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ID0313616400

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    Deutscher Bundestag 136. Sitzung Bonn, den 14. Dezember 1960 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Wittmer-Eigenbrodt, Nieberg und des Vizepräsidenten Dr. Dehler 7751 A, 7793 C 85. Geburtstag von Paul Löbe Vizepräsident Dr. Schmid . . 7751 B Abg. Rommerskirchen tritt für den ausgeschiedenen Abg. Brüns in den Bundestag ein 7751 C Änderung der Tagesordnung 7751 C Fragestunde (Drucksachen 2301, 2311) Frage des Abg. Dr. Atzenroth: Paris-Reisen aus Mitteln des Verteidigungshaushalts von Eckardt, Staatssekretär . 7752 A, B, C Dr. Atzenroth (FDP) . . . . . 7752 B, C Frage des Abg. Dr. Kohut: Anleihe für Jugoslawien Dr. Carstens, Staatssekretär . . . 7752 D Frage des Abg. Dr. Imle: Voraussetzungen für die Einstellung als Sozialattaché Dr. Carstens, Staatssekretär 7752 D, 7753 A Dr. Imle (FDP) 7753 A Frage des Abg. Dr. Imle: Entsendung von Sozialattachés in die Entwicklungsländer Dr. Carstens, Staatssekretär . . 7753 A, B Dr. Imle (FDP) 7753 A, B Frage des Abg. Dr. Bucher: Diplomatische Beziehungen zu Jugoslawien Dr. Carstens, Staatssekretär . . . 7753 B Fragen der Abg. Dr. Bucher, Schneider (Bremerhaven) und Hansing: Aufbringung deutscher Schiffe, u. a. des Frachters „Weißesee", durch französische Streitkräfte Dr, Carstens, Staatssekretär . . . 7753 C, 7754 A, B, C, D, 7755 A, B, C, D Dr. Bucher (FDP) . . . 7754 A, 7755 C Schneider (Bremerhaven) (DP) . . . 7754 A, 7755 B Müller-Hermann (CDU/CSU) . . 7754 B, C Hansing (SPD) . . . . . . . 7754 C, D Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 7754 D Blachstein (SPD) 7754 A Dr. Mommer (SPD) . . . . . . 7755 A- Heye (CDU/CSU) 7755 C Frage des Abg. Werner: Tbc-Untersuchungen Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7755 D, 7756A Dr. Huys (CDU/CSU) . . . . . 7756 A II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1960 Frage des Abg. Werner: Röntgenlogische Untersuchungen von Lehrern Dr. Schrader, Bundesminister . . 7756 B Frage des Abg. Spitzmüller: Konserven aus dem Fleisch von Singvögeln Dr. Schröder, Bundesminister . . 7756 C, D. Spitzmüller (FDP) 7756 C, D Frage der Abg. Frau Dr. Diemer-Nicolaus; Sicherheitsbestimmungen im Bundesministerium des Innern Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7756 D, 7757 A, B Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 7757 A Dr. Bucher (FDP) 7757 B Dr. Schäfer (SPD) 7757 C Frage des Abg. Bühler: Zollfreie Einfuhr von Kaffee an der Schweizer Grenze Dr. Hettlage, Staatssekretär . . 7757 C, D, 7758 A, B Bühler (CDU/CSU) . . 7757 D, 7.758 A Faller (SPD) . . . . . . . . . 7758 B Frage des Abg. Dr. Atzenroth: Steuerbegünstigung bei der Umsatzsteuer für Weinkommissionäre Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 7758 C Frage des Abg. Dr. Mommer: Nachversteuerung im Lohnsteuerverfahren Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 7758 C Frage des Abg. Spitzmüller: Ausbeutesätze gemäß § 122 der Brennereiordnung Dr. Hettlage, Staatssekretär 7758 D, 7759 B Spitzmüller (FDP) 7759 B Frage des Abg. Schneider (Bremerhaven) : Kriegssachschäden von Seeleuten Dr. Hettlage, Staatssekretär . . 7759 B, C Schneider (Bremerhaven) (DP) . . 7759 C, D Frage des Abg. Ritzel: Abwicklung der Wiedergutmachungsansprüche Dr. Hettlage, Staatssekretär 7759 D, 7760 B Ritzel (SPD) 7760 A Frage des Abg. Dr. Arndt: Beteiligung an den Weltausstellungen in New York und Moskau Dr. Westrick, Staatssekretär 7760 C, 7761 A Dr. Arndt (SPD) . . . . . . . . 7760 D Frage des Abg. Dr. Schmidt (Wuppertal) : Gutachten betr. Entschwefelung des Mineralöls Dr. Westrick, Staatssekretär . . 7761 A Frage des Abg. Dr. Schmidt (Wuppertal) : Sinkende Primärenergiepreise Dr. Westrick, Staatssekretär . . 7761 C, D Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 7761 D Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes (SPD, CDU/CSU) (Drucksache 2313) — Erste Beratung -- 7762 A Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz über Zuständigkeiten in der Luftverkehrsverwaltung (Drucksache 2305) Dr. Klein, Senator des Landes Berlin 7762 B Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiete des Notarrechts (Drucksache 2306) Seidl (Dorfen) (CDU/CSU) . . . . 7763 A Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz über die Statistik der Wirtschaftsrechnungen privater Haushalte Brand (CDU/CSU) . . . . . . . 7764 A Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Drucksache 2308) Arndgen (CDU/CSU) 7764 D Große Anfrage der SPD betr. Gemeindefinanzen (Drucksache 2164 [neu]); in Verbindung mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes (FDP) (Drucksache 2118) — Erste Beratung -- und dem Antrag der Fraktion der FDP betr. Gemeindefinanzen (Drucksache 2282) Keuning (SPD) 7765 C Dr. Hettlage, Staatssekretär . . 7772 D Dr. Imle (FDP) 7777 C Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1960 III Eilers (Oldenburg) (FDP) 7778 C, 7797 A Dr. Willeke (CDU/CSU) . . . . 7783 A Jacobi (SPD) 7786 B Dr. Stecker (CDU/CSU) 7790 B, 7793 C Wienand (SPD) . . . . . . . . 7793 D Dr. Toussaint (CDU/CSU) . . . . 7798 B Dr. Dr. h. c. Dresbach (CDU/CSU) . 7799 C Dr. Dollinger (CDU/CSU) . . . . 7801 B Dr. Starke (FDP) . . . . . . . 7803 C Dr. Schäfer (SPD) . . . . . . . 7804 C Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 7805 D, 7806 B Könen (Düsseldorf) (SPD) . . . . 7806 C Entwurf eines Gesetzes über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes (UZwG) (Drucksache 38); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Inneres (Drucksache 2272) — Zweite und dritte Beratung — Dr. Schäfer (SPD) . . . . . . . 7807 B Sammelübersicht 28 des Petitionsausschusses über Anträge von Ausschüssen zu Petitionen (Drucksache 2297) . . . . . 7807 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ergänzung des § 64 des Landbeschaffungsgesetzes vom 23. Dezember 1958 (Drucksache 2188) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Inneres (Drucksache 2269) — Zweite und dritte Beratung — . . . . . . . . 7807 D Entwurf eines Gesetzes zu der Erklärung vom 29. Mai 1959 über den vorläufigen Beitritt Israels zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Drucksache 1993); Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksache 2273) — Zweite und dritte Beratung — . . . . 7808 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes (Sechstes Zolländerungsgesetz) (Drucksache 2184) ; Mündlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache 2303) Rasner (CDU/CSU) . . . . . . . 7808 C Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des Artikels 10 Absatz 2 des in Rom am 25. März 1957 unterzeichneten Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (Drucksache 2187); Mündlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache 2304) — Zweite und dritte Beratung — . . . . . . . . . 7808 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Ersten Neuordnungsgesetzes (SPD, FDP) (Drucksache 2229) — Erste Beratung — . . . . . . . . . . 7809 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 18. März 1960 mit dem Königreich Griechenland über Leistungen zugunsten griechischer Staatsangehöriger, die von nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen betroffen worden sind (Drucksache 2284) — Erste Beratung — . . 7809 B Entwurf eines Gesetzes über den Verkehr mit Düngemitteln (Düngemittelgesetz) (Drucksache 2258) — Erste Beratung — 7809 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 2. März 1960 über die Aufstellung eines Teils des Gemeinsamen Zolltarifs betr. die Waren der Liste G in Anhang I des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (Drucksache 2276) — Erste Beratung — . . 7809 C Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Mühlengesetzes (Abg. Bauknecht, Kriedemann, Walter, Logemann. u. Gen. (Drucksache 2265) — Erste Beratung — 7809 D Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses über den Entwurf einer Vierundzwanzigsten Verordnung über Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Wälzlagerstahl usw.) (Drucksachen 2025, 2274) 7809 D Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses über den Entwurf einer Dritten Verordnung zur ..nderung des Deutschen Zolltarifs 1960 (geräucherte Heringe usw.) (Drucksachen 2132, 2281) . . . . 7810 A Entschließungen der 49. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union (Drucksache 2240) 7810 A Wahl eines stellvertretenden Mitglieds im Verwaltungsrat der Deutschen Bundespost 7810 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . 7810 C Anlagen 7811 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1960 7751 136. Sitzung Bonn, den 14. Dezember 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 14.05 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Bauer (Wasserburg) 17. 12. Dr. Besold 16. 12. Dr. Böhm 31. 12. Demmelmeier 17. 12. Dopatka 17. 12. Even (Köln) 14. 12. Funk 16. 12. Dr. Furler 16. 12. Gerns 14. 12. Dr. Dr. Heinemann 16. 12. Dr. Höck (Salzgitter) 14. 12. Höfler 17. 12. Dr. Hoven 14. 12. Dr. Jaeger 17. 12. Krammig 14. 12. Dr. Kreyssig 16. 12. Kurlbaum 14. 12. Leber 16. 12. Dr. Leiske 14. 12. Lermer 14. 12. Dr. Lindenberg 16. 12. Lohmar 17. 12. Lücker (München) 14. 12. Maier (Freiburg) 31. 12. Margulies 16. 12. Mattick 14. 12. Frau Dr. Maxsein 14. 12. Dr. Menzel 31. 12. Neubauer 31. 12. 011enhauer 14. 12. Paul 14. 12. Pelster 14. 12. Pohle 31. 12. Pöhler 14. 12. Dr. Preusker 16. 12. Rademacher 16. 12. Ruhnke 17. 12. Scheel 16. 12. Dr. Schmidt (Gellersen) 14. 12. Schmidt (Hamburg) 14. 12. Frau Schmitt (Fulda) 14. 12. Schüttler 14. 12. Stenger 31. 12. Wehner 14. 12. Weinkamm 14. 12. Wullenhaupt 14. 12. Dr. Zimmermann 17. 12. Zoglmann 31. 12. Anlage 2 Schriftliche Ausführungen des Abgeordneten Dr. Willeke zu der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Gemeindefinanzen (Drucksache 2164 [neu]), zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes (Drucksache 2118) und dem Antrag der Fraktion der FDP betreffend Gemeindefinanzen (Drucksache 2282). Anlagen zum Stenographischen Bericht Steuerverbund Höhe der Verbundmasse: Baden-Württemberg: 20 v. H. des dein Lande nach Abzug des Bundesanteils in jedem Rechnungsjahr verbleibenden Aufkommens an der Einkommen- und Körperschaftsteuer, außerdem 10 v. H. des Kraftfahrzeugsteueraufkommens für die kommunalen Träger der Wegebaulast (Ziff. 10). Bayern: 9 v. H. des dem Lande im vorangegangenen Kalenderjahr verbliebenen Istaufkommens an Einkommen- und Körperschaftsteuer (Schlüsselmasse). Außerdem sind die Landkreise und Gemeinden mit 20 v. H. am Kraftfahrzeugsteueraufkommen beteiligt (vgl. Ziff. 10). Hessen: 18,5 v. H. der dem Lande verbleibenden Einnahmen an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer. Maßgebend sind die Einnahmen des Kalenderjahres, das dem Ausgleichsjahr vorangeht. Die Einnahmen erhöhen oder vermindern sich um die Beträge, die das Land im gleichen Zeitraum im Finanzausgleich unter den Ländern erhalten oder gezahlt hat. Niedersachsen: 15 v. H. des dem Lande in jedem Rechnungsjahr verbleibenden Isst-Aufkommens an Einkommen- und Körperschaftsteuer. In den Steuerverbund sind auch die Einnahmen des Landes aus dem Länderfinanzausgleich einbezogen. Nordrhein-Westfalen: 15,61 v. H. des Landesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer und der übrigen Steuereinnahmen des Landes; das Aufkommen ermäßigt sich um die Abführungsbeträge im Finanzausgleich unter den Ländern und um die an den Lastenausgleichsstock abzuführenden Anteilsbeträge der Vermögensteuer. Rheinland-Pfalz: 15,5 v. H. des Ist-Aufkommens aus der Einkommen- und Körperschaftsteuer, das dem Lande in dem dem Rechnungsjahr vorangegangenen Kalenderjahr verbleibt, sowie des Ist-Aufkommens aus dem Länderfinanzausausgleich des vorangegangenen Kalenderjahres. Schleswig-Holstein: 21 v. H. des dem Lande im laufenden Kalenderjahr verbleibenden Ist-Aufkommens aus der Einkommen- und Körperschaftsteuer sowie des Aufkommens aus folgenden Landessteuern: Erbschaftsteuer, Grunderwerbsteuer, Kapitalver- 7812 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1960 kehrsteuer, Kraftfahrzeugsteuer, Versicherungsteuer, Rennwettsteuer, Lotteriesteuer, Sportwettsteuer, Wechselsteuer, Biersteuer. Erhält das Land für die dem Finanzausgleichsjahr 1955 folgenden Jahre auf Grund des Länderfinanzausgleichsgesetzes von den übrigen Ländern mehr oder weniger als für das Finanzausgleichsjahr 1955, so erhöht oder vermindert sich die Finanzausgleichsmasse um 21 v. H. des Unterschieds. Anlage 3 Schriftlicher Bericht der Abgeorldneten Frau Beyer (Frankfurt) zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des Art. 10 Abs. 2 des in Rom am 25. März 1957 unterzeichneten Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (Drucksache 2187). Bei der Drucksache 2187 handelt es sich um eine Auflage aus dem EWG-Vertrag, die zur Ausführung des Art. 10 Abs. 2 des in Rom am 25. März 1957 unterzeichneten Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft erforderlich ist. Die Bestimmungen ides Gesetzentwurfs sind eine Auflage der Kommission der BWG, die am 28. Juni 1960 bestimmt hat, daß Hundertsätze der Zollsätze des Gemeinsamen Außentarifs :festgesetzt werden sollen. Die Entscheidung betrifft den Verkehr von Waren, die im Rahmen des sogenannten Veredelungsverkehrs in )den meisten Staaten völlig zollfrei sind oder Zollvergünstigungen unterliegen. Diese Vergünstigungen verfälschen den Wettbewerb dann, wenn bei der Herstellung Erzeugnisse aus dritten Ländern verwendet werden, es sei denn, es erfolgt die Erhebung eines anteiligen Zolls. Die Gefahr war in der ersten Phase der Zwanzigsten Zollsenkung nicht groß. Nachdem jedoch mit Ende dieses Jahres eine weitere Senkung der Zölle zwischen den Mitgliedstaaten vorgenommen worden ist, wurde von den Regierungsvertretern der Mitgliedstaaten beschlossen, gleichzeitig eine erste Angleichung der für den größten Teil der Waren gegenüber dritten Ländern anwendbaren Zollsätze vorzunehmen. In dem Bericht der Kommission heißt es: Es ist ziweckmäßig, einen einheitlichen Satz für diesen anteiligen Zoll Festzusetzen, und es ist unter den vorgenannten Umständen gerechtfertigt, diesen Satz für den Zeitabschnitt zwischen dem Zeitpunkt, zu dem alle Mitgliedstaaten die zusätzliche Herabsetzung durchgeführt haben werden, und dem 31. Dezember 1961 auf 25 vom Hundert der Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs festzusetzen. Der Finanzausschuß empfiehlt dem Parlament die Annahme mit der Maßgabe, daß das in § 12 eingesetzte Datum „1. Dezember 1960" durch „1. Januar 1961" ersetzt wird. Anlage 4 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Bazille für die Fraktion der SPD zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Ersten Neuordnungsgesetzes (Drucksache 2229) . Die Drucksache 2229 sollte ursprünglich als gemeinsamer Initiativentwurf aller Fraktionen dem Hohen Hause vorgelegt werden, nachdem 'die Mitglieder des Kriegsopferausschusses sich darüber klar geworden waren, daß ,das Fehlen ,der Rechtsverordnungen zum Ersten Neuregelungsgesetz in der Kriegsopferversorgung nicht nur zu einer Rechtsunsicherheit bei den betroffenen Kriegsopfern führen muß, sondern auch die Verwaltungen der Länder durch den Eingang einer Flut von Anträgen stark belastet würden. Unverständlicherweise hat es aber der Bundesarbeitsminister, offensichtlich aus Prestigegründen, für richtig befunden, die Mehrheitsfraktion des Hauses von der Unterstützung ,dieses Entwurfs abzubringen, um eine reichlich späte Initiative ,der Bundesregierung an dessen Stelle zu setzen. Der dem Bundesrat überhastet zugeleitete Regierungsentwurf trägt den Gegebenheiten in keiner Weise Rechnung. Er bringt zwar zwei notwendige materiell-rechtliche Änderungen des Ersten Neuordnungsgesetzes, ändert aber nichts an der Sechsmonatsfrist, innerhalb derer Anträge zu stellen sind, wenn die Ansprüche rückwirkend ab 1. 6. 1960 für ,die Versorgungsberechtigten wirksam werden sollen. Durch die Rechtsunsicherheit sind die Kriegsopfer veranlaßt, Anträge zu stellen, um vermeintliche Nachteile abzuwenden. Solche Anträge gehen bereits waschkorbweise bei den Versorgungsbehörden ein und führen mit Sicherheit zu einem erheblichen sinnlosen Verwaltungsaufwand. Dieser Zustand ist nur zu ändern und ,die Verschwendung erheblicher Steuergelder ist nur zu verhindern, wenn der Kriegsopferausschuß des Bundestages unverzüglich die Drucksache 2229 berät und seinen Bericht so rechtzeitig ,dem Plenum zuleitet, daß das Gesetz in der Sitzung vom 16. 12. 1960 in zweiter und dritter Lesung verabschiedet werden kann. In die Verantwortung für die eingetretene Verzögerung und die sich daraus ergebenden Nachteile, welche Steuerzahler und Versorgungsberechtigte gleichermaßen treffen, haben sich Bundesregierung und Mehrheitsfraktion zu teilen. Anlage 5 Umdruck 729 Antrag der Fraktion der SPD zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD (Drucksache 2164 [neu]) betreffend Gemeindefinanzen. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. vor der Beratung eines Gesetzentwurfs zur Änderung der Gewerbesteuer im Bundestag mit den Landesregierungen über gemeinsame Rege- Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1960 7813 Lungen von Bund und Ländern zu verhandeln, durch die den Gemeinden der Ausgleich des sie treffenden Steuerausfalles gewährleistet wird, und das Ergebnis der Verhandlungen dem Bundestag bis zur ersten Beratung des Gesetzentwurfs vorzulegen; 2. dem .Bundestag bis zum 31. März 1961 einen Bericht über das Ergebnis der Vorarbeiten der Bundesregierung zur Neuordnung des gemeindlichen Steuersystems, die die Gemeinden zur Erfüllung der ihnen vom Grundgesetz übertragenen Aufgaben in die Lage versetzen soll, vorzulegen. Bonn, den 14. Dezember 1960 Ollenhauer und Fraktion Anlage 6 Umdruck 730 Antrag der Abgeordneten Heiland, Dr. Willeke, Spies (Emmenhausen), Corterier und Genossen zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD (Drucksache 2164 [neu]) betreffend Gemeindefinanzen. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. vor der Beratung eines Gesetzentwurfs zur Änderung der Gewerbesteuer im Bundestag mit den Landesregierungen über Regelungen zu verhandeln, durch die den Gemeinden ein wirksamer Ausgleich des sie treffenden Steuerausfalles gewährleistet wird. Das Ergebnis ,der Verhandlungen soll dem Bundestag mit der Einbringung des Gesetzentwurfs vorgelegt werden; 2. dem Bundestag bis zum 1. Juli 1961 Vorschläge für eine umfassende Neuordnung des gemeindlichen Steuersystems vorzulegen. Bonn, den 14. Dezember 1960 Heiland Dr. Willeke Spies (Emmenhausen) Corterier Dr. Pflaumbaum Brese Wienand Herold Schröder (Osterode) Gehring Dr. Storm (Duisburg) von Bodelschwingh Schulze-Pellengahr Weltner (Rinteln) Lücke (Osnabrück) Glüsing (Dithmarschen) Giencke Kuntscher Dr. Frey Hesemann Dr. Gossel Goldhagen Könen (Düsseldorf) Hellenbrock Seither Hermsdorf Regling Dr. Tamblé Haage Dr. Kreyssig Bauer (Würzburg) Bals Behrisch Lange (Essen) Heide Schmitt-Vockenhausen Ritzel Dr. Brecht Keuning Frau Bennemann Berlin Frau Kettig Büttner
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen ,und Herren! Ich habe mich sehr gefreut, als Herr Kollege Oberbürgermeister Keuning daran erinnerte, daß wir seinerzeit — ich wir es, der damals den Ausdruck prägte — von einem Feiertag der Gemeinden gesprochen haben, als wir gemeinsam — beinahe fast einstimmig —den Artikel 106 ides Grundgesetzes, auf den ich gleich noch zurückkommen werde, geändert haben. Auch der heutige Tag könnte ja zu einem Feiertage der Gemeinden werden.

    (Abg. Könen [Düsseldorf]: Sternstunde!)

    — Nein, ich glaube, es war ein Feiertag. Sternstunde, Herr Kollege Könen, haben Sie nachher in Ihrer poesievollen Haltung daraus gemacht. Immerhin also könnte auch der heutige Tag ein Feiertag der Gemeinden werden. Ich habe auch fast den Eindruck.
    Ich muß zunächst ganz kurz etwas zu dean sagen, was Herr Kollege Eilers soeben vorgetragen hat. Auf +die Gewerbesteuer, auf die förderungswürdigen Anliegen des Mittelstandes und auf die dafür nötigen Deckungsvorschläge wenden sicher noch Freunde aus meiner Fraktion zurückkommen. Die Tatsache, daß die FDP zwei Anträge vorgelegt hat, zeigt, wie sehr wir alle doch in der Auffassung übereinstimmen, daß es nicht genügt, bei der Gewerbesteuer den Freibetrag für die Gewerbetreibenden zu erhöhen. Dem steht die dringende Notwendigkeit gegenüber, dafür namentlich im Interesse der kleinen Gemeinden einen Ersatz zu bieten. Aber, wie gesagt, ich möchte zunächst nicht auf die Gewerbesteuer eingehen, sondern mich vielmehr der Großen Anfrage der SPD und der Regierungserklärung zuwenden.
    Ich begrüße die Ausführungen ides Herrn Staatssekretärs Dr. Hettlage. Ich freue mich darüber, daß der Gedanke einer großen, einer umfassenden Finanzreform zugunsten der Gemeinden langsam Gestalt annimmt.

    (Zuruf von der SPD.)

    Aber, meine sehr verehrten Freunde, ich habe mit Betonung gesagt, „langsam".

    (Abg. Wienand: Wir möchten aber erst einmal Konturen sehen!)

    — Ich wollte gerade rechtfertigen, warum ein solches Gesetzgebungswerk nicht schneller über die Bühne gehen kann.
    Ich glaube; die Geschichte ist immer noch der beste Lehrmeister. Mir hat neulich ein guter Freund eine Monographie über den Oberbürgermeister Dr. Riewe aus Halle an der Saale geschenkt. Dieser ist 30 Jahre Oberbürgermeister der heute so schwer heimgesuchten Stadt gewesen. Es ist hochinteressant, in diesem Buch zu blättern. Vor allen Dingen ist frappierend, wie sich manche Parallelen anbieten.
    Nebenbei bemerkt, dort steht auch etwas über den Schuldenstand der Städte. Es ist geradezu interessant, zu lesen, daß die Schuldenlast pro Kopf der Bevölkerung in der Stadt Halle an der Saale 1914, also noch zu Preußens Glanz und Gloria, 220 Mark betrug, daß sie im Jahre 1931, nachdem ein furchtbarer Weltkrieg verloren war, und nach der auf die Inflation folgenden Stabilisierung 216 Mark betrug. Wenn wir die jetzige Schuldenlast, von der wir heute schon einiges gehört haben, auf die 55 Millionen Einwohner umrechneten, kämen wir allerdings auch wieder auf die Zahl von etwa 220 DM. Das sei aber nur in Parenthese bemerkt.
    Ganz besonders interessant war mir ein Ausspruch des Dr. Riewe an seine Bevölkerung aus dem Jahre 1931. Er sagte damals: Die öffentlichen Finanzen haben sich so entwickelt, daß das Reich — heute der Bund — saniert, die Länder salviert und die Gemeinden ruiniert sind. — Solch harte Worte sind heute zwar nicht gefallen. Doch muß ich sagen, daß für mich die im ganzen durchaus sympathischen Ausführungen des Kollegen Keuning manchmal einige harte Nuancen trugen, z. B. wenn er davon sprach, daß die Gemeindefinanzen verkümmerten. Wir sollten uns vor solchen Übertreibungen hüten.
    Die Situation der Gemeinden nach dem ersten Weltkrieg ist von der nach dem zweiten Weltkrieg nun einmal ganz verschieden. Oberbürgermeister Riewe sagte damals — auch 1931, als er dieses schwerwiegende Wort von der Ruinierung der Gemeindefinanzen aussprach —, die deutschen Gemeinden könnten aber immerhin mit Stolz darauf hinweisen, daß sie 5 Millionen Arbeitslose über den Winter gebracht hätten und daß sie mit 60 % an der Aufbringung der dafür erforderlichen Mittel beteiligt gewesen seien.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, da wird doch jeder von uns zugeben, daß die heutige Situation eine völlig andere ist. Wir haben heute Gott sei Dank die Tatsache zu verzeichnen, daß Städte, die in Schutt und Asche lagen, wie Münster, wie Essen und kleinere Städte — Dorsten — wiederaufgebaut sind. Freuen wir uns gemeinsam darüber, und freuen wir uns, wenn wir heute von den Schulden der Gemeinden sprechen, daß es sich bei den Ausgaben meistens um solche für den Aufbau der Städte, um wertvollste Investitionen handelt.
    Es kann nicht geleugnet werden, daß wir in den letzten Jahren — und jetzt komme ich darauf zurück, warum ich vorhin das Wort „langsam" brauchte — langsam sahen, wie eine große, umfassende Finanzreform auf uns zukommen wird. Wie wir wohl alle zugeben werden, ist in den letzten zehn Jahren doch einiges geschehen, was zu den notwendigen Voraussetzungen für den Wiederaufbau der Städte gehört. Ich will hier keinen Leistungsbericht der Bundesregierung erstatten. Aber im Vergleich zu der Zeit nach dem ersten Weltkrieg ist es heute doch etwas ganz anderes. Heute beschäftigen uns andere Probleme, die Probleme der Vollbeschäftigung, das Flüchtlingsproblem, und wir sind Gott sei Dank über die Schwierigkeiten hinweggekommen, die in den ersten Jahren nach dem zweiten furchtbaren Krieg auf uns zukamen.
    Meine sehr verehrten Anwesenden, es ist in diesen zehn .Jahren im Bundestag doch nicht so gewesen, als wenn nicht an die Gemeinden gedacht
    7784 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1960
    Dr. Willeke
    worden wäre. Sehen Sie, der Art. 106, den wir geändert haben, hat uns auf alle Fälle einen dynamischen Steuerverbund geschaffen. Dieser dynamische Steuerverbund, der darin besteht, daß die Gemeinden prozentual am Aufkommen der Länder aus der Einkommen- und Körperschaftsteuer beteiligt werden müssen, wirkt sich jedenfalls in meinem engeren Vaterland Nordrhein-Westfalen so aus, daß jetzt 25 % mehr an Zuweisungen ausgeschüttet werden können. Mir liegt eine Übersicht darüber vor, wie sich der prozentuale, dynamische Steuerverbund in den einzelnen Ländern gestaltet; aber um meine Ausführungen nicht allzu lang werden zu lassen, möchte ich darauf verzichten, ihren Inhalt hier vorzutragen. Immerhin erscheint mir diese Ubersicht so aufschlußreich, daß ich sie — mit Genehmigung des Präsidenten zu Protokoll geben werde.*)
    Wir sollten doch froh darüber sein, daß die Auswirkungen des Art. 106 in der Praxis größer waren, als man ursprünglich erwarten konnte. Wir sollten, wenn wir unsere Tätigkeit im Bundestag rückschauend betrachten, auch nicht vergessen, daß noch einige andere wesentliche Dinge geschehen sind. Sie mögen im Verhältnis zu einer großen Finanzreform wenig bedeutend erscheinen; aber sie sind doch beachtlich. Wir — Herr Kollege Heiland war mit dabei — haben seinerzeit z. B. mit dafür gesorgt, daß die Gemeinden bis 3000 Einwohner bei der Konzessionsabgabe nicht mehr diffamiert wurden, sondern daß sie die Konzessionsabgabe wiederbekamen. Wir haben auch bei der Beförderungsteuer recht beachtlich an die gemeindlichen Verkehrsbetriebe gedacht. Allein bei den Straßenbahnen des Wahlkreises Recklinghausen macht die Befreiung von der Beförderungsteuer pro anno 500 000 bis 600 000 DM aus. Wir haben die Umsatzsteuerfreiheit für die kommunalen Versorgungsbetriebe gerettet. Wir haben den Gemeindepfennig eingeführt. Wir haben auch sonst etliche Verbesserungen auf dem Gebiet des Verkehrs geschaffen bzw. noch zu erwarten.
    Nun darf nicht vergessen werden, daß, wie in diesem Hause wiederholt ausgeführt worden ist, eine Aufgabenteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden besteht und daß diese Aufgaben in einer Wandlung begriffen sind. Wir hatten heute morgen den Besuch der Oberhäupter einiger bedeutender Großstädte, München, Frankfurt usw. Sie legten uns eindringlich dar, daß auch diese Großstädte ihre Sorgen haben, daß sie z. B. mit dem Problem des Massenverkehrs nicht fertig werden können, wenn sie, nicht in die zweite Ebene gehen. Ich glaube überhaupt, daß die Gemeinden mit den Verkehrsaufgaben nicht fertig werden können und daß hier, wie es der Bundeskanzler ausgedrückt hat, im Zuge des allgemeinen volkswirtschaftlichen Wachstums eine Aufgabe des Bundes erwächst mit den entsprechenden finanziellen Konsequenzen.
    In dieser Debatte über die Finanzsituation der Gemeinden darf ich folgenden Satz mit aller Deutlichkeit sagen: Es gibt keine Kollektivnot aller Gemeinden. Die Unterschiede in den gemeindlichen
    *) Siehe Anlage 2. Finanzen sind beträchtlich und ungewöhnlich. Bei dieser Situation kommen wir nicht daran vorbei — was auch Professor Hettlage ausgeführt hat —, den Finanzausgleich zu intensivieren.
    Der Finanzausgleich beruht einmal auf der unterschiedlichen Steuerkraft. Sie wissen, daß es auf der einen Seite Großstädte wie Wilhelmshaven gibt, das noch vor zwei Jahren ein Gewerbesteueraufkommen von 70 DM pro Kopf der Bevölkerung hatte, und auf der anderen Seite Städte, die ein Gewerbesteueraufkommen von 450, 600 und noch mehr Mark pro Kopf der Bevölkerung zu verzeichnen haben. Also beträchtliche Differenzen in der Steuerkraft sind gar nicht zu leugnen.
    Auf der anderen Seite steht überall der normalisierte Bedarf. Es kann und will keiner mehr arm sein, sagte Kollege Dr. Dresbach seinerzeit. Dadurch entsteht eben eine Egalisierung der Ansprüche der Bürger in allen Gemeinden, die zum großen Teil berechtigt sind, und daher auch der normalisierte Bedarf. Darauf beruhte der Popitzsche Finanzausgleich.
    Dieser Finanzausgleich kann nicht mehr entfernt werden, er muß gerechter, er muß intensiver, er muß besser gestaltet werden. Aber seien wir froh, daß wir ihn haben. Daß er überhaupt, nachdem er vor 25 Jahren eingeführt wurde, noch funktioniert, ist durchaus beachtenswert.
    Was übrigens ,den Ausgleich der Finanzen anlangt, sollte man auch nicht verkennen, daß sich so ein gewisser stiller Finanzausgleich unter den verschiedenen Gebietskörperschaften vollziehen kann. Manche Aufgaben werden — z. B. in Westfalen — auf das Amt übernommen, manche Aufgaben auf den Landkreis, manche Aufgaben sind kraft Gesetzes 'zusätzlich auf den Landschaftsverband zu übernehmen. Auch dieser Finanzausgleich sollte am Rande vermerkt werden.
    Ich betone aber noch einmal ganz besonders: der Wandel der Trägerschaft für diese Aufgaben, die Tatsache," daß Aufgabengebiete von den Gemeinden auf den Bund übergehen, vielleicht auch auf die Länder, ist ein beachtliches Zeichen unserer Zeit; daher ja auch die Bemühungen der Länder um den Schulbau, den Straßenbau, um den Krankenhausbau, den Wohnungsbau usw. Daß wir uns heute darüber unterhalten, wie der Finanzausgleich denn in Zukunft gestaltet werden soll, ist ein wesentlicher Erfolg.
    Aber ich möchte doch noch einmal betonen: Man kann nicht in Bausch und Bogen sagen, diese Reform hätte schon viel eher kommen müssen. Seien wir doch einmal ehrlich und klopfen wir an unsere eigene Brust. Es ist leicht, der Bundesregierung den Vorwurf mangelnder Aktivität und Initiative zu machen. Wer, so frage ich das Hohe Haus, so frage ich insbesondere auch unsere Freunde von der Opposition, hat es denn bisher überhaupt fertiggebracht, den Stein der Weisen zu entdecken, das Ei des Kolumbus auf den Tisch zu stellen?

    (Zuruf: Kolumbus! — Heiterkeit.)

    Wer hat denn bisher einen Weg gezeigt, auf dem
    diese Finanzreform wirklich nach einer Konzeption
    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1960 7785
    Dr. Willeke
    verläuft, und zwar so, daß einmal die Steuerkraftunterschiede gemildert werden, daß zweitens die Selbstverwaltung, die Finanzautonomie der Gemeinden, gestärkt, zumindest nicht verringert wird und daß drittens die Verteilung der Lasten in einer Gemeinde gerechter wird; das heißt, daß nicht nur auf die Grund- und nicht nur auf die Gewerbesteuerzahler, sondern auf alle Bürger irgendeine Last gelegt wird?
    Rufen Sie jetzt nicht sofort „Personalsteuer" oder etwas Ähnliches, sondern bedenken Sie doch bitte, daß die kommunalen Spitzenverbände sich redlich um die Lösung dieses Problems bemüht haben. Die kommunalen Spitzenverbände hatten ja einmal eine gemeinsame Konzeption, und ich habe den Verlauf der Hauptausschußsitzung ,des Deutschen Städtetages vor zwei Jahren in Aachen noch klar vor Augen. Dort wurde aus dieser Konzeption ein wesentlicher Teil herausgenommen.
    Aber was ist denn nun eigentlich in den Forderungen der kommunalen Spitzenverbände von einer kommunalen Finanzreform übriggeblieben? Die kommunalen Spitzenverbände konnten sich zum Teil in ihren Forderungen ja auch nicht mehr einig sein. Geblieben ist eigentlich nur die Forderung nach einer Erhöhung der Grundsteuer um 40% bzw. 20 . Das war der letzte reale Vorschlag, und zwar als Junktim mit dem Lücke-Plan.
    Nun wollte ich dazu doch noch eines sagen. Wer erlebt hat — das werden mir meine Kollegen von der Opposition ja nicht übelnehmen, obwohl es das gute Recht der Opposition ist —, wie man gegen
    I den Lücke-Plan agitiert hat und wie man die geringen Erhöhungen der Altmieten, die längst fällig waren, für untragbar gehalten hat, der weiß doch, daß in diesem Hause die Opposition sicherlich nicht geneigt gewesen wäre, das zu vertreten, was von ihren Freunden im Städtetag gefordert wurde.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Ich glaube nie und nimmer, daß in der Zeit, in der der Lücke-Plan zur Debatte stand, man hier in diesem Hause realistisch verfahren wäre, wenn man gefordert hätte, daß gleichzeitig auch noch sämtliche andere Mieten erhöht werden; denn das wäre ja die Folge einer 40- oder 20 % igen Erhöhung der Grundzahlen bei der Grundsteuergesetzgebung gewesen.
    Wir Kommunalpolitiker dürfen also nicht allzu stolz sein und dürfen nicht allzu scharf das verurteilen, was von der Bundesregierung angeblich versäumt worden ist. Auch in unseren Fachkreisen ist bisher noch keine einheitliche Konzeption für eine kommunale Finanzreform vorhanden.
    Ich habe ferner darauf hinzuweisen, daß sich die Institute der Universitäten, soweit sie sich mit kommunalpolitischen und kommunalwirtschaftlichen Fragen befassen, in den letzten Jahren eingehend mit dieser Materie beschäftigt haben. Ich erinnere an die Tätigkeit des Wissenschaftlichen Beirates, in dem der Beigeordnete Dr. Sattler damals sehr dazu beigetragen hat, daß eine ganze Reihe von Erkenntnissen sichtbar geworden sind. Ich erinnere an das Buch von Dr. Horster, dem Schüler von
    Schmölders. Ich erinnere auch daran, daß wir seinerzeit die Ehre hatten, Herr Dr. Schäfer und ich, als Dozenten bei der kommunalpolitischen Tagung in Speyer mitzuwirken.
    Warum sage ich das alles? Ich sage es, um deutlich werden zu lassen, daß in den letzten Jahren zwar schon sehr viel Beachtliches auch von den kommunalpolitischen Vereinigungen der CDU/CSU, der SPD und der FDP, auch in den Fachblättern der kommunalen Spitzenverbände zu dem Thema geschrieben worden ist; aber es ist bisher nicht gelungen, eine klare, einheitliche, realisierbare Konzeption auf den Tisch zu legen. Um so mehr begrüße ich im Namen meiner Freunde die Erklärung der Regierung, und um so mehr freue ich mich darüber, daß Professor Hettlage uns — zumindest in betonten Andeutungen — gesagt hat, welche Gedanken sich der Herr Bundesfinanzminister über eine Lösung dieses großen Problems macht, wie wir den Gemeinden in Ihrer Finanzlage gerecht werden können.
    Ich komme zum Schluß und betone noch einmal: Eine kommunale Finanzreform muß folgenden Gesichtspunkten Rechnung tragen. Eine gerechtere Besteuerung unserer Gemeindeeingesessenen muß Wirklichkeit werden. Wir können die sogenannte dritte Steuer nennen, wie wir wollen; auf die Dauer ist auch dem Mittelstand, auch dem Gewerbetreibenden nur gedient, wenn dieses Problem mutig angepackt wird. Eine Erhöhung der bürgerschaftlichen Selbstverwaltung wäre damit verbunden. Eine Milderung der Steuerkraftunterschiede — das haben wir ja nun schon wiederholt gehört — kann nur durch den Finanzausgleich herbeigeführt werden.
    Ich möchte aber mit aller Deutlichkeit noch folgendes sagen: Wenn heute die großen Liebeserklärungen für den gewerblichen Mittelstand und wenn gleichzeitig die Liebeserklärungen für die Gemeinden, und zwar für die kleinen Gemeinden abgegeben werden, dann muß man sich darüber klar sein, wie man das, was in den kleinen und finanzschwachen Gemeinden vor allen Dingen an Steuerausfall entsteht, indem wir dem Mittelstand helfen — und wir wollen ihm helfen —, wieder ausgleichen kann.
    Ich habe mir wiederholt erlaubt, einen Vorschlag in dieser Richtung zu machen. Es geht nicht, daß die Länder einfach erklären: Das kommt ja alles durch den Finanzausgleich Popitzscher Prägung in Ordnung. Diese Rechnung geht ja nicht auf, und daher bin ich der Meinung, daß man über die Bildung eines Sonderstocks nachdenken müßte. In diesen Stock müßten auf alle Fälle die Mehreinnahmen aus der Einkommen- und Körperschaftsteuer fließen, die bei dieser Aktion der Erhöhung des Freibetrags für ,den gewerblichen Mittelstand anfallen. Aber es muß noch mehr hinein. Ich freue mich, daß die Bundesregierung von sich aus bereit ist, etliches in ,dieser Richtung zu tun, wenn auch vielleicht in erster Linie für Berlin, wenn auch in zweiter Linie — oder im gleichen Rang — für das Saargebiet. Ich hoffe aber, daß auch für die Allgemeinheit etwas auf diesem Gebiet geschieht und daß dieser Sanderstock gebildet werden kann. Ich hoffe vor allen Dingen aber auch, daß die Länder ihre Pflicht tun und
    7786 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1960
    Dr. Willeke
    in diesen Sonderstock hineinzahlen. Kommen wir doch nicht immer gleich mit verfassungsrechtlichen Bedenken! Mir fällt gerade kein anderes Beispiel ein: Wir haben doch auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft in Godesberg ist eine Institution, in die Bundes- und Landesmittel hineinfließen; die Mittel werden dann für einen einheitlichen Zweck verwendet. Die Parallele mag nicht gerade glücklich sein. Aber es wäre doch merkwürdig, wenn dieses Haus sich in dem Bemühen einig ist, den Gemeinden das zu ersetzen, was sie nicht entbehren können, und nachdem wir den Art. 106 GG geändert haben, daß es uns nicht gelingen sollte, eine verfassungsrechtlich mögliche Farm zu finden.

    (Zuruf rechts: Vorschläge!)

    Ich komme nun wirklich zum Schluß. Die Auffassung der CDU/CSU ist folgende. Wir wollen freie Gemeinden. Die Gemeindefreiheit kann nur geschützt und erhalten werden, wenn den Gemeinden die Selbstverantwortung, die Selbstverwaltung und die Finanzautonomie nicht eingeschränkt werden. Aber wir wollen in der freien Gemeinde auch die freien Bürger. Wir wollen nicht auf Kasten der freien Bürger gesunde Gemeindefinanzen schaffen, sondern wir wollen den gesund sich entwickelnden Mittelstand, der immer eine tragende Säule des Staatslebens gewesen ist. Wir wollen in unseren freien Städten den freien Bürger in der freien Gemeinde.

    (Beifall.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Jacobi.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Werner Jacobi


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann dem Herrn Kollegen Dr. Willeke versichern, daß weder ich noch ein anderer sozialdemokratischer Redner Anlaß hat, hier nach irgendeiner Seite hin Liebeserklärungen abzugeben. Daß wir die Finanznöte der Gemeinden kennen, daß wir die Abstellung dieser Nöte verlangen, erweist bereits unsere Große Anfrage. Wir brauchen den Gemeinden also nicht unsere Sympathie zu erklären. Aber es genügt auch keineswegs — hier hat der Herr Kollege Willeke recht —, zu glauben, mit Erklärungen auskommen zu können.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir sollten im Zusammenhang mit dem, was hier heute erörtert wird, auf die großen Worte überhaupt verzichten. Deshalb sollten wir, Herr Kollege Willeke, auch nicht von einer Feierstunde sprechen. Das Wort von damals hat sich nicht ganz bezahlt gemacht.

    (Abg. Dr. Willeke: Ich meine doch!)

    Das wäre heute sozusagen eine „Feier ohne Meyer"; denn Vokabeln nähren nicht.
    Aber lassen Sie mich, bevor ich zur Sache spreche, einen Blick auf die Regierungsbank werfen.

    (Abg. Schmitt-Vockenhausen: Herr Bundesinnenminister Dr. Schröder, der fehlt natürlich auch!)

    Dort sitzt einsam und, ich möchte fast sagen, verloren der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums der Finanzen. Dort saß der Herr Bundeswohnungsbauminister, der inzwischen seinen Platz als Abgeordneter eingenommen hat und der sicherlich heute besonders auch deshalb anwesend ist, weil er im Nebenamt Präsident des Deutschen Gemeindetages ist.

    (Abg. Dr. Dr. h. c. Dresbach: Und, Herr Jacobi, dort oben, wo ihr vertreten seid, da sitzt gar keiner!)

    — Herr Kollege Dresbach, ich ,stelle ebenso mißbilligend lest, daß in diesem Augenblick auch vom Bundesrat kein Vertreter im Saal ist. Aber ich finde es genauso wenig entschuldbar, daß weder der Herr Bundesminister des Innern noch einer seiner Staatssekretäre es für nötig hält, der heutigen Debatte beizuwohnen.

    (Beifall bei der SPD und bei der FDP.)

    Schließlich ist es die Aufgabe des Herrn Innenministers, die Interessen der Kommunen, die ja ressortmäßig weitgehend bei ihm zusammenlaufen, zu wahren.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Ich stelle dies fest.
    Leider, Herr• Staatssekretär Professor Dr. Hettlage, hin ich auch Ihnen gegenüber nicht in der Lage, Lob zu spenden. Die von Ihnen auf die Große Anfrage meiner Fraktion erteilte Antwort ist für die sozialdemokratische Opposition unbefriedigend.

    (Beifall bei der SPD.)

    Zwar hat der Sprecher der Bundesregierung eine Reihe von Tatsachen anerkannt, die zeigen, daß die Verzerrung unserer bundesstaatlichen Finanzverteilung nicht 'anhalten darf und daß eine grundsätzliche Neuordnung unerläßlich ist. Andererseits ist nicht ersichtlich, wann und wie der von ihm ,ausgestellte Zukunftswechsel eingelöst wenden soll. Die von der Opposition erwarteten konkreten Vorschläge der Regierung, die zeigen sollten, wie sie sich die auch von ihr für notwendig erachtete Neuordnung besonders .des kommunalen Finanzsystems vorstellt, sind, selbst was allgemeine reformerische Vorstellungen anbelangt, ausgeblieiben.
    Ist dies an sich schon zu bedauern, so muß festgestellt wenden, daß auch die Stellungnahme der Bundesregierung zur gegenwärtigen Finanzsituation der Gemeinden nicht befriedigen kann. Mit Hinweisen auf gestiegene Steuereinnahmen ist nichts getan. Auch mit Zahlen läßt sich bekanntlich trefflich streiten. Sie haben für sich allein jedoch keine Aussagekraft.

    (Abg. Dr. Dr. h. c. Dresbach: Schlecht zitiert! Mit Worten läßt sich trefflich streiten!)

    Der Herr Staatssekretär 'hätte uns außer den Zahlen, die er heute als Beweis für die angeblich wesentlich verbesserte Finanzsituation der Gemeinden angeführt hat, die Vergleichszahlen des Bundes und der Länder zugleich mit den Zeitdaten nennen sollen. Dann hätte sich gezeigt, daß die Ausgangsgrundlagen völlig verschieden sind. In einer Zeit, in
    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1960 7787
    Jacobi
    der der {Bund bereits in der Lage war, Steuerermäßigungen zu gewähren, mußten Gemeinden sich noch verschulden. Sie sind viel zu spät mitbeteiligt worden. Das ist ja bei den gestiegenen Gewerbesteuereinnahmen ganz eindeutig zu sehen. Daß diese Mehreinnahmen, von denen mein Freund Keuning bereits gesprochen hat, die heute den wesentlichen Teil oder Gemeindeeinnahmen darstellen, auch noch konjunkturempfindlich sind, macht die Hinweise auf gestiegene Einnahmen nicht frostvoller.
    Es gibt weitere kritische Punkte, zu denen die Bundesregierung unserer Auffassung nach nicht ausreichend Stellung ;genommen hat. Ich sage dasbesonders im Hinblick auf die Bemerkung des Herrn Staatssekretärs über den an sich anerkannten Investitionsbedarf der Gemeinden und Gemeindeverbände in der nahen und fernen Zukunft. Sie können sich den Anforderungen der Bürger nicht entziehen, sie müssen handeln. Alber sie haben keine genügende Sicherung für die finanziellen Verpflichtungen, die auf sie zukommen. Herr Kollege Kenning hat bereits den wesentlichen Hinweis gegeben, daß die vor etwa zwei Jahren vom Wissenschiaftliichen Beirat beim Bundesfinanzministeriums errechneten Bedarfsziffern heute nicht mehr zutreffen, sondern daß .der tatsächliche Bedarf höher liegt. Er hat die Gründe angeführt, .aus denen sich das ergibt. Wir brauchen nur an die Verpflichtungen dm Verkehrswesen zu denken, an die damit verbundenen Grunderwerbslasten, an die Notwendigkeit der Schaffung von Parkraum, an die Entflechtungserfordernisse für den Individual- und Massenverkehr, die zweite Ebene und vieles andere mehr.
    Der hier rühmend erwähnte Gemeindepfennig reicht bei weitem nicht aus. Die von den Gemeinden und Gemeindeverbänden allein im Verkehrsbereich zu lösenden Aufgaben und die ihnen hierfür zur Verfügung stehenden Mittel stehen sich in einem krassen Mißverhältnis gegenüber. Es genügt nicht, sich im wesentlichen mit dem Hinweis auf die Mehreinnahmen aus dem Straßenbaufinanzierungsgesetz zu begnügen — das hat der Herr Staatssekretär getan — und es als eine Aufgabe der Länder hinzustellen, durch geeignete Maßnahmen im Rahmen des Gemeindefinanzausgleichs zusätzliche Deckungsmittel ,aufzubringen. Der Bund selber kann und muß hier sehr viel mehr tun, als bisher geschehen ist. Es bedarf — um hierzu nur Weniges, aber Konkretes zu sagen — der Neubestimmung des Begriffs der Ortsdurchfahrt, der Berücksichtigung der Durchgangs- und Tangentialstraßen und des Bedarfs für die Bezuschussung von Zubringerstraßen über diejenigen hinaus, 'die in der Baulast des Bundes liegen. Es bedarf vieler anderer Regelungen. Diesen kann sich der Bund nicht unter Berufung darauf entziehen, daß angeblich eine Zuständigkeit formal nicht besteht. Die sozialdemokratische Opposition erwartet, daß beispielsweise bei der Beratung des Bundesfernstraßengesetzes, das heute bereits ,erwähnt wurde, wesentliche Verbesserungen der Regierungsvorlage vorgenommen werden.
    Der Herr Staatssekretär hat auf andere Schwerpunkte der gemeindlichen Investtitionspolitik hingewiesen. Er hat den Krankenhausbau erwähnt und gemeint, auch hier könnten steigende Einnahmen und erhöhte Zweckzuweisungen der Länder entscheidende Hilfe bringen. Eine solche Feststellung ist im Grunde genommen nichts anderes als ein AusWeichen auf einem Gebiet, dem der Volksgesundheit, auf dem sich ,der Bund seiner Mitverantwortung nicht entziehen kann.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Hierauf ist auch bereits in Verbindung mit der Erwähnung des Goldenen Planes hingewiesen worden. Wir brauchen nur an die Notwendigkeiten zu denken, die sich hinsichtlich der Sportstätten und Erholungsanlagen ganz allgemein ergeben. Im Zusammenhang mit dem Goldenen Plan genügt es nicht — diese Bemerkung richtet sich nun nicht an die Bundesregierung allein —, wenn autorisierte Sprecher. aller Parteien sich für den Goldenen Plan einsetzen und sich dafür verpflichten, wie dies in der letzten Woche vor dem Bundestag des Deutschen Sportbundes geschehen ist. Es müssen vielmehr Konsequenzen gezogen werden. Auch hier ist es notwendig, daß den Gemeinden nicht zuletzt auch vom Bund mehr als bisher geholfen wird.
    Alle diese Aufgaben berühren und verpflichten die Gemeinden in einem außerordentlichen Maße. Sie rufen finanzielle Belastungen über das noch vor Jahren Voraussehbare hinaus hervor, denen die kommunale Selbstverwaltung aus eigener Kraft nicht gewachsen ist.
    Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß die Bundesregierung in der Antwort auf diese zusätzlichen Investitionsprobleme bewußt nicht eingegangen ist; denn die Grundtendenz der Antwort scheint darauf abgestellt zu sein, möglichst nicht zur Sache, sondern an ihr vorbei zu sprechen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich darf einen Punkt herausgreifen. Der Herr Staatssekretär hat den Finanzbedarf für den Ausbau ,der Wasserversorgung und vor allem der Abwässerbeseitigung zwar ,als besonders groß bezeichnet, jedoch gemeint, daß dieser Finanzbedarf im wesentlichen durch die entsprechende Gebührenerhebungen abgedeckt werden könnte. Nun wird von kommunaler Seite nicht bestritten, daß im Prinzip Wasserversorgung und Abwässerwesen — ob nun von wirtschaftlichen Unternehmen oder über Gebührenhaushalte — sich selber tragen sollen. Die aktuelle Frage, vor der wir stehen, ist aber, ob und inwieweit dieser Grundsatz bei den gegebenen Verhältnissen im Augenblick bereits praktisch verwirklicht werden kann. Wir haben es hier mit einer der vielen drückenden Hypotheken aus der Vergangenheit zu tun. Es besteht sowohl auf dem Gebiet der Wasserversorgung als auch auf dem Gebiet des Abwässerwesens ein sehr großer Nachholbedarf. Die Finanzierung dieses Nachholbedarfes ist das eigentliche Problem, vor dem die Städte und Gemeinden stehen. Es kann nicht einfach durch den Hinweis auf den notwendigen Ausgleich des Gebührenhaushalts gelöst werden.
    7788 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1960
    Jacobi
    Es war in der Vergangenheit weder möglich, in ausreichendem Maße Anliegerbeiträge zu erheben, noch den Ausbau der Kanalisationsanlagen zu forcieren. Hierbei darf nicht vergessen werden, daß die Jahre der Wirtschaftskrise, der anschließenden Aufrüstungsperiode, ,des Krieges und die Zeit vor der Währungsreform 'die kommunalen Investitionen besonders auf diesem Gebiete schwer behindert haben. Die Ursachen ides entstandenen Rückstandes liegen also durchaus nicht nur im kommunalen Bereich, sondern weitgehend bei der Politik und Gesetzgebung des Reiches bzw. des Bundes. Auch muß berücksichtigt werden, daß der nunmehr in verstärktem Umfange durchgeführte Ausbau der Anlagen bereits auf den zukünftigen Bedarf ausgelegt werden muß. Das bedeutet, daß im gegenwärtigen Augenblick die Kapazität der Anlagen in vielen Fällen nichtganz ausgenützt ist.
    Endlich ist von Bedeutung, daß zur Finanzierung von Wasser- rund Abwasseranlagen besonders langfristige Kredite erforderlich sind, möglichst mit einer Tilgung von 1 % Solche Kredite sind bekanntlich nicht leicht zu beschaffen, und eine wiederholte Umschuldung ist jedesmal mit zusätzlichen Kosten verbunden.
    Die von mir ,genannten Argumente lassen sich am besten an einem aus der Praxis stammenden Beispiel belegen. Ich nehme das Beispiel einer Stadt, von der Sie nicht sagen können, daß etwa durch die Tatsache, daß sie von Sozialdemokraten „regiert" wird, dort besondere Schwierigkeiten aufgetreten wären. Es handelt sich um Fulda. Die Stadt Fulda, eine Stadt mit zirka 50 000 Einwohnern, besitzt eine Stadtentwässerung, die aus dem Jahre 1905 stammt und für 17 000 bis 28 000 Einwohner eingerichtet ist. Die neue Stadtentwässerung muß unter Berücksichtigung des Wachstums der Bevölkerung und der Industrie auf 200 000 Einwohner bzw. Einwohnergleichwerte — wie der häßliche Ausdruck lautet — ausgelegt werden. Es ist also ein völliger Neubau erforderlich. Bei dem jetzigen Einwohnerstand können für das Gebührenaufkommen 88 000 Einwohner bzw. Einwohnergleichwerte zugrunde gelegt werden. Die Gesamtkosten der zu bauenden Anlagen im Stadtgebiet belaufen sich auf 27,6 Millionen DM, von denen 5,6 Millionen DM erst später anfallen, so daß sich die Gesamtkosten der jetzt in einem Zuge zu erstellenden Anlagen auf 22 Millionen DM belaufen. Nach Abzug der Anliegerbeiträge und eines von Randgemeinden zu tragenden Kostenbeitrages sind aus dem Gebührenhaushalt Investitionen in Höhe von 15 Millionen DM zu verzinsen und zu tilgen. Bei 88 000 Einwohnern und bei einer Gebührenhöhe von 12 DM je Einwohner ist mit einem Gebührenaufkommen in Höhe von 1,1 Millionen DM einschließlich aller Nebeneinnahmen zu rechnen. Nach Abzug der laufenden Kosten für Unterhaltung, Zinsen und Tilgung auf bereits aufgenommene Darlehen verbleibt für den Schuldendienst der neu aufzunehmenden Darlehen noch ein Spielraum von 275 000 DM.
    Die noch verbliebene Schuldenaufnahmefähigkeit des Haushalts der Stadt Fulda in Höhe von 6,5 Millionen DM für unrentierliche Zwecke muß für den
    Neubau von vier Volksschulen, einer höheren Schule und eines Krankenhauses von 700 Betten reserviert werden. Aus der Schuldendienstleistungsfähigkeit des Gebührenhaushalts „Abwässerbeseitigung" in Höhe von 275 000 DM ergibt sich, wenn man an die Aufnahme von Kreditmarktmitteln zu 6,5 % Zinsen und 1% Tilgung denkt, eine Schuldenaufnahmefähigkeit von ca. 3,7 Millionen DM. Es bleibt also in diesem Fall eine Finanzierungslücke von 11,3 Millionen DM bestehen.
    Ich bitte um Entschuldigung, daß ich ein solches Beispiel angeführt habe; es ist für die Verlebendigung der heutigen Debatte sicherlich nicht sehr attraktiv. Aber es ist notwendig, sich so konkret wie möglich vor Augen zu führen, wie es wirklich in unseren Gemeinden aussieht, und ich glaube, das Beispiel Fulda beweist, daß durch den Hinweis auf den Ausgleich des Gebührenhaushalts und die Möglichkeit der Kreditaufnahme dieses Problem der Kommunalfinanzen nicht gelöst werden kann. Erst in späteren Jahren, wenn ,der Nachholbedarf abgedeckt und der Gebührenhaushalt in ein dauerndes Gleichgewicht gebracht worden ist, wird eine isolierte Betrachtung des Gebührenhaushalts möglich sein. Vorläufig bleibt die Belastung des allgemeinen Haushalts bestehen.
    Ich habe den Eindruck, daß derartige Erwägungen bei der Bundesregierung in keiner Weise angestellt worden sind, als die Antwort auf die Große Anfrage entworfen wurde; denn so und ähnlich, wie ich es eben geschildert habe, sieht es bei vielen Gemeinden aus. Das, was der Herr Staatssekretär heute zu bieten wußte, ist keine Antwort auf ihre drängenden und besorgten Fragen.
    Im Gegensatz zu den abschließenden Feststellungen des Herrn Staatssekretärs muß gesagt werden, daß die finanzielle Eigenverantwortung der Gemeinden leider schon heute in stärkstem Maße von der Finanzentwicklung her gefährdet ist.
    Die sozialdemokratische Opposition widerspricht der Bundesregierung ebenfalls, wenn sie die Behauptung aufstellt, daß die Gemeinden ihre vermehrten und unaufschiebbaren Aufgaben, vor allem ihre Investitionen, ohne Erhöhung ihres Anteils am gesamten Steueraufkommen erfüllen könnten.

    (Beifall bei der SPD.) Die Gemeinden können das nicht.

    Die sozialdemokratische Opposition bedauert, daß die Bundesregierung die Erstattung des Einnahmeausfalls, der den Gemeinden aus der Grundsteuerbefreiung für den sozialen und steuerbegünstigten Wohnungsbau erwachsen ist und der sie noch auf viele Jahre belastet, kategorisch ablehnt. Was für Manipulationen mit der Gewerbesteuer gilt, gilt auch hier. Aus anderer Leute Leder läßt sich gut Riemen schneiden.

    (Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Die Bundesregierung macht es sich sehr leicht, wenn sie die Opfer, die durch den Grundsteuerausfall den Gemeinden auferlegt worden sind, gleichsam mit einem frommen Augenaufschlag als einen zumut-
    Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1960 7789
    Jacobi
    baren Beitrag zur Förderung des Wohnungsbaues bezeichnet. Sie läßt dabei nämlich völlig außer acht, was die Gemeinden unter weiteren wesentlichen Opfern aufgebracht haben und auch weiterhin aufbringen müssen. Denken wir nur an finanzielle Eigenleistungen der Gemeinden, an Erschließungsaufwendungen, an die Baulandbereitstellung und vieles andere mehr, was sich bundesstatistischen Globalerhebungen entzieht.
    Zur Grundsteuer ist zu sagen, daß es früher — auch das wird meist außer acht gelassen — Grundsteuerbeihilfen nur für Arbeiterwohnstätten mit Mieten bis zu 40 DM gegeben hat. Heute gibt es Grundsteuerbefreiungen auch für Wohnungen im Besitz von Leuten, die zu den gehobenen Einkommensschichten gerechnet werden und Mieten von 2 DM, 2,50 DM und 3 DM pro Quadratmeter aufbringen. Das geschieht zu Lasten der Gemeinden, und das ist im Grunde genommen nicht vertretbar. Heute gibt es auch für Bauten, bei denen noch weitere 50 % Steuervergünstigung in elf Jahren eingeräumt werden, Grundsteuerbeihilfen. Das alles lastet den Gemeinden an, und das ist nicht in Ordnung.
    Wir wissen auch, was die Gemeinden heute aufzubringen haben, um Gelände zu erwerben, das den Zwecken dient, die es nun einmal zu erfüllen gilt und denen man nicht ausweichen kann: für den Wohnungsbau, für Grünflächen, für Verkehrsräume usw. usw. Hier ist den Gemeinden mehr auferlegt, als dies von Herrn Staatssekretär Dr. Hettlage beachtet worden zu sein scheint.
    Im übrigen: Was an dringenden Wohnungsnotständen von den Gemeinden, besonders in sogenannten Ballungsräumen, aber nicht nur in diesen, noch auf eine Reihe von Jahren hinaus zu beheben ist, wird seit langem von dem Herrn Bundeswohnungsbauminister ungern zur Kenntnis genommen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Es paßt nämlich nicht so recht in seine an Herrn Coué erinnernde Methode hinein, die Dinge global zu schildern und sich mit allgemeinen statistischen Erfolgsziffern zu trösten.
    Ich habe auch an den Herrn Bundeswohnungsbauminister gedacht, als ich die Ausführungen des Herrn Staatssekretärs über die Grundsteuern hörte. Daß die Einheitswerte für das Grundvermögen seit 1935 nicht neu festgesetzt worden sind, ist doch kein Problem, das heute plötzlich vor uns steht, sondern seit langem eine wesentliche Ursache für die heute zur Erörterung stehenden kommunalen Finanznöte. Das seit Jahren fertiggestellte Bewertungsgesetz ist doch von der Bundesregierung bewußt zurückgehalten worden. Das hat infolgedessen diese Regierung zu verantworten.
    Ich habe die Beratungen zum Bundesbaugesetz noch in Erinnerung, ebenso die zum sogenannten Lücke-Plan. Ich weiß daher, wie sehr dem Herrn Bundeswohnungsbauminister daran gelegen war, die Neubewertung des Grundvermögens in diesem Bundestag nicht mehr auf der Tagesordnung erscheinen zu lassen. Hier ist die Bundesregierung im Verzuge, und hier trägt sie die nicht wegzudiskutierende Verantwortung für die ungesunde Verzerrung des kommunalen Finanzsystems.

    (Beifall bei der SPD.)

    Im April 1958 hat der Herr Bundesfinanzminister Etzel vor dem Deutschen Gemeindetag in Urach von höheren Grundsteuern gesprochen, die unvermeidlich seien. Er hat damals sogar eine Beteiligung der Gemeinden an der Umsatzsteuer als erörternswert bezeichnet. Vergleicht man diese 2 3/4 Jahre zurückliegenden Erklärungen mit den heutigen Ausführungen des Herrn Staatssekretärs, so wird deutlich, daß die Bundesregierung sich auf dem Gebiet einer Neuordnung der kommunalen Finanzen bisher nichts Förderliches hat einfallen lassen. Das ist aber nicht nur um der speziellen Finanzprobleme willen, sondern aus allgemein staatspolitischen Gründen beklagenswert. Der Kollege Willeke und ebenfalls der Kollege Eilers haben es bereits mit anderen Worten zum Ausdruck gebracht: Eine gesunde Kommunalpolitik setzt gesunde Gemeindefinanzen voraus. Ohne eine gut funktionierende kommunale Selbstverwaltung gibt es auch keinen funktionierenden freiheitlich-demokratischen bürgerschaftlichen Staat. Wenn wir in einer Zeit, die, wie wir alle wissen, in einem außerordentlichen Ausmaß im Schatten eines nicht immer gesunden Sozialprestigedenkens steht, von unseren Bürgern erwarten, daß sie nicht ausschließlich nach Erwerb und Genuß streben, wenn wir nach ihrer Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft rufen, — wo soll und kann dies besser als in den Gemeinden und mit ihnen verwirklicht werden?! Es ist nicht damit getan, bei feierlichen Anlässen von der kommunalen Selbstverwaltung als der Wiege oder Elementarschule der Demokratie zu sprechen. Man muß sie lebensfähig erhalten und, wo sie es nicht mehr ist, wieder lebensfähig, d. h. initiativträchtig, machen.
    Es ist heute von der finanziellen Einengung des kommunalen Betätigungsraumes gesprochen worden, und in der Tat muß man unverdrossen immer wieder betonen, daß mehr Geld für die Gemeinden not tut, damit sie für ihre Aufgaben in rechter Weise gerostet sind. Doch daneben gilt es, in vielfältiger Weise um die Erhaltung der gemeindlichen Selbstverwaltung besorgt zu sein.
    Es gibt hier unzählige Gefahren. Ich denke da an die mangelnde Finanzautonomie, über die heute bereits sehr viel gesagt worden ist, an das Anschwellen der Aufgaben durch staatliche Auftragsangelegenheiten und durch den besonders in den Gemeinden spürbaren Gesetzesperfektionismus, an dem wir, meine Damen und Herren Kollegen, zum Teil mitbeteiligt sind. Auch gibt es nach wie vor veraltete Vorstellungen über das Verhältnis von Staats- und Selbstverwaltung. Es gibt eine ganze Reihe von Leuten, die das 1945 und in den Jahren danach so oft zitierte Wort von der Gemeindefreiheit nicht mehr sehr ernst nehmen und die den Aktionsradius der kommunalen Selbstverwaltung liebend gern immer weiter einengen möchten. Es darf weder ein Streitverhältnis noch ein obrigkeitlich ausgerichtetes Machtverhältnis zwischen Staat und Gemeinden geben. Es bedarf vielmehr der Part-
    7790 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1960
    Jacobi
    nerschaft, der Einordnung der kommunalen Selbstverwaltung in den sozialen Rechtsstaat. Der von meinem Freunde Keuning heute erwähnte sogenannte unsichtbare Finanzausgleich gehört zu den einem solchen politischen Aufbauprinzip abträglichen Methoden. Es ist — um mit Professor Becker zu sprechen — eine unzulässige Verletzung des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts und stellt einen bedenklichen Rückfall in ein falsches Trennungsdenken dar, daß Bundes- und Landesgesetzgeber auf Kosten der Gemeinden Geschenke machen. Dies ist ja, wie Sie wissen, mehrfach geschehen und steht auch im Zusammenhang mit der Frage des Gewerbesteuerfreibetrages, die heute diskutiert wird.
    Meine Damen und Herren, es gilt, die aktuelle staatspolitische Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung im Denken und im Handeln besser zu honorieren, als dies bisher geschehen ist. Was uns hierzu die Bundesregierung heute an Erkenntnissen und Gedanken vermittelt hat, ist mehr als dürftig. Ihre Gewerbesteuerfreibetrags-Initiative setzt die unserer Meinung nach falsche Politik der Hilfen auf Kosten der Gemeinden fort. Dabei ist es nicht etwa so, daß wir nicht ebenfalls dem Mittelstand, dem Gewerbe, helfen wollten. Nur fragt es sich, wer denn eigentlich die Zeche bezahlen soll.

    (Beifall bei der SPD.)

    Diese Gewerbesteuerfreibetrags-Initiative muß je
    nach dem Ausgang der angeblichen Ausgleichsbemühungen sogar nach der verfassungsrechtlichen
    Seite hin problematisch erscheinen.
    Die sozialdemokratische Opposition hofft, daß durch ihre Große Anfrage über die Gemeindefinanzen nicht nur eine neue Diskussion ausgelöst worden ist — möglicherweise bleibt sie in diesem Hause auch noch auf den heutigen Tag beschränkt—, sondern daß nunmehr Taten heranreifen. Wir sind zur Mitwirkung bereit. Noch jedoch haben Sie, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, die Mehrheit in diesem Hause. Noch liegt es daher in Ihrer Hand, das bei gutem Willen Mögliche alsbald zu tun.

    (Beifall bei der SPD. — Zuruf von der CDU/CSU: Lassen Sie das „noch" weg!)