — so der Entwurf einmal kommt — bringen. Ich bin überhaupt der Meinung, daß bei der heutigen Komplikation Fraktionen und Parteien in mancher Beziehung etwas überfordert sind, wenn man von ihnen etwa Entwürfe
verlangt wie den zur Gemeindefinanzreform. Man kann dazu ein paar Gedanken äußern, man kann das eine oder das andere festhalten. Aber diejenige Stelle, die mit ihrem Apparat, mit ihren Erfahrungen, mit dem Milliardenaufwand für die ganze Bürokratie in diesen Fragen dazu in der Lage ist, ist die Bundesregierung. Deshalb ist es bedauerlich, daß die Bundesregierung uns in diesen Fragen im Parlament, auch draußen in den Gemeinden und überall, hat sitzen lassen, insbesondere angesichts der Verschiebungen im Steueraufkommen in Bund, Ländern und Gemeinden. Das mußte man doch einmal sagen.
Wenn man sich darüber einig ist, dann wird man auch in der Frage der Gewerbesteuerreform zu einem Ergebnis kommen.
Nach meinem Hinweis, daß wir das schon im Sommer gefordert haben, habe ich zum Abschluß nur noch das eine zu sagen: Wir haben uns nicht widersprochen, indem wir die 'beiden Anträge zur Gewerbesteuer und zur Gemeindefinanzreform nacheinander gebracht haben. Denn es ging einfach darum, ob wir von der FDP heute schon Gedanken äußern wollen, wie die Gemeindefinanzreform aussehen soll, oder ob man, was wir ja getan haben, nur sagt, daß sie kommen muß und daß man einen Entwurf der Bundesregierung verlangt. Das war eigentlich der Streitpunkt. Ich finde, es macht nichts aus, wenn man dazu eine Weile braucht.
Wenn wir uns insoweit einig sind, möchte ich zum Schluß zusammenfassen: Dieser Tag — an dem wir verhältnismäßig einig über die Frage der Gewerbesteuernovelle debattiert haben, so daß wir sagen konnten, dafür wird es eine Mehrheit geben — ist ein gewisser Wendepunkt in der Behandlung der Mittelstandsfragen. Man hat wirklich allzu lange gewartet, in einer so entscheidenden Frage endlich einmal einen entscheidenden Schritt zu tun.